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Ottendorfer Zeitung. Die „Vttendorser Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen ^,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme »an Inserat« bi, vormittag t» Mr. Inserate werden mit zo Pf. 'für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 140. Sonntag, den 22. November 19O3.s 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, 2;. November 1S03. Lvr Wie aus dem Inserat in heutiger Nummer ersichtlich, beginnt in den nächsten Tagen der Kursus sür Buchführung. Alle diejenigen, welche gesonnen sind, an demselben noch teil zunehmen, werden gebeten, bis Sonntag den 22. d. M. bei Herrn Gasthofsbesitzer Wilhelm Hanta ihre Anmeldung zu bewirken. Bei den heutigen Anforderungen die bei jedem Betrieb gestellt werden, ist es durchaus notwendig, daß jeder Handwerker, Geschäftsmann oder Land wirt die Buchführung erlernt, nicht nur allein damit er genau weiß ob er vorwärts oder rückwärts gekommen ist, die Buchführung öffnet ihm die Augen, wo etwas zu ändern und bester einzurichten ist, schützt vor manchen Schaden z. B. bei Steuerklärung inbezug auf Deklarationen und Reklamationen, sowie bei Todesfällen usw. Im allgemeinen Interesse eines jeden wird gebeten, diesen Kursus nicht zu versäumen und daher rechtzeitig seine An meldung zu bewirken. — Das Weihnachtsfest rückt immer näher und mit diesem auch die Massenauf lieferung von Paketsendungen bei den Post anstalten. Mancher hat das ganze Jahr hindurch keine Veranlassung, Pakete abzuschicken, aber zu Weihnachten kommt arm und reich in die Lage, der Post einmal etwas „zuzuwenden". Die nachfolgenden Zeilen dürften deshalb von allgemeinem Jntcreste sein. Das Meistgewicht der Pakete beträgt 50 lc^. Den Paketen muß eine Postpaketadresse in der von der Post verwaltung vorgeschriebenen Form beigegeben sein. Zu einer Postpaketadreste dürfen während der Weihnachtszeit nur ein Paket, in der ge- wöhnlicheu Zeit höchstens drei Pakete gehören, dagegen muß zu jedem Pakete mit Nachnahme stet» eine besondere Postpaketadreste ausgefertigt werden. In den Postpaketadressen ist hinter dem Worte „Anbei" die Art der Sendung (ob Packet in Papier oder Leinen, Kiste, Korb usw.) zu bezeichnen. Gewöhnliche Pakete dürfen mit Einschreibepaketen oder mit Wertpaketen auf eine Postpaketadreste nicht versendet werden, ebensowenig Einschreibepakete zusammen mit Wertpaketen. Wenn mehrere Wertpakete zu einer Postpaketadreste gehören, so muß auf ihr der Wert jedes Paketes besonders angegeben sein. Soll die Sendung frankiert werden, so ist das Wort „frei" auf dem Abschnitt unter halb der Angabe des Absenders niederzuschreiben. Zum Aufkleben der Freimarke dient der ent sprechend bezeichnete Raum auf der Vorderseite der Postpaketadreste. Der Abschnitt kann zu schriftlichen Mitteilungen verwendet und vom Empfänger zurückbehalten werden. Die Auf schrift eines Pakets muß mit der Aufschrift der Postpaketadreste übereinstimmen und un mittelbar auf der Umhüllung oder auf einem der ganzen Fläche nach aufgeklebten oder sonst unlösbar darauf befestigten Papier usw. haltbar angebracht sein. K l o tz s ch e - K ä n i g s w a l d. In der letzten Gemeinderatösitzung wurde Herr Minis- terialsekretär Kolbe, der sich um die En!wicklung der hiesigen Gemeinde große Verdienste er worben hat, zum 2. Gemeindeältesten gewählt. Dresden. Das hiesige Königl. Schwur gericht verhandelte am Dienstag gegen den 37 Jahre alten auö Zwickau gebürtigen Kupfer schmied Max Ernst Seltmann wegen versuchten Totschlags. Dem Angeklagten wird beigemcsten, am 7. Juli d. I. in Vorstadt Pieschen seine Ehefrau zu töten versucht, hierbei aber nicht mit Ueberlegung gehandelt zu haben. Seltmann ist mit seiner jetzigen Ehefrau seit 18 Jahren verheiratet. Aus dieser Ehe stammen neun Kinder, von denen noch sechs am Leben sind. Der Angeklagte wird allgemein als fleißig, nüchtern und gutmütig, dahingegen seine Ehe frau als streitsüchtig und unverträglich bezeichnet. Seltmann trieb seit Herbst 1901 in Oplaten zusammen mit dem 2? Jahre alten Karl Müller ein offenes Geschäft als Kupferschmied. Da die verehelichte Seltmann mit dem Geschäfts kompagnon ihres Ehemanns intim verkehrte, kam es zwischen dem Angeklaglen und dessen Ehefrau zu heftigen Szenen. Infolge dieser Vorkommnisse zog Müller am 26. April d. I. nach Kastel. Bald darauf verließ auch die Seltmann ihren Ehemann und nahm ihr jüngstes fünf Monate altes Kind mit. Nachdem der Angeklagte erfahren hatte, daß für seine Frau durch Müller eine Wohnung in Vorstadt Pieschen gemietet worden war, kam Seltmann von Oplaten dreimal nach hier und versuchte eine Versöhnung mit seiner Ehefrau herbeizuführen. Diese Be mühungen waren erfolglos, der Angeklagte wurde von ihr geschimpft und in gemeinster Weise behandelt. Seltmann beschloß darauf, seine Ehefrau und sich zu erschießen. Am 7. Juli kam der Angeklagte wieder zu seiner Ehefrau und bat sie nochmals, sich mit ihm zu versöhnen. Da Frau Seltmann ihren Ehe mann abermals in barscher Weise abwies, zog der Angeklagte einen gttadenen sechsläufigen Revolver aus der Tasche und schoß auf seine Ehefrau. Es kam darauf zwischen beiden zu einem Handgemenge, die Seltmann hielt die Waffe fest, und es gingen hierbei noch mehrere Schüsse los. Die Frau erhielt mehrere Schuß wunden in den Kopf, in die Herzgegend und in den Oberarm. Außerdem ist der Seltmann auch der kleine Finger der linken Hand ab geschossen worden. Der Angeklagte flüchtete darauf nach Mickten; er wurde dort festge- nommcn. Das Urteil lautet, unter Annahme mildernder Umstände, auf zwei Jahre Ge fängnis. — Als man Freitag früh die Wohnung des Ehepaars Lau polizeilich gewalsam öffnen ließ, weil die Befürchtung nahe lag, daß ihnen ein Unglück zugestoßen sei, wurde dies leider den Eintretenden bestätigt. In der vollständig mit KohlenoxydgaS angefüllten Wohnung wurde Lau in der Küche auf einem Stuhle sitzend tot aufgefunden, während die Ehefrau Lau auf den Dielen liegend zwar noch lebend, aber be sinnungslos vorgefunden wurde. Die Eheleute haben wahrscheinlich am Abend vorher die Klappe am Küchenofen nicht vollständig ge schlossen. Ein Selbstmordversuch scheint nicht vorzuliegen. — Die für heute Sonnabend vor dem Königlichen Schwurgerichte anberaumte Ver handlung gegen den Frauenarzt Dr. med. Heinrich Paul Planer von hier wegen Mein eides ist vertagt worden. — Größere Zuschüsse erfordern die beiden im Besiß des Staates befindlichen Blätter, nämlich die „Leipziger Zeitung" (Zu schuß 8010 Mark jährlich) und das „Dresdner Journal" (Zuschuß 53438 Mark jährlich) Die „Leipziger Zeitung" hatte früher Ueberschuß ergeben; der Rückgang erklärt sich, wie im Staatshaushaltplan infol 1904/05 angegeben wird, hauptsächlich für ge der geringen Ein nahme an Einrückungsgebühren, verursacht in der Verminderung der amtlichen Veröffent lichungen und den ungünstigen Verhältnissen im allgemeinen. Loschwitz. Unser Ort, besten Straßen zur Zeit drei Beleuchtungsarten aufzuweisen haben, nämlich Petroleum-, GaSglüh- und elek trisches Licht, soll nunmehr ein einheitliches Licht, Gasglühlicht erhalten, denn dieses hat sich als am zweckmäßigsten und billigsten be währt. Unser Gemeinderat wird deshalb nach Ablauf des Vertrages mit der Gesellschaft, die den elektrischen Strom liefert, einen längeren Vertrag mit der Stadt Dresden schließen, um das nötige GaS zu erhalten. Hier hofft man sogar, daß sich auch die Nachbargemeinde Weißer Hirsch anschließen wird. Radeburg. Wie der „Anzeiger" erfährt, ist es durch die zielbewußt und energisch durch geführten Arbeiten zur Erbauung unseres Wasserwerkes seitens der Firma C. Jensen in Freiburg gelungen» noch vor Eintritt de» Winters das Stadtrohrnetz mit dem Druck rohrstrang zum Hochbehälter in einer Länge von über 10000 Meter fertigzustellen. Auch der Hochbehälter am Meißnerberg ist bereits so weit vollendet, daß die noch notwendigen Arbeiten, gegen äußere Witterungseinflüste ge- chützt, vorgenommen werden können. Mit der Herstellung der Hausanschlüsse wurde diese Woche begonnen, ebenso mit der Erbauung des Maschinenhauses. Riesa. Ein schwerer Unglücksfall ereignete 'ich heute Mittag am oberen Elbquai. Der Steuermann Hermann Tietz aus Bittkau, der hier auszuladen hatte, wurde von Bahnwaggons, die rangiert wurden, so unglücklich überfahren, daß er sofort tot war. — Eine „liebevolle Hochzeitstante" gab am vergangenen Freitag hier eine Gastrolle. Für ihren Neffen, welcher in Riesa eine Beamten- stellc bekleiden und am vergangenen Montag seine Vermählung feiern sollte, suchte die Dame ein passendes Lokal zur Abhaltung der Festlich keit. Die sich als Frau Seidel aus Eibenstock ausgebende Frau machte nun in einem ihr als geeignet erscheinenden Hotel genaue und dem Hotelier glaubwürdige Bestellungen, wobei auch bestimmte Preisfeststellungen stattfanden. Kurz vor ihrem Abschiednehmen ließ sich die „Tante" für eine geringe Gegenleistung 3 Mark zahlen, ist aber seitdem spurlos verschwunden, und ebensowenig hat sich jemand zur angesagten Feier blicken lassen. Mutzschen. Der Dienstbote M. Münch aus Nerchau, der in Löbschütz diente, ist am Mittwoch am Typhus erkrankt und in das städtische Krankenhans in Grimma eingeliefert worden. Leipzig. Der kürzlich verhaftete Rechts anwalt Roeßner dürfte, falls sich sein Geistes zustand als normal herausstellt, einer Bestrafung nicht entgehen. Obwohl die angeblich aus einer Erbschaftsmasse verschwundenen Wertpapiere wieder vollständig vorhanden sind, steht doch fest, daß dieselben bei einem Bankinstitute lombardiert waren. — Der Unteroffiziermangel in dem Heere erfährt eine drastische Beleuchtung durch ein Inserat in den hiesigen Zeitungen. Die erste Kompanie des Infanterieregiments Nr. 107 sucht zu sofortigem Eintritt zwei Kapitulanten, die als Gefreite entlasten worden sind. — Der Automobil-Verkehr zwischen Leipzig und Merseburg wird erst Mitte Dezember er öffnet werden. Derselbe wird sich auf Personen- und leichten Frachtverkehr erstrecken. Glauchau. Das Spielen mit Streich hölzern seitens kleiner Kinder hat hier wieder einmal schwere Folgen gehabt. Die Witwe Hertan hatte ihre verwaisten drei kleinen Enkelchen im Alter von 2, 3 und 4 Jahren auf kurze Zeit allein in der Wohnung zurück gelasten. Während der Abwesenheit der Groß mutter gelang es nun dem ältesten Kinde, in den Besitz von Streichhölzern zu kommen, mit denen cs alsdann vor dem Bett, in welchem das Jüngste lag, zu spielen begann. Hierbei entzündeten sich etliche Streichhölzer und setzten das Bett in Brand. Da die Haustüre ver schlossen und dem Aeltesten deshalb die Mög lichkeit genommen war, ins Freie zu gelangen und Menschen auf das Geschehene anfmerksam zu machen, so dauerte es geraume Zeit, ehe ein Nachbar durch den aus dem Hause kommen den Rauch auf den Brand aufmerksam gemacht wurde. Er veranlaßte sofort die Oeffnung der Haustüre und das Löschen des Feuers, jedoch hatte das im Bette befindliche arme Wesen, ein Mädchen, bereits derartige Brandwunden davon getragen, daß es ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Es ist wenig Hoffnung auf Wiedergenesung des Kindes vorhanden. Schönberg. Im Brauereiteiche bei Meerane wurde die Leiche der seit einigen Tagen ver schwundenen 18jährigen Zschunke gefunden. Was das junge Mädchen in den Tod getrieben, ist unbekannt. Crimmitschau. Wie wir seinerzeit meldeten, hatte eine Versammlung von Laden inhabern den Herrn Bürgermeister Beckmann gebeten, sich mit dem Vorsitzenden des Ver bandes Sächsischer Textilindustriellen Herrn Geheimen Kommerzienrat Vogel in Chemnitz behufs Beilegung des Ausstandes in Ver bindung zu setzen. Von dem Erfolge seiner Bemühung gibt jetzt Herr Bürgermeister Beck mann in einem Briefe an den „Anzeiger" der gesamten Einwohnerschaft Kenntnis. In dem Briefe heißt es: „Herr Geheimer Kommerzien rat Vogel hat mir erklärt, daß der Verband weder Zugeständnisse machen, noch eine Ver mittlung annehmen könne. Er, der Vorsitzende, begreife vollständig, daß nicht nur die hiesigen Ladenbesitzer, sondern auch das gesamte Er werbsleben in Crimmitschau unter den gegen wärtigen Zuständen schwer leiden, am aller meisten die Fabrikanten, die schon ein Vierteljahr lang ihre Fabriken still stehen haben und sich deshalb sehr große Opfer hätten auferlegen müstm. Würde, so hat der Vorsitzende weiter erklärt, das Vorgehen der hiesigen Arbeiterschaft ein anderes gewesen sein, so wäre an eine Ver mittlung oder Kompromiß zu denken, so aber gehöre es zu den Lebensbedingungen der Ver bandsmitglieder, den Streik bis ans bittere Ende durchzuführen. Der Verband sei auch der Ueberzeugung, daß eine solche Stellung nahme am ersten wieder zu geordneten Ver hältnisten führen werde." Herr Bürgermeister Beckmann schließt seinen Brief mit den Worten: „Nachdem ich mir auch darüber Gewißheit verschafft habe, daß der hiesige Spinner- und Fabrikantenverein ein Zugeständnis nicht zu machen gewillt ist und zunächst bedingungslose Wiederaufnahme der Arbeit fordert, so halte ich das von hiesigen Ladenbesitzern an mich gerichtete Ersuchen um Vermittlung für erledigt." Im übrigen mehren sich die Arbeitswilligen von Tag zu Tag. Die ganze Einwohnerschaft wünscht auf das sehnlichste ein baldiges Ende des schweren Kampfes, der bereits enorme Summen gekostet, und niemand Vorteil ge bracht hat. Rodewisch. Ein heftige Gasexplosion fand in der Kartonnagenfabrik von Leithold statt. Fast sämtliche Fenster wurden zer trümmert und die Wände stark beschädigt. Ein Arbeiter wurde schwer verletzt. Zwickau. Der frühere Kriminalschutz mann Dörr geriet Dienstag nachts in einem übel berüchtigten Hause mit mehreren Gästen in Streit; durch Revolverschüste in die Luft suchte er sie abzuwehren, wurde aber so zu gerichtet, daß er ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Plauen i. V. Nach Unterschlagung von 4500 Mark wurde der Lagerverwalter KiSro des hiesigen Konsumvereins flüchtig. Der Flüchtige ist ein Schlesier. Oberwiesenthal. Von den in der Hörderschen Mordsache als verdächtig verhafteten drei Männern, Häckel sen. und jun. und Fleisch mann, ist der Maurer Hermann Häckel jun. aus Oberwiesenthal vom Untersuchungsrichter auf freien Fuß gesetzt worden. Die früher aus gesprochene Vermutung, daß Häckel jun. an dem Morde kaum beteiligt sein dürfte, daß aber die Täterschaft Häckels sen. und Fleischmanns wahrscheinlich ist, scheint somit zuzutreffen. OelSnitz i. E. Tödlich verunglückt ist hier am Sonnabend gegen abend der im Kaiserin- Augusta-Schacht beschäftigte Schachtzimmerling Ernst Eckard aus Neuölsnitz. Der 28 jährige Verunglückte wurde beim Aussteigen vom nieder gehenden Gestell getroffen und dabei so schwer verletzt, daß der Tod alsbald eintrat. Klingenthal. Eine „Geldmännel"-Ge- schichte, die sich hier abspielte, macht viel von sich reden. Den Betrügern, die gegen gutes Geld ein größere Summe falsches ausliefern wollten, fielen 150 Mark in die Hände. Die „Dummen", die bekanntlich nicht alle werden, hatten das Nachsehen.