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Ottendorfer Zeitung. Die „Vttendocfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag 40 Uhr. Inserate werden mit 40 Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 107. Sonntag, den 6. September 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Gttendorf-Vkrilla, s. September 1903. —* Am gestrigen Abend fand im Friedrich Wilhelms-Bad das letzte diesjährige Abonnements- Konzert der Radeberger Stadtkapelle unter per sönlicher Leitung des Musikdirektors Eckenbrecht statt. Dasselbe erfreute sich eines sehr zahl reichen Besuches und sah sich zum Schluß die Kapelle veranlaßt, noch verschiedene Musik stücke zu bringen. Allgemein wurde der Wunsch geäußert, daß auch im kommenden Jahre der rührige Wirt des Friedrich Wilhelm-Bades, Herr Krause, wieder Abonnements-Konzerte veranstalten möchte. — Spät kam sie, aber sie kam doch, die eigentliche Sommer-Temperatur, die in den verflossenen beiden Monaten so recht auf sich hatte warten lassen. Es ist tüchtig warm, mehr wie mollig, geworden, und die Wetler- prophelcn, die auch dem September bereits alle möglichen Schandtaten ins Schuldbich ge schrieben haben, dürften voraussichtlich ihre Prophezeiungen korrigieren müssen. Einmal mußte der Ausgleich nach der Kühle auch einlreten. — Die Hitze erreichte am gestrigen Tage im Laufe des Tages eine für die Jahreszeit ganz ungewöhnliche Höhe. Das Thermometer zeigte im Schatten reichlich 30 Grad Celsius, während eS direkt in der Sonne auf 40 Grad stieg. Nur der Ostwind, der den ganzen Tag über herrschte, milderte die Gewalt der vom wolkenlosen Firmament niederbrennenden Sonnen strahlen. — Wie aus einer ministeriellen Verordnung hervorgeht, hat das Ministerium des Innern nach Einvernehmen mit dem Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts befunden, daß Feuerwehrübungen auch ohne besondere Erlaubnis an Sonn- und Festtagen — außer an den Bußtagen, dem Karfreitage und dem Totensonntage — nach beendigtem Vormittags gottesdienste nicht zu beanstanden sind. Durch § 11 der Ausführungsverordnung zu dem Ge setze, die Sonn-, Fest- und Bußtagsfeier be treffend, vom 10. September 1870, habe ledig lich den in der Ständeversammlung geäußerten Wünschen Rechnung getragen und den Behörden die Ermächtigung erteilt werden sollen, Feuer wehrübungen im Gegensatz zu anderen Auf- und Auszügen im Bedarfsfälle auch vor dem VormittagSgolteSdienste zuzulaffen. — Sächsisch-Böhmische DampfschiffahrtS- Gesellschäft. Montag den 7. September dieses Jahres tritt der erste Herbstfahrplan in Kraft, der bis mit 4. Oktober Giltigkeit hat und wegen der vorgeschrittenen Jahreszeit et was verkürzt worden ist. Die Verbindungen der neuen Fahrordnung können aber trotzdem noch als ausreichend und zahlreich genug be zeichnet werden, sodaß noch wie vor den be rechtigten Wünschen des Publikums allenthalben entsprochen wird. — Vom I. Oktober ab wird auch im inneren bayrischen Verkehre für die Benutzung von v- Zügen die P latzkartengebü hr erhoben werden. Der bayrische Eisenbahnrat hatte sich bekanntlich einstimmig für diese Maßnahme ausgesprochen. — Von jetzt ab wird in dem bei Altenberg (Erzgebirge) gelegenen Orte Zinnwald eine mit der Posthilfsstelle vereinigte Telegraphcn- betriebS- und öffentliche Fernsprechstelle in Wirk samkeit treten. Die neue Telegraphenanstalt ist zugleich Unfallmeldestelle. — Eisenbahn und Presse. Bei den in der letzten Zeit vorgekommenen Eisenbahn-Unfällen sind lebhafte und berechtigte Klagen der Presse über verspätete und ungenügende amtliche Be nachrichtigung der Zeitungsredaktionen laut ge worden. Der große Wert, der darauf gelegt werden muß, daß Umfang und Folgen größerer Unfälle so bald als möglich öffentlich bekannt und insbesondere auch die Namen der Ver unglückten, sobald sie sicher angegeben werden können, durch die Presse verbreitet werden, hat dem pr. Minister der öffentlichen Arbeiten Ver anlassung gegeben, auf die genaue Befolgung der Bestimmungen des § 17 der Dienst vorschrift für das Meldeverfahren bei Unfällen hinzuweisen. Um dem Vorstande der Betriebs inspektion die Aufstellung der Depeschen zu er leichtern und dafür zu sorgen, dag alle in Frage kommenden Zeitungen und Lokalblätter die amt lichen Nachrichten erhalten, ist für jede Betriebs inspektion ein Verzeichnis der Telegramm- Adressen aller Stellen anzufertigen, die bei größeren Unfällen sofort zu benachrichtigen sind. — Der spendende Sommer streut seine Gabenfülle aus. Die Obstbäume scheinen zu wetteifern, den Menschen mit ihren reifen Früchten zu dienen. Sehr beliebt sind jetzt die Pflaumen, und darunter in erster Reihe die schmackhafte goldgelbe Eierpflaume oder Reineclaude. Den geschichtlichen Ursprung des Namens Reineclaude muß man in Frankreich suchen. Im Anfang des 16. Jahrhunderts lebte und regierte in Frankreich die Königin Claudia (la rains Olauäs), die in dem jugend lichen Alter von 15 Jahren die Gemahlin des Königs Franz om ValoiS wurde. Ihre Lieb lingsspeise war von höchst bescheidenenAnsprüchen, frisches Obst und besonders eine Pflaumenart, die in den wohlgepflegten Obstgärten der Provence gezogen wurde. König Franz, der seine mit allen weiblichen Tugenden ausge- stattete Claudia schwärmerisch liebte, suchte ihr alle kleinen Freuden häuslichen Glücks zu be reiten, und jeden Morgen prangte auf ihrem Tisch ein Korb frischer, goldgelber Pflaumen. Auch das Volk erfuhr von der Liebltngsspeise seiner guten Königin, und der Name rsins Olauäs für jene Pflaumenart war bald in aller Munde. Längst ist die liebliche Frucht von Frankreich nach Deutschland gekommen; aber nur wenige, die sich heute an gelben Pflaumen oder Reineclauden delektieren, werden der historischen „rsins Olauäs" gedenken! — In der ausgedehnten sächsischen Industrie der Pflaster- und Schottersteine ist man dabei, die Handarbeit so weit als möglich durch Maschinenarbeit zu ersetzen. So führt man jetzt Steinbohrmaschinen ein, ebenso Steinschlag maschinen und Maschinen zur Herstellung von Kleinpflaster. Diese Industrie muß alle tech nischen Vorteile ausnutzen, um sich des starken schwedischen Mitbewerbes zu erwehren. Cunnersdorf. Am morgenden Sonntag findet die Inspektion der hiesigen freiwilligen Feuerwehr statt. Als Übungsobjekt kommt das Hauptgebäude der Möbelfabrik des Herrn I. Werthschütz in Betracht. Ein kameradschaft liches Beisammensein mit nachfolgenden Tänz chen beschließt den interessanten Tag. ^Dresden. Mittwoch kurz nach 9 Uhr abends verließen Ihre Majestäten der Kaiser und der König das Schloß und begaben sich nach dem Hauptbahnhofe, von wo Se. Majestät der Kaiser 9 Uhr 20 Minuten nach Erfurt abreiste. Die Verabschiedung zwischen den Monarchen auf dem Bahnhofspercon, wo der König bis zur Abfahrt des kaiserlichen Hof zuges in lebhaftem Gespräche mit dem Kaiser verweilte, war eine überaus herzliche. Zugegen waren noch Se. Kaiserliche unv Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen und Ihre Königlichen Hoheiten der Kronprinz Friedrich August und Prinz Johann Georg von Sachsen, der Prinz Rupp recht von Bayern rc. Se. Königliche Hoheit der Prinz Eitel Friedrich von Preußen fuhr gleichzeitig mit Sr. Majestät dem Kaiser nach Erfurt. — Der Kaiser traf in Leipzig Mittwoch abends halb 12 Uhr mittels Hofsonderzuges auf dem Übergangsbahnhofe ein, wo der Zug auf einem Nebengleise stehen blieb. Der Kaiser verbrachte die Nacht im Wagen und fuhr Donnerstag früh 6 Uhr nach Erfurt ab. — Zu der Testamentserrichtung auf dem Kamm des Riesengebirges wird jetzt mitgeteilt, daß der betreffende Patient nicht gestorben ist, sondern sich in seiner Wohnung in Dresden- Strehlen wohlauf befindet. Der Kranke wurde von der Unglücksstelle auf einem Stuhle von zwei Trägern nach Krummhübel gebracht, wo ihm im Hotel „Berliner Hof" Hilfe zu teil wurde. Binnen einer Stunde war es der Krankenschwester Wanda gelungen, den fast Leblosen ins Leben zurückzurufen. Der an einem Herzübel leidende Patient konnte bereits am nächsten Tage die Rückreise nach Dresden- Strehlen unternehmen. Weißer Hirsch. Beim Niederreißen des alten Gebäudes, an dessen Stelle das neue Postgebäude errichtet werden soll, verunglückte am Mittwoch nachmittag ein Arbeiter aus Weißig dermaßen, daß sich seine Überführung in eine Heilstätte nötig machte. — Kurze Zeit darauf wurde auf der Bautzner Straße durch ein Automobil ein Pferd scheu, ging durch und verwundete sich derart, daß es in die Tierarznei schule geschafft werden mußte. Pulsen. Ein hiesiger junger Mann hatte das Unglück, an der Pulsen-Frauenhainer Grenze vom Rade zu stürzen und dabei den rechten Oberschenkel zu brechen. Kurz nachher kam die in Frauenhain verguartierte 2. Abteilung des 12. Feldartillerieregiments von der Zeit hainer Kaiserparade kommend dort vorüber und Herr Oberstabsarzt Dr. Wagner, der sich mit unter den Vorüberkommenden befand, legte einen Notvsrband an und veranlaßte die Überführung des Verunglückten nach der Wohnung. Das Verhalten dieses Herrn ist insofern noch ein besonders anerkennenswertes, daß er sofort nach dem Einrücken in Frauenhain wieder zu Fuß nach Pulstn ging, den Patienten zu besuchen und in weitere Behandlung zu nehmen. Zeithain. Am Tage der Kaiserparade nachmittags in der 2. Stunde war in der Nähe des Wasserturmes auf unermittelte Weise ein Waldbrand entstanden, durch den ca. ein Acker zehnjähriger Bestand vernichtet wurde. Wald arbeiter und Militär löschten den Brand. Dahlen. Die Deutsch-amerikanische Pe troleum-Gesellschaft wird auch am hiesigen Bahn hof, auf dem Grundstücke des Herrn Baum, eine Tank-Niederlage errichten, von wo aus die stadt Dahlen und ein ausgedehnter Bezirk, der westlich bis über FremdiSwalde, Mutzschen und Wermsdorf hinaus und nordöstlich bis Ammel- goßwitz und Paußnitz reicht, mit Petroleum mittels Tankwagens versehen werden soll. Die sich anschließenden Kaufleute und Händler er halten ebenfalls eine ihrem Vertrieb entsprechende kleinere oder größere Tankanlage, die von der Gesellschaft gefüllt und unter Verschluß gehalten wird. Grimma. Ein Brandstifter treibt im nahen Hohnstädt sein gemeingefährliches Unwesen. Nachdem in der Nacht zum 23. August die Scheune des Bergarbeiters Lessig, sowie die angrenzenden Stallungen des Fabrikarbeiters Lämmel und deö Totengräbers Kleeberg durch Brandlegung in Flammen aufgingen, entstand aus gleicher Ursache in der Nacht zum 29. August — also wieder in der Sonntagsnacht — in der Scheune des Gutsbesitzers Käseberg ein Brand, der bald auch auf das nahe ge legene frühere Wohnhaus, jetzt Vorrats- und Stallgebäude Übergriff und beide Gebäude in Asche legte. Die abgebrannten Gebäude ent hielten 12 Schock Weizen, 61 Schock Korn, 25 Schock Hafer, 5 Schock Gerste, 150 Zentner Heu, 2 Fuder Gemenge und 50 Zentner Haferstroh. Mutzschen. In Würschwitz wurde am Dienstag abend das Lindnersche Beigut und die neben dem Wohngebäude gelegene Scheune eingeäschert. Der Materialschaden ist bedeutend, jedoch konnte sämtliches Vieh gerettet werden. Las Feuer ist durch den 6 jährigen Sohn des Besitzers entstanden. Er hatte das auf dem Dachboden lagernde Stroh in Brand gesetzt. Leipzig. König Georg traf am Mittwoch abend 11 Uhr 10 Min. hier ein, begleitet vom Oberhofmarschall Grafen v. Vitzthum-Eckstädt, vom Hausmarschall v. Carlowitz-Hartitzsch, vom Generaladjutanten d'Elsa und von den Flügel- adjutanlen v. Schönberg und v. Koöpoth. Im königl. Palais ward Wohnung genommen. — Die Redakteure der „Leipziger Volks zeitung", der „Altenburger Volkszeitung" und der „Muldenthaler Volkszeitung", die Herren Lüttich, Hellmann und Reichstagsabgeordneter Schöpflin, sind wegen Majestätsbeleidigung ver haftet worden. Es handelt sich um eine der „Wiener Zeit" entnommene Notiz, daß ein an geblicher Stiefbruder des Kaisers in einem ungarischen Spital als Landstreicher verstorben sei. Es ist längst festgestellt, daß es sich um die Angaben eines geistig als anormal bekannten Menschen handelte, und es erscheint deshalb unverständlich, wie jene Notiz in erfolgter Form ausgenommen werden konnte. — Auf Station Rackwitz der Berlin-Anhalter Bahn verlor der 35 Jahre alte Bahnarbeiter Schlegel sein Leben bei dem erfolgreichen Be mühen, ein Kind vor dem Überfahrenwerden zu retten. Der Ünglückliche ward sofort ge tötet. Hohenstein-Ernstthal. Das „Hohenstein- Ernstthaler Tageblatt" berichtet: Mittwoch abend gegen */t12 Uhr brach in dem Strumpfwirker Müllerschen Hause an der Chemnitzer Straße Feuer aus, das schnell um sich griff und auf drei Nachbarhäuser übersprang Die vier vom Feuer ergriffenen Häuser sind bis auf den Grund niedergebrannt. Sommerfeld. Durch Explosion einer Petroleumlampe ist im Gemeindeamte hier das Einwohnerverzeichnis in Flammen gesetzt und zerstört worden. Es macht sich deshalb die ziemlich umständliche Neuanlegung des Ver- zeichniffes erforderlich. Das letztere ist insofern von einer größeren Wichtigkeit, als es für die Feststellung des Unterstützungswohnsitzes in vielen Fällen als Grundlage zu dienen hat. Schwarzenberg. Der 6 Jahre alteKnabe des Steinmetzmeisters Lippold hier verstarb an den Folgen deö Genusses giftiger Beeren. Zwickau. Im benachbarten Leubnitz fuhren zwei Radfahrer, Bahnarbeiter, zusammen, wobei einer, Heinrich Moist, tödlich verletzt wurde. Zwickau. Vor der hiesigen Strafkammer stand am Dienstag ein Schwindler, der zahl reiche Personen in ganz Sachsen dadurch brand schatzte, daß er sich auf Bestellungen für Ver größerung von Photographien Anzahlungen geben ließ, ohne die Bestellungen auszuführen. Er wurde zu 1 Jahr 10 Monaten Gefängnis verurteilt. Ha Stau. Die 25 Jahre alte Tischlers ehefrau Petrak hier versuchte vergangener Tage die schwache Glut im Ofen durch Aufgießen von Petroleum anzufachen. Die Flasche explo dierte und die Kleider der unglücklichen Frau standen alsbald in Flammen. Frau P. hatte noch die Geistesgegenwart, den Säugling, den sie auf dem Arme trug, auf das Sofa zu werfen und sich dann auf dem Boden zu wälzen. Die Flammen ließen sich jedoch nicht ersticken und verletzten die unglückliche Frau so schwer, daß sie am darauffolgenden Tage starb. Ihr Kind war unverletzt geblieben. Kirchberg i- V. Der Jäger Popp aus Leutersbach schoß aus Versehen die vierjährige Tochter des Arbeiters Leichsenring in die Seite und verletzte das Kind schwer. Trautenau i. B. Ein Raubmord wurde in der Nacht zum Dienstag verübt. In das Haus des Uhrmachers Dimter drangen nachts, während Dimter ausgegangen war, zwei ver mummte Männer ein und verwundeten die 17 Jahre alte Tochter der Wirtschafterin schwer, während sie die Wirtschafterin Johanna Teuber in grausamster Weise ermordeten. Die Tochter erhielt mehrere Stiche und konnte sich noch flüchten. Ihrer Mutter jedoch wurde mit einem Beile die Hirnschale zerschmettert, außerdem durchschnitten ihr die Mörder die Kehle und brachten ihr zahlreiche Stichwunden am ganzen Körper bei. Dann raubten die Mörder alles, was nur irgend Wert hatte. Von den Mördern hat man bisher noch keine Spur.