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MV« Bergarbeiter werben entlassen. Tie Kündigungswelle im Ruhrrevier. Die in Dortmund zwischen Vertretern der Arbeit geber und der Arbeitnehmer der zum Mannesmann- Konzern gehörenden Zechen „Consolidation" und „Königin Elisabeth" in Anwesenheit der beteiligten be hördlichen Stellen geführten Verhandlungen über die Kündigungsabsichten der betreffenden Zechen er gaben, daß 3000 Bergarbeiter der genannten Zechen bis zum Juli dieses Jahres in terminmäßigen Fristen zur Entlassung kommen, d. h. daß am 1. und 15. eines jeden Monats jeweils eine gewisse Anzahl Bergarbeiter ent lassen wird, bis die Ziffer von 3000 erreicht ist. Oie Alkoholdampfer -er Cunard-Line. Spazierfahrten mit Schnaps. Die Newyorker „Herald Tribune" berichtet in großer Aufmachung über einen neuen Ausweg, die Prohibitions gesetze zu umgehen. Der Meldung zufolge will die Cunard-Line drei Schiffe ihrer Untergesellschaft Anchor- Line an eine Touristengesellschaft verpachten. Die Schiffe sollen mit alkoholischen Getränken für 700 Passagiere fünf tägige Fahrten auf hoher See machen, ohne einen Hafen anzulaufen. Nach der Fahrt werden die Passagiere in Newyork ausgeschifft, worauf die Dampfer von neuem Mit alkoholischen Getränken verproviantiert werden. Der geschäftstüchtigen Unternehmerin werden Riesenerfolge vorausgesagt, da die amerikanischen Reedereien wegen der Prohibitionsgesetze nicht konkurrieren können. Regensburg lädt zur Kepler-Feier ein. Der300. Todestagdesg roßen A st ronomen. Am 15. November 1630 starb in Regensburg einer der größten Naturforscher aller Zeiten, Johannes Kepler, der Vater der modernen Astronomie, der Be gründer der Himmelsmechanik. Tie alte Reichsstadt Regensburg wird die Erinnerung an sein Hinscheiden am 24. und 25. September d. I. feierlich begehen. Im alt ehrwürdigen Reichssaal, dort, wo vor 300 Jahren „der kaiserliche Mathematicus" sein Recht zu erlangen hoffte, wird einer der bedeutendsten der jetzt lebenden Astro nomen dem großen Manne huldigen. Der Stadtrat von Regensburg bittet alle Kreise in Deutschland, die Herz und Sinn und Verständnis für die Erforschung der Natur haben, zu den Feierlichkeiten Vertreter zu senden und damit ihrer Verehrung für einen der allergrößten Forscher Ausdruck zu geben. In seinen Schriften, voran in seinem Hauptwerk Hindenburg in Porzellan. Eine yecoocrageno gelungene H i n o e n b u r g - B ü st e, die nacy dem Entwurf von Professor Scharfs von der Berliner Staatlichen Porzellanmannfaktur geschaffen wurde. „Astronomta Nova", tritt uns Kepler als Vater der modernen Naturforschung entgegen, als der Begründer einer Weltanschauung, die sich auf streng physikalischen Grundsätzen anfbaui. Seine Nudolphinischen Tafeln leisteten lange Zeit hindurch der Forschung (Zeitrechnung, Schiffahrt) die größten Dienste. Kepler ist außerdem der Begründer der „geometrischen Optik"; die erste Theorie des astronomischen Fernrohres ist sein Werk. NWehM Zirme« so» Wilsdruff und Umgegend halten sich bei Bedarf bestens empfohlen: Agentur für Versicherungsgesellschaften Wilhelm, Berthold, Feldweg 283 V. Altwarenhändler Mickan, August, Berggasie 229. Anzeigen-Annahme Wilsdruffer Tageblatt, Zellaer Straße 29, K-» 6 (auch für auswärtige Zeitungen). Auto-Reparaturwerkstatt Zobel, Alfred, Friedbofstraße 150 8. 430. I Autovermictung (Kraftdroschke) I Fischer, Fritz, Meißner Straße 266. 104. Otte, Richard, Markt 13/14 (Hotel weiß. Adler). k-s- 405. Badeanstalt Stabt bad, Pächter Trich Hausmann, Löbtauer Straße. Bank- und Wechselgeschäste Girokasse und Sparkasse, Rathaus, »-»- 1 und 9. Wilsdruffer Bank, e. G. m. b. H., Freiberger Straße Nr. 108. o-H- 491. Bildhauerei und Steinmetzwerkstatt Kirsten, Willi, an der Fischerhütte. Botenfuhrwerk Ilfchner, Otto, Bahnhofstraße 1A". 534. Buchbinderei Zschunke, Arthur, Zellaer Straße 29. 6. Buchdruckerei § Zschunke, Arthur, Zellaer Straße 29. »-^> 6. Färberei und Reinigung, Plisseepresserei, Hohlsaum und Schnurstichnäherei Dürre, Alfred, Zedtlerstraße 183. Fahrrad- und Nkhmaschinenhandlungen mit Reparaturwerkstätten Dürre, Alfred, Zedtlerstraße 183. Marschner, Fritz, Dresdner Straße 234. Deutsches Reich Erneute Verhaftung des Landvolkführers Hamkens. Der Landvolksührer Wilhelm Hamkens-Tetenbüll, der sich unter den seinerzeit wegen der holsteinischen Bomben anschläge Verhafteten befand, alsdann aber freigelasien wurde, ist, wie die Hamburger Nachrichten melden, plötz- lieb wieder in Hakt aenommen worden, da die Kieler Staatsanwaltschaft die Vollstreckung eines vor einem Jahr ergangenen Urteils, das Hamkens wegen eines politischen Deliktes mit einer Gefängnisstrafe von vier Monaten be legte, angeordnet hat. Hamkens hatte in wiederholten Eingaben einen Strafaufschub bis zur Erledigung der dem Landvolksührer bevorstehenden Prozesse, also bis 1. Juli, beantragt. Der wegen der gleichen Vorgänge ver urteilte Geschäftsführer des „Landvolk", Weschke, wird seine Strafe am 6. Mai anzutreten haben, da auch fein Gesuch um Strafaufschub abgelehnt worden war. Das Stahlhclmvcrbot in Rheinland Westfalen. Der Reichsminister des Innern hat dem preußischen Ministerpräsidenten und dem preußischen Innenminister mitgeteilt, daß er auf die für den 9. Mai in Aussicht ge nommene Besprechung über die eventuelle Aufhebung des Stahlhelmverbots für Rheinland und Westfalen verzichtet. Reichsinnenminister Dr. Wirth begründet diesen Verzicht u. a. mit einer Rede des Stahlhelmführers Düsterberg in Magdeburg. Tschechoslowakei. Prügeleien im Abgeordnetenhaus. Im Prager Abgeordnetenhaus kam es bei der Ab stimmung über das Arbeitslosengesetz zu scharfen Aus einandersetzungen zwischen Kommunisten und Sozial demokraten. die mit einer Prügelei endeten Nachdem die Kommunisten ihre Mißbilligung über den Gesetzesanlrag durch ein ausgiebiges Pultdeckel- und Pfeifkonzert zum Ausdruck gebracht hatten, richteten sie ihre Angriffe gegen die deutschen Sozialdemokraten, beschimpften sie und warfen ihnen Drncksachenpakete an die Köpfe. Darauf sprang der deutsche sozialdemokratische Abgeordnete Katz zu den Sitzen der Kommunisten und versetzte dem kommu nistischen Abgeordneten Stern eine schallende Ohrfeige. Von beiden Seiten eilten die Parteigenossen zu Hilfe und vor den Bänken der Kommunisten entwickelte sich eine wüste Rauferei.- Schließlich gelang es den Ordnern mit Hilfe der ParlamentSwäche^ die Kampflustigen vonein ander zu trennen. Am Schluß der Abstimmung ver schaffte sich der Kommunist Stern dadurch Genugtuung, daß er sich auf den Sozialdemokraten Katz stürzte und ihm unter dem Beifall der Kommunisten die Ohrfeige kräftig zurückgab. Damit war auch das Zeichen zu einer neuen Prügelei gegeben. Der Parlamentswachr gelang es erst nach längeren Bemühungen, die Ruhe wiederherzustellsn. Berlin. Der Reichspostmtnister Hal mit Hapag, Lloyd, Hamburg-Südamerika-Linie und Wörmann-Linie vereinbart, daß auf ihren Postdampferlinien in Zukunft die Reichspost- slagge im Großmast gesetzt wird. Bonn. In der Beethoven-Halle, wo die Nationalsozialisten eine Versammlnug abhielten, entstand zwischen ihnen und den Kommunisten eine schwere Schlägerei, Die Gegner drangen mit hocherhobenen Stühlen auseinander ein, so daß es auf beiden Seiten blutige Köpfe gab. Polizei müßte die Ruhe wiederherstellen. Der neue Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Dr. Bernhard von Bülow, der der Nachfolger des Staats sekretärs Dr. von Schubert werden soll. Dr. von Bülow ist ein Neffe des verstorbenen Reichskanzlers. e p rurr- kvick/ldivoiltt/idkLriii'ri'LzvLivlllll Uoovrigdt bv IN-lNin UsucktvAa^er, UsUe iSssie» s40 Ueberall war die Straße auf viele Meter hin auf gerissen, waren die Bahndämme spurlos verschwunden, so daß die verbogenen Gleise in der Luft hingen. Alle hölzernen Brücken waren glatt hinweggefegt Worden — von den meisten steinernen aber standen nur noch die Pfeiler; dafür hatte wüstes Geröll Felder und Wiesen unter sich begraben. Auch Menschen, die noch heim eilen wollten, um in dieser entsetzlichen Nacht bei ihren Lieben zu sein, und die unterwegs von der Flutwelle gepackt worden waren, lagen unter den Trümmern. Ueberall lag totes Vieh herum. Unter angetriebenem Hausgerät lagen Maschinenteile, und über allem wieder türmte sich das Astgewirr der entwurzelten Bäume. Ueber die Berglehnen hinweg mußten die Retter sich einen Weg suchen und ins Tal hinabklettern, wo es nur irgend möglich war. Das Herz krampfte sich ihnen in der Brust zusammen beim Anblick der Verwüstung, die das Werk weniger Stunden war, beim Anblick der verstörten Menschen, die tränenlos auf den Plätzen, wo sie gelebt hatten, dastanden. Ihr armseliges Glück schien unwiederbringlich zerstört. An Hochwasser waren sie alle gewöhnt, rechneten all jährlich mit einem wenigstens, aber so — Keiner konnte sich erinnern, eine solche Nacht mitgemachl zu haben, und viele, ach, so viele erzählten nun, wie sie mit knapper Not dem Tode entkommen waren. Manche hatten die langen Stunden in den überfluteten Stuben gestanden, froh, daß sie eben noch den Mund über das Wasser recken konnten, jeden Augenblick den Tod erwartend. Sie klagten wohl; aber sie jammerten nicht. Sie suchten schon unter dem Schutt nach den Resten ihrer Habe, bargen Balken und andere Holzteile, um sich ein Notunterkommen zu sichern. Schon waren aus den Schlammassen mehrere Tote ge borgen worden, kaum »och als Menschen kenntlich. Und immer wieder wurde bald hier, bald da einer gefunden. So entdeckte einer der jungen Studenten von der Tech nischen Nothilfe vor einem scharf vorspringenden Felsen einen fast nackten Körper, einen noch jungen Mann, in der Stirn eine klassendc Wunde, die eine Hand fest um einen schlanken Eschenstamm gekrampft. „Armer Kerl!" murmelte er mitleidig und rief die Kameraden. Aber als sie die Hand von ihrem Halt zu lösen ver suchten, da hörten sie den vermeintlichen Toten ächzen und sahen, daß er die Augen öffnete — freilich nur, um sie sofort wieder zu schließen. Während sie sich noch um ihn bemühten und einer ihm etwas Kognak einzuflößen versuchte, sah ein anderer ein anscheinend noch junges Mädchen an dem Hange herum klettern. Es blieb hier und da stehen, hielt sich an einem Strauch oder an einem Baum fest und spähte suchend in die Tiefe. „Holla, wen vermißt du denn?" rief einer der Stu denten hinauf. Die Angerufene stutzte, zögerte eine Weile und kam dann eilig herbei. In diesem Augenblick sah sie den starren Körper auf dem Boden liegen, schrie gellend auf und warf sich über ihn hinweg. „Jochen! Unser Jochen ist tot! Oh, lieber Gott!" Erschüttert standen die jungen Männer im Kreise umher. Immer wieder rief das junge Mädchen den Namen, verzweifelt, flehend, nahm das blasse Gesicht zwischen beide Hände und küßte ihn endlich auf den Mund. „Dein Liebster ist nicht tot, Kind, er lebt!" sagte der Führer der Retter sanft. Die Kniende wandte sich ihm zu und schaute ihn aus großen Augen an, als hätte er in einer fremden Sprache zu ihr gesprochen. Dann aber schoß ihr tiefe Glut in die eben noch so blassen Wangen. „Er ist nicht mein Liebster — es ist doch der Jochen Bendemann, der uns gerettet hat — Mutter und Emil und mich — — und noch viele andere.. „Jochen Bendemann heißt er? Und wohin gehört er?" „Er wohnt bei uns, aber unser Häusel steht nicht mehr — wir sind jetzt im Schlosse oben..." „Dann wollen wir ihn hinbringen, und dort kannst du ihn pflegen." „Er ist wirklich nicht tot?" forschte Mile Kreher un gläubig. Seit Sonnenaufgang irrte sie auf den Hängen umher, um Jochen zu suchen, denn rasch hatte sich überall die Kunde verbreitet, daß er verunglückt sei. „Der ist sicher tot!" sagten die Leute. Und nun lag er hier, blaß, leblos, die furchtbare Wunde an der Stirn — und sollte doch noch leben? Als hätte er geahnt, wie Mile sich um ihn sorgte, be wegte sich Jochen Bendemann in diesem Moment ein wenig. Sofort jubelte Mile laut auf, sprang empor und faltete bittend die Hände. „Ach, bringen Sie ihn zu uns — rasch, rasch!" Schon faßten die jungen Leute zu und trugen den Be wußtlosen unter großen Mühen den Hang empor, bis zur Straße hinüber, auf der ein Auto dem anderen folgte und zufällig auch eins der Sanitäter vorüberkam. Es wurde angehalten. Jochen Bendemann wurde auf eines der Lager gelegt, und man duldete, daß Mile sich neben ihn auf den Boden setzte. „Nach Schloß Erbenstcin", sagte der Führer der Stu denten noch, dann raste der Wagen weiter. Das ganze Städtchen befand sich in Heller Aufregung- Die Männer waren schon längst zur Hilfe ausgerückt, die Frauen aber warteten auf Arbeit. Immer neue Obdach lose kamen an, jämmerlich aussehend die meisten, alle die Spuren der überstandenen Todesangst auf den verstörten, blassen Gesichtern. (Fortsetzung folgt.)