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Unmögliche Tributsor-erungen. Schettern -er Konferenz oder Dermttttungsvorfchläge? Der „Malin" will in der Lage sein, über die Zahlen der in dem vorgestern der Reparationskonferenz über reichten Memorandum enthaltenen Skala Angaben zu machen. Bei diesen Zahlen ist zu berücksichtigen, das; alle Delegationen sich zum strengsten Stillschweigen über den Inhalt der beiden Dokumente verpflichtet haben und daß also die Angaben des Blattes mit Vorbehalt ausgenommen werden müssen. Der „Matin" schreibt: Die vorgeschlagenen Annuitäten seien auf einem Zinsfuß von 5^2 v. H. berechnet und stellten für die 37 ersten Jahre eine Durchschnittsannuität von 2198 Mil lionen oder nach anderen Berechnungen von 2390 Mil lionen dar. Sie stiegen im Laufe von 37 Zähren von 1800 auf 2450 Millionen, erreichten also niemals die jetzige Normalannuität von 2l4 Milliarden. Nach den ersten 37 Zähren würden die eigentlichen Reparationen getilgt sein. Die Annuität für die Bezahlung der Kriegsschulden sinke in den letzten 21 Zähren von 1700 Millionen auf 900 Millionen Mark. Diese vom „Matin" genannte Ermäßigung der Kriegsschulden- annnität ist bisher nirgends erwähnt worden. Man erwartet ein Nein Dr. Schachts. Paris, 14. April. In Pariser politischen Kreisen sieht man mit Spannung der für Montag vormittag einberufenen Vollsitzung des Sachverständigen-Aus- schusses entgegen. Allgemein ist man überzeugt, Dr. Schacht werde den von den Alliierten aufgestellten Zahlungsplan als unannehmbar bezeichnen. Dieser Eindruck stützt sich namentlich auch darauf, das; die deutsche Presse aller politischen Richtungen die alli ierten Forderungen ablehnt. Immerhin überwiegt aber in Paris noch ein gewisser Optimismus bezüglich des weiteren Fortganges der Verhandlungen über die Kriegsentschädigungen. So ist „Petit Pari- sien" der Meinung, nichts beweise, daß eine ablehnende Antwort Dr. Schachts endgültig sein und einen Ab bruch der Verhandlungen zur Folge haben müsse. Man könne einfach annehmen, daß es für D r. Schacht nützlich.sei, sich auf die deutsche öffentliche Meinung be rufen zu können, um von seinen Kollegen bessere Be dingungen zu erhalten. Die Mehrheit der Pariser Presse ist aber mit dem „Petit Zournal" in der Meinung einig, man sehe nicht recht, wie die von den Alliierten jetzt verlangte Gesamt summe verringert werden könne. Stark pessimistisch ist das „Echo de Paris". Pertinax will sogar wissen, Owen Aoung selbst zweifle an einem erfolgreichen Ausgang der Aussprache. Der Augenblick sei sowohl für die deutsche wie für die vier alliierten Abordnungen pein lich. Da der Dawesplan an schwachen Punkten über reich sei, wüßten die Gläubiger Deutschlands nicht, auf welchen Boden sie sich stellen sollten, wenn der Sach- verständiqsnansschuß seine Aufgabe nicht zu Ende führen könne. Vvung und Morgan halten die Forde rungen für zu hoch Paris, 15. April. Wie „Neuyork Herald" aus Washington meldet, fand im Anschluß an eine IV2 stün dige Besprechung im Weißen Hause zwischen Hoover Stims 0 n und Mellon eine cinstündigeBesprechung zwischen Stimson und dem Unterstaatssekretär im Schatzministerium, Mills, zur Vorbereitung einer Denkschrift über die Haltung der amerikanischen Re gierung statt, die für P 0 ung und Morgan be stimmt ist. Es ist zwar nicht bekannt geworden, ob die Lage die Vereinigten Staaten gezwungen hat, end gültig Stellung zu den deutschen Jahreszahlungen zu nehmen, aber man betrachtet es als bezeichnend, daß es in der Besprechung dazu kam, eine deutsche Eesamtschuld durch den Sachverständiqenausschuß festzusetzen, die, wie in Washington erklärt wird, sowohl von Poung und Morgan für zu hoch erachtet wird. Kein Schuldennachlatz von Amerika zu erwarten Paris, 15. Apri. Wie NeuyorkHerald ausWashhing- ton meldet, hat auch eine Besprechung zwischen Hoover und dem Unterstaatssekretär im Schatzamt statt gefunden.. In dieser Besprechung sei eine Mitteilung der amerikanischen Sachverständigen OwenPoung und Morgan erörtert worden, wonach die von den Alliierten vorgeschlagene Gesamthöhe der deutschen Kriegsentschädigung zu hoch sei. Wie Coolidge, so war auch Hoover der Auffassung, die Entschädi gungsfrage müsse von Europa gelöst werden, während die Vereinigten Staaten sich auf Beobachtungen und mögliche nichtamtliche Hilfe be schränken würde. Man nimmt an, Hoover werde es für schwierig finden die amerikanischen Forderungen an die Alliierten zu er mäßigen, die nach der Ansicht vieler äußerst niedrig sind. Es könne möglich sein, die B e s a tz u n g s k 0 st en etwas zu ermäßigen, es sei aber unmöglich, den Betrag der privaten Forderungen zu ver ringern. Es würde vielleicht der amerikanischen Ver waltung möglich sein, einer Ermäßigung des Betrages der Jahreszahlungen zuzustimmen, wenn diese Ermäßi gung durch eine Ausdehnung der Zahl der Zahlungen ausgeglichen würde. Aber hier würde die Schwierig keit bestehen, daß der Kongreß eine Verringerung des vorläufig von Amerika festgesetzten Anteiles annehmen müßte, selbst wenn Hoover für seine Person bereit sein sollte. Es wurde bekundet, daß früher oder später die Vereinigten Staaten gezwungen sein werden, den Ent schädigungen und den interalliierten Schulden ernstliche Beobachtung zu schenken. Coolidge weigerte sich, mildere Bedingungen für die französischen Schulden in Erwägung zu ziehen und besteht darauf, daß diese Schulden ein abgeschlossenes Buch seien, was die Festsetzung der Eesamtzahlungen anlange. Niemand könne vorher sehen, wie die Hal tung Hoovers sein werde, wenn eine neue Erörterung der französischen Schulden bevorstehe, aber die öffent liche Meinung lehne jeden Schuldennachlaß ab, so daß es als unwahrscheinlich gelte, daß Hoover viel mehr für einen Schuldennachlaß zu haben sein werden, als sein Vorgänger. Einmütige Ablehnung in -er Berliner Presse Die Berliner Blätter nehmen bisher nur zum Teil Stellung zu den in Form eines Memorandums in Paris aufgestellten Forderungen der Alliierten: aber alle Zei tungen, gleich welcher Parteirichtungen, bringen in den Ueberschriften und in den Ausführungen ihrer Pariser Berichterstatter in schärfster Form zum Ausdruck, daß die bisher genannten Zahlen für Deutschland nicht annehmbar sind. Das Berliner Tageblatt gebraucht die Ueberschrift: „Die maßlosen Forderungen der Eläu- bigerm ächte" und schreibt: Daß ein Ja für eine derartige Zahl vollkommen ausgeschlossen ist, braucht nicht noch einmal begründet zu werden. Der Pariser Vertreter der „Vossischen Zeitung" bezeichnet es als den einzigen Lichtblick, daß das Memorandum nicht die Unterschrift des Konferenzvorsitzenden Owen Poung trägt, und glaubt daraus den Schluß ziehen zu dürfen, daß Poung es abgelehnt hat, sich mit denForderungen der Glüubigerländer zu identifizieren, die für Deutschland nicht nur unannehmbar, sondern auch undiskutabel seien. Auch der „Vorwärts" be zeichnet die Forderungen für schlimmer als alles Vorhergesagte und weist ebenfalls auf das Fehlen der amerikanischen Unterschrift hin. Die „Germania" schreibt: Was die Höhe der Forderungen anlangt, so liegt sie weit jenseits dessen, was nach übereinstimmender Meinung aller — und wir glauben sagen zu können, aller unvoreingenommenen Experten — tragbar i st. Die „Deutsche Allgemeine Zeitung" spricht von dem Todesstoß für die Tributkonferenz. Es wäre grenzenlos optimi stisch, wenn man heute noch an einen Erfolg der deut schen Bemühungen glauben wollte. Der Sachverstän digencharakter der Konferenz sei restlos untergeganqen. und es habe sich der Block der Alliierten herausgeschält. Der „Berliner Lokalanzeiger" nennt die Forde rungen ebenfalls undiskutabel. Man habe nicht sehen und hören wollen, was die deutschen Delegierten pflichtgemäß an ernsten Einwürfen gegen den Bericht des Reparationsagenten vorbrachten. Die Genfer Abrüflunqslagung eröffnet. Genf, 15. April. Die Tagung der Vorbereitenden Abrüstungskommission ist heute vormittag unter dem Vorsitz des Pariser holländischen Gesandten, Loudon, eröffnet worden. Sämtliche in der Kommission ver tretenen 27 Regierungen sind diesmal durch besonders starke Abordnungen vertreten. England wird durch den Lord Cushendon, Deutschland durch Graf Bernstorff, Frankreich durch Massiqhi, die Türkei durch den tür kischen Botschafter, die Vereinigten Staaten durch Bot schafter Gibson, die Sowjetregierung durch Litwinow vertreten. Die Tagung wurde mit einer allgemein gehaltenen Rede des Präsidenten eröffnet, der auf die letzten Ent schließungen der Kommission auf der Mürztagung des vorigen Jahres und die Entschließung der Vollversamm lung des Völkerbundes hinwies, in denen die Ab- rllstungskommission nachdrücklich aufgefordert wird, die vorbereitender! Arbeiten sobald als möglich abzu schließen, um die Einberufung der allgemeinen Ab rüstungskonferenz zu ermöglichen. Wie allgemein er wartet worden war, machte der Präsident keine Vor schläge über die jetzt weiter einzuschlagenden Arbeits methoden, über die vorläufig noch unüberbrückbare Gegensätze in den Auffassun gen der einzelnen Abordnungen bestehen. Auf französischer Seite wird gefordert, daß die Kommission sich zunächst mit den sowjetrussischen Vorschlägen befassen soll, um hier von vornherein eine Festlegung der Arbeiten der Kommission über die grundsätzlichen Fragen zu verhindern. Aus deutscher Seite fordert man dagegen mit großer Entschiedenheit, daß die in der Denkschrift der Reichs regierung eingehend erörterten Aussprachen über die Beschränkung der ausgebildeten Reserven und die Be schränkung des gesamten Kriegsmaterials auf dieser Tagung endgültig zur Verhandlung gelangen. Wie von amerikanischer Seite mitgeteilt wird, wird der Bot schafter Gibson diese deutschen Anträge unterstützen. Nur keine Illu tonen! Gens, 15. April. In seiner Ansprache bei der Er öffnung der Tagung der Abrüstungskommission, wies der Präsident der Kommission, Loudon, darauf hin, daß die Kommission nicht dazu zusammenberufen sei, um jetzt bereits die zweite Lesung des Konventionsent wurfes vorzunehmen. Er erklärte, man möge sich keinen Illusionen hingeben. Seine Verhandlungen mit den einzelnen Regierungen hätten gezeigt, daß über die Hauptfragen der Abrüstung noch keine Einigung erzielt worden sei. Aus diesem Grunde sei es auch nicht mög lich, die Vorbereitenden Arbeiten zum Abschluß zu bringen, um darin an die Einberufung der allgemeinen Abrüstungskonferenz zu schreiten. Die Kommission habe viel mehr lediglich die Aufgabe, einige Restpunkte zu klären, die auf der letzten Tagung noch nicht verhandelt worden seien. Der Präsident stellte sodann fest, daß die öffentliche Meinung in allen Ländern in wachsendem Maße Beunruhigung über den langsamen Verlauf der Abrüstungsarbeiten zeige. Die öffentliche Meinung müsse sich jedoch darüber klar werden, daß die Abrüstung nur Schritt für Schritt im unmittelbaren Zusammenhang mit den erhöhten Graden der Sicherheiten erreicht werden könnte. Eine Abschrift -er Denkschrift -er Gläubigerstaaten in Berlin Höchst- oder Mindestzahlen? Berlin, 15. April. Eine Abschrift der am Sonn abend von den Gläubigerstaaten Deutschlands über reichten Denkschrift ist inzwischen nach Berlin über mittelt worden. Da man noch mit der Uebersetzung des in englischer Sprache abgefaßten Schriftstückes beschäftigt ist, kann über den Inhalt bis jetzt noch nichts mitgeteilt werden. Ganz abgesehen davon, steht aber auch noch nicht fest, ob der Inhalt der Denkschrift vertraulich be handelt werden soll oder nicht. Auf Grund der Mit teilungen in der heutigen Ausgabe des „Matin", glaubt man, in unterrichteten Kreisen in Berlin annehmen zu dürfen, daß es sich um ein Mindestprogramm der Gläubigerstaaten handelt. Vielmehr glaubt man, Veranlassung für die Annahme zu haben, daß die Gläu bigerstaaten Deutschland Höchstziffern vorgelegt haben. Falls diese noch unbestätigte Annahme zutreffen sollte, so rechnet man hier mit der Möglichkeit, daß die Denk schrift eine neue Erörterunasqrundlage abgeben wird. Sollte es sich aber wider Erwarten tatsächlich um ein Mindestproqramm handeln, so ist die Lage als sehr ernst anzusehen. Klein-Krieg in Mexiko. Die aufständischen Generäle unter Anklage. Neuyork, 13. April. Bei Nacv hat nach einem Bericht aus Mexiko-Stadt eine Abteilung Regierungs kavallerie von 100 Mann eine kleine Streitkraft von Aufständischen auf der Straße nach Nogales angegriffen. Die Rebellen verloren 22 Tote und 38 Gefangene. Die Kämpfe in Mexiko beginnen sich mehr und mehr in einen Kleinkrieg zu wandeln. Der Oberstaatsanwalt der mexikanischen Regierung in Monterey hat gegen die Generäle Escobar, Laraveo und San Martin eine An klage wegen gesetzwidriger Entnahme von etwa zwei Millionen Mark aus der dortigen Zweigniederlassung der Bank von Mexiko, erhoben. Man glaubt, daß die mexikanische Regierung auf diesem Wege vorsorglich eine Auslieferungsforderung gegen die aufständischen Generäle vorbereitet, für den Fall, daß sie auf amerika nischem Boden Zuflucht suchen sollten. Sie würden dann von Amerika nicht als politische Gefangene be handelt werden können. Neuere Nachrichlen« Ein Memorandum der Kleinen Entente. Lr-don, 15. April. Der vom Völkerbundsrat ein gesetzte Dreierausschuß für die Erstattung eines Be richtes über die Minderheitenfrage wird am 28. April unter Vorsitz Chamberlains in London zusammentreten. Er wird sich vor allen Dingen mit einem Memorandum beschäftigen, das von den Mächten der Kleinen Entente, Polen und Griechenland, dem Sekretariat übermittelt wurde. Darüber hinaus wird er sich auch mit dem von den gleichen Mächten vor einigen Wochen bereits dem Völkerbunde unterbreiteten Memorandum beschäftigen, das die rechtliche Zuständigkeit des Ausschusses bespricht und auch dem Völkerbunde das Recht aberkannte, irgend welche anderen Schritte für eine wirksame Durchführung seiner Garantien der Rechte der Minderheiten zu er greifen. Dieses erste Memorandum hatte unter den Großmächten beträchtliche Verstimmung und Bedauern hervorgerufen. Das nun dem Völkerbundssekretarial zu gestellte neue Schriftstück wird als Ersatz für das erste angesehen, nachdem sich die Kleine Entente, Polen und Griechenland darüber klar geworden waren, daß die Großmächte nicht gewillt seien, dieser Herausforderung nachzugeben. Drei Angehörige der amerikanischen Marine tödlich abgestürzt. London, 15. April. Ein Offizier und zwei Unter offiziere der amerikanischen Marine sind am Sonnabend bei einem Flugzeugabsturz in der Nähe von San Carlos in Nicaragua getötet worden. Neue Niederlage der mexikanischen Aufständischen. London, 15. April. Die mexikanische Regierung gibt bekannt, daß nach den ihr vorliegenden Berichten, die revolutionäre Bewegung bis auf den Staat Sonora vollkommen unterdrückt sei. Auch in Sonora sei die Lage der Aufständischen verzweifelt, denn der mexika nische Generalkonsul in Nogales habe die Regierung in Mexiko verständigt, daß 5—6000 Mann der aufstän dischen Truppen unter dem Befehl von General Rabbate ihren Uebergang angeboten hätten unter der Bedin gung, daß das Leben Rabbates und seiner Offiziere und Mannschaften geschont würde. Der mexikanische Präsident erwiderte, daß nur eine bedingungslose Ueber- gabe in Frage kommen könnte. Die niederen Offiziere und Mannschaften seien durch die oberen Befehlshaber irregeführt worden, aber für diese könne nur eine Be handlung aus Grund der bestehenden Kriegsgesetze in Frage kommen . Bruch zwischen Feng und der Nankinregierung. Peking, 15. April. General Feng hat der Nanking regierung milgeteilt, daß er ablehne, den Oberbefehl der vierten Armee niederzulegen. Zu dem von der Nankinger Regierung eingeleiteten Verfahren gegen ihn, erklärte Feng, daß er sich dem Gericht in Nanking weder stellen, noch dessen Beschlüssen unterwerfen werde. Damit ist der offene Bruch zwischen der Nankinger Regierung und General Feng vollzogen.