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Die „Dttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Host bezogen (,2V Mark. Druck und Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Ann«hm« »in Inseraten bi, »»rmtttaz « Uhr. Inserate werden mtt <o Pf. für die Spaltzeil« berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 118. Freitag, den 2. Oktober 1903. 2. Jahrgang. Sparkasse, Gemeindeamt, Radeburgerstraße Hr. Materialwarenhdlr. K. Knöfel, Radebergerstr. Hr. Kaufmann K. Werner, Königsbrückerstraße. Lomnitrr Hr. Kaufmann K. Schlotter, Dorfstraße, keikensclork: Hr. Postagent F. E. Schmidt, Radebergerstraße. O ttendorf-Moritzdorf, am 25. Sep Grünberg r Herr Kantor Georgi. Lunnersüork: Herr Kantor Franke. k)ermsäork: Frau Anna verehei. Kohhausen, Materialwaren- Händlerin, Dresdnerstraße. Lausa. Herr Sattlermeister und Postagent Mo Geißler, Königsbrückerstraße. ember 1903. Die Sxarkassenverwaltung- Gem.-V. Lincke. „ K Koch, Lomnitzerstr. „ U. Georgi, Königsbrücker ¬ straße. Grolsokrilla r Spar Markenverkaufs st eilen. 0ttenäork-f>Iorit2äors: Sparkasse Ottendorf - Moritzdorf Sparmarkenverkauf betr. Um die Ansammlung und die verzinsliche Anlegung auch kleinerer Geldbeträge zu er möglichen und hierdurch den Sparsinn anzuregen, hat die unterzeichnete Sparkassenverwaltung im hiesigen Orte und in den Nachbargemeinden nachstehend näher bezeichnete Uerkaufüstellett von Sparmarken errichtet. Bei den Inhabern dieser Stellen können Sparmarktll ä 10 Kfg. sowie Sparkarten entnommen werden. Sparkarten, welche mit 10 oder 20 Marken beklebt sind, können bei der hiesigen Sparkasse von 8—1 und 3—5 Khr und Sonnabends und an Vorabenden von Festtagen von 8—2 Uhr eingeliefert werden. Die Einlagen werden mit verzinst. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Vkrilla, p Vktober 1903. — * Nächsten Sonntag mittag 1 Uhr ver anstaltet der Ortsverein eine Wanderung durch die Heide über den Buchberg nach Glauschnitz- Stenz-Königsbrück. Die Rückkehr erfolgt per Bahn. Freunde und Gönner des Vereins sind herzlich willkommen. Mit diesem Ausflug ist eine Besichtigung des Schießplatzes (Zieldorf) und dessen interessante Einrichtung verbunden. Recht zahlreiche Beteiligung ist erwünscht. Der Oktober, der zehnte Monat des Jahres, hat heute seinen Anfang genommen. Hoffentlich wird er der Jugend gestatten, wenigstens ist dies aller Wunsch, die frische Herbstluft unter dem bunten Laubschmuck der Bäume tüchtig einzuatmen. Jetzt ist noch Zeit zur frischen Bewegung und zum Spiel im Freien, und diese günstigen Wochen müßen ausgenützt werden. Allzulange dauert es nicht mehr, dann kommt die minder schöne Zeit des Herbstes, in welcher das Stubensitzen größere Geltung gewinnt. Herrlich ists jetzt im Wald, und wo es immer nur angängig, sollten Eltern es nicht versäumen, mit ihren Kindern einen Waldspaziergang zu machen. Da zeigen sich so recht und echt die vollen Wunder des Herbstes, da leuchtet cs in allen Farben vom reinsten Goldgelb bis zum tiefsten Scharlach, alle Schattierungen sind dazwischen in einem Reichtum, in einer Fülle vertreten, wie sie der genialste Maler nicht hervorzaubern kann. Und Sträucher und Rankengewächse machen diese Pracht und diesen Glanz mit, da merkt man nichts von einem Altwerden der Natur, da zeigt sich — allerdings in einer neuen Weise — ein farbensprühendcs, funkelndes Leben. Die leise Wehmut, die uns wohl an einem nebligen, regenschwcren Novembertage über kommt, an dem die ganze Herbst-Melancholie, die Empfindung vom Versinken und Vergehen ihren Ausdruck findet, die muß heute noch weit zurückbleiben, heute sprüht selbst im Herbst noch ein reizvolles Leben, eine freudige Anregung. — Die seinen, weißen, glitzernden Fäden, welche jetzt an sonnigen Tagen durch die Luft fliegen und sich wohl auch den Spaziergängern anheften, sind die letzten Erinnerungen an die Herrlichkeiten des Sommers und damit die Boten der sich immer mehr nähernden rauhen Jahreszeit. Diese scheinbar aus Wolle oder Seide gedrehten Gespinste führen verschiedene Namen, deren bekanntester „Altweibersommer" ist. Anderwärts nennt man sie Sommerfäden, Mariensommer usw. Mannigfach ist auch die Volksmeinung über den Zeitpunkt ihrer Er scheinung. In Rußland heißt es „Sermin- lag-Altweibersommer!" Sermindauer erstreckt sich vom Sermintag (1. September) bis zum „Gänseflugtag" (15. September). Gemeiniglich treten um diese Zeit die wilden Gänse ihren Winterflug an, und darum heißt's im Volke: „Ziehn die wilden Gänse fort, ist auch der Altweibersommer zu Ende." In Böhmen setzt man das Erscheinen des „fliegenden Sommers" auf den 14. Tag nach dem St- Wenzelstage (28. September) fest, was auf den 11. Oktbr. führen würde. In Deutschland sieht man den 18. Oktober als ersten Sommertag der „alten Weiber" an, — Die sächsischen Soldaten, die diesmal das Kaisermanöoer mitgemacht haben, werden noch lange an die Strapazen denken. Dafür stellt ihnen ein bayrischer Offizier folgendes Lob aus: „Das Kaisermanöver hatte mich angelockt. Man spielte die Schlacht von Roßbach, und es wäre im Ernstfall genau wieder so gegangen wie unter dem alten Fritz: die Franzosen, dar gestellt durch zwei preußische Armeekorps, wären von den Preußen, vertreten durch zwei sächsische Armeekorps, durch Sonne und Mond gehauen worden. Die Sachsen hatten eine überlegene Führung, die Truppen machten große Gewalt märsche, der strategische Aufmarsch war völlig gelungen, ihr Erfolg war überwältigend. Die Franzosen wären total geschlagen, eingeschlossen, gefangen und vernichtet worden. Aber das durfte nicht sein: die Sachsen durften ihre Er folge nicht ausnützen, denn sie mußten geschlagen werden. Das stand so im Programm, obwohl dasselbe durch die Sachsen beim ersten Anlauf über den Haufen geworfen worden war. Also wurde am letzten Tag ein neuer Kurs derart eingerichtet, daß die Sachsen den Rückzug an zutreten hatten." Am tapfersten hat sich von allen sächsischen Truppenteilen wohl das 4. Infanterie-Regiment Nr. 103 und von diesem das 2. Bataillon gehalten. Dieses Bataillon marschierte bei 30 Grad Reaumur 48 Kilo meter, eine Leistung, die selten erreicht wird. Trotz des großen Marsches gab es keine Kranken. — Die auf den sächsischen Staatseisenbahnen am 1. Oktober eintretenden Änderungen der Fahrpreise sind, wie wir schon früher mit teilten, im allgemeinen nur unbedeutend. In soweit keine Änderungen in den der Preis berechnung zu gründe gelegten Entfernungen eintreten, stellten sich auf kürzere Strecken zwischen benachbarten Stationen in den Preisen der Rückfahrkarten teils keine, teils Erhöhungen um 5 Pf. heraus. Die höchste Erhöhung tritt in zwei Fällen um 60 und 70 Pf. bei Billets I. Klasse ein, bei Billets 3. Klasse stellen sich die Preise im Höchstfalls um 30 Pf. höher. Dresden. Unter Hinterlassung bedeutender Schulden ist die Oberin Elise Weinhold aus dem Louisenheim,Semperstraße 11, verschwunden. Sie begab sich am Donnerstag abends 8 Uhr in ihrer Oberinnentracht auf den Bahnhof, wo sie sich angeblich umkleidete und seitdem ver schwunden ist. Das Louifenheim ist eine 1894 gegründete Änstalt, welcher die Weinhold als Oberin vorstand und deren Verwaltung sie führte. Eine Reihe von Geschäftsleuten und Lieferanten beklagen in die Tausende gehende Verluste. Die Weinhold hat angeblich auch Kautionen von Angestellten bis zu 200 Mark mitgenommen. Über den Aufenthalt der Flüch tigen ist man vollkommen im Dunkeln. Meißen. Fleischdiebstähle wurden im hie sigen Jnnungsschlachthofe aufgedeckt. Die Diebe sind zwei Fleischergehilfen. Als ihre Abnehmer kommen neun in betracht, darunter ein Restaura teur, die sich wegen Hehlerei zu verantworten werden. Niederwürschnitz. In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag brannte es im Gute des Landwirtes Albin Hahn; dem Feuer fielen, trotzdem 5 auswärtige Spritzen erschienen waren, 3 Gebäude dieses Anwesens zum Opfer. Es wird mit Bestimmtheit Brandstiftung ver mutet. Chemnitz. Die etwas zerfahrene An gelegenheit des hiesigen Zoologischen Gartens, deren sich vor kurzem eine hiesige Grundstücks- Agentur bemächtigen wollte, ist nunmehr in ein aussichtsvolleres Stadium getreten. Der Besitzer der Pelzmühle in Siegmar, eines land schaftlich hervorragenden und vielbesuchten Aus flugsortes in der Nähe von Chemnitz, hat sich mit einer Reihe namhafter Dresdner Künstler in Verbindung gesetzt, von denen Architekt Johannes Baader an Hand der neuesten Hagenbeckschen Erfahrungen jetzt ein Projekt ausarbeitet. Der Garten dürfte schon im nächsten Jahre fertig dastehen. Freiberg. Wegen Beleidigung des hiesigen Bürgermeisters Blüher wurde der Landwirts bundessekretär im Königreich Sachsen Oswin Schmidt-Freiberg zu 200 Mk. Geldstrafe vom hiesigen Schöffengericht verurteilt. Herr Schmidt hatte von Herrn Bürgermeister Blüher behauptet, er sei ein Sozialdemokrat. Die Behauptung fußte, wie sich herausstellte, auf unhaltbarem Klatsch eines ehemaligen guten Freundes Herrn Blühers. Nerchau. Gestern nachmittag */i2 Uhr brach im Malzraume der an der Hauptstraße gelegenen Kaynarschen Brauerei Feuer aus, das sich in kurzer Zeit über das ganze, langgestreckte Gebäude verbreitete und dieses bis auf die Umfassungsmauern vernichtete. Neustädtel. Am Dienstag nachmittag warf das Mädchen des Bergmannes August Seifert die Petroleumkanne um, sodaß sich ein Teil ihres Inhaltes auf die Diele ergoß. Die Schwiegermutter Seiferts, eine 60 Jahre alte Frau Anna Bochmann, schüttete Asche über das Petroleum und augenblicklich stand dies, aber auch die Frau, in Hellen Flammen. Letztere erlitt so schwere Brandwunden, daß sie verstarb. In der Asche war jedenfalls eine glühende Kohle gewesen. Deuben. Die seit 17. Mts. vermißte 16- jährige Antonie Lübeck gen. Thieme von hier wurde am Montag als Leiche in einem Teiche in Altenbach bei Wurzen aufgefunden. Die Annahme, es könnte an der Lübeck ein Ver brechen verübt worden sein, hat sich als haltlos erwiesen. Crimmitschau. Der Streik der hiesigen 8000 Textilarbeiter besteht in unveränderter Weise fort. Der Fortzug von Arbeitern und Arbeiterinnen dauert noch immer an. Wenn auch die Stimmung unter den Streikenden immer noch eine zuversichtliche zu sein scheint, so macht sich aber doch hier und da unter den Arbeitern der Gedanke Luft, daß die Be wegung im Sande verlaufen werde, da an ein Nachgeben der Fabrikanten nicht zu denken sei und die Unterstützungsgelder doch schließlich auch zu Ende gehen. Dem Spinner- und Fabrikantenverein gehen vielfach Sympathie kundgebungen zu. Die Textilarbeiter der Nach barstadt Werdau haben bi» jetzt durch frei willige Beiträge 1000 M. aufgebracht. Au» allen Teilen Deutschlands fließen der Haupt kaffe in Berlin Gelder für die hiesigen Ar beiter zu. Grimma. Ein Unternehmer will hier elektrische Kraft zum Verkauf stellen, auch eine Verbindung mit dem Kirchberg-Tal (Rothen kirchen beziehentlich Auerbach) mittels gleisloser elektrischen Bahn einrichten. Die Stadt will eventuell Aktien zeichnen. — Der Stadtrat hier- selbst hat beschlossen, daß der Verkauf von Branntwein im Kleinhandel in Läden und Schankwirtschaften abends 6 Uhr geschloffen werden soll. Die Stadtverordneten nahmen hiervon mit hoher Befriedigung Kenntnis und wünschten schärfste Durchführung dieser Be stimmung. Thar and. In dem Kalkwerksbesitzer Paul Zschille gehörigen Kalkwerke ging am Dienstag morgen ein sogenannter Fluchtschacht, der sich dicht neben der Straße befindet, niever und hinterließ ein Loch, das ungefähr 3 Meter im Durchmesser hat. Durch Reparaturarbeiten an dem Fluchtschachte scheint sich Triebsand in Bewegung gesetzt zu haben. Das über dem Schacht stehende kleine Häuschen konnte noch rechtzeitig seitens des Besitzers abgebrochen werden. Der Betrieb des Kalkwerkes leidet durch dieses Vorkommnis durchaus keine Störung. Es ist auch niemand bei dem Ein stürze verletzt worden. Plauen. Der Inhaber des bekannten Herren-Garderobengeschäfts Hermann Schöffel jagte sich gestern früh im Beisein seines jüngsten Kindes in der Schlafkammer eine Kugel durch den Kopf und war sofort tot. Ungünstige finanzielle Verhältnisse mögen die Ursache der unseligen Tat gewesen sein. Am Abend zuvor besuchte Schöffel noch das Theater. Plauen i. V. Vor der 2. Strafkammer des hiesigen Landgerichts wurden am Freitag abermals zwei Maurer, welche zu den streiken den Maurern gehörten, die sich an dem im Juli dort stattgefundenen Maurerausstand be teiligt hatten, wegen Ausschreitungen, die sie sich gegen Arbeitsgenoffen schuldig gemacht hatten, zu Gefängnisstrafen verurteilt: der 42 Jahre alte Maurer Joh. Christian Elias Hertel aus Sparnberg erhielt vier Wochen, der 33 Jahre alte Max August Jakob hier sechs Monate. Letzterer hatte einem Kollegen, der sich nicht an dem Streik beteiligte, eine Ohrfeige gegeben, ihm auch einen Stockschlag versetzt. Aus dem böhmischen Elbgau. Am 100jährigen Geburtstage Ludwig Richters prangte das am Fuße des Deblik und Aarhorst malerisch gelegene Sebusein in schwarzrot goldenem Fahnenschmücke und bei der Halte stelle der Nordwestbahn in Sebusein und der romantischen Buschmühle errichtete man am Morgen eine schmucke grünweiße Wegweiser säule mit der Aufschrift: Ludwig-Richter-Weg. Am Abend versammelten sich die Bewohner des Ortes mit einigen Herren aus Aussig und Teplitz im Gasthofe „zum Stefanssaal" zu einem Ludwig-Rickter-Adende, in welchem der Obmann des deutschen Bundes in Sebusein, Kaufmann Wilhelm, .in schlichten, aber tief empfundenen Worten Ludwig Richters und seiner Beziehungen zu Sebusein gedachte. Die Eröffnung des Ludwig-Richter-Weges dürfte erst am 11. Oktober erfolgen. Tetschen. Sonntag traf hier mittels Automobil inkognito unter dem Namen eines Herrn Villiers aus Paris in Begleitung eines Chauffeurs und eines Dieners der Fürst von Monaco ein und stieg im Hotel „Silberner Stern" ab. Der Fürst fuhr nach eingenommenem Mahle in der Richtung nach Prag weiter,