Volltext Seite (XML)
170, LS. Juli 1931. Redaktioneller Teil. Börsenblatt l. d. Dtschn Buchhandel. Was bringt das Literatur-Blatt? Unter der Überschrift »Was bringt die Zeitung?« waren im Börsenblatt Nr. 140 sehr beachtenswerte Ausführungen zu lesen. Was läßt sich vom Anhalt der Zeitung reklamemäßig verwerten-? so fragte der Verfasser. Und gewiß ist es so, daß die Zeitung dem Sortimenter ständig Anregungen zur Werbung geben kann. Gilt dies schon vom allgemeinen Teil der Zeitung, so noch viel mehr von jeder Literaturbeilage. Es ist jedoch auffallend, wie wenig gerade die literarische Berichterstattung der Presse vom Buchhändler für seine Werbung ausycnutzt wird. »Hat das Literaturblatt Ihrer Orts zeitung einen Einfluß auf den Buchabsatz? »N-ejn, gar keinen«. »Lesen Sie selbft das Literaturblatt?» »Nein, es ist ganz- belanglos!« Wie viele Buchhändler würden auf diese Fragen die gleiche Antwort geben. Daß diese Einftellung falsch ist, haben diejenigen Sortimenter be wiesen, die durch Zusammenarbeit mit ihrer Ortszeitung eine wesentliche Steigerung ihres Umsatzes erzielten. Die einfachste, mit ganz geringer Mühe verbundene Art, Buchbesprechungen für die Wer bung auszuwerten-, ist das Aufziehen einer Rezension auf eine Papp tafel (am besten mit breitem, farbigen Rand und großer Überschrift) und das Ausstellen im Schaufenster oder Schaukasten in Verbindung mit dem besprochenen Buche. Diese Einrichtung kann auch so aus gebaut werden, daß an einer bestimmten dafür vorgesehenen Stelle, außerhalb der Geschäftsräume und fttr jeden Vorübergehenden sicht bar, fortlaufend neue Rezensionen aufgeklebt werden, während die besprochenen Bücher an einem ebenfalls bestimmten Platze im Fenster ausgestellt sind. Das würde also etwas ähnliches wie eine »buch händlerische Litfaßtafel« sein. Findet aber der Buchhändler die richtige Einstellung zur Zeitung, dann wird ihm zweifelsohne diese Art der Verwertung von Buch besprechungen nicht genügen. Sobald er die literarische Bericht erstattung seiner Ortszeitung als eine ihn nahe angehende Angelegen heit erkennt, wird er bestrebt sein, ihre Wirkung möglichst zu ver stärken und den Verkaufserfolg seinem eigenen Geschäft zuzuleiten. — Wie kann das geschehen? Ein Beispiel: An einem Schaukasten wird ständig die letzte Literaturbeilage der bedeutendsten Ortszeitung ausgehängt, einige wichtige Rezensionen deutlich angestrichen und die betreffenden be sprochenen Bücher, sei es im Schaukasten, sei es im Schaufenster nebenan mit einem entsprechenden Hinweis, ausgestellt. Eine solche Einrichtung ist nicht nur ein gutes, auf den Vorübergehenden wir kendes Werbemittel, auch der Zeitungsleser, der sieht, daß die Be sprechungen seiner Zeitung beachtet werden, wird dem Literaturteil seines Blattes mit der Zeit unwillkürlich eine größere Beachtung schenken. Andererseits wirb mancher Leser, den eine zu Hause ge lesene Besprechung interessiert, zu jener Buchhandlung kommen, in deren Fenster er das besprochene Buch zu finden erwarten kann. Der Zeitung ist eine solche Werbung natürlich auch willkommen und sie wird daher dem Buchhändler gern cntgegenkommen. So wird er gewiß schon im voraus erfahren können, was in den nächsten Wochen zur Besprechung gelangt und sich danach zu richten vermögen. Vielleicht kann er es auch erreichen, ein Freiinserat mit einem Hin weis auf seine ständige Sonderausstellung besprochener Bücher zu erhalten. Eine andere Möglichkeit, die Beachtung des Publikums auf bas Literaturblatt und die Absatzwirkung auf das eigene Geschäft zu leiten, besteht in der Veranstaltung von Sonderfenstern, die im Zu sammenhang mit der literarischen Berichterstattung der Zeitung stehen. Da ist jetzt z. B. ein Aufsatz über »Neiseliteratur« erschienen, der etwa ein Dutzend neuer Bücher bespricht. Was liegt näher, als daß der Buchhändler diese Besprechung aushängt und eine Sonder schau der besprochenen Bücher im Fenster zeigt. Um nun- nicht ganz auf die Auswahl der Redaktion angewiesen zu sein, werden auch andere zum Thema gehörende Bücher — in diesem Fall also »Neise literatur« — ausgestellt, und zwar in der Weise, daß Besprochenes und Nichtbesprochenxs bunt durcheinander gestellt wird, aber von allen besprochenen Büchern farbige Fäden zu einem an die Schau fensterscheibe geklebten Papierkreise führen, auf dem zu lesen steht, daß all diese Bücher in dem ausgehängten Zeituugsblatt gewürdigt sind. Das ist ein auffallendes und anziehendes Bild. Sehr wichtig für den Verkaufserfolg ist die Angabe von Preisen. Ein derartiges Fenster braucht man natürlich nicht unbedingt auf ein Sonderthema zu beschränken. Es kann auch die allgemeine Überschrift »Bücher, die in der letzten Literaturbeilage der . . . Zeitung besprochen sind« führen. Ist eine Nummer der Literatur beilage einmal besonders wirksam und handelt es sich um die Emp fehlung von Büchern, die auch dem Sortimenter am Herzen liegen, dann sollte man sich eine größere Anzahl von Exemplaren der Zeitung beschaffen (man wird sie, da es sich ja auch um eine Werbung für die Zeitung handelt, billig, vielleicht auch kostenlos erhalten), 696 sie Kunden mitgeben und zuschicken oder sie draußen zwischen Tür und Fenster oder Schaukasten zum kostenlosen Mitnehmen durch vor übergehende Interessenten auflegen. Beschäftigt man sich in so intensiver Weise mit der Auswertung der Literaturbeilage der Zeitung, dann wird man unschwer auch zu einer Zusammenarbeit mit der Redaktion kommen, denn es ist jeder Redaktion und jedem Zeitungsverlage erwünscht, wenn der Buch händler selbst die Literaturbeilage beachtet und um Beachtung beim Publikum wirbt. Gewiß wird die Redaktion dann Anregungen und Wünschen des Buchhändlers nach Möglichkeit entgegenkommen, mag es sich nun um Besprechung bestimmter Bücher oder um anderes handeln. Im allgemeinen ist di-es überhaupt der zweckmäßigste Weg, um eine stärkere Beachtung literarischer Dinge in der Tagespresse zu erreichen. Auf ähnliche Weise sollte der Sortimenter auch bei Zeitungen-, die keinen literarischen Teil haben, es versuchen, eine Be rücksichtigung literarischer Fragen zu erlangen. Bei mittleren und kleineren Blättern- kann der Sortimenter oft auch eine für alle Teile nützliche Vermittlerrolle zwischen Verlag und Redaktion spielen. An den meisten Fällen ist es dem Verlag nicht möglich, irgend einer kleinen Zeitung ein Besprechungsstück kostenlos abzugeben, weil er keine entsprechende Gegenleistung er warten kann. Weiß der Verleger aber, daß auch der Sortimenter ein Anteresse an der Besprechung hat und die Rezension zur Werbung für das Buch ausnutzen wird, dann wird er in vielen Fällen ein Rezensionsexemplar liefern können. Will der Sortimenter sich für einen bestimmten Autor besonders einsctzen-, so liegt es nahe, daß er sich vom Verleger einen Aufsatz über den Verlagsautor beschafft und ihn seiner Ortszeitung zum kostenlosen Abdruck überläßt. Bei kleinen Blättern, die mir über bescheidene Mittel verfügen, ist der Vorteil einer solchen Vermittlerrolle des Sortimenters für ihn selbst wie für Zeitung und Verlag ohne weiteres einleuchtend. Ähnlich ver hält es sich mit gelegentlichen Abdrucken von Textproben aus Büchern, für die sich der Sortimenter besonders verwenden will. Jeder Buchhändler sollte es sich als Aufgabe stellen, die Presse so zu bearbeiten und mit ihr so zusammenzuarbeiten, daß er auf die anfangs angeführte Frage antworten kann: Das Literaturblatt unserer Ortszettung hat auf ben Buchabsatz einen nachhaltigen, för dernden Einfluß. A. H. Zucü unck 8cjirikt. ^Lbrliuvb des Deutschen Vereins kür Rueb- 49 l'ak. 8^- 4" Rur Uitgl. r. öakresdeitr. von RU 20.—, kür kliedttnitgl. RU 30.—. Schon einmal hatte sich das Jahrbuch mit einem Schriftproblem befaßt, als es unter dem Titel »Schrift als Ornament« erschien. Diesmal sind die Beiträge verschiedenartiger; empfindet man z. B. Kühnels Beitrag »Das Schriftornament in der islamischen Kunft« ausgesprochen als Nachtrag zu dem erwähnten 2. Band, so führen Löffler (»Die Hirsauer Buchmalerei, ein Problem ber Jnitial- ornamentik«) und vor allem Schottenloher in seinem reichhaltigen, ein sehr wichtiges und noch wenig erforschtes Gebiet behandelnden Beitrag »Der Farbenschmuck der Wiegen-drucke« weit über die reinen Schriftfragen bis tief in die des illustrierten Buches hinein. Einer Spezialfrage der Geschichte der Schrift geht Ernst Crous mit seinem Aussatz über den »Elefantenrüssel in den spätmittelalterlichen Schrif ten Böhmens« nach; und wie hier zwischen Hand- und Druckschrift kein prinzipieller Unterschied gemacht wird, so nimmt auch Ehmcke das Wort »Schrift« im weiteren Sinne und betrachtet die »Wandlung des Schriftgefühls« an den künstlerischen Druckschriften in ihrer Be ziehung zur Handschrift. — Die Mitteilungen über entlegene Schriften (Hubert Grimme über die slldsemitische, Konr. Weichberger über die minoische Schrift) sind nvttvendig mehr Darstellungen der bisher er mittelten Tatsachen; Johannes Schubert geht in seiner Darstellung des Tibetischen so wett, auch die Probleme dieser Schriftart (Ver hältnis des Lautes zum Schriftbild) kurz aufzuzeigen. Program matischen Wert und damit das allgemeinste Interesse haben der erste und der letzte Beitrag; einleitend spricht Ludwig Volkmann über »Bild und Schrift«, die Beziehung beider auf die einfache Formel bringend: »Im Anfang war das Bild« und die verschiedenen Zwischen stufen, die sich ihm in einem Kreis darstellen, klar und kenntnis reich skizzierend: Wilhelm Niemeyers Schlußaufsatz, von dem ganzen Band abweichend in Fraktur gedruckt, nimmt zur alten Streitfrage Antiqua — Fraktur in dem aus seinen für die Deutsche Akademie geschriebenen Untersuchungen bekannten Sinn und mit geistvollen Gründen, wie man sie in diesen Schriften auch mehr als in der bisherigen Diskussion des Themas findet, Stellung, indem er die Schriftform zum Sprachklang in Beziehung setzt. H. Schreiber.