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Neueste Nachrichten von den Fidschi-Inseln. Mitgetheilt Nachdem der britische Kolonialminister Lord Carnarvon die von Commodore Goodenough und dem Konsul Layard mit dem Könige Cakobau*) und seinem Minister John Thurston ver einbarte Abtretung der Fidschi-Inseln (Jahrg. VI, S. 74) ver worfen hatte, wurde der Gouverneur von Neu-Südwales, Sir Hercules Robinson, telegraphisch beordert, sich auf dem „Pearl" nach Levuka zu begeben und neue Unterhandlungen anzuknüpfeu. Derselbe fuhr am 12. September 1874 von Sydney ab, be gleitet von dem Justizminister I. G. L. Innes, dem Attache W. Hely Hutchinson, dem Privatsekretär G. H. de Robeck und dem deutschen Konsul Karl Sahl. Am 23. September traf der „Pearl" in Levuka ein, am folgenden Morgen empfing der Gouverneur eine Bewillkommnungsadresse vom Mayor und vom Gemeindevorstande und stattete sodann dem Könige einen amtlichen Besuch ab. Unverzüglich wurden die Verhandlungen eingeleitet, bei denen von englischer Seite Sir Hercules, Innes, Hutchinson, de Robeck und als Dolmetscher D. Wilkinson, von Seiten der Jnselregierung König Cakobau, sein Sohn Joe und sein Privatsekretär Milne zugegen waren, während Thurston nicht zugelassen wurde — ein Verfahren, welches den König in Bestürzung versetzte, so daß er zu wiederholten Malen bei der Ueberfahrt nach dem Kriegsschiffe ausrief: „Es ist mir, als hätte ich eine Hand verloren!" Uebrigens trug der Häuptling nicht sein Kostüm, sondern ging in schwarzem Anzug und granem Cylinderhut: „Der Gouverneur kam zu mir in dunkler Klei dung, ich will vor ihm in Schwarz erscheinen". Die Unterredung fand in derKajüte des Kriegsschiffes „Dido" statt, der Gouverneur war nebst dem Dolmetscher im Anfänge fast allein der Redende, Cakobau antwortete von Zeit zu Zeit mit einem kurzen „ja" oder „sehr wohl". Der Gouverneur erklärte, daß er nur das Beste der Fidschi-Inseln wolle. Die Königin habe den kürzlich abgeschlossenen Vertrag nicht gut ge heißen, es vertrage sich nicht mit ihrer Würde, sich Bedingungen vorschreiben zu lassen: darum sei er beauftragt, eine bedingungs lose Uebergabe entgegenzunehmen und dann sogleich eine einst weilige Regierung cinzusetzen. Die englische Regierung werde die Rechte, Interessen und Forderungen des Königs und der Häuptlinge anerkennen, soweit dieselben nicht der britischen Ord nung zuwiderlaufen; sie werde die seit 1871 aufgenommenen Schulden sorgfältig prüfen; dem Könige und den Häuptlingen werde ein reichliches Einkommen zugesichert, die Besitztitel der Ländereien und die Pensionen sollen festgestellt werden; Weißen und Farbigen werde gleiche Gerechtigkeit zugesichert — doch müsse sich der König bedingungslos, mit Ja oder Nein entscheiden. Für den Verneinungsfall habe die Regierung dem Gouverneur anderweite Aufträge gegeben. Wie richtig Cakobau dieses „bedingungslos" verstand, geht aus seiner Antwort hervor. „Es ist wahr, die Königin hat Recht. Bedingungen ziemen sich nicht für hohe Häupter. Ich War immer dagegen, aber ich wurde dazu gezwungen. Als der Commodore und der Konsul mit mir verhandelten, sprachen sie: ,sage uns, was Du Willsch und da sie mich nöthigten, stellte ich Bedingungen. Wenn ich einem Häuptlinge einen Kahn schenke, und wenn er weiß, daß ich dafür ein Gegengeschenk erwarte, so sage ich nicht: sich schenke dir diesen Kahn unter der Be dingung, daß du nur an gewissen Tagen damit fährst, oder daß du den oder den Menschen nicht damit fahren lässest, oder daß du dich nur einer besonder» Art von Strick dabei bedienst' — nein, ich schenke ihm denselben ohne alle und jede Bedingung und vertraue auf seiue Zusage uud seinen Edelmuth, daß er mir so ein Gegengeschenk machen werde wie ich es erwarte. Hätte ich Bedingungen gestellt, so würde er sicher von vorn herein gesagt haben: sichere dich fort mit deinem Geschenke, ich mag es nicht!" Ueberhaupt zeigte der melanesische König im weitern Ver laus der Verhandlung sich ebenso bereitwillig, wie klug. Er *) So die gewöhnliche Schreibart. Ausgesprochen Wird der Name Czakombu, daher auch die englische Schreibweise Thakombau. Aus allen Weltthcilen. VI. Jahrg. von K. H. sei mit der offenen Art und Weise, wie die englische Regierung ihm entgegenkomme, sehr zufrieden. Was das Weggeben der Inseln an England anlange, so bedürfe es nur eines Wortes von ihm, und seine Unterthanen würden bereitwillig gehorchen: es sei eine andre Frage, ob er dieses Wort ausspreche oder nicht — er wolle sich Zeit nehmen, darüber nachzudenken. Wegen der Zukunft sei er für seine und seiner Häuptlinge Per sonen nicht besorgt: das Volk der Fidschi-Inseln werde sie unter allen Umständen stets mit dem Röthigen versorgen — aber um das Wohl des Volkes sei er bekümmert. Der Gouverneur erinnerte an die glückliche Lage der Insel Ceylon, wo ein weit zahlreicheres Volk seit langen Jahren glücklich unter englischer Herrschaft lebe, die englischen Gesetze seien nicht so streng, wie man zu fürchten scheine. Cakobau antwortete darauf: „Wonach wir streben, das ist Friede und Ruhe. Keine Reichthümer halten, nach der Meinung unserer Häuptlinge, einen Vergleich mit diesen Gütern aus. Unruhe und Aufruhr sind Armuth. Wer Früchte ernten will muß selbstverständlich arbeiten: aber diese Arbeit wird unter der wohlwollenden Fürsorge der Regierung zum Frieden und Wohl stände führen. Ein Fidschihäuptling, welcher der Cession ent gegentritt, kann nicht viel Weisheit besitzen. Wenn die Dinge hier so bleiben, wie sie jetzt sind, so werden diese Inseln bald wie ein Stück Treibholz auf der See sein: wer vorüberfährt, wird zugreifen." Mit Recht klagte Cakobau über die Weißen, die sich auf seinen Inseln niedergelassen hätten. Sie seien eine gar schlechte Gesellschaft und wissen ihres Uebermuthes kein Ende. Die Kriege seien die Folge der Einmischung dieser Störenfriede, nicht die Eingeborenen tragen die Schuld daran. In Bezug auf die Landfrage stellte der Gouverneur fol genden — auch anderwärts beobachteten — Grundsatz auf. Alles Land, welches nachweislich auf rechtliche Art von den Weißen erworben worden ist, verbleibt denselben, und alles Land, welches sich in Besitz oder Gebrauch eines Häuptlings oder Stammes befindet oder welches für den Unterhalt eines Häuptlings oder Stammes unbedingt nothwendig ist, wird den selben als Eigenthum zugesichert. Alles übrige Land fällt der Regierung zu, d. h. nicht zur persönlichen Ausnutzung Ihrer Majestät der Königin oder irgend eines der Mitglieder der Re gierung, sondern zum allgemeinen Besten und für Zwecke der Verwaltung und Ordnung. Je mehr Kronland vorhanden, desto geringer sind die Steuern, desto weniger Belastung ver ursacht die Aufrechterhaltung des Friedens, die Verwaltung der Rechtspflege, der Bau von Hospitälern und anderen öffentlichen Gebäuden. Bei diesen Aeußerungen beruhigte sich Cakobau: es werde zwar nicht ohne Benachtheiligung Einzelner abgehen, aber es sei besser, daß diese Angelegenheit ein für alle Male geordnet werde. Denn unverhohlen sprach er die Ueberzeugung aus: „Wenn wir diese Inseln nicht an England abtreten, so werden jene übermüthigen, vielgefräßigen Weißen bald ihre weiten Kehlen aufreißen und die armen Eingeborenen verschlin gen. Die weißen Ansiedler gehen umher und beeinflussen Tui Cakau und andere Häuptlinge, sich der Cession zu widersetzen, denn sie fürchten daß, sobald die Ordnung hergestellt ist, ihr gesetzloses Treiben ein Ende haben wird. Die Annexion da gegen vereinigt die weiße und die schwarze Nation, und es wird unmöglich sein, sie wieder zu trennen. Die Fidschi-Insulaner sind wandelbaren Gemüthes: was sie heute dem Weißen ab schlagen, dazu lassen sie sich, durch wiederholtes Drängen er müdet, morgen oder später beschwatzen — aber fortan wird das Gesetz uns zusammenbinden und die stärkere Nation wird der schwächer» Festigkeit verleihen." Cakobau warnte ferner vor dem Häuptling Maafu, der mit dem Gedanken umgehe, den ganzen Archipel sich zu unterwerfen und jetzt, durch das Vorgehen der Engländer gehindert, überall Unzufriedenheit zu verbreiten suche. Am 28. September hielt Cakobau eine Berathung mit seinen Söhnen und mit den Häuptlingen Tui Bua, Ratu Sa- 25