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1974 PAPIER-ZEITUNG. No. 69. Sicherheitspapiere. Vm W. Herzberg. Im Laufe des Jahres 1891 wurde der k. k. Hof- und Staats druckerei in Wien ein Sicherheitspapier für Wechselblankette zur Vornahme von Druckversuchen eingereicht, welches für den erwähnten Zweck geeigneter sein sollte als das bisher in Gebrauch befindliche; es sollte von grosser Festigkeit und Widerstands fähigkeit sein, und geschriebene Tintenschrift sollte sich nicht entfernen lassen ohne sichtbare Spuren der Entfernung zu hinter lassen. Das in Frage kommende Papier ist, wie mit ausdrücklicher Genehmigung des Erzeugers mitgetheilt wird, in der dem kaiser lichen Rath Eduard Musil gehörigen Neubrucker Papierfabrik (bei Scheibbs in Nieder-Oesterreich) hergestellt worden. Mit beiden Papieren wurden in der Versuchs-Anstalt in Charlottenburg vergleichende Versuche ausgeführt, sowohl bezüg lich der Festigkeit als auch der Widerstandsfähigkeit gegen Radiren und Waschen. Das alte Papier ist ein dünnes, weisses Schreibpapier mit dem natürlichen Wasserzeichen »Wechsel«. Das neue Papier ist erheblich dicker, zeigt einen röthlichen Schein und enthält zahl reiche durch die ganze Masse gebettete, stark roth gefärbte Fasern. Nachfolgend sind zunächst die Ergebnisse der Stoff- und Festigkeitsprüfung wiedergegeben. a. .j. i y. ■: — — — Mittlere Wider- 2 1 8 E Angabe Zimmer- 4 Bezeichnung stand Stoff gehalt © — E wärme ne- © I; E des E Papiers Reiss- länge km Bruch- deh- nung 0l gegen Zer- knit- I tem e © 0l ' 5 Gewic 1 "3 Quadrat Leim- festig- keit und Luft feuchtig keit coolo merkun- gen ziem lich gross Holz- zell- .Altes : Papier 3,77 2,6 stoff, Baum wolle, 6,39 0,08 57,0 leim fest 19,2 65 — Leinen *Die ein- II Neues Leinen gebette- 2 (Sicher- 1 || heits-) 4,58 4.4 sehr gross und Baum- 2,09 0,13 83,3 leim fest 19,2 65 ten Fa sern sind | Papier wolle * Tussah- Seide Das neue Papier ist also erheblich fester und aus besseren Rohstoffen hergestellt als das alte; die zu schwache Leimung des ersteren ist im vorliegenden Fall nur ein Vorzug, da starke Schrift züge das Papier durchdringen, selbst schwache tief ins Innere gehen und somit schwerer zu entfernen sind als bei stark geleimten Papieren. Der schon erwähnte rothe Schein des Sicherheitspapiers rührt von einem Farbstoff her, der durch Säuren blau gefärbt wird, wobei jedoch die eingebetteten Fasern ihre ursprüngliche Farbe behalten. Dieser Farbenwechsel sollte vermuthlich. (es war nicht besonders ausgesprochen) eine mit Hilfe von Säuren vorgenommene Entfernung der Schriftzüge anzeigen. Ueber die Ausführung der angestellten Radir- und Wasch versuche ist zunächst Folgendes zu bemerken. Für jeden einzelnen Versuch wurden 2 Abschnitte jeder Papiersorte von derselben Person und unter Benutzung derselben Feder und Tinte mit Schriftzügen, Zahlen und Linien bedeckt, und zwar, soweit es zu erreichen war, in gleicher Stärke; die Linien wurden mit festge stellten Ziehfedern gezogen. Als Tinten wurden verwendet Alizarintinte, Anthracentinte, Anilin-(Kopir-)Tinte und Eisengallustinte. Radirt wurde mit Gummi und Messer, gewaschen mit Wasser, Alkohol, Salzsäure, Natronlauge, Chlorwasser, Oxalsäure und abwechselnd mit Oxal säure und Chlorkalklösung. Der eine der oben erwähnten 2 Abschnitte wurde sofort nach dem Trocknen der Schriftzüge, der andere nach 8 Tagen in Be- handlung genommen. (Ausführliche Tabelle über die angestellten Versuche in den Mittheilungen aus den Technischen Versuchs- Anstalten, 1892, Heft 3). Es ergab sich Folgendes: Radirversuche waren auf dem alten, Waschversuche mit Säuren und Alkalien auf dem neuen Papier leichter wahrzunehmen. Bei geringerer Stärke würde das letztere Radirversuche ebenfalls leichter anzeigen. Bei dem alten Papier gelang es für alle Tinten, die Schrift züge durch Oxalsäure und Chlorwasser beziehungsweise Chlor kalklösung zu entfernen. Von dem Sicherheitspapier liessen sich die mit Anthracentinte erzeugten Schriftzüge nicht gänzlich, die mit den anderen Tinten erzeugten sämmtlich entfernen. Die hierbei entstandene Blaufärbung konnte, wenn auch mit grossen Schwierigkeiten, durch Behandlung mit Ammoniak wasser wieder beseitigt werden. Jedenfalls dürfte das neue Papier, namentlich wenn es etwas dünner hergestellt wird, gegen versuchte Fälschungen eine wesentlich grössere Sicherheit bieten als das alte. Es dürfte nicht uninteressant sein, im Anschluss an das Vorgesagte noch einige andere Verfahren anzuführen, welche man bei Herstellung von Sicherheitspapieren beziehungsweise bei Ausfertigung von Wechseln, Anweisungen usw. angewandt hat, um den Fälschern ihr verbrecherisches Treiben zu erschweren beziehungsweise un möglich zu machen. Ein Verfahren, das vielfach angewendet wird und bei dem es eines besonderen Papiers nicht bedarf, besteht darin, dass man die angegebene Summe durch ausgestanzte Löcher wiederholt; so sicher dieses Vorgehen auch erscheint, es soll vor gekommen sein, dass Fälscher die Löcher mit Papierstoff ausge füllt, dann die Zahl geändert und entsprechend von neuem aus gestanzt haben. Im Jahre 1883 erhielt J. Jamesohn in Newcastle ein britisches Patent auf Herstellung eines Sicherheitspapiers gegen Schrift auslöschung; auf gewöhnliches Papier wurde eine lösliche Schicht in Gestalt eines Musters aufgetragen, so dass der später er folgende Druck theilweise auf jene Schicht, theilweise auf das Papier kam; wurde nun die Entfernung der Zahl durch eine Flüssigkeit versucht, so verschwand hierbei ein Theil der lös lichen Schicht mit dem Druck. Im Jahre 1885 wurde der Patent-Papier-Fabrik zu Penig ein Verfahren zur Herstellung von Sicherheitspapieren patentirt, nach welchem dem Papierstoff im Holländer gewisse Stoffe zugesetzt wurden, die später beim Behandeln des Papiers mit Säure, Chlor oder Alkalien ihre Farbe änderten. Professor Fresenius in Wies baden hat dieses Papier in Verbindung mit 27 verschiedenen Tintensorten geprüft und ist zu der Ueberzeugung gekommen, dass es seinen Zweck vollständig erfüllt. Outhenin-Chalandre fils & Co. haben im Jahre 1888 ein französisches Patent auf die Her stellung eines Sicherheitspapiers erhalten, welch’ letzteres eben falls bei Wasch versuchen mit Säuren oder Alkalien die Farbe deutlich ändert. In demselben Jahre hat Zeiss in Berlin ein Patent für ein Sicherheitspapier erhalten, das mit einem Aufdruck von 3 Farben oder Tinten, zwei sichtbaren und einer unsichtbaren, versehen ist. Die beiden ersteren sind von gleicher Nuance, verhalten sich aber verschieden, indem die eine echt, die andere unecht ist. Werden nun Lösch versuche mit Säuren usw. gemacht, so ver schwindet die unechte Farbe, und es erscheint ein von ihr be decktes Wort, ein Zeichen o. a., während gleichzeitig die bis dahin unsichtbare Färbung des Grundes in dunkler Nuance ent wickelt wird. Zur Herstellung eines weissen Sicherheitspapiers setzt A. Schlumberger in Paris dem Papierstoff eine Reihe harzsaurer und harziger Verbindungen im Verein mit harzsaurem Molybdän oder harzsaurem Cadmium zu. Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu zeigen, wie einerseits auf mechanischem, anderseits auf chemischem Wege versucht wird, Fälschungen von Schriftzügen zu vereiteln; ob dieses Ziel in all’ den vorerwähnten Fällen erreicht ist, mag dahin gestellt bleiben; an eigenen Erfahrungen fehlt es in dieser Be ziehung, und in der Literatur ist wenig über die gemachten Er fahrungen aufzufinden. Nur soviel mag bemerkt werden, dass eine bei Behandlung eines Sicherheitspapiers mit Säuren, Alkalien usw. auftretende Färbung beziehungsweise ein sich bildender farbiger Niederschlag an sich noch keine Sicherheit gegen Fälschungen bietet; der Fälscher wird natürlich nichts unversucht lassen, die auf getretenen Merkmale wieder zu entfernen, sei es durch Behandeln mit Alkalien, wenn durch Säure eine Färbung hervorgerufen ist, sei es durch anhaltendes Waschen mit Reagentien, welche einen entstandenen Niederschlag wieder auflösen; wenn das Papier auch hierbei eine rauhe Oberfläche erhält, so dürfte es doch ein Leichtes sein, durch geeignete Glättwerkzeuge die ursprüngliche Glätte wieder herzustellen; auch die beim Waschen etwa verloren ge gangene Leimfestigkeit lässt sich durch Bestreichen mit Leim wasser, alkoholischer oder ätherischer Harzlösung o. a. wieder erzeugen. Nur dann wird die Sicherheit gegen Fälschung eine voll ständige sein, wenn die einmal aufgetretenen Erscheinungen des Löschungsversuches dem Papier dauernd anhaften und auf keine Weise entfernt oder verdeckt werden können.