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587 Widerwillen, Er wurde, wie natürlich und billig, sreigesprochen und außerdem wegen seine- Mulhes sehr belobt; allein dessenungeachtet konnte er die „ungebührliche Behandlung", wie er sie nannte, nicht verschmerzen. Der Lieutenant und die Uebrigen empfingen wenige Tage daraus ein sehr schmeichelhaftes Danksagungs-Schreiben von Seiten des Ober- Controlleur« nnd, was die Freude noch größer machte, eine schöne Re muneration in klingender Münze. Ungefähr acht Tage später öffnete sich eines Abends Thornville's Thür, und herein trat die riesige Figur des M Shane in voller Rüstung. Lhornville staunte nicht wenig, als der Irländer ihn so «»redete: j,Hicr ist Ihr Gewehr, Sir — hier ist Ihr Pistol, Sir — hier ist auch Ihr Säbel, Sir. (Mil diesen Wor ten legte er die drei Artikel auf den Tisch.) Gegen Ihre Person habe ich nicht zu klage», Sir; was aber Ihren Dienst betrifft, de» hole mcittctwegcn der Henker!" Dann machte er eine ganze Schwenkung, stieß ein lautes Halloh aus und war mit Einem Satz vor der Thür. Thornville hat nie wieder etwas von ihm gehört. (0. 8. ck.) Bibliographie. Phe lanü os visians. or Alimzises ak tlio zinst, zieeront anck (u- ture. (Blicke in die Lerganzenheit, Gegenwart und Zukunft.) 8 Sh. 4 nerv stictinnae)' os Music. (Neues Wörterbuch der Musik.) Bon W. Wilson. 7^ Sb. Lotter» (rom Lrussols. (Briese aus Brüssel im Sommer I8ZL) Bo» MrS. Arthur Thorold. 10^ CH. Afrika. Thomas Campbell'S Briefe aus Algier. Vierter Brief. Die Größe der Bevölkerung der Stadt Algier und aller derjenigen Theile der Regentschaft, die gegenwärtig von den Franzosen besetzt sind, ist bereits von den Letzteren ziemlich genau ermittelt worden; aber wie groß die Seelcnzahl des ganzen Gebietes sep» mag, daS ist mehr ein Gegenstand der Vermuthung als der genauen Berechnung. Hamdan, ein noch lebender Maurischer Schriftsteller, dessen Werk über Algier ins Französische übertragen worden, stellt die kühne Behauptung auf, daß die Gesammtbevölkerung sich auf zehn Millionen belaufe. Nach dieser Konjektur müßte das zum größten Theil noch unkultivirle Land verhältnißmäßig säst eben so bevölkert sehn, als England. Schaler glaubt, daß die Seelenzahl nicht mehr als eine Million betrage. Andere geben sie auf zwei Millionen an, und was mich betrifft, so bin ich wohl ge neigt, die letztere Meinung für die richtigere zu halte». Nach Shaw beträgt die Länge des Gebietes von Twunt im Osten bis zum Zaine- Flusse im Westen ungefähr 480 Engl. Meilen. Bei dieser Angabe scheine» aber die Einschnitte der Küste nicht berücksichtigt zu sehn; denn alle SchiffSrbeder, die ich über den Gegenstand befragt, hallen die Reise von Bona bi« Oran für SOO bis 600 Engl. Meile» lang. Die Breite des Landes ist an den verschiedene» Stelle» sehr ungleich; an einer Stelle beträgt sie von dem Mittelländischen Meere im Norden bis zur Wüste Sahara im Süden nur 40 Meilen; dagegen ist sie östlich von Algier sehr bedeutend, und »ach Shaw erstreckt sich das von den Ara bern sogenannte Tellie (was wohl Ackerland bedeuten soll) auf sechzig Meilen weit. Muttiplizirt man nun die Länge mit der Breite, so er hält man Z0,000 Engl. Quadrat-Meilen als die Oberfläche des Landes. Nähme» wir hundert Kopse auf die Meile an, so beliefe sich die Be völkerung von Algier auf Z Millionen; allein für ein zum Theil nach nomadisches Volk ist jene Annahme gewiß zu groß, und wahrscheinlicher Weise dürste die ganze Regentschaft nicht mehr als etwa halb so viel Einwohner enthalten. Aber wird man fragen, habe» denn nicht die Devs von Algier be sondere Register über ihre steuerpflichtigen Unterthanen geführt, oder sind gar keine Dokumente der Art vorhanden, aus denen man irgend einen Eensus der Algierschen Bevölkerung enlnehmen könnte k Hierauf müssen wir antworten, daß leider die Franzosen bei der Stürmung der Eassaba so viele Archive zerstört haben, daß sie sich selber aller der Quellen be raubten, die ihnen nunmehr sür die Kenntniß des früheren Finanz wesens von Algier so wichtig gewesen wären; nur ein Türkisches Doku ment ist durch den Herrn Eenly de Buffy gerettet worden, in wechcm Lie Abgaben bemerkt sind, die von den verschiedenen Arabischen Stäm men an den Dey entrichtet wurden. Atts diesem Dokument erzielet sich, Laß die von den steuerpflichtigen Emgebornen eingegangcnen Summen sich im Ganzen auf etwas mehr als 892,000 Franken, also weniger als 40,000 Pfund Sterling beliefen. Aber cS ist unmöglich, aus diesen An gaben irgend etwas über die Größe der Bevölkerung der Algierschen Regentschaft entnehmen zu wollen, da wir erstlich gar nicht wissen, in welchem Verhältnisse jeder Einzelne von den Emgebornen besteuert wor- Ven, und zweiten« auch darüber in Ungewißheit sind, ob die hier ein- registrirlcn Tast» die einzigen waren, die ihnen von den Deys aufge- l.gt wurden. AuS Arrowsmith'« „Vergleichendem Allas der alten und neuen Geographie" ersehen wir, daß die von Oran bi« nach Bona sich er streckende Regentschaft Algier ciner Lokalität entspricht, die beinahe das ganze alte Mauretania CäsaricnsiS, da« ganze Mauretania Sitifensi« und das eigentliche Numidien umfaßte. Freilich haben wir hier, wenn wir von dec Identität der sogenannten Regentschaft Algier mit den eben erwähnten Römischen Provinzen sprechen,"nur die Länge de« Küsten strich« im Auge, denn was die Breite de« Landes oder die Ausdehnung von Norde» »ach Süden betrifft, so erstreckte fickt die Römische Herr schaft tiefer in da« Innere von Afrika hinein, al« die Devs von Al gier jemals vorgerückt waren. Die Spuren der Römer sind hier überall unter den au« dem Altcrthum herrübrenden Ruinen anzuttcffcn. Selbst in der Hauptmoschec von Algier befindet sich ein Stein, der eine Latei ¬ nische Inschrift aufzuweisen hat. Dieser Eiein gehörte, wie wir ver- mulhcn dürfen, einem heidnischen Tempel in Icosium an und ist zufäl lig mit unter da« Bau-Material de« muhamcdanischen Tempel« von Al gier geworfen worden. Selbst die Kloaken unterhalb der Straßen der Stadt dürften wohl noch von den Römern herrühren. Als die Römi sche Macht zu sinken «»fing, wurde die Berber« von den Vandalen verheert und die weiß« Farbe mehrerer Kabylen läßt vermuthen, dass dieser Lolksstamm zum Theil Vandalischen Ursprung« ist; aber Be- lisar, der tapfere Feldherr Justinian'S, unterwarf Afrika, wenn auch nur auf kurze Zeit, wieder der Gewalt der Römer; 697 ward die ganze Küste von den Saracene» überschwemmt, und Algier wurde muhame- danisch. Indeß verflossen mehrere Jahrhunderte, ehe diese Stadt sich zu einiger Wichtigkeit erhob. Dies geschah erst, al« die Mauren aus Spanien vertrieben wurden und 20,000 von ihnen sich in Algier und in der Umgegend «»siedelten; daher kommt es denn auch, daß die mei sten heutigen Algierer Andalusischen Ursprung« sind. Der Name Algier bedeutet im Arabischen eine Insel; denn die erste Bevölkerung der Stadt ließ sich auf jenem Inselfleckc nieder, der später durch einen festen Damm mit dem Hafen von Algier verbunden wurde. Nach der Vertreibung der Mauren au« Spanien führten da« christliche Europa und da« muhamcdanischc Afrika fast unaufhörlich Krieg mit einander; IS16 ries ein kleiner König, Namens Euiomr, zwei als Seeräuber berühmte Brüder, mit dem Beinamen Barbarossa» zu Hülfe, worauf der jüngere von ihnen sich der Herrschaft bemächtigte und da« Land unter den Schutz de« Großhcrrn stellte, von dem er eine Türkische Garnison erhielt, die hinreichend war, jeden Versuch seiner Maurischc» Uitterlhancn zur Wiedererlangung ihrer Freiheit zu unter drücken; aus diese Weise wurde Algier ein Paschalik dcr Pforte. An fangs wurden die jedesmaligen Devs oder Pascha« von Algier von dem Sultan erwählt; allmälig aber riß die Türkische Garnison da« Recht an sich, ihren Regenten direkt oder durch ihre Beamten selbst zu er nenne», aber immer hing es doch vom Großhcrrn ab, die Wahl zu be stätigen oder zu verwerfen, je nachdem er den Ncuerwählten den Ehren- Kaftan und den Amtssäbcl übcrschicken wollte oder nicht. So bildete denn die Türkische Garnison die kriegerische Kaste, die Aristokratie, oder vielmehr die Slratokratic von Algier. Die Türkische Regierung verhinderte die Ehen dcr Ianitscharcn und licß jährlich durch neue Aushebungen au« dcr Levante ihre Reihen vollzählig machen. Die Söhne dec Türken, die in Algier geboren und Coluglis oder Co- lori« genannt wurden, traten gesetzlich nicht in die Privilegien ihrer Väter ein; das Gesetz erstreckte sich auch ays die Söhne des Deys, da der Staat ein Wahl- und nicht ein Erbreich war. Indeß war dies nnr die allgemeine Regel, die öfter Ausnahmen erlitt, und e« gab dem nächst Eoluglis, die die Bcpliks ihrer Väter als Erbtheil an sich brach ten. Uebrigen« bestand die Mttitairmacht nicht au« Türken allein, sondern dieselbe umfaßte immer noch mehrere Schwadronen Maurischer Reiterei. Aber die Türken betrachteten sich im Allgemeinen als die Herren de« Landes. Dcr Eolngli wurde nur deshalb respektirt, weil er der Sohn eine« Türken war, sonst hing ihm scine Afrikanische Geburt immer als eine besondere Schmach an. Gegenwärtig sind die Eoluglis den, äußeren Ansehen nach mit den vornehmere» Maure» fast ganz verschmolzen und von denselben kaum zu mnerscheidcn. Ich besuchte einmal einen der Letzteren in seiner Wohnung und erfreute ^ich bei demselben einer recht freundlichen Aufnahme; obgleich es gerade zur Fastenzeit der Muha- medaner und cs demnächst ihm selber nicht erlaubt war, etwas zu ge nießen, trug er mir doch Kaffee und Kuchen mit Fleischspeisen auf. Das Zimmer, in welchem er mich sammt meinem Dolmetscher em pfing, war äußerst elegant; c« hatte einfache«, aber reiches Möbel, ein Beil ohne Gardinen mit einer karmoistnrolhcn Bettdecke; ei» glänzender himmelblauer Teppich, eine Uhr und ein Spiegel von der feinsten Ar beit, und endlich mit Gold und Silber eingesaßle Pistole» und Ya- lagan« hingcn an den Wänden herab. Nachdem ich durch meinen Dolmetsch unserem Wirlhe zu verstehen geben ließ, daß ich mich heule zum ersten Male in dem Hause eines vornehmen Mauren befände und daß ich hoffte, er werde es mir nicht übel deuten, daß ich sein Möbel so genau in Augenschein nehme, lä chelte er und bemerkte mir im Gegentheil, daß er meine neugierige Aufmerksamkeit viel eher als ei» Kompliment aufnehme; ich erlaubt» mir demnächst, die Bettdecke anszuheben, und fand, daß da« Bett nur au« wollene» Matratzen und Polstern ohne Federbetten bestand. Die letzteren würden für da« hiesige Klima mir beschwerlich sepn. Di» ärmeren Mauren, sagte er mir, hätten weder Matratzen, noch Kiffe», sondern bedienten sich nur einiger Schaffelle al« Unterlage und ihrer Haicks oder Hernusen als Oberdecke. Der Hauptgegenstand unserer Unter haltung war ein hier sehr in Umlauf gekommenes Gerücht in Betreff der- Absichten der Franzosen, die Kolonie an die Türken wieder abzngeben. Ich glaube nun zwar selber kein Wort von der ganzen Geschichte, aber ich sägte ihm nichts von meiner Ungläubigkeit, um seine eigenen An sichten darüber zu höre». Er war, wie es sich gegen einen Slocksremden nicht anders erwarten läßt, sehr zurückhallcud in der Aeußcrung seiner politischen Gesinnungen, indeß komtte ich selbst au« dem Schleier feines Stillschweigen« zwei Dinge cnwchmen. Zuerst fiel es mir besonders auf, daß er einem so höchst unwahrscheinlichen Gerücht Glauben zu schenken schien. Zweiten« schien er mir die gar nicht unvernünftig» Ueberzeugung zu hegen, daß, wenn die Franzosen da« Land sich selber überließen, die Mauren, die gegenwärtig die große Majorität und den civilisirtesten Theil der Bevölkerung bilden, gewiß mit an die Spitze der Negierung nnd dcr Verwaltung des Landes gelangen würden. Bon der Türkischen Aristokratie ist hier nicht eine Spur zurück geblieben. Ich habe zwar einige Türken hier gesehen, aber diese gehörte» den untere» Klaffen an. Die rochen Landbesitzer sind zu Hunderleir verbannt worden. Ich besuchte einige ihrer öden Landhäuser, die wenigc Meilen von Algier abliegen, und sand, daß ihre Orangeriecn und Gär ten durch die Französische Invasion gänzlich verheert worden. Ich ließ