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Emma s Geburtstag. Novelle von Fritz Thenow. (Schluß.) Ä^lichdcm sie noch ein Stückchen gegangen DA waren, blieb Max stehen und sagte zu scincrVcgleitcrin: „Dies ist das Hans, in dem mein Liebchen wohnt, doch da kommt sie ja selbst. Guten Morgen, Gertrud, dies ist meine Cousine Liesbeth, von der ich Dir schon gestern erzählte." Kanin daß sich die Mädchen begrüßt hatten, hatten sie auch schon Freundschaft mit einander geschloffen. Im Laufe des Gesprächs sagte Gertrud, daß sic heute Nach mittag mit ihrer Mutter und Schwester in den Schloßpark gehen werde. „Ach! das ist ja prächtig," rief Liesbeth ans, „da können wir nns ja treffen, wir wollen ja auch hinaus." Nachdem mau Zeit uud Ort verabredet hatte, trennte man sich in vergnügtester Stimmung. Auf dem Heimwege Hub Liesbeth nach längerem Stillschweigen an: „Max, ich glaube wohl, daß Du kein lieberes Mädchen finden konntest als Deine Gertrud, uud ich sage Dir hiermit nochmals meine herzlichste Gratulation; und da Du mir das Vertrauen schenktest, mir dies zuerst mitzutcileu, so will ich Dir auch ein Geheimnis verraten: an meinem künftigen Geburtstag werde ich mich mit dem Sohu unseres GutönachbarS ver loben, d. h. wenn mein Vater nicht da gegen ist." „Na, denn gratuliere ich von ganzem Herzen schon im voraus," sagte Max sicht lich erfreut, „und hoffentlich wirst Du mich doch auch zu Eurer Verlobung cinladcn, denn ich werde ziemlich in Eurer Nähe sein, da ich, wie ich Dir schon erzählt habe, den Ban der dortigen neuen Privatbahn leiten soll." „Selbstverständlich werdet Ihr Alle cin- geladcn," erwiderte Liesbeth, „aber cs ist nur gut, daß wir angelangt sind, ich habe wahr haftig einen furchtbaren Hunger, und unsere lieben Hausgenossen werden uns schon er warten, aber schön war der Spaziergang doch." Bei ihrem Eintritt in die Wohnung kam ihnen Frau Schubert schon entgegen und rief offenbar freudig überrascht: „Sieh' einer an, da seid Ihr ja alle Beide, bei Max sind wir ja die frühen Ausflüge schou gewöhnt, aber um Dich Liesbeth waren wir schon be sorgt, wir glaubten, Da hättest Heimweh bekommen und wärest nach Hause gefahren, statt dessen läufst Du in aller Frühe mit einem jungen Mann in der Stadt herum, ich werde das Deinem Vater mitteilen müssen. Nun kommt aber zuerst zum Früh stück." „Aber Taute," erwiderte Liesbeth, „ich kann Dir blos raten, mit dem Mittagessen heute nicht zu lange zu warten, damit wir zeitig hinauskommen in'S Freie, denn das Wetter ist wundervoll." Mit diesem Vorschläge waren Alle ein verstanden und jedes machte sich bereit, um nachher nicht das letzte zu sein. Um ein Uhr war man denn auch zum AuSgehcu fertig und in einer halben Stunde kam mau mit der Pferdebahn draußen an. Max und Gertrud hatten verabredet, um zwei Uhr am Schloß zu sciu, uud so kam mau also ziem lich zeitig dort an. Nachdem Karl uud Biax die Damen begrüßt und ihrer Mutter und ihren Cousinen Frau Brenner nebst Töchtern vorgcstellt hatten, gingen die beiden älteren Damen vorauf und die jungen Leute unter Lachen und Plaudern hinterher. Doch schon nach kurzer Zeit blieb Karl mit Emma ein wenig zurück und bat um ihre Hand, um sich von dem regelmäßigen Pulsschlag zu überzeugen, er ließ aber die Hand nicht so gleich wieder fahren, sondern behielt sie ruhig in der seinen und sagte: „Ja, Fräulein Emma, Sie sind jetzt ganz und gar wieder hcrgcstellt und ich habe als Arzt nichts mehr bei Ihnen zu suchen und muß nun meine Besuche bei Ihnen cinstellen, zumal mein Bruder ja auch nächstens abreist, oder würden Sie vielleicht gestatten, daß ich dieselben dennoch fortsetze?" „Aber gewiß doch, Herr Schubert, wenn es Ihnen sonst Vergnügen macht, sich bei uns einfachen Leuten aufzuhalten," erwiderte sie, „Sie wissen gar nicht, wie sich meine Mutter immer freut auf die Abende, an denen Sie beide zu kommen pflegen, da sic gern ein wenig mit gebildeten Leuten plaudert." „Und ist es Ihnen denn ganz gleichgültig, ob ich komme oder nicht?" fragte er. „O nein," erwiderte sie heftig errötend und versuchte ihre Haud loszubekommcn. Er aber hielt sie nur noch fester und sprach im bittenden Tone: „Emma, darf ich diese kleine Hand nicht festhalten, nicht festhalten für das Leben, um sie nie wieder von mir zu lassen? Emma, seit dieser Stunde weiß ich cs ge wiß, daß ich Dich liebe, von ganzem Herzen liebe, liebst Du mich nicht auch ein wenig?" „Ja," antwortete sie so leise, daß er cs kaum hören konnte; aber er brauchte cs auch garnicht zu höre», er fühlte cs am Druck ihrer Haud, er las cs aus ihren Augen, zog sie sanft an seine Brust uud drückte ihr den ersten Kuß auf die Stirn, auf dcu Mund, auf die glühenden Wangen und sic ließ es ruhig geschehen. Doch nun bemerkten sie, daß sie weit hinter den übrigen zurückgeblieben waren und beeilten sich, um sie wieder zu erreichen; nach längerem Suchen in den verschiedenen Kreuz- uud Querwcgen gelang cö ihnen end lich, sie aufzusinden und wie eö schien, war ihr längeres Fernbleiben gar nicht bemerkt worden. Nachdem die nun wieder vollzählige Ge sellschaft noch ein wenig gegangen mar, sagte Frau Brenner, daß cs Emma's wegen nnn wohl Zeit sei, umzukehreu und au den Heimweg zu denken, was denn auch allseitig angenommen wurde. So ging mau denn zu Fuß zurück, um die Familie Brenner nach Hause zu begleiten. Dort verabschiedete mau sich herzlichst, mit dem Wunsche auf ein baldiges Wiedersehen. In bester Stimmung setzten die Uebrigen ihren Weg fort, um den Nest des Tages im trauten Familienkreise zuzubringcn. Als Clara nnd Liesbeth ihr Zimmer ausgesucht halte», um sich zur Ruhe zu be geben, brachte Karl das Gespräch auf dcu heutigen Spaziergang, um zu erfahren, wie seine Mutter über seine zukünftige Braut denke. Frau Schubert äußerte sich dcuu auch wiederholt befriedigt über die beiden jungen Mädchen, indem sic Emma's ernste, verständige Haltung lobte, während ihr bei Gertrud gerade deren heiter fröhliches Tem perament gefiel und sie meinte, daß sie wohl alle beide geeignet seien, einen Mann glück lich zu machen, der nicht auf Geld zu scheu brauche. „Nun, Mutter, ich denke, ein Alaun, der 150 sich seiner eigenen Kraft bewußt ist uud sich lflcu bereits Xeiue Stellung erworben hat, wird will mit cinöm Mädchen aus bescheidenen Ver- Diel hältniffen, auch wohl ohne Vermögen glück- die lich werden können, noch dazn mit einem abei Mädchen wie Emma, und es war sogar Wo meine Absicht gewesen, Dich zu fragen, ob So Du etwas gegen Emma al» Schwiegertochter Hari haben würdest," sagte Karl nicht ohne Ver- saßi legenhcit. in ! „Deine Worte überraschen mich durchaus dein nicht," erwiderte Frau Schubert zu Karls vier nicht geringer Verwunderung, „ich halte dem sam schon lange mit Besorgnis entgegengcsehcn, end denn Du wirst zugcbeu Muffen, daß cs moi immerhin gewagt ist, wenn ein mittelloser Da Arzt mit einem armen Mädchen einen eigenen gan Hausstand, der doch auch standesgemäß sciu Blu soll, gründen will, doch wenn Du den scsleu Boi Willen hast, dann mag es Dir auch wohl sch, gelingen, besonders bei einem so bescheidenen auc! und au Einschränkung gewöhnten Mädchen, wa> wie Emma. Ich kann Dir also nur meine herzlichsten Segenswünsche dazu geben, daß ihr, es Euch gelingen möge, das Glück zu finden, in das Ihr beide verdient." vor „Liebe Mutter, ich sage Dir meinen Herz- mit lichsten Dank für die lieben Worte," aut- bcii wartete Karl, „so wie ich Dich kenne, hatte geh ich es auch garnicht anders erwartet, ich vor werde morgen bei Frau Brenner um die Lie Hand ihrer Tochter bitten." Gr Nachdem Biax seinen Bruder ebenfalls bes gratuliert hatte, wurde das Gespräch wieder übe etwas lebhafter, indem Max anfing, von »»> seinen ZukunstSplänen zu sprechen. Er hob kifr hierbei hervor, wie glücklich Karl doch gegen sie ihn sei, der könne doch heiraten, wann es dec ihm beliebt, während er doch noch mindestens mü drei Jahre warten müßte, bis er eine feste her Anstellung als Direktor des neuen Eiscn- bahnuntcrnehmens hätte. „Bis dahin ist's au, aber noch eine lange Zeit, fuhr er fort, sich wa direkt au seine Mutter wendend, „und da seist ich schon zum ersten April fort muß, so möchte ich mich wenigstens ebenfalls zu Ostern , verloben." „Ja, aber Max, zum Vcrlobeu gehören doch bekanntlich immer zwei", sagte Frau Schubert lächcud, da sic glaubte, Max wollte nur einen Scherz machen. „Die zwei sind auch vorhanden," erwi derte Max, „und da Du Gertrud kennst und sie Dir auch gefällt, wie Du vorhin l-< äußertest, so hoffe ich, daß Du auch mir Ge Deine Einwilligung nicht versagen wirst." art „Versagen, nein Max, versagen will ich sei, sie Dir nicht, obgleich ich gestehen mnß, daß rai ich die Sache mir anders gedacht hatte, doch rcn da Du selbst so verständig bist, Dir zu sagen, daß Du vorläufig nicht an's Heiraten wü denken kannst, so sei cö, habt Ihr doch bcide zei dann immer noch Zeit genug, Euch zu bc- des siunen, Frau Brenner wird unter diesen Di Umstünden ja auch wohl nichts einzuwcnden zu- haben." Ui „Ich danke Dir, Mutter, für die Güte, vie mit der Du mir auch diesmal wieder eni- gegcu kommst, und ick kann Dir versichern, h« daß wir nach Ablauf von drei Jahren noch hj, genau ebenso denken und fühlen werden wie h;, jetzt." Ai „Nun, dann wünsche ich Euch beiden du morgen vielen Erfolg und für heute gute ve Nacht, Zeit ist es uuu gerade," sagte Fran ew Schubert und ging hinaus. Endlich erhoben sich auch die beiden Brüder und gingen auf wc ihr Zimmer. de Andern Tags machteu sie sich beide Bi