Enthält: zahlreiche Anstreichungen und Anmerkungen Karl Mays im Text und auf dem fliegendem Nachsatz, auf Titelseite neben Verfasser handschriftlich von May mit Tinte: "(Hessen)"
Den allerglücklichsten Griff aber von den vieren, die ich nennen wollte, bewies das Lustspiel „der Herr Senator" von Gustav Kadelburg und Franz v. Schön- than. Dieses Stück ist für jeden Anfänger ganz außerordentlich lehrreich. Es war die Zeit der Hamburger Cholera gewesen und man überall in Deutschland auf den gesegneten Stand der „Herren Senatoren" aufmerksam geworden, deren Lebens aufgabe nach dem Wort des Satirikers darin besteht, „ihr Gehalt nachzuzählen, Rodspohn zu trinken und sich gegenseitig ihrer unbegrenzten Hochachtung zu versichern." Ein ungeschickter Neuling würde die abscheuliche Trödelei in den hygienischen Einrichtungen der alten Hansestadt, den Eigennutz und die Auf geblasenheit ihrer Herren Väter vermuthlich zum Gegenstand eines höchst peinlichen Sittenstückes mit langathmigen Ausfällen gemacht haben, dem die Zuhörer bald gefehlt hätten. Ganz anders gingen die beiden ausgelernten Kunsthandwerker vor, die ich oben nannte. Weit entfernt, die Menschen bessern zu wollen und zu bekehren, und wohl damit vertraut, daß das breite Publikum auf der Bühne Nichts lieber sieht als Alther gebrachtes in neuem Aufputz, benutzten sie den Hamburger Dialekt und den alleroberffächlichstcn Schaum, den jene Stimmung in ganz Deutschland gegen die Hamburger aufgeworfen hatte, um den schon Jahrhunderte lang belachten Popanz eines Hgus- tyrannen frisch zu firnißen und ihn in aufgebügeltem Zustande den Deutschen vorzuführen. „Hier sehen Sie den berüchtigten Herrn Senator Andersten aus Hamburg. Er sagt „bannig" statt „verflixt" und ist überhaupt eine prächtige Originalfigur. Immer heran, meine Herrschaften!" . . . Man muß nun das Berliner Premiören-Publikum kennen, um die tödtliche Langeweile zu ermessen, die es trotz alles ge legentlichen Gelächters in solchen Kadelburg-Schönthan'schen Stücken verkostet. Da fehlt der Ehebruch, da fehlt die Blut schande, da fehlt das Magdalenenthum; kurz es fehlt „die