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16 Lanzen, durch das Geräusch der schnaubeudcu Pferde und das Geraffel des Stahls. Endlich ward das Schicksal des Tages entschiede». Ler Herzog von Orleans, Bruder des Königs Johann, war mil cincui krasl- volicn frische» Corps von 1üg)00 Manu eiwas weiter unic» auf der rechicn Lette des Hügels ausgcpflanzt. Dieses Corps ward plötzlich durch den Anblick der Flüchtigcn, die von den huucrcn Neiden der Ab- ihcilu»a des Dauphins ausriffcn, von einem panischen Schrecken er griffen, und Iü,vttO Soldaten, die während des ganzen Tages noch kein Schwer! gegen den Feind gezogcss hatten, ergriffen nun zugleich mil ihrem Befehlshaber die Flucht. Dir Deutsche Neckerei wurde nun von allen Seilen durch die Eng lische gedrängt; der Graf von Nassau-Saarbrück wurde gefangen ge nommen, und der Rest ward den Hügel hinab in großer Unordnung zu- rückgelricbcn. Durch die Niederlage der Deutschen gewann Sir Eustaz von Ambrccicourt seine Zrriheit wieder; er schwang sich schnell zu Pferde und schloß sich an seine Landslcute a», die eben im Begriffe standen, die Abtheilung des Dauphins anzugrcifen. Lieser Theil der Französischen Armee war bereits durch den Haupl- man» von Buch in die Enge getrieben worden; als nun die Anführer desselben die gänzliche Niederlage der Marschälle und der Deutschen bemerkten und die siegreiche Macht immer mehr Vordringen sahen, da ward ihr Much wegen der Berannvortlichkeit, die ihnen in Bezug aus die drei Prinzen oblag, plötzlich erschüttert. Obwohl frei von aller per- sönlichcn Furcht, waren doch die Grafen von Landas, Baudenah und St. Bcnant wegen der Kinder des Könige in Unruhe versetzt, und da sie die Schlacht für unwiederbringlich verloren hielte», so eilicn sie mil de» Priuze», in Begleitung von achthundert Neckern, vom Schlachtselde sort, entschlossen, für ihre Person, sobald sic die Königliche Familie in Sicherheit gebracht, zurückznkcbrcn und an der Seite des Königs zu sterben. Aber die Flucht der Prinzen löste vollends die ganze von ihnen befehligte Macht auf; nur eine Anzahl edler Herre» blieb noch auf dem Felde umher zerstreut und focht in einzelnen Haufen nebst den unter ihren Bannern gesammelten Anhängern mit dem Feinde. Die Berfläudigstcn und Erfahrensten unter ihnen zogen sich zu der vom König Jobanu in Person befehligten Reserve zurück, der uunmchr mit einer der Zahl nach immer noch doppelt so starken Kriegsmacht anrücktc, als die, mit der die Engländer die Schlacht begonnen hallen. Jndeß schein! es doch Wenigen gelungen zu sehn, ihre vollkommene Bereinigung mil dem Könige zu bewirken, obwohl sie alle säst in der selbe» Schlachtlinie mit seiner Heeres-Abthcilung ausgestellt waren. Als sonach der Monarch seine Trupven in Bewegung setzte, behauptete der Connctable sich noch immer auf dem linken Flügel, wahrend etwas Höber hinauf der Herzog von Bourbon mit einem starken Häuflein von Rittern und Waffenleuien eine bedeutende Fronte gegen die hcran- rückcnden Engländer bildete. Johann selbst hatte übrigens zwar mit Unwillen wahrgenommcn, daß seine Truppen geschlagen und seine Heerführer flüchtig geworden; trotzdem aber ließ er sich dadurch nicht außer Fassung bringen; erzählte vielmehr aus die Ucbnmachl, die ihm noch jetzt zu Gebote stand, so wie auf die Zahl der tapferen Ritter, die um ihn waren, und endlich auf seine eigene unerschütterliche Tapscrkeit. „Setzt ab!'Setzt ab!" rief er, als er das Englische Heer auf das Französische losstürzcn sah, und indem er selber vom Pferde sprang, ließ er alle seine Leute absitzen und mit eingelegten Lanzen aus die Englischen Krieger eindringen. Mit der Streitaxt in der Hand schritt er unter dem Banner der Oriflamme vor, seucrie seine Krieger an und sammelte sic da, wo sic bereits zu schwanken begannen. Aber von der anderen Seite rückte die Fahne Eduard's immer weiter vor; die schwarze Waffcnrüsiung des jungen Befehlshabers") ward an der Spitze der ins Gefecht von neuem vordringenden Ritter von England gesehen. Die Pfeile der Bogenschützen schlummerten keines- weges in ihre» Köchern, und bevor die Linien sich schloffen, wurden die Reihen der Franzosen noch einmal durch die Flucht gelichtet. Nun kam cs erst recht eigentlich zum Handgemenge, wo Mann gegen Mann und Ritter gegen Ritter sochl. und wo Jeder Gelegenheit hatte, seine eigene persönliche Tapserkeit an den Tag zu lege». Der König von Frankreich selbst sochl zu Fuß und verrichtete Thatcn des MutheS, die ihm zwan zig Schlachten hätten gcwiiwcn können, wenn Bluth allein dazu hin reichend wäre. Aber der Schwarze Prinz stürmte immer weiter auf die dichtesten Reihen des Feindes los, und so mild und gulmülbig er sich auch im Frieden zeigte, erschien er doch hier, um uns der Worte Froiffart'S zu bedienen, wie ein junger Löwe, grausam und wild in der Mitte des allgemeine» schrecklichen Blutbades. Während die Hrrzöge von Bour bon und Athen, dic Herren von Landas, Argenton, Cbauvcncp, Join ville, Johann von Sauckrü und andere Unzählige von Seiten der Fraii- zofcn blieben, rückten dic Grafen von Warwick lind Suffolk, der Haupt mann von Buck, die Herren von Mucidau, Pomicrs, Langaprau, De Tarse und Sculditch de I'Estrade, nebst Audlev, Chaudos, Burgersh und viele Andere von Seiten Englands immer siegreich vor. Die Fran zosen wurde» Schrill für Schritt zurückgetricben; ihre Streitkräfte halten sich in einzelne von einander geschiedene Hausen ausgelöst. Ein Ritter nach dem ankeren fiel in der Nähe des Königs; Johan» selbst gelang e« trotz seiner säst unglaublichen Tapscrkeit nicht mehr, die Ordnung zu erhallen und sich aus seinem Stantpunkl zu behauplcn; aber selbst bis zu den Thoren von Poitiers zurückgetrieben, dic sich bcrcils vor ihm geschloffen halten, widerstand er noch lange, nachdem bereits alle Aussicht ans Sieg verschwunden war. Schon war de Ribeaumonl an seiner Seite gefallen, aber Geoffrcv de Cbarnv, einer der Berühmtesten im ganzen Heere, der dic Oriflamme trug, batte seinen Souverai» nicht -) Diese Rüstung, die er gewöhnlich trug, war es, di- dem Prinzen von Wales den Beinamen, der Schwarze Prinr, verschafft hatte. verlassen, und so lange die heilige Fahne über seinem Haupt wchlr, wollte König Jhhann nicht glaube», daß der Tag für ihn verlöre» sclv Endlich aber bahnten sich dtc Englischen Ritter mit Gewalt einen Weg »ach dieser Stelle; Geoffroy dc Cvarnp erlag, die Oristammc schwankte und sank. Mit ihr sank auch die Hoffnung Johann's. Aber noch jetzt, auf allen Seilen von Feinden umgeben, dtc vor Bcgicr, ihn zum Ge- sangcncu zu machcn, brannte», lichtete er mil seiner Slrcilarl den Kreis rings um sich und seine» kleines« Sohn, und obgleich Alle ihn lebendig cinzufangcn bemüht waren, wäre er doch beinahe ein Opfer seines hart näckigen Widerstandes geworden, bis zuletzt ein gigantischer Ritter Vos Artois, der aus Frankreich verbannt und in Englische Dienste getreten war, auf den Königliche» Heldcn losstürztc und ihm aus Französisch zuries: „Ergebt Euch, Sire, ergebt Euch!" — „Wem soll ich mich er geben?" crwiedertc der König in derselben Sprache. „Wo ist mei» Belter von Wales? Wenn ich ihn sähe, so wollte ich ihn sprechen." — „Er ist »ich! hier", versetzte Morlbcc; „aber ergebt Euch mck, und ich will Euch zu ihm in Sicherbeil geleiten." — „Und wer seyd Ihr?" sragle hieraus Johann. — „Ich bin Denys von Morlbcc", anlwoeictr Jener, „ein armer Ritter von Artois, aber jetzt als ein Verbannter meines Balerlandcs in Englischen Diensten." — „Nun", sprach der König; „ich ergebe mich Euch"; und sofort warf er ihm als Zeichen der Uebccgabe seinen Handschuh zu. Unterdessen begannen dic Banner und Fahne», dic bisher das ganze Feld bedeck', allmälig zu verschwinden; man sah bald nichts als Tobte und Sttrbrntc, Hauscu von Flüchtlingen und Gruppen von Ge fangenen. Aiif den Raih Cbandos' ließ nun Eduard Halt machcn und pflanzte das Siczcspanicr auf cinc von zerstreuten Gebüschen und Steinen bekränzte Anhöhe auf, die seinen dem Feinde noch immer nachsctzcnden Truppen zum Sammelplatz dienen sollte. Er selber stieg, von dem Tageskampfe crmüdcl, vom Pfcrdc und nahm scinc» Helm ab; hierauf ward ein kleines Zell ausgeschlagen und Wein aus dem größeren Lager geholt, den der Schwarze Prinz mil einer kleinen Schaar von Rittern leerte, während die Trompelen zum Rückmärsche bliesen. Unter den Ersten, die der Trompctenschall Mückricf, befanden sich die beiden Marschälle des Englischen HccreS, die Grafen von Warwick und Suffolk; der Prinz fragte sie sogleich nach dem König von Frank reich, um dessen Leben er aufrichtig besorgt war. Da man ihm erwie- derle, daß der König entweder gefangen oder auf dem Felde geblieben seyn müsse, schickte er sofort den Grafen von Warwick und Reginald Lord Cobbam ab, nm ihn, wenn er noch am Leben wäre, aufzusuche« und in Schutz zu nehmen. Diese brackcn sogleich aus und bemerkten bald eine dichte Masse von Englischen Krieger», die u»lcr sich in Zwist geratben schienen; als sie näher kamen, sanden sie, daß der Gegenstand des Streites der unglückliche König von Frankreich sey, der den Hä>^ den Mortbcc's entrissen worden war und den nun ein Jeder als seiner- eigenen Eesangenen angesehen wisse» wollte. Aber der Marschalt bahnte sich sofort, de» Weg durch das Gedränge, und vermittelst der ihm zuüchenben Gewalt gelang cS ibm, den König, dessen Leben, bei dem wilden Gctümmcl um seine Person, sichtbar in Gcsabr schwebte, zu rette». Der Gras von Warwick und Lord Cobbam stiegen von ihren Pferden und begrüßte» ehrfurchtsvoll den gefangenen Monarchen. Sie trieben dic Menge zurück und führten den König sogleich zu dem Prinzen von Wales, der seinen gefangenen Gegner mit rührender Auf merksamkeit und Achtung-empfing. Er beugte sogar das Knie vor dem Könige und reichte ihm mil eigener Hand den Becher znm Trinken dar. In dem kühnen Feldherr» und Sieger von Pottiers schlug ei-r Herz, das die Majestät seines gefallenen Feindes fühlte und ehrte." Mannigfaltiges. — Englischer Bijou-Almanach. Auch j» diesem Jahre ist diese Nachahmung des bekannten Deutschen Lilliput-Taschenbüchlems wieder erschienen. ES ist der Königin von England, deren Bildniß -S bringt, gewidmet und enthält außerdem noch die Bildnisse Coleridge'«, Cooper's, Goelbe's, von Raumer's, Mistreß Somerville's und Madame Malibran'S. Dic Herausgeberin, Miß Landon, bat wiederum die Bild nisse mit kleinen erklärenden Gedichten begleitet, von denen das z« Friedrich v. Raumer's Portrait folgendermaßen lautet: He tis»; reesUeO Ike pr»*t a, «till l'ke presreot xl>oul«1 tke ree»U; r-aretu! p»tieuee trutk«, le»8ou» trom tkem »U. litt tke tn-itorisn'« Part to vkei^k l'ke ftlorie« «s 2 tormer kour; Ui» sre tke trnpkiks tiist outla^t H» »torieü arek, tke lolt^ tower. mark tke proxren-i of tkv miaö — ekäuße«! to Hvkat kt w»« of vorel everv poiut ot koowledpe ^»luea 8eom» au eueouraxemeut tor more i Wir versuche» davon folgende Ucbersetzung: Er ries uns dic Vergangenheit zurück, Wie stets di- Gegenwart es sollte; Die Lehren der Geschichte gab er treu, llnd Wahrheit ist eS, was er wollte. Wohl kömmt es auch dem strengbu Forscher z«, Dem Ruhm di- Waag- hinjuhalten; Das stolze Denkmal, das die Macht sich baut, Sein ist's, er bars darüber schalten. Wie schön ist'« doch, den edeln Menschengeist Zn seinem Fomchritt zu erkennen ! Groß ist die Wissen,chatt, doch dürft» wir Roch größer ihre Zukunst nennen. Herausgegeben von der Redaclio» der Allg. Preuß. Staat«-Zeitung. Redtgirt von I. Lehmann. Gedruckt dei A. W. Hayn.