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1388 PAPIER-ZEITUNG. N: 37 Die Holzzellstofffabrikation. Von Prof. E. Hoyer in München. (Vom Verfasser zum Abdruck eingesandt. — Wiederab- druck verboten!) Fortsetzung zu Nr. 36. III. Das Sulfitverfahren. Die schwefelige Säure (Schwefligsäure), welche die Grundlage dieses Verfahrens bildet, ist eine Verbindung von 1 Atom Schwefel mit 2 Atomen Sauerstoff, hat die chemische Formel SO, als Schwefligsäureanhydrid oder Schwefel dioxyd und bildet mit Basen Salze, welche den Namen Sulfit führen. Sie ist ein farb loses Gas von erstickendem Geruch, das bei — 10° oder bei starkem Druck zu einer Flüssigkeit verdichtet werden kann und im Uebrigen eine hohe Tension besitzt, da es in geschlossenen Räumen bei 20° C. schon einen Druck von 6 Atm. ausübt. Es wird von Wasser in grosser Menge absorbirt, da dasselbe bei — 8° C. sein 58,6 faches Volumen verschluckt. In diesem Zustande ist es als Hydrat (S 0, HJ in Lösung. Die wichtigste Eigenschaft der S 02 ist ihre grosse Verwandtschaft zum Sauerstoff, durch dessen Aufnahme sie in Schwefeltri oxyd oder Schwefelsäure (S Oa) verwandelt wird; sie gehört daher zu den kräftigsten Reduktionsmitteln. Ihre bleichende Wirkung beruht zum Theil auf einem Reduktions prozess, zum Theil darauf, dass sie mit den Farben farblose Verbindungen bildet. Die in Wasser gelöste Schwefligsäure nimmt Sauerstoff aus der Luft auf, und verwandelt I eine aus feuerfestem Material aufgebaute Kammer mit 5 übereinander liegenden, 2,4 m langen und 1,5 m breiten Zungen c, d, e, f, g, welche mit kleingemachtem Pyrit durch die Thüren h, i, k beschickt werden. Zum Vor wärmen des Ofens ist bei a eine Rostfeuerung mit der Aufgebethür b angebracht. Die Flam men dieser Feuerung umziehen so lange in der Pfeilrichtung diese Zungen, (während zugleich die oberste Thür h geöffnet ist), um durch n zu entweichen, bis der Ofen Weissglut ange nommen hat. Dann wird die Thüre b ver- ' sachten Verlustes, namentlich aber wegen der : schädlichen Einwirkung auf Menschen, Thiere und Pflanzen in solchem Maasse, dass man bis I jetzt vollständig davon Abstand genommen hat und sich lediglich auf die Verwendung derselben in wässeriger Lösung oder als Sulfit beschränkt. Zur Erzeugung der wässerigen Lösung kann man nun entweder, nach dem Vorschläge von Pictet, in 1 1 Wasser 120 g Schwefligsäure anhydrit lösen, oder das auf obige Weise er- I zeugte Gas von Wasser absorbiren lassen. | Diesen Absorptionsprozess führt man im Grossen zweckmässig nach der in der Schwe- felsäurefabrikation üblichen Art der Ab sorption für Salpetergase, nämlich in Ab- sorptionssthürmen, durch, während im Kleinen dazu grosse Thongefässe von der Art der Woulff’schen Flaschen genügen. Als Ab- sorptionsthürme eignen sich für den in Rede stehenden Zweck insbesondere Thürme von etwa 0,75 m Weite und 4 bis 6 m Höhe ans einzelnen aufeinandergesetzten und in den Muffen durch eingestossenen Asphalt ge dichteten Röhren aus Steinzeug. Das Schwefligsäuregas tritt aus dem Pyritofen oder dem Schwefelbrenner durch ein Rohr in einen unter dem Thurm befindlichen Raum, um sodann durch eine gelöcherte Schiefer oder Steinzeugplatte in den mit Coks- stücken gefüllten Thurm aufzusteigen. Hier tritt das Gas dem, durch ein Rohr zuge führten und vermittelst einer Bleibrause oder Kipptroges fein vertheilten Wasser entgegen, welches durch die Coksstücke rieselt und mitSchwefligsäure gesättigt sich in einem aus sich daher nach einiger Zeit in Schwefel säure, weshalb sie in luftdicht verschlossenen Gefässen aufbewahrt sowie vor der Luftberüh rung geschützt werden muss. Was die Gewinnung der Schwefligsäure im Grossen betrifft, so ist hier im Allgemeinen nur zur Orientirung hervorzuheben, dass die Schwefligsäure die einzige Verbindung des Schwefels mit Sauerstoff ist, welche direkt durch Vereinigung dieser Elemente entsteht, und dass demnach die auf Verbrennen von Schwefel beruhende Darstellungsmethode als die einfachste und bequemste um so mehr am häufigsten Verwendung findet, weil dazu äusser dem gediegenen Schwefel vor Allem auch eine Reihe sonst ziemlich wertloser Schwefelver bindungen sich eignen, welche in der Natur vielfach verbreitet sind. Der Apparat, in dem der gediegene Schwefel abgebrannt wird und der Schwefelbrenner heisst, kann sehr einfach sein und besteht in der Regel aus einer gemauerten Kammer, die an der Vorderseite mit Blechthüren versehen ist, durch welche das Einträgen des Schwefels er folgt. Der Boden dieser Kammer wird aus einer starken Eisenplatte gebildet, welche durch aufgenietete Winkeleisen mehrere nebeneinander herlaufende Abtheilungen erhält, die für sich be schickt und von den zurückbleibenden erdigen Substanzen gereinigt werden können. Zur Luftzuführung und Regulirung sind in den Thüren Schieber angebracht, welche zugleich eine Beobachtung des Vorganges im Brenner gestatten. Letzterer ist mit einer Eisenplatte abgedeckt, welche so abgekühlt wird, dass im Brennen kein Schwefel sich unverbrannt ver flüchtigt. In dieser Platte sitzt zugleich das Rohr für die Ableitung des Gases. Unter den Schwefelverbindungen, welche hier in Betracht kommen, sind zu nennen die Erze: Eisenkies, Zinkblende und Kupferkies, sodann in einigen Fällen der in den Gasanstalten als Nebenprodukt gewonnene sog. Gasschwefel. Aus denselben wird Schwefligsäuregas durch starkes Glühen sog. Rösten gewonnen. Da die mit dem Namen Pyrit bezeichneten Eisenkiese mit 53,3 % Schwefel am häufigsten vorkommen, so dienen sie auch am häufigsten zur Erzeu gung von S O 2 . Zum Abrösten dieses Erzes empfiehlt sich in erster Linie der nachstehende, durch Fig. 5 im Längenschnitt dargestellte Maletra’sche oder Etagenofen. Derselbe bildet Fig. 5. mauert, da die zum Rösten der Erze erforder liche Hitze durch das Abbrennen derselben unterhalten wird, und zu dem Zwecke die auf den Zungen liegende Erzmasse dadurch in Be wegung erhalten, dass man etwa alle vier Stunden das auf der Zunge g liegende Erz durch die Thür k auf das Gewölbe p holt und zugleich das auf p liegende durch den Fuchs in den Raum q stösst. Darauf schiebt man durch die Thür i den Inhalt von f auf g und fährt so fort, bis auch e geleert ist und von Neuem beschickt wird. Die durch einen Seiten kanal dem Raum q zugeführte und hier vor- Fig. 6. gewärmte Luft liefert den Sauerstoff zum Ver brennen des Schwefels, der dadurch zu Schwe felsäure oxydirt wird, welche durch die zum Absetzen mitgerissener Frztheile dienende Kammer m und den Kanal n zu ihrem Be stimmungsort gelangt. Der über dem Raum m angebrachte, von einer Gusseisenplatte ge tragene Behälter o kann zum Erwärmen von Wasser und als Wärmeregulator Verwendung finden. Die Eigenschaften, welche die Schwefligsäure besitzt, erschweren den Gebrauch derselben im Gaszustande theils wegen des hierdurch verur- Stein gehauenen Behälter ansammelt. Diesem Behälter wird die wässerige Schwefligsäure durch ein mit einem Bleiventil in Eisenpanzer verschliessbares Rohr entnommen. Dieses in nebenstehender Fig. 6 besonders dargestellte Ventil besteht aus dem mit Blei ausgefütterten Ventilgehäuse A mit den zwei Kanälen a und b, sowie dem ebenfalls mit Blei belegten Ge häusedeckel B mit einem Aufsatz zur Auf nahme der Verschlussschraubenspindel c mit der Ventilplatte d und der mit dem Handrad II verbundenen Schraubenmutter m, durch deren Drehung die, vermittelst der in eine Nuth eintretenden Schraube s an der Drehung ver hinderte, Spindel auf und nieder bewegt wird. Da das Schwefligsäuregas ein grosses spez. Gewicht (2,2) besitzt, so steigt es in dem Thurm nur aufwärts, wenn dieser mit einem Saugapparat in Verbindung gebracht ist. Als sol cher dient entweder eine genügend hohe Esso oder ein Ventilator. Im Allgemeinen möchte der letztere vorzuziehen sein, weil er zugleich leicht eine für die Vegetation nothwendige Be seitigung des etwa nicht absorbirten Gases durch Einblasen in Behälter gestattet, die Soda- oder Aetz-Natronlösung enthalten. Man gewinnt auf diese Weise zugleich das als An tichlor verwendbare saure schwefligsaure Natron. Beim Betriebe nach dieser Methode kann man die Verhältnisse zwar leicht so ausfindig machen, dass sämmtliche entwickelte Säure vom Wasser in einem Thurm absorbirt wird; in der Regel möchte es sich aber empfehlen, mehrere, drei bis vier Thürme so mit einander in Verbindung zu bringen, dass das im Thurm nicht absorbirte Gas statt direkt durch ein Rohr zum Ventilator oder Schornstein, abwärts und unten in den nächstfolgenden Absorptions thurm geleitet wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass die durch Absorption gewonnene wässerige Schwef ligsäure im Allgemeinen sehr ungleichmässig zusammengesetzt und infolgedessen ebenso un zuverlässig im Gebrauch ist. Da ausserdem die in derselben aufgespeicherte Säure leicht entweicht, sowie in dieser Form schwierig auf zubewahren ist und manche Unzuträglichkeiten beim Gebrauch in Folge hat, so zieht man für die Cellulose-Gewinnung die viel gleichmässiger zusammengesetzten und leichter aufzubewahren den Verbindungen mit Basen, die Sulfite, vor. Man bindet zu dem Zwecke die Schweflig-