Volltext Seite (XML)
Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag w Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Mkrilla. Nr. 104. Sonntag, den 30. August 1903. Oertlichrs und Sächsisches. Vttendorf-Gkrilla, 2g. August 1903. — Bei der jetzigen Pilzzeit und der immer wiederkehrenden Fälle von Vergiftungen sei auf den Knollenblätterschwamm aufmerksam gemacht. In G. Hahns Pilzbuch ist über diesen gesagt: Die meisten Vergiftungserscheinungen erinnern in vieler Beziehung an die Cholera und enden leider in den meisten Fällen tödlich. Die Zu fälle treten ziemlich spät ein. ost erst nach 24 Stunden. Für den Unerfahrenen ist es daher immer eine bedenkliche Sache, im Walde Champignons zu sammeln. Die Unterscheidungs merkmale des Champignons und Giftknollen blätterpilzes, auf die gewöhnlich bezüglich der Lamellen und der Hüllfetzen hingewicsen wird, sind oftmals täuschend und lassen den Un erfahrenen im Stiche. Die Hutobcrflläche ist zwar häufig im Gegensatz zum Champignon mit Festen bedeckt, allein diese sind zuweilen vollständig verwischt; auch die Lamellen unter scheiden sich in der Jugend leider nur durch einen Schein, sodaß eine Verwechslung vor kommen kann. Das Fleisch des Giflknollen- blätterpilzes hat aber in den meisten Fällen einen starken Geruch nach Rüben, rohen Kar toffeln, und dieser Geruch ist sehr bemerkens wert für den unerfahrenen Pilzsammler, denn ein Champignon riecht niemals derartig, sondern angenehm, anisanig. — Nach sächsischem Jagdgesetze beginnt mit dem 1. September wieder die Abschußzeit für weibliches Edel- und Damwild und für die Kälber beider Hochwildarten. Desgleichen können nun auch wieder vom genannten Tage an Schnepfen, Hähne von Auer-, Birk- und Haselwild, soivie Wachteln, Bekassinen und Rebhühner geschossen werden. In der Schon zeit stehen vom 1. September demnach noch die Hasen, deren Jagd bekanntlich am 1. Ok tober bei uns aufgeht, desgleichen Fasanen außerhalb der Fasanerien, für weichliche Rehe dauert die Schonzeit noch bis zum 15. Oktober. KrammetSvögel stehen noch bis 15. November in der Schonzeit. Forellen dürfen nach den gesetzlichen Bestimmungen nur noch bis mit dem 31. August gefangen und verkauft werden. Vom 1. September bis 31. Dezember treten diese Süßwasserfische in die gesetzliche Schonzeit. — Aus Anlaß der diesjährigen Herb st - übunge n und Kaiserparade auf dem Truppen übungsplätze bei Zeithain werden bei Nünchritz, bei Vorwerk GöhliS (Riesa) und zwischen Strehla und Lorenzkirch vom 31. August bis zum 3. September dieses Jahres vormittags Schiffsbrücken über die Elbe geschlagen und aufgestellt bleiben. — Vom Ministerium des Innern ist als Zeitpunkt für die Äbgcordnetenwahl zum sächs. Landtage der 15. Oktober in Aussicht ge nommen worden. Die Wahlmännerwahlen werden um den 23. bis 25. September slatt- finden. — Wie bekannt, ist es in Fleischereien und anderen Velkanfsstätten vielfach Brauch, daß beim Abwiegen eines Viertelpfundes häufig nur Gewichte in der Schwere von zusammen 120 — anstatt 125 — Gramm verwendet werden und daß versucht wird, das Vollgewicht durch reichliches Wiegen herzustellen. Wenn auch diesem Verfahren, wie aus den angestellten Erörterungen angenommen werden darf, nicht die Absicht zu gründe liegt, den Käufer zu Übervorteilen, so ist doch diese Art des Ab wiegens der Ware unzulässig und nach Be finden strafbar. Denn abgesehen davon, daß jeder Käufer das Recht hat, zu verlangen, daß ihm die Ware wirklich abgewogen und nicht zum Teil nur schätzungsweise zugeteilt wird, so wird dadurch bei dem Käufer der Glaube er weckt, daß er sehr reichlich zugewogen erhalte, da die Wagschale sich weit unter den Spiel punkt senken muß, wenn der Verkäufer über haupt volles Gewicht verabreichen will, während der Käufer in Wirklichkeit, wenn nicht ein Mindergewicht, so doch nur das richtige Gewicht oder doch nicht ein solches Übergewicht, wie es scheint, erhält. Dresden. Erhebliche Unterschlagungen sind in einem hiesigen Spiegelgeschäft ans Tageslicht gekommen. Der Markthelfer dieses Geschäft hat auf eigene Rechnung mit Hilfe des Hausmanns viele Hunderte von Spiegeln veräußert. Der Kriminalpolizei gelang es, die Betrüger zu überführen und eine Liste der jenigen Personen ausfindig zu machen, an die von dem ungetreuen Angestellten Waren ge liefert worden sind. Der geschädigte Geschäfts mann hat den größten Teil seiner Spiegel wieder erlangt. — In der Bedürfnisanstalt eines Restau rants in der Vorwerkstraße schoß Donnerstag nachmittag ein 19 Jahre alter Schreiber, der im selben Hause bei den Eltern wohnt, eine Kugel auf sich ab. Die Schußwunde war nicht lebensgefährlich. Auf Anordnung eines Arztes wurde der lebensmüde junge Mann nach dem Krankenhaus gebracht. — Das bis jetzt hier garnisonierende De tachement „Jäger zu Pferde" unter dem Kom mando des Rittmeisters v. Wuthenau, welches sich zur Zeit ebenfalls im Manöver befindet, wird jedenfalls nach Ablauf derselben seinen für 1. Oktober geplanten Garnisonswechsel voll ziehen und nach Chemnitz übersiedeln. — Das Hauptverfahcen gegen den früher nach Amerika geflüchteten vormaligen Sekretär und Stadtkassierer Reiner aus Lauenstein, welcher der Unterschlagung amtlicher Gelder angeklagt ist, ist nunmehr vom hiesigen Land gericht, 5. Strafkammer, eröffnet worden. Die Hauptverhandlung gegen Reiner wird am 12. September vormittags 10 Uhr beim hiesigen Landgericht stattfinden. Es handelt sich um Unterschlagung in Höhe von 40 000 Mark. — Aus Salzburg wird gemeldet: Die ehe malige Kronprinzessin Louise von Toskana kehrt von Schloß Ronteau in Südfrankreich nach Lindau zurück, sobald ihr Vater, der Großherzog von Toskana, das Schloß verlaffen hat. — Der Raubmörder Speck ist Freitag früh in Altona hingerichtet worden. Speck hatte am 31. Mai 1902 zu Altona die Ehefrau Back haus erwürgt und beraubt, am 9. Juni 1902 auf der Ladeburger Chaussee bei Magdeburg den Landmann Kuhlmilch erschaffen und be raubt und im Juni 1902 hier den Kriminal wachtmeister Markus, der ihn verhaften wollte, erschossen. Der seit Wochen bestehende Streik der Töpfergesellen, der beträchtliche Ausdehnung angenommen hatte und den beizulegen den zu nächst beteiligten Kreisen trotz langwieriger Ver handlungen nicht gelingen wollte, hat nun durch das Eingreifen des Herrn Oberbürgermeisters Geheimen Finanzrats Beutler sein Ende erreicht. Liebstadt. Ein entsetzlicher Unglücksfall er eignete sich am Mittwoch abends gegen halb 9 Uhr auf der Seidewitztalstraße zwischen Lieb stadt und der Schneckenmühle. Fleischermeister S. aus Dohna war in Geschäften mit seinem Geschirr in der hiesigen Gegend gewesen und kehrte gegen Abend im Leitertschen Gasthofe zu Döbra ein. Dort trat bald ein Fremder em, welcher S. fragte, ob er nach Pirna zu mit fahren könne. Dies wurde ihm zugestanden, die Fahrt aber noch ein Weilchen aufgeschoben. Unterdessen war aber der Fremde verschwunden. Kurze Zeit darauf erschien ein anderer Gast welcher sein Erstaunen darüber nusdrückte, daß S. noch anwesend sei, während sein Geschirr sich bereits auf dem Wege nach Pirna befinde. Als sich S. von der Wahrheit des Gehörten überzeugen wollte, mußte er allerdings sehen, daß sein Geschirr verschwunden war. Nun er bot sich Gasthossbesitzer Leitert dazu, auf dem Rade dem Spitzbuben mit dem Geschirr zu verfolgen und ihn zu stellen. Trotz inzwischen eingetrelencr Dunkelheit fuhr aber Leitert ohne Licht, was sein Verhängnis werden sollte. Ein ihm von seiner um ihn besorgten Frau nach geschicktes Geschirr, das ihn in Liebstadt er reichte, schickte er unbenutzt zurück und fuhr dann im raschestem Tempo weiter talabwärts. Eine kurze Strecke unterhalb Liebstadt kam nun dem in der Finsternis dahinsausenden Manne Herr Jeschke von hier entgegen, welcher, da er ebenfalls ohne Licht war, sein Rad vor sichtigerweise schob. Auf dessen Rad fuhr nun Leitert plötzlich auf, stürzte zu Boden und schlug mit dem Kopfe auf, wonach er regnungs- los liegen blieb. Herr Jeschke wollte nun den Gestürzten, da er annahm, daß er nur leicht verletzt sei, wieder aufrichten. Hierbei machte er aber die erschreckende Wahrnehmung, daß Leitert bereits verschieden war. Derselbe hatte bei dem Sturze einen Schädelbruch erlitten. Bodenbach. Bei dem häufig getriebenen Unfug von halbwüchsigen Burschen, an Dampfer schleppzüge Schaluppen anzuhängen und sich aufwärts ziehen zu lassen, ist kürzlich oberhalb Bodenbach eine Schaluppe mit vier größeren Schulknaben umgeschlagen. Drei konnten von den Schiffern gerettet werden. Der vierte namens Schlächter ertrank. Senftenberg. Am Dienstag nachmittag gegen 5 Uhr sind von der JIse-Werksbahn zwei auf der Strecke spielende Kinder, und zwar der Knabe Rollka von Almahütte, sowie das Mädchen Frauböse von dort, totgefahren worden. Die Kinder waren noch nicht zwei Jahre alt. Dem Knaben ist der Kopf voll ständig vom Rumpfe getrennt; auch das Mädchen ward arg verstümmelt. Wem die Schuld an diesem schrecklichen Unglück beizu messen, wird die Untersuchung ergeben. Ebersbach. Auf dem am hiesigen Bahn hofe gelegenen Spreedorfer Übergange, dessen Schranken Nicht geschlossen waren, ist am Mitt woch abend gegen Uhr durch eine Nangier maschine ein von Neugersdorf kommender Kutsch wagen überfahr, n worden. Glücklicherweise sind bei diesem Unfälle Personen nicht verletzt worden, jedoch wurde ein Pferd getötet. Schlettau. Der Stationsgehilfe Emil Stopp aus Dresden wurde am Mittwoch auf hiesiger Flur tot aufgefunden. Er hatte sich, wahrscheinlich wegen unglücklicher Liebe, mit einem Revolver, den er noch in der Hand hielt, erschossen. Berggießhübel. Mittwoch abends ^9 Uhr brannte die Köhlersche Schneidemühle nieder. Das nach dem Orte gelegene Seiten gebäude, das in der Hauptsache geschnittene Hölzer (Kistenbretter) enthält, blieb ebenso wie das nur einige Meter davon entfernt liegende Vordergebäude verschont. Dem schnellen Ein greifen der Ortsfeuerwehr ist es zu danken, daß in der Nähe liegende Hölzer nicht mit ergriffen wurden, das Feuer vielmehr auf seinen Herd beschränkt blieb. Lichtenstein. Eine grobe Ausschreitung haben sich Sonntag nachts drei Artillerie- Unteroffiziere vom 8. Feldartillerieregiment in Callnberg zu schulden kommen lassen. Sie saßen nach überschrittener Polizeistunde noch in einem Lokale, als ein Gendarm eintrat und sie zum Gehen aufforderte. Die Unteroffiziere verließen das Lokal und bemerkten dabei, daß draußen zwei Männer standen. Sofort wurde der Verdacht bei ihnen rege, diese beiden könnten die Polizei zu ihrem Handeln veranlaßt haben, und die Schlägerei begann. Während sich einer der Angegriffenen aus den Händen der Wütenden befreien konnte, wurde der andere in rohester Weise von den drei Unteroffizieren geschlagen und geradezu skandalös zugerichtet. Der Mißhandelte, ein ruhiger und anständiger Mensch, Musiker von Beruf, ließ sich am anderen Tage ärztlich untersuchen und erstattete Anzeige. Crimmitschau. Die ausständige Textil arbeiterschaft hier verhält sich bisher ruhig. Jeder Ausständige hat seine mit fortlaufender Nummer versehene Streikkarte erhalten und muß sich alltäglich in bestimmten Lokalen melden. Auch der Streikpostendienst ist streng 2. Jahrgang. organisiert, Die Behörden veröffentlichen noch einmal ihre Bekanntmachung, wonach auch das Streikpostenstehen strafbar ist. Gerüchte, nach welchen die Arbeitgeber gewillt wären, ihre Fa briken für Arbeitswillige zu öffnen, scheinen sich nicht zu bestätigen. Crimmitschau. In Anwesenheit eines Vertreters des Königlichen StaatSministeriumS Herrn Geheimen Regierungsrat Dr. Ayrer- Zwickau und des Herrn Bürgermeisters Beck mann fand Mittwoch nachmittag im „Vereins hof" eine Vorstandssitzung der Ortsgruppe des Arbeitgeberverbandes der sächsischen Textil industriellen statt. Die Versammelten erklärten sich in bezug auf den Textilarbeiterausstand mit den bisher getroffenen Maßnahmen einverstanden. Danach sollen die Verhandlungen mit den Ar beitern erst ausgenommen werden, wenn diese hierzu Anregung geben. Aus einem Aufrufe des Textilarbeiterverbandes ist zu ersehen, daß von den in 80 Betrieben ausgesperrten 9829 Arbeitern 6000 dem Verbände angehören und daß eine wöchentliche Unterstützungssumme von etwa 60 000 M. gebraucht wird. Die Ar beiter verhalten sich ruhig, üben aber das Postenstehen fleißig aus, trotzdem die Polizei davor warnt und Anzeigen schon erstattet sind. Zwickau. Ein Arbeiter der Dr.Möckelschen Farbenfabrik hat daselbst für 200 M. flüssiges Gold gestohlen und für 187 M. an einen hiesigen Porzellanmaler verkauft. Obwohl dieser die Sache dann anzeigte, ist er, gleich dem Diebe, verhaftet worden. — Die Schmal spurbahn Wilkau-Wilzschhaus, die kürzlich von einem Eisenbahnunglück heimgesucht worden ist, soll Personenwagen neuen Systems mit acht Rädern und lenkbaren Achsen erhallen. Zwickau. Der große Spiritistenprozeß gegen das Ehepaar Frenzel aus Meerane, das hier in Untersuchungshaft ist, kommt am 16. Sep tember vor dem hiesigen Landgerichte zur Ver handlung. Oberwiesenthal. Auf eigenartige Weise wurde am Sonntag das durch Blitzschlag ge troffene Haus des Herrn Felber gerettet. Der Blitz fuhr zum obersten Gibelfenster herein, drang in die nächste Dachkammer und sodann in eine Schlafstube ein, wobei er die Decke ringsum zerstörte und die Ketten einer Weck uhr schmolz, um sodann in die unteren Räume des Hauses einzudringen, ohne ein dort schlafendes Kind und die übrigen Hausbewohner zu ver letzen. Ein erstickender Qualm hatte sich ver breitet und man durchsuchte das Haus nach Brandherden, fand aber anfänglich nichts. Später, als man die Gefahr beseitigt glaubte, ging der Hauswirt noch einmal nach dem Dach boden. Da leuchtete ihm ein grelles Licht durch das Astloch eines Brettes entgegen: Ein Sitzkissen, das mit Stroh gefüllt war, brannte lichterloh und hatte bereits die Diele erfaßt. Noch wenige Minuten und eine ganze Gasse wäre bei dem herrschenden Gewittersturm ein Raub der Flammen geworden. Plauen i. V. In dem zwischen Lauter bach und Untertriebel gelegenen „Schwarzen Teich ist am Dienstag gegen Abend die ver ehelichte Martha Dölling ausOelsnitz gesprungen, nachdem sie ihre beiden, 1^2- und ^jährigen Kinder, einen Knaben und ein Mädchen, in den Teich geworfen hatte. Auf der Straße Vorübergehende bemerkten die Untat und zogen Mutter und Kinder wieder aufs Trockene, das Mädchen war aber bereits tot- Die Frau hat angeblich aus Verzweiflung über häuslichen Unfrieden die Tat verübt. — Ein böhmischer Arbeiter stach auf offener Straße dem Zimmer mann Gruber ein Messer in den Magen, so daß bald der Tod eintrat. Der Messerstecher wurde verhaftet. Marien bad. Der König von Griechen land ist am Mittwoch hier eingetroffen und wurde am Bahnhofe vom König von Enland empfangen.