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272, 22. November 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. 12565 hohe kaiserliche Auszeichnung erhalten hat. Herr Kammerrat Wilhelm Müller wurde in Anerkennung seiner Verdienste um die Errichtung des Monuments Karls des Großen an der Wiener Peterskirche mit dem Orden der Eisernen Krone III. Klasse ausgezeichnet. Wir haben Herrn Kamme, - rat Müller zu dieser Auszeichnung auf das herzlichste be glückwünscht und diese erwünschte Gelegenheit benutzt, ihm unfern Dank auszusprechen für die opferwillige Hingebung und für die Energie, mit der er die Interessen unsers Standes seit Jahren in so hervorragender Weise zu wahren bestlebt ist, und für die vielen Erfolge, die wir ihm hierbei zu verdanken haben. Seit unsrer letzten Sitzung beklagen wir das Hin scheiden zweier Mitglieder. Am 5. November starb Herr Josef Deibler und am 6. November Herr Ferdinand Lämmer. Lassen Sie uns zum Zeichen der Trauer uns von den Sitzen erheben. (Geschieht.) Mitte Juli hat die Wiener Polizei eine weit über die Grenzen der Berechtigung gehende Verfolgung angeblich anstößiger Bilder in den hiesigen Buch- und Kunsthand lungen eingeleitet. Die Presse hat in besonders eifriger Weise gegen diese Übergriffe Stellung genommen, und Sie werden sich der langen Berichte in den verschiedenen Wiener Zeitungen über diese Angelegenheit erinnern. Auch unsre Aktion hierbei und die beruhigenden Versicherungen, die uns sowohl in der Polizeidirektion als in der Statthalterei ge geben wurden, sind zu Ihrer Kenntnis gelangt. Es ist daher wohl überflüssig, daß ich die Angelegenheit hier noch des weiteren erörtere. Am 16. August trat die neue Gewerbeordnung in Kraft. Die Bestimmungen derselben haben insbesondere auf die Zusammensetzung der Genossenschaften und ihrer Institu tionen einen sehr wichtigen Einfluß genommen, und wir sind daher genötigt, unsre Statuten mit Rücksicht auf diese neuen Bestimmungen einer durchgreifenden Revision zu unterziehen. Die Hilfsarbeiter haben bereits am 20. Oktober eine Versammlung abgehalten, in der die notwendige Statuten änderung beschlossen wurde. Auch die Gehilfen haben in dieser Angelegenheit eine Versammlung am 12. Oktober ab gehalten. Die Frage der Änderung der Statuten unserer Korporation und ihrer Annexinstitute wird uns ja heute noch ausführlich beschäftigen, da sie einen der wichtigsten Punkte unsrer Beratung bildet. Die Reform der Gewerbeordnung hat bereits früher ihre Schatten vorausgeworfen. Unter dem Vorsitz des Statt haltereirats von Hentl fand Ende Juli eine Besprechung von Vertretern der Prinzipale und der Gehilfen und Hilfs arbeiter über die abendliche Ladensperre in unserm Ge werbe statt. Nach vielfachen Erörterungen einigte man sich dahin, daß wir der nächsten Korporationsversammlung Vor schlägen werden, den Ladenschluß für die Monate Juni, Juli und August für 7 Uhr festzusetzen, während in den andern Monaten der Ladenschluß um 8 Uhr erfolgen soll. Der Ladenschluß soll auch den Schluß der Arbeit überhaupt bedeuten. Natürlich steht es jedem Prinzipal frei, schon vor diesen festgesetzten Stunden sein Lokal zu sperren. Da wir mit Rücksicht auf die notwendige Statuten änderung in der nächsten Zeit eine außerordentliche Korpo rationsversammlung werden einberufen müssen, so wird sich diese Versammlung auch mit dieser Frage zu beschäftigen haben. Einige der anwesenden Herren und ich selbst haben dieser Besprechung in der Statthalterei beigewohnt, und wir haben uns verpflichtet, für diesen Antrag einzutreten. Ich bin überzeugt, daß Sie alle, meine sehr geehrten Herren, gleich mir der Überzeugung sind, daß dieses Kompromiß in jeder Hinsicht vorteilhaft ist und daß auch die Herren, welche Börsenblatt für den Deutschen Buchbandel. 74. Jahrgang. jener Besprechung nicht beigewohnt haben, für die Durch führung dieses Kompromisses sich einsetzen werden. Eine weitere Folge des Inkrafttretens der neuen Ge werbeordnung ist es, daß unsre Genossenschaft im Sinne des tz 23a berufen ist, bei allen Konzessionsgesuchen ihr Gutachten abzugeben, ob der Bewerber die für die Erlangung einer solchen Konzession erforderliche Bildung nachgewiesen hat. Sobald ein Konzessionsgesuch bei einem magistratischen Bezirksamt eingebracht wird, werden wir hiervon verständigt und hat Herr Konsulent Junker in alle diese Gesuche seit dem 16. August Einsicht genommen, worauf die Vorstehung ihr Gutachten abgab. Dieses im Gesetz begründete Vorgehen ist allerdings, bedenkt man die Entfernung der verschiedenen magistratischen Bezirksämter, init vielen Mühen, Zeitverlust und naturgemäß mit Kosten verbunden. Wir haben daher darauf hinzuwirken gesucht, daß die magistratischen Bezirks ämter uns bei der Einladung zur Einsichtnahme der Akten auch kurz mitteilen mögen, welche Zeugnisse seitens des Be werbers vorgelegt wurden, damit in jenen Fällen, wo hier nach die Besähigung als erwiesen anzusehen sei, nicht erst kommissioniert werden müsse. Es ist Hoffnung vorhanden, daß die magistratischen Bezirksämter dieser Bitte Nachkommen werden; immerhin empfiehlt es sich aber für Konzessions- werber, in Zukunft, ehe sie ihr Gesuch beim magistratischen Bezirksamt einreichen, es unter Vorlage ihrer Zeugnisse bei uns vidieren zu lassen. Die Konzessionswerber können da durch mindestens drei Wochen Zeit gewinnen. Wie Ihnen erinnerlich sein dürfte, fanden in der zweiten Hälfte des Oktober die Ergävzungswahlen in die Erwerb steuerkommission statt. Der niederösterreichische Gewerbe verein hat für diese Wahlen eine Kandidatenliste auf Grund von Besprechungen aufgestellt, bei welchen Herr Tachauer die Güte hatte uns zu vertreten. Die Liste des Gewerbe vereins ist in der Mehrzahl der Fälle durchgedrungen, und auch ich wurde hierbei wicdergewählt. Ich spreche Ihnen hier für meinen besten Dank aus und glaube auch im Sinne aller zu handeln, wenn ich Herrn Tachauer für seine freundliche Mühewaltung unfern Dank ausspreche. Am 20. Oktober fand eine Besprechung des vom Gremium der Wiener Kaufleute angeregten Zentral verbandes österreichischer Kaufleute statt, bei der ich die Ehre hatte die Korporation zu vertreten. Die Versamm lung hat einige wichtige Beschlüsse gefaßt, die die Annahme gestatten, daß dieser Verband, der jedenfalls sehr wünschens wert ist, bald zustande kommen wird. Leider haben wir uns in der letzten Zeit abermals be müßigt gesehen, gegen einzelne Gewerbetreibende die Straf anzeige zu erstatten, weil sie, ohne hierzu berechtigt zu sein, Bücher und Musikalien verkauft haben. Besonders wird dar- rüber geklagt, daß Möbelhändler vielfach Öldruckbilder ver kaufen, ohne hierzu die nötige Konzession zu besitzen. Wir werden auch in dieser Angelegenheit bei der Gewerbebehörde Vorstellung erheben. Wie Sie aus der »Buchhändler-Correspondenz« ersehen haben, haben wir ein Formular des Lehrvertrags an fertigen lassen, das sehr fleißig benutzt wird. Schließlich bringe ich Ihnen noch die nachfolgenden Ver änderungen im Stande der Korporation seit der letzten Sitzung zur Kenntnis: Ihr Gewerbe legten zurück: Artaria, Karl August, I. Kohlmarkt 9. Eberle, Josef, I. Augustinerstraße 8. Ehrenberg, Rudolf, I. Jasomirgottstraße 5. Herzig, Max, Salmgasse 2. Lewy, Richard, IX. Währingerstraße 17. Rosenstein, Naphtali, 1 Rotenturmstraße 9. Steinbach,Modert, l. Wollzeile 5. 163b