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Well I m 8Iia. !>2l>2t>22<2lXr2<2lX20<VL<SlX2L<2lX2L^2lX2l>rlXVL<VIX2L^2 s war kalt. Gisela Kent schauerte in dem feuchten Morgennebel, während sie in der leeren „„. , Straße, deren Häuser noch still , . ^^ch^fen mit geschlossenen Türen schritt^'^'^^" dalagen, auf- und nieder- begann es lebendig zu wer- i.-», „T^chwagen rasselten durch die Stra. ven, Ärbeitslente eilten Ler Stätte ihres folge mehrfacher Behilwerungen privater Natur komme ich erst heute dazu, auf mein vor mehreren Wochen erlassenes Zeitungs inserat und Ihr darauf eingcgangencs Be werbungsschreiben Bezug zu nehmen und bitte Sie, mich, falls noch zweckdienlich für Sie, morgen oder übermorgen im hiesigen Monopol-Hotel, Zimmer Nr 63, zu einer Rücksprache über die schriftstellerische Be arbeitung meines Reisematerials freund lichst aufsuchen zu wollen. Ganz ergebenst HanZ Berg." Im ersten Augenblick verspürte Robert Lust, den Brief ohne weiteres zu zerknit tern und in den Papierkorb zu werfen. Was sollte er jetzt noch damit anfangen? Er hatte sich damals lediglich aus dem Grunde um die Arbeit beworben, um durch das Honorar eine gewisse Deckung für die Mehrausgaben zu gewinnen, welche ihm zweifelsohne aus einem näheren gesell schaftlichen Verkehr mit Erika Vollmar er wachsen mußten. Zu einem solchen sah er jetzt jede Möglichkeit vernichtet. Zuletzt indessen überlegte er sich die Sache doch noch und ging am nächsten Tage nach dem Monopol-Hotel. Es schadete ja nichts, einmal zuzusehen, wie jener Herr Berg die Geschichte sich eigentlich dachte. Nachdem Robert im Monopol-Hotel seine Karte nach Zimmer Nr. 63 geschickt hatte, wurde er sofort empfangen und sah dich einem Herrn in Mittlern Jahren von stark gebräunter Gesichtsfarbe, zugleich aber sehr sympathischem Aeußern gegen- über, der sich ihm als der Afrikarcisende Hans Berg vorstellte. Robert ließ sich in den angebotenen Sessel mit der Empfindung nieder, daß ein auf geistiger Arbeit basierender Verkehr mit diesem Manne sich ohne Zweiscl nur höchst angenehm gestalten mußte. Berg schien ähnliches zu denken und nach wenigen Minuten befanden sich die beiden Herren bereits in einem angeregten Gespräch über die in Frage stehende Arbeit, welche das Inserat sowie Tornows Bewerbung veran laßt hatte.. Es handelte sich dabei um das auf einer Reife durch Südamerika gesammelte Mate- rial, dasselbe sollte in Buchform literarisch verwertet werden und da die Reise nicht nur streng ethnologischen Zwecken gedient sondern auch andre Wissenschaften ebenso wie die verschiedensten Kunstgebiete leicht >n ihren Bereich gezogen hatte, kurz, die vortrefflichste Unterlage für ein großes Po- Pulär geschriebenes Reisewerk abgab, so suchte Berg die Schildcrungskraft und das Tarstellungstalent eines begabten Berufs- Schriftstellers zur Mitarbeit zu gewinnen. <zorlleM>g folgt.! Entlassen. Annie O. ribbur. Deuifch von L. Bilmar. Wirkens zu. Das Tagesleben begann wieder. Und plötzlich öffneten sich die großen Gefängnistore, um Menschen, die für die Außenwelt so gut wie tot gewesen, dem Leben zurückzugeben. Gisela blieb stehen und spähte in den Gefängnishof hinein. Dort begann' sich eine Gruppe von Leuten — größtenteils zerlumpte, in der feuchten Morgenkühle schauernde Frauen — anzusammeln, Frauen, denen es nichts neues schien, vor Gefängnistüren zu harren. Und plötzlich durchbebte sie der Gedanke, daß sie etwas gemeinsames mit Liesen elenden Gestalten hatte. Auch sie — Gisela Kent — harrte eines entlassenen Sträflings. Langsam wanderte sie draußen auf und nieder, und als sie wieder ans Tor ge langte, schien die Gruppe auf dem Hof sich vergrößert zu haben. Ein Gefühl scheuen Bangens überkam sie, doch tapfer suchte sie sich seiner zu erwehren. Nur mutig Stand gehalten! Jetzt ging die schwere Eichentür des Gefängnisses auf, und verschiedene Män nergestalten schwankten heraus — Männer mit Galgenphysiognomien, Männer mit ge senkten Köpfen oder mit frechen, trotzigen Gesichtern. Die Frauen eilten ihnen entgegen. Einen Augenblick blieb Gisela zögernd stehen. Dann schritt auch sie vorwärts. Einer der Männer war an der Schwelle stehen geblieben und starrte mit seltsam wirrem Blick auf eine Welt, die er kaum zu erkennen schien. Langsam strich seine Hand über Stirn und Augen, als Gisela seinen Arm erfaßte. Kaum seinen Augen trauend, starrte er sie an. „Gisela — du?!" „Ja, Eric!" versetzte sie mit erstickter Stimme. „O, Gott sei Dank, endlich!" Einen Augenbi.ck ruhte sein Blick voll sehnsüchtigen Verlangens auf ihr; dann — als fiele ihm plötzlich ein, wo und was er war — löste er ihre Finger von seinem Arm. „Was führt dich hierher?" fragte er. „Du hättest nicht kommen sollen. Du kannst dich dadurch in Ungelegenheit brin gen —" „Sprich nicht so, Eric!" bat sie. „Du hättest doch wissen müssen, daß ich warten würde — das habe ich ja dir und allen andern gesagt. Und nachdem ich so lange treu dein geharrt habe, wirst auch du mich nicht verlassen wollen." Bange, ihrer Umgebung völlig unein- gedenk, blickte sie in sein bleiches, verän dertes Gesicht, in dem Gefühl, daß ihr Herz noch ebenso für ihn schlug wie vor drei Jahren, als die Kerkertore sich hinter ihm geschlossen hatten. Die auf dem Hofe Versammelten hatten sich zerstreut. Langsam schritten auch sie durch das finstere Tor auf die Straße hin aus, deren Läden mittlerweile geöffnet worden waren. „Du hast doch nicht eiwa geglaubt, daß ich je von dir lassen würde, Eric?" fragte Gisel-a, wä rend sie sich Vorneigle und ihm mit warmem Blick in die Augen sah. „Du weißt ja doch, daß ich von deiner Unschuld felsenfest überzeugt bin." „Ja, das weiß ich, Geliebte," erwiderte er langsam. „Aber man bat mich schuldig gesprochen und verurteilt, und dagegen konimt die Ueberzeugung einzelner nicht in Betracht. Ich bin und bleibe ein entlasse ner Sträfling, ein für alle Zeit Gebrand- markter." „In meinen Augen nicht, Eric; denn ich widerhole es: in meinen Augen bist du schuldlos. Ich weiß, daß du die Fälschung, die dir zur Last gelegt worden, nicht be gangen hast und bin, wenn du es willst, auf der Stelle bereit, deine Frau zu werden." Er zuckte zusammen. „Gisela —!" Ein entschlossener Zug lag auf ihrem schmalen, blassen Gesicht. „Ich weiß, was es besagen will, Lieb ster, und bin auf alles gefaßt. Wie du weißt, besitze ich ein kleines Kapital, das meine Mutter mir hinterlassen hat, und das zur Gründung irgend eines Geschäftes genügt. Onkel kann tun was er will. Er ist hart und grausam gegen dich — gegen uns beide — gewesen, und falls du mich noch willst, so werde ich die Deine, Eric!" Er blieb inmitten der Straße stehen und sah sie an. „Aber ich dachte — Decereux sagte, — daß du und er —" Sie trat unwillig mit Lem Fuß auf. „Es ist nicht wahr!" rief sie leidenschaftlich. „Ilm keinen Preis der Welt würde ich seine Frau werden." „Aber es wäre besser für dich, Gisela. Es geht ihm gut. Dein Onkel hält große Stücke auf ihn, er ist seine rechte Hand, während ich —" „O still, Eric, still! Das ist mir drei Jahre lang unablässig vorgepredigt wor den, ohne daß ich andern Sinnes geworden bin. Ich mag Devereux nicht. Onkel hat auf jede erdenkliche Weise versucht, mich zur Heirat mit ihm zu bewegen.. Er will ihn zu seinein Partner machen und wer weiß was sonst noch alles. Aber mein Herz gehört nun einmal dir, und ich will keinen andern Mann als dich, mein Eric!" ll. Das große Geschäftshaus von Adalbert Kent L Co. glich einem summenden Bic- nenstock. Die Arbeit war in vollem Gange. Kommis eilten geschäftig hin und her, Glocken läuteten, Fahrstühle rasselten auf und nieder. Und unter den Hunderten von Menschen saß nur einer zerstreut und untätig da. Es war ein junger Mann mit dunklem, scharfgeschnittcnem Gesicht, der, über sein Pult geneigt, auf ein Billett in seiner Hand starrte, während neben ihm ein ganzer Stoß von Briefen vergebens der Erledi gung harrte. Er vermochte jetzt an nichts anderes zu Lenken als an Len bedeutungs schweren Inhalt dieser Karte, die folgen dermaßen lautete: „Eric Chester ist heute früh entlassen und wurde von einem hübschen Mädchen in marineblauem Kostüm und rotem Hut abgeholt. Sie fuhren in einer Droschke fort." Tie trauen des Lesenden zogen sich fin ster zusammen. Ein häßlicher Blick ent stellte sein schönes Gesicht. „Bah! Was tut's, daß er wieder drau- ßen ist? Und das Mädchen — es kann nicht Gisela gewesen sein — unmöglich!" Er erhob sich hastig und ging in Herrn Kents Privatkontor. Dieser war allein und blickte bei seinem Eintritt schnell auf. „Ah, Devereux! Etwas Eiliges?" Devereux zögerte.