Volltext Seite (XML)
fafsung und der Geschäftsordnung tun kann, um eine solche Abstimmung herbeizuführen. Ich bestreite gar nicht, daß ich alle Möglichkeiten ausnutzen wollte, um dem eigen artigen Schauspiel der Regierung zuvorgekommcn. Zur Frage der Wortmeldung brachte der Zeuge zum Aus druck, daß ein Erheben vom Platz nicht unbedingt eine Wortmeldung zu sein brauche. Der Vorsitzende, Abgeordneter Löbe, betonte hierzu, daß die Wortmeldung teils dadurch erfolge, daß jemand aufstehe und laut ums Wort bitte, teils aber auch dadurch, daß vom Platz ans ein Zeichen gegeben werde. Das sei aber nur möglich, wenn das Haus ruhig sei. Dann wurde die S ch a l l p l a t t e vorgeführt, die den fraglichen Teil der Reichstagssitzung wiedergibt. Die Über tragung rief bei den Ausschußmitgliedern lebhafte Heiter keit hervor. Nach Ansicht des Vorsitzenden wird eine wesentliche Aufklärung durch die Platte nicht gebracht. Mau kam auch auf eine Photographie, auf der der Neichstagspräsident nach links schaut, zu sprechen. Göring erklärte, diese Aufnahme sei in dem Augenblick gemacht worden, wo er auf den Zuruf des Abgeordneten Torgler hörte. Der Präsident wurde daun über die Vorgänge bei der Überreichung des Auflösungsdoknments gefragt. Er habe es, erklärte Göring, weggeschoben, ohne zu wissen, was darin stand; das Blatt habe mit der weißen Seite nach oben gelegen, der Schriftführer Laverrenz habe ihm das Blatt noch einmal hingereicht, er habe es aber nicht angesehen und es wieder hingelegt. Der Zeuge Schreck (Soz.) glaubt, bemerkt zu haben, daß der Kanzler, als er sich setzte, mit einer Mappe so nach rechts oben winkte. Er, der Zeuge, nahm an, daß diese die rote Mappe sei. Der Zeuge Ackermann, Direktor des Stenographischen Büros des Reichstages, will bemerkt haben, daß der Kanz ler sich nach den Worten des Präsidenten: „Wir stimmen ab" zur Wortmeldung erhoben hatte; dies sei erfolgt, be vor der Neichstagspräsident feststellte, daß namentlich abgestimmt werde. Der Zeuge stellvertretender Chefredakteur Harnisch aom Berliner Lokal-Anzeiger gibt seine Wahrnehmung rvieder, die er von der Pressetribüne aus gemacht hat. Er hat beobachtet, daß der Reichskanzler sich zum erstenmal mrch Zeichen zum Worte meldete, ehe der Präsident zum irstenmal sagte: „Wir stimmen ab." Bei dieser Gelegenheit habe der Reichstagspräsident nach links geblickt. Nachdem oer Präsident die Worte „Wir stimmen ab" gesagt hatte, habe der Reichskanzler erneut den Arm erhoben und ge rufen : „Amtlich,HerrReichstagspräsident!" In diese Wortmeldung hinein fiel der Zuruf des kom munistischen Abgeordneten Torgler: „Namentlich!" Auch andere Pressevertreter hätten den Zu->uf „Amtlich" gehört. Die Sitzung wurde dann auf Dienstag nächster Woche vertagt. An diesem Tage sollen der Reichskanzler und der Reichsinnenminister vernommen werden. Zinssenkunq ab Freiiaq. Der zentrale Kreditausschutz hat, wie amtlich mit geteilt wird, beschlossen, die Debetzinsen um 1 Prozent zu senken. Die Haben-Zinssätze sind ebenfalls um l Prozent herabgesetzt worden mit Ausnahme des Zinssatzes für normale Spareinlagen, der um lL Prozent auf 314 Pro zent gesenkt worden ist. Die neuen Sätze treten am Frei tag, den 23. September, in Kraft. Gegen, die Auflösung preuß. Landkreise. Klagen beim Staatsgerichtshof. Gegen die Notverordnung zur Auflösung bestimmter Landkreise in Preußen haben diese Landkreise protestierend Stellung genommen, und eine ganze Anzahl von ihnen, etwa 15, hat Klage beim Staatsgerichtshof auf Un gültigkeitserklärung der Verordnung ein gereicht. Sie alle verlangen, daß der Staatsgerichtshof durch einstweilige Verfügung der derzeitigen preußischen Regierung untersage, die Notverordnung anzuwenden, und die bereits getroffenen Bestimmungen durchzufuhren. Lömszem im PrechkMlmut. Sie Gehorsamspflicht gegen den Reichskommiffar. Preußischer Landtag. (19. Sitzung.) tt. Berlin, 22. September. Zur Sitzung des Preußischen Landtages waren Haus und Tribünen wiederum stark besetzt. Entsprechend einem nationalsozialistischen Antrag wurde rin Untersuchungsausschuß eingesetzt zur "Prüfung oer aus Staatsniitteln gegebenen Unterstützungen für Zei tungen der Zentrumspartei, der Staatspartei und der Sozialdemokratischen Partei. Dem Klepper-Untersuchungsa usschuß wurde entsprechend einem deutschnationalen Antrag die Nachprüfung oer Geschäftsgebarens der Preußenkasse unter der Leitung Dr. Kleppers und der Geschäftsbeziehuügen zwischen der Preußenkasse und der Pächter-Kreditbankmit übertragen. Das Haus ging dann zur Beratung der Anträge zu dem fandtagsbeschluß vom 30. August über das Gehorsamsvcrhältnis der Beamten zur kommissarischen Regierung über. Abg. Steuer (Dtn.) erhielt das Wort zur Begründung res Antrages seiner Fraktion, der bekanntlich die Aufhebung >es damaligen Landtagsbeschlusses fordert. Er hatte kaum ne Rednertribüne betreten, als auch schon fortgesetzte laute Gespräche bei den Nationalsozialisten und Kommunisten nnsetzten, die den Redner unverständlich machten. Präsident ikerrl versuchte vergeblich Ruhe zu verschaffen. Schließlich oerließ er seinen Platz, womit die Sitzung unterbrochen var. Nach einer Pause von zehn Minuten erschien Präsident Kerrl wieder im Saal, eröffnete die Sitzung und gab dem Abgeordneten Steuer erneut das Wort. Sofort setzte wieder lebhafte Unruhe ein, die sich immer mehr steigerte. Steuer oersuchte vergeblich, seine Rede zu beginnen. Aus den Reihen der Nationalsozialisten und auch von den Kommunisten ertönten immer wieder laute Rufe, oie die Ausführungen des Redners unverständlich machten. Steuer wandte sich in lebhafter Erregung zum Präsidenten und forderte ihn auf, Ruhe zu schaffen. Präsident Kerrl versuchte dem Redner Gehör zu geben und drohte, die Sitzung nochmals zu unterbrechen. Als die Mahnungen nichts halfen, unterbrach er abermals oie Sitzung. Nach kurzer Pause eröffnete der Präsident wiederum die Sitzung und erteilte dem Abgeordneten Steuer zum drittenmal oas Wort. Im Hause herrschte immer noch große Erregung. Die Nationalsozialisten verließen daraus bis auf einige Horch- oosteu den Saal. Abg. Steuer begann seine Ausführungen mit einem nach- orücklichen Protest gegen das Verhalten der Nationalsozialisten. Er erklärte, er müsse feststellen, daß die Nationalsozialisten ihr Schreikonzert begonnen hätten, ehe er auch nur seine sachlichen Ausführungen begonnen habe. Was den Landtags beschluß gegen die Gehorsamspflicht der Beamten angehe, so hätten die Nationalsozialisten jetzt einen völligen Umfall vollzogen. Die Deutschnationalen könnten aber weder für den nationalsozialistischen Rückzugsantrag stimmen noch für den Z c n t r u m s a n t r a g. Nur blinder Parteifanatismus könne die Nationalfozia- iisten veranlassen, jetzt die Deutschnationalen anzugreifen und zu vergessen, daß noch im letzten Landtag die Deutschnatio nalen es gewesen seien, die sich schützend vor die vom Kabinett Braun Verfolgten und Unterdrückten stellten. Die Deutsch nationalen wollten den nationalen Staat und wendeten sich gegen den Parteisanatismus, ganz gleich, von welcher Seite er komme. (Händeklatschen bei den Dtn.) Abg. Dr. Nicolai (Nat.-Soz.) begründete sodann den Antrag seiner Fraktion. Der Redner erklärte, daß seine Fraktion dem bekannten kommunistischen Antrag seinerzeit zugestimmt habe als Warnung an die Regierung. Die Nationalsozialisten hielten sich verpflichtet, mit ihrem Antrag zum Ausdruck zu bringen, daß im Staatsleben das Prinzip Geltung habe, daß die Beamten in erster Linie Gesetz und Ver fassung zu achten hätten und nur in diesem Rahmen ver pflichtet seien, ihren Vorgesetzten Gehorsam zu erweisen. Wenn die Regierung Papen sich an dieses Prinzip halte, dann könne es nicht zu einem Konflikt zwischen ihr und den Beamten kommen. Wenn der deutschnationale Redner erklärt habe, die Nationalsozialisten hätten einen Rückzug gemacht, so treffe das nicht zu. Der vorliegende Antrag bedeute nur den Versuch, eine Fassung, die zu Zweifeln Anlaß geben konnte, durch eine Formulierung zu ersetzen, die keinen Zweifel mehr zulasse. (Lachen links.) Dem Zentrumsantrag könne die nationalsozialistische Fraktion nicht zustimmen, da er eine Anerkennung der Regie rung Braun-Severing bedeute. (Beifall bei den Nat.-Soz.) Darauf wurden die Verhandlungen zur Vornahme von Abstimmungen unterbrochen. Entsprechend dem Vorschläge des Geschästs- ordnungsausschusses wurde die beantragte Aufhebung der Immunität zwecks Strafverfolgung von Abgeordneten in fünf Fällen versagt. über den Antrag des Rechtsanwalts Frank II-München auf Aufhebung der Immunität des Abg. Braun (Soz.), des früheren preußischen Ministerpräsidenten, zur Durch führung einer Privatklage Adolf Hitlers, wurde namentlich ab gestimmt. Der Geschäftsordnungsausschutz schlägt die Aus hebung der Immunität vor. Der Antrag des Geschäfts ordnungsausschusses wurde mit 200 gegen 197 Stimmen ab - gelehnt. Das Haus stimmte dann über zahlreiche Anträge über Bergwerksfragen ab. Hierauf setzte das Haus die unterbrochene Aussprache über die Gehorsamspflicht der Beamten fort. Abg. Bugdahn (Soz.) empfahl den Antrag seiner Fraktion, wonach der Landtag das Verhalten des Land tagspräsidenten Kerrl mißbilligen solle, weil dieser nicht berechtigt sei, im Namen des Landtages ohne besonderen Auftrag politische Verhandlungen zu führen. Trotzdem habe Kerrl dem Reichspräsidenten gegenüber die Entsetzung des Reichskommissars in Preußen gebilligt. Einen mißver ständlichen Antrag hätten die Nationalsozialisten überhaupt nicht annehmen dürfen. Abg. Könen (Komm.) warf den Sozialdemokraten vor, ihre Zuschauerrolle mache sie zu Schützern der Papen-Diktatur. Abg. Borck (Dtn.) betonte, daß es sich für die Deutsch- nationalen darum handele, die Staatsautorität zu festigen, nicht varum, Demokratie und Parlamentarismus zu verteidigen. Das Ziel des kommunistischen Antrages war die Untergrabung der Staatsautorität. Es ist bedauerlich, datz die National sozialisten dazu beigetragcn haben, datz der Antrag angenommen werden konnte. Die Pflicht des Präsidenten ist es, nicht nur zu repräsentieren, sondern auch Ordnung und Ruhe in diesem Hause aufrechtzuerhalten. Wir hedauern autzer- ordentlich, daß der Vorsitzende des marxistenfreien Präsidiums in diesem Hause es nicht fertiggebracht hat, einem nationalen Redner Ruhe zu verschaffen. Wir sehen darin eine grobe Pflichtverletzung des Präsidenten und stimmen deshalb dem Mißbilligungsantrag zu. Abg. Stendel (DVP.) erklärte, daß der am 30. August an genommene Antrag darum so ungeheuerlich gewesen sei, weil hier ein Urteil gefällt wurde, obwohl eine ganz andere Instanz, nämlich der Staatsgerichtshof allein, über Verfassungsfragen zu entscheiden habe. Abg. Nuschke (Staatspt.) ist der Ansicht, daß Präsident Kerrl seine Präsidentenbefugnisse erheblich überschritten habe. Diese Angelegenheit sei nur durch klare Aufhebung des Be schlusses aus der Welt zu schaffen. Abg. Veidt (Christl.-Soz.) stimmt dem deutschnationalen Antrag auf Aushebung des damaligen Nindtagsbeschlusses zu und begrüßt, daß die Regierung den Parteien die starke Hand gezeigt habe. Abg. Biester (Dt. Hann.) erklärt, die Nationalsozialisten seien um die Rolle, die sie jetzt spielten, nicht zu beneiden. Die Wahlen am 6. November würden manche Verschiebungen bringen. Abg. Kube (Nat.-Soz.) polemisiert im Zusammenhang mit dem Beamtenbeschluß erneut gegen die Reichsregierung und den Reichskommissar und erklärt, daß Dr. Bracht, vor den sich die Deutschnationalen stellten, beim Abbau der Parteibuch- beamten keineswegs grundsätzlich vorgegangen sei. Der Redner lehnt dann nochmals den deutschnationalen Antrag ab und erklärt, sollte Dr. Bracht glauben, Folgerungen aus dem Abstimmungsergebnis ziehen zu müssen, so werden wir auch oas mit Humor zu ertragen wissen. Als Abg. Steuer (Dtn.) das Wort nimmt, verlassen die Rationalsozialisten wiederum den Sitzungssaal. Die Einstellung oes Abg. Kube zu Herrn Dr. Bracht hat sich sehr beträchtlich geändert. Unmittelbar nach der Wahl des neuen Landtages, als das große Rätselraten begann, wen die Nationalsozialisten als Kandidaten für die Ministerpräsidentenwahl herausstellen würden, hat mir ein sehr maßgebendes Mitglied dieser Partei gesagt: Wir haben nicht die Absicht, einen Parteimann heraus zustellen, sondern einen sehr bervorraaenden Oberbüraermeister iMÄlMöergM (23. Fortsetzung.) „Glaubst du, daß wir's schaffen, Guido? Ich hätte mich besser beeilen sollen. Aber die Aga ist ja gar nicht mehr fertig geworden mit Aufträgen." Rosmaries Gesicht brannte unter der Gluthitze, die vom Himmel herab zur Erde strömte. „Nicht nervös werden, mein Liebes! Wir haben noch zwanzig Minuten." Horvath zog seine Uhr und sah an gestrengt nach dem kleinen, glitzernden Pünktchen, das weit draußen am Horizont aufblinkte. Es war der Schienen strang, der als schmaler Silberstreifen zeitweilig sichtbar wurde. Dann glitzerte er wie ein Flecken blendenden Metalles. Ueber dem glitzernden Pünktchen stieg nun etwas Schwar zes hoch, Rauch. „Sieh doch, Rosmariel Das erste Zeichen." Seine Rechte war leicht ausgestreckt und zeigte nach der immer näher kommenden und immer deutlicher sichtbar werdenden Wolke. Sie streckte sich etwas im Sattel auf. „Ich freue mich wahnsinnig, Guido!" Sein Blick hing an ihrem schmalen Gesicht. Sie war ganz voll Seligkeit, er ganz voll quälenden Widerspruches im Inneren. So war das Leben! „Weshalb bist du so traurig?" Sie ließ ihr Pferd neben dem seinen hertraben, daß ihre Hände sich ohne Mühe zu fassen vermochten. „Darf ich's nicht wissen, Guido?" „Doch, Kind! Aber es ist nichts von Belang. Ich bin nur etwas wetterwendisch." Sie fragte nicht weiter. Sie wußte, daß er sehr unter den Stürmen litt, die seit Tagen über der Steppe gewütet hatten. Ihr Weg führte nun dicht am Gleis entlang. Was Hor vath längst aus dem Gedächtnis entschwunden war, Szen- geryis Bitten nämlich, als er vor drei Jahren Abschied ge nommen hatte, fiel ihm nun ein: „Wenn ich fort bin und Rosmarie zum Weibe heranreift, vergiß nicht, daß ich dir gesagt habe, wie sehr ich sie liebel" Mit einem raschen Blick umfaßte er die schlanke Gestalt an seiner Seite. Ob sie ahnte, mit welchen Wünschen Bela aus den Urwäldern Afrikas zurückkehrte? Ob er sie vor bereiten sollte, fragen: Bist du ihm zugetan? Aber für das alles war es nun zu spät. Hinter sich hörten sie bereits das Zittern der Schienen, dann ein Donnern, Knirschen, Stampfen. Immer näher heran hetzten die Räder paare. Horvath lenkte sein Pferd auf Rosmaries rechte Seite, so daß er dem Bahnkörper am nächsten ritt. Sie strahlte ihm dankbar für diese seine Fürsorge an und wandte das Gesicht nach den Wagen, von denen die ersten bereits an ihnen vorüberrollten Ein Herr mit ergrautem Spitzbart, der an dem Fenster eines Abteiles stand, winkte mit seinem Taschentuch. „Vater! Willkommen. Vater! Guido, sie sind da!" Der Professor schrie etwas in den Wagen zurück. Ein zweites Gesicht neigte sich weit heraus. „Belal" rief Horvath und riß den Hut vom Kopfe, aber schon waren die Räderpaare vorübergehetzt. Gerade als die ersten Passagiere — es waren ihrer nicht allzu viele — dem Perron zugingen, sprangen Horvath und Rosmarie aus dem Sattel. Sie warfen dem Kutscher, der mit der offenen Chaise gekommen war, die Zügel entgegen. Rosmarie fühlte sich von zwei starken, sehnigen Armen umfaßt, an eine hastig klopfende Brust gezogen und immer wieder auf Lippen und Wangen geküßt „Mädel, mem Mädel! — Was ist aus dir geworden, Kind! Wie konntest du dir erlauben, einen halben Kopf über mich hinaus zu wachsen? — Bela, schau doch!" Der Professor gab die Tochter frei. „Ihr habt euch ja noch gar nicht begrüßt." Dr. Szengeryi löste die Hand aus der Horvaths und trat auf Rosmarie zu. Tausendmal hatte er sich in diesen drei Jahren ausgedacht, wie sein Wiedersehen mit ihr vor sich gehen würde. Er würde sie ganz einfach in die Arme nehmen und küssen — küssen, bis sie keinen Atem mehr fand, nur noch mit einem Jauchzen und Schluchzen zugleich an seinem Herzen lag Und nun war alles so ganz, ganz anders. Er hob Rosmaries feste, gebräunte Hand an die Lippen, stammelte etwas Unverständliches und suchte in ihrem Ge sicht „Du hast dich so unglaublich verändert. Rosmarie." Horvaths Schultern zuckten im Lachen. „Du mußt ihn fragen, mein Liebes, ob zu deinem Vor- oder Nachteil." Das Mädchenantlitz war plötzlich blutübergossen „Was bist du für ein böser Mensch, Guido! Du vergißt scheinbar keines von all den Worten, die man zu dir sagt." „Jedenfalls keines von denen, die du zu mir sagst, Ros marie." Belas Szengeryis Mund war eine fahle Linie. Sekunden lang glitt sein Blick nach der Schnellzugsmaschine, deren Räderpaare sich eben wieder in Bewegung setzten Wenn er hinüberlief und in einen der Wagen sprang? Was sollte er denn hier? Der Professor bemerkte von all dem ruchts. Er iah nur sein Kind und war ganz in dessen Anblick versunken, wie jemand, der etwas paradiesisch Herrliches vor sich sieht und nicht glauben kann, daß es wirklich sein Eigentum ist. Horvath ging zu den Pferden, die unruhig zu werden be gannen. Rosmarie hielt die Hände des Vaters in den ihren, bis er in den grauen Samtkissen lehnte und breitete fürsorg lich eine Decke über seine Knie. Sie hätte sich schlagen mögen, denn sie verspürte das Helle Rot, das ihr auf den Wangen brannte, als sie jetzt eine Frage an Bela Szengeryi richtete: „Willst du neben dem Vater Platz nehmen oder mit mir nach Hause reiten? Guido läßt dir die Wahl frei" „Du kommst zu mir in den Wagen, Bela," befahl Török und faßte nach dessen Arm. „Wir sind beide müde von der Fahrt. Rosmarie, wirst du auch vorsichtig sein?" Sie sah mit einem Lachen zu ihm herab „Ach, Vater, wenn du dich um mich sorgen wolltest, kämst du aus dem Zanken nicht mehr heraus. Guido und ich reiten alle Tage zusammen, zuweilen sogar ohne Sattel und nur auf einem Pferd " „Aber Kind!" „Es ist so herrlich, Vater! Unsagbar schön, nicht wahr, Guido? Kürzlich waren wir weit draußen, beinahe an der Czarda. als der Sturm uns überfiel. Ich stürzte und hatte einen gräßlichen Schmerz in den Hüften. Da baute mir Guido aus den Leibern der Pferde ein Zelt und hielt mit seinem eigenen Rücken die Hagelschläge von mir ab. Ich wäre zugrunde gegangen ohne ihn " „Rosmarie ist ein sehr tapferes Mädchen, Herr Professor," hörte Török sagen Er blickte flüchtig zu dem Geiger auf, der es gesprochen hatte, bemerkte dessen verträumten Blick, der an der Tochter hing und erschrak. „Hatte das Kind schon gewählt? Hatte es sieben gelernt, noch ehe Bela Szengeryis Kuß es zum Erwachen bringen sollte?" (Fortsetzung folgt.)