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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch dir Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Held und Garten", „Lpiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bis vormittag za Uhr. ^Inserate werden mit Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck unö Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 59. Sonnlag den 17. Mar 1903. 2. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrilla, >6. Mai 1903. — In der am t4. Mai a. c. unter Vorsitz des Herrn KemeindevorstandeS Lincke obge- haltcncn Gemeinderatssitzung nahm der Gemeindcrat folgende Mitteilungen des Herrn Vorsitzenden zur Kenntnis: n, Grundstücks- Veränderungen im 1. Vierteljahr 1903, d, Er hebung von Besitzveränderungsabgabcn in den Parochialgemeinden Groß- und Kleinokrilla zur Kirch- und Schulkaffe, o, die endgilt ge Ent lassung des Arbeiters M. M. aus der Kocrektions- anstalt, ä, Kautionsrückgabe an den Gutsbesitzer Zumpe, s, Ergebnis der NabrungSmittelprüfung. Von dem ablehnenden Beschluß der Amtshaupt mannschaft, die Einführung öffentlicher Gc- Meinderatssitzungen wird Kenntnis genommen und beschlossen, hiergegen Rekurs bei der Kgl. Kreishauplmannschaft zu erheben. Für die König-Albert-Gedächtnisstiftung werden 10 M. bewilligt. Das Gesuch des Maurers P. um Entlassung seines Sohnes aus dem Rettungs- Hause (Oberneukirch) abzulehnen. Das Wohn hausbaugesuch Göbels bedingungsweise zu be- fünvorten. Von der Armensache L. wird Kennt- vv g rammen. In einer weiteren Armensache Wut - mmmdei Beschluß aefaßt. Fünf vor- ltegy'b ""nenn laßgesuche finden Berücküch tigung. — Jnterissunt ist die in der heutigen Nummer unserer Zeitung sich befindende Glücksanzeige von Samuel Heckscher senr. in Hamburg. Dieses Haus hat sich durch seine prompte und ver schwiegene Auszahlung der hier und in der Umgegend gewonnenen Beträge einen dermaßen guten Ruf erworben, daß wix jeden auf deßen heutiges Inserat schon an dieser Stelle auf merksam machen. - Zur großen Überraschung der Schmetter- liugskundigen sind in neuerer Zeit vielfach bisher noch nie gesehene, selbst dem Bewandertsten gänzlich unbekannte farbenprächtige Exemplare von Schmetterlingen auf dem Markt aufgetaucht, die die seltsamsten Spielarten darstellten; selbfi ganze Gattungen, die noch niemals hinter den Glasscheiben einer Sammlung sich vorgefunden, erscheinen auf einmal in vollendeter Zusammen stellung vor den erstaunten Blicken der Kenner. Das Geheimnis dieses neuen, Aufsehen er regenden Handelsartikels ist leicht zu lösen. Es genügt ein leichter Hauch einer feinpulverisierten Pastellfarbe, die auf eine zarte Gummilösung aufgetragen wird, um aus dem gewöhnlichsten Falter, wie Kohlweißling, Zitronenfalter usw., ein farbenschillerndes exotisches Exemplar her zustellen. — Mit Sonntag den 24. d. M. tritt der Sommerfahrplan der Sächsisch-Böhmischen Dampfschiffahrtsgesellschaft in Kraft, welcher bis mit 6. September Giltigkeit hat. — Die Sächsische Staatsbahnverwaltung hat den Bahnhofswirten aller Stationen, auf denen Speisen und Getränke an die Züge gebracht werden, die Verpflichtung auferlegt, während der wärmeren Jahreszeit an den ihnen von den Stationsvorständen zu bezeichnenden Zügen neben den sonstigen Erfrischungen auch frisches Drinkwasser, ferner Selters- oder anderes Mineralwasser, sowie der Jahreszeit entsprechend frisches Obst in ausreichender Menge und zu angemessenen Preisen feilzuhalten. Der Preis für das 0,4 Literglas Trinkwasser soll 5 Pfg. und beim Mitverlauf des Glases 16 Pfg., der Preis für eine kleine Flasche Mineralwasser aber 20 Pfg. mcht überschreiten. Der Preis des Obstes ist deutlich ersichtlich zu machen. — Die Vereinigung mehrerer Pakete zu einer Postpaketadresse ist für die Zeit vom 24. bis einschließlich 31. Mai (Pfingsten) im inneren deutschen Verkehr nicht gestattet. Auch für den Auslandsverkehr empfiehlt es sich im Interesse des Publikums, während dieser Zeit zu jedem Pakete besondere Begleitpapiere auszufertigen. — Die Firma G. Moreau L Co., Paris, Boulevard Beaumarchais 38, versendet neuer dings wieder Rundschreiben, in denen sie sich erbietet, die Vertretung deutscher Firmen bei einer vom 30. Juli bis 15. November d. I. im Grand-Pulais zu Paris veranstalteten internationalen Ausstellung für Wohnungs wesen, die Industrien des Baufaches und öffentlichen Arbeiten zu übernehmen. Firmen, denen derartige Rundschreiben zugegangen sind, wird empfohlen, bevor sie mit G. Moreau L Co. in Verbindung treten, bei der Gewerbekammer Dresden, Ostra-Nllee 9, nähere Erkundigungen cinzuziehen. Dresden. Das Programm für die Er öffnungsfeier der deutschen 'Städteausstellung am 20. Mai. d. I. mittags 12 Uhr, zu der soeben die Einladungen versandt worden sind, besteht in einer Huldigung und Begrüßung Sr. Majestät des Königs Georg, einem Musik vortrag, einer Rede des Herrn Oberbürger meisters Geh. Finanzrat Beutler, der Eröffnung der Ausstellung durch Se. Majestät den König und einem Rundgang durch die Ausstellungs räume. Auf dem Ausstellungsterrain wird zur Zeit fieberhaft an zahlreichen Stellen gearbeitet, damit die Ausstellung in vollem Umfange am Eröffnungstage vollendet dasteht. Dresden. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Mathilde war am Mittwoch in Lohmen anwesend, wo sie sich in der teil- m hmeudsten Weise nach dem Befinden der beim Brande der dortigen chemischen Fabrik verun glückten beiden Arbeiter Standfuß und Schön felder aus Lohmen erkundigte. Letzterer war bereits im Johanniter-Krankenhause zu Dohna- Heidenau seinen Verletzungen erlegen. Ihre Königliche Hoheit verabschiedete sich unter Hinter legung eines Geldgeschenkes für die Verun glückten mit dem Bemerken, sich nochmals nach dem Befinden des verunglückten Standfuß und nach der hinterlassenen Familie des verstorbenen Schönfelder erkundigen zu wollen. Dresden. Zu der Aussperrung beziehungs weise dem Streik der organisierten Bauarbeiter ist weiter zu melden; Am Mittwoch abend um 6 Uhr haben 26 Bauunternehmer insgesamt 451 Maurer und 250 Zimmerer ausgesperrt. So wurden z. B. auf dem Landgerichtsneubau 38, auf dem Neubau des Polytechnikums 44, auf den Bauten des Herrn Baumeisters Geyer 82, auf denen des Herrn Materne 26, des Herrn Heise 38 Maurer entlassen. Mittwoch früh hatten schon etwa 1200 Bauarbeiter frei willig die Arbeit niedergelegt. Am abend ver sammelten sich im Trianon die Maurer und beschloßen, den Kampf aufzunehmen, den Zu zug zu verhindern und an den Forderungen festzuhalten. — Am vergangenen Dienstag sprang in der Nähe von Heidenau ein 17 jähr. Kaufmonnslehrling in selbstmörderischer Absicht ni die Elbe, kehrte aber sogleich wieder um und begab sich an das Ufer. Ein unbekannter Herr, der den Vorgang beobachtet hatte, ver mittelte die Beförderung des jungen Mannes mit dem nächsten Eisenbahnzuge nach hier, wo er durch Organe der Wohlfahrtspolizei seiner hierselbst wohnhaften Mutter zugeführt wurde. Dresden. Die Würde der Frau eines Gcmeinderatsmitgliedes kennzeichnet am besten folgender Ausspruch, den dieser Tage ein Handels mann in einem hiesigen Nachbardorfe anhören mußte. Alltäglich fuhr er seine Ware im Orte herum, die Frau hatte aber einmal zu wenig Zeit, auf die Verabfolgung derselben zu warten, daher ließ sie ihren Korb stehen und entfernte sich. Nachdem der Händler einige Häuser weitergefahren war, rief die Frau ihm nach, daß er zu knapp gemeßen habe, er aber be hauptete das Gegenteil und forderte sie auf, nachzumeßen. Tags darauf kam die Frau wieder und erklärte dem Händler entschieden: „Wenn Sie noch einmal so grob sind, so bringtö mein Mann im Gemeinderate vor!" L »schwitz. Einen kecken Diebstahl führte ein hiesiges, erst 11 Jahre altes Schulmädchen aus. Die Ehefrau eines Arbeiters in Roch witz hatte ihr neun Jahre jüngeres Töchterchen in ein hiesiges Geschäft geschickt und ihm einen größeren Geldbetrag mitgegeben, um Waren einzukaufen. Unterwegs gesellte sich die junge Diebin zu diesem Mädchen und sah das Geld- äschchen im Körbchen liegen. Mit einem ühnen Griffe eignete sie sich das Geld an und uchte sofort das Weite. Als man ihrer hab- zaft werden konnte, hatte sie den ganzen Geld betrag bis auf wenige Pfennige bereits ver nascht. Königsbrück. Auf dem Jnfanterie-Ge- fechts-Schießplatz bei Königsbrück wird in der Zeit vom 25. bis 30. Mai täglich von 6 Uhr vormittag bis 6 Uhr nachmittag das königl. 13. Infanterieregiment Nr. 178 Einzel-, Gruppen-, Zugs- und Kompagnieschießen ab halten. — In der Nacht zum Freitag gegen halb 1 Uhr brach in dem Grundstück ves Herrn Körner hier Feuer aus. Es brannte das vom Herrn Schlossermeister Maul daselbst gemietete Werkstattsgebäude. Das Feuer hatte, als es bemerkt wurde, schon bedeutend um sich gegriffen und an einzelnen Stellen bereits die Decke durchbr mnt. Auch hatten in der Werk- tatt befindliche Fahrräder unter dem Brande bedeutend zu leiden. Ebenso sind Maschinen und Werkzeuge vernichtet. Obwohl viele Gegen- 'tände versichert waren, dürfte ein Verlust doch nicht ausbleiben. Die hiesige Feuerwehr war schnell an Ort und Stelle und konnte der Brand bald unterdrückt werden- Großenhain. Einer recht schäbigenHand- ungsweise machte sich am Donnerstag hier ein in der Herberge zur Heimat zugereister Hand werksbursche dadurch schuldig, daß er einem per Rad zugereisten Fremden, als dieser auf ürze Zeit die Herberge verlassen hatte, das Rad stahl und mit diesem davonfuhr. Sofort aufgenommene Verfolgung hatte den Erfolg, den Dieb in Elsterwerda festzunehmen. Der- elbe hatte das Rad einem Gutsbesitzer aus Krauschütz für 20 M. verkauft. Großenhain. Sämtliche in der hiesigen Webstuhlfabrik beschäftigte Former haben am Donnerstag wegen Lohndifferenzen die Arbeit niedergelegt. Der Streik wurde am Freitag schon dadurch beigelegt, daß die Lohndifferenzen meistens im Sinne der Former entschieden wurden. Arnsdorf. Wegen vollendetem Sittlich keitsvergehens an einem kaum der Schule ent laßenen Mädchen wurde der hier wohnhafte Photograph S. vom Distriktsgendarm verhaftet und dem Amtsgericht Radeberg zugeführt. Eisenberg-Moritzburg. Der Auftrieb auf dem am 12. Mai stattgefundenen Vieh markte war gegenüber dem sonstigen Zuzuge recht stark zu nennen. Auf dem Musterungs- platze waren 660 Pferde, hauptsächlich mittlere ÄebrauchStiere, zur Stelle. Auch waren die Gasthofsställe voll von Pferden, sodaß im ganzen 1000 Stück dagewesen sein können. Rinder befanden sich 33, Läufer und Ferkel 459 Stück auf dem Markte. Rindvieh wurde nur wenig, die Schweine jedoch fast alle ver kauft, und zwar für sehr ansehnliche Preise. Der Krammarkt war sehr gut besucht; guter Geschäftsgang war zu bemerken. Die schöne Witterung trug viel dazu bei. Meißen. Donnerstag abend brannte die auf der „Posel" gelegene Friedrichsche Gast wirtschaft völlig nieder. Nur der Aussichts turm ist erhalten worden. Man vermutet Brandstiftung. Chemnitz. Am Donnerstag abends 8 Uhr 54 Min. wurde die Feuerwehr durch den Privatfeuermelder der Aktien-Lagerbier-Brauerer Schloß Chemnitz nach der Hauptbrauereianlage an der Salzstraße gerufen. Daselbst war in den über den Stallungen, in denen sich 40 Pferde befanden, gelegenen Stroh- und Heu- Niederlagsräumen ein erhebliches Sckadenfeuer ausgebrochen, zu dessen Bewältigung 6 Schlauch leitungen, darunter vier von der Dampfspritze, in Betrieb gesetzt werden mußten. Die Ab räumungsarbeiten gestalteten sich äußerst an strengend und langwierig, da nicht weniger als rund 400 Zentner Heu und 100 Zentner Stroh, sowie auch eine große Anzahl Zentner Häcksel in Brand geraten waren. Der große Niederlagsraum ist völlig ausgebrannt. Freiberg. Am Mittwoch hielt der hiesige Brauer- und Mälzerverein im „Schwarzen Roß" hier seine 62. Jahresversammlung ab. Der Vorsitzende, Herr Nestler-Großröhrsdorf, eröffnete die Sitzung um 11 Uhr mit be grüßenden Worten. Herr Dr. Johannsen-Berlin zielt einen Vortrag über Haftpflichtversicherung, Berufsgenoffenschaften usw. Leipzig. Man hat eS schon öfters erlebt, daß Leute, denen Fortuna plötzlich einen großen Gewinn in den Schoß geworfen, vor freudiger Exaltation gestorben sind. Nicht minder tragisch ist der Fall, der sich hier im Laufe der Zieh ung fünfter Klasse unserer Landeslotterie er eignet hat: Ein hiesiger Briefträger starb plötz- ich am vergangenen Sonntagsabend, am Mon tag früh fiel das grotze Los auf die Nummer, von der er ein Zehntel spielte. Er kann also das Glück nicht mehr genießen, doch kommt es einer recht bedürftigen Familie zu gute. — Am Donnerstag ließ sich ein hiesiger Buch händler von einem Zuge der Verbindungsbahn zier überfahren; er war sofort tot. Über die Motive des Selbstmordes verlautet nichts Be- timmtes. Plauen i. V. Ein hiesiger Wirt brachte es fertig, einen Kellner, der nach einer Hoch zeit eine Speisenkarte vom Boden aufhob und an sich nahm, wegen Diebstahls anzuzeigen. Zur Genugtuung des Wirtes erhielt der Kellner auch zwei Tage Gefängnis. Ein Gnaden gesuch an den König hatte den Erfolg, daß die Strafe in 20 Mark Geldstrafe umgewandelt wurde. Da der Kellner auch die Kosten zu tragen hat, kommt ihm die Speisenkarte auf 82 Mark zu stehen. Gablonz. Der Streik der Glasarbeiter dauert ungeschwächt fort. Die Arbeiterschaft hat neuerdings erklärt, daß sie mit dem Zuge« tändniße der Unternehmer — die im Jahre 1898 festgestellten Preise zu zahlen — nicht einverstanden sei, sondern erst dann die Arbeit wieder aufnehmen wolle, wenn auch die Spezial artikel eine Lohnerhöhung erführen. Zu der letzteren Forderung will sich aber die gesamte Unternehmerschaft auf keinen Fall verstehen. Eingesandt. (Entgegnung auf das Eingesandt in Nr. 58). Groß-Okrilla. Für die Klarlegung der Verhältnisse in Rücksicht auf Vereinigung unseres Ortes mit Ottendorf sei hiermit dem Einsender des letzten Artikels gedankt. Man kann sich in der Tat der überzeugenden Be weiskraft jener angeführten Gründe nicht verschließen, namentlich auch, was den heiß umstrittenen Punkt, die Steuern, anbelangt. Die wichtigsten Bedenken gegen einen Zu sammenschluß sind beseitigt. Könnte man denn jetzt nicht Verhandlungen anknüpfen, sich gegenseitig aussprechen und das Für und Wider ohne Zorn und Eifer erwägen? Da» wäre doch das Richtigste. Nun, unser Ge meinderat wird tun, was im Interesse unsere» Ortes liegt. Das freilich muß dem Scharf blick der Herren Gemeinderatsmitgliedern überlassen bleiben, daß sie sich nicht so ohne Weiteres Ottendorf ergeben. Wir müssen uns Rechte, die uns wichtig erscheinen, un bedingt Vorbehalten. Dann haben wir stets freie Hand. Aus unserer Mitte muß z. B. zur Vertretung unserer Interessen ein zweiter Gemeindeältester und einige Gemeinderats mitglieder gewählt werden. Indirekte Ab gaben, wie Biersteuer, Schankgewerbesteuer, erhöhte Hundesteuer sind dieses Jahr noch nicht zu erheben. Okrilla aber muß schon jetzt an allen vorteilhaften Einrichtungen Ottendorfs teilhaben. Unter solchen Um ständen können wir unbedenklich zustimmen. Mag sich doch Ottendorf darüber aussprechen, ob es diese Konzessionen Okrilla zu machen gedenkt.