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V « I» I m s«ia. 2x21x22x21^1x21x21x21x22x22x21x22x21x22x21x21x22x21x21x2 wie die Zeugen wurden fortgesetzt von Neu gierigen belästigt. Ganz besonders galt dies auch von den beiden Hauptbelastungszeugen Riedl und Ernst, die namentlich auch von den Berichterstattern scharf aufs Korn ge nommen wurden. Bekanntlich wurde Riedl sogar einmal beim Verlassen des Gerichts, von einem Journalisten in ein Automobil Professor Dr. Dönitz, mit hincingenommen, was zur Folge hatte, daß der Vorsitzende dem Zeugen in der nächsten Sitzung nahe legte, sich von den Aushorchern etwas mehr zurückzuhalten. Bei dem Zeugen Ernst trug diese zudring liche Neugierde wesentlich dazu bei, sein Heimweh zu steigern und ihm seinen Auf enthalt in Berlin nahezu unerträglich zu machen. Um den Angeklagten vor den Zudringlichkeiten Neugieriger zu schützen, sah man sich schließ lich veranlaßt, den Transport vom Automobil in den Ge richtssaal in andrer Weise vor nehmen zu lassen, und zwar derart, daß die Korridore da bei gar nicht berührt zu werden brauchten, der Trans port vielmehr von einem in neren Hof des Kriminalge richts aus über eine Neben treppe bewirkt werden konnte. bin Altmeister cker Kskteri- ologie. Der bekannte Bakteriologe Geh. Rat Professor Dr. Dönitz in Berlin konnte vor kurzem in voller geistiger und körperlicher Frische seinen 70. Geburtstag feiern. Die Bakteriologie, die Lehre von den Bakterien, ist eine verhältnismäßig noch recht funge Wissenschaft. Zwar hatten schon römische Aerzte die ansteckenden Krankheiten theoretisch aufs kleinste, im Organismus schma rotzende Lebewesen zurückgeführt und 1675 beobachtete Leeu- menhoek und etwas später Abfahrt des Fürsten Philipp zu Eulenburg vom Moabiter Kriminal-Gericht. O. F. Müller mehrere For men der Bakterien. Doch erst Ehrenberg erkannte sie als selbständige Or ganismen und stellt sie (1838) als Vibrionen zu den Infusionstierchen. Von F. Cohn wurden sie 1853 als Pflanzen charakterisiert und von Näpeli, de Bary u. a. den Pilzen zugeordnet. Gegenwärtig werden sie mit den Spaltalgen zu einer selbständigen Ab teilung des Pflanzenreichs vereinigt. Ausrei«Pnung eines ckeutk^en Gelehrten. Eine hohe Auszeichnung wurde vor kurzem dem Direktor des preußische» Geodä tischen Instituts Geh. Rat Professor Dr. Hel mert in Potsdam zuteil. Die Astronomien! Royal Society in London wählte ihn zu Professor Dr. Helmert. ihrem Mitglied, eine Ehre, die nur selten Ausländern zuteil wird. Friedrich Robert Helmert, der 1843 in Freiberg geboren ist, ist seit 1886 Direktor des Geodätischen In stituts und des Zentralbureaus der inter nationalen Erdmessung. Das geodätische Institut, das im Jahre 1869 von General Baeyer in Berlin gegründet und 1892 nach Potsdam verlegt wurde, dient zur Pflege der höheren Geodäsie rind zur Ausführung astronomischer und physikalischer Arbeiten, die die Erforschung der Gestalt der Erde bezwecken. bulenburg-VroLeos. Seit laugen Jahren hat es wohl keinen Prozeß gegeben, der ein derartiges Interesse in An spruch nahm ivie ein Eulenburg prozeß. Einst der Freund des Kaisers, von dem man behaup tete, daß sein Wort bei der Er nennung und Verabschiedung der höchsten Staatsbeamten ge wichtig in die Wagschals fiel, steht Fürst Eulenburg fetzt unter der schweren Anklage des Mein eids und der versuchten Verlei tung zum Meineid. Und noch entehrender für den so jäh von der Sonnenhöhe des Glücks Ge stürzten als diese Anklage sind die Vorgänge, die dazu geführt haben. Die Natur dieser Vor gänge machte es auch erforderlich, daß die Verhandlung vor dem Schwurgericht unter strengstem Ausschluß derOeffentlichkeit statt finden mußte. Naturgemäß wurde dadurch die Spannung nur erhöht. Denn an sich ist es ja nichts Neues, was dort in Moabit hinter verschlossenen Türen ver handelt wurde. Man kennt die Beschul digungen bereits aus früheren Prozessen und die Oesfentlichkeit hat kein Interesse daran, daß dieses traurige Sittenbild noch einmal entrollt wird. Nur ein psychologisches In teresse kommt deshalb den Verhandlungen in Moabit zu. Man will wissen, wie Fürst Eulenburg die schweren Anklagen aufnimmt, wie er sich verteidigt, welchen Eindruck die Belastungszeugen machen. Es kommt dazu, daß jetzt plötzlich auch noch allerlei andre Anschuldigungen gegen den Fürsten Eulen burg erhoben werden, die zwar mit dem Prozeß nichts zu tun haben, aber doch ge eignet sind, die Glaubwürdigkeit Eulen burgs arg zu erschüttern. So wurde kürz lich ein Brief des Grafen zu Dohna- Schlobitten veröffentlicht, in dem dieser den Fürsten Eulenburg beschuldigt, gegen den Geheimrat Pierson ehrenrührige Verleum dungen verbreitet zu haben und Fürst Dohna erklärte, daß dieser Brief, dessen Veröffent lichung er völlig fernstehe, in der Tat authentisch sei. Unter diesen Umständen kann es nicht Wunder nehmen, daß man der Person des Angeklagten ein weit grö ßeres Interesse entgegenbringt als den Ver handlungen selbst. Zu dem moralischen Zu sammenbruch dieses einstigen Lieblings des Glücks gesellt sich noch ein schweres körper liches Leiden. Als Untersuchungsgefangener liegt Fürst Eulenburg in der Charite und um seine Vernehmung zu ermöglichen, mußte ein besonderer Apparat aufgeboten werden. Ein besonders für ihn hergerichtetes Auto mobil fährt ihn alltäglich zu den Verhand lungen von der Charits nach Moabit und von hier wieder zurück. Der Fürst ruht auf einem Tragsessel, mit dem er von zwei Trägern in den Gerichtssaal getragen wird. Hier steht der Tragsessel vor der Schranke zur Anklagebank. Unser Bild zeigt das Automobil bei seiner Abfahrt vom Moabiter Kriminalpalast. Da die großen seelischen Erregungen während der Verhandlungen auf das körperliche Befinden des Angeklagten sehr ungünstig cinwirkten, schlossen sich an die Verhandlungen wiederholt kurze Aus fahrten im Automobil an, wobei der Fürst natürlich durch Kriminalbeamte streng be wacht wurde. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Kriminalgerichtsgebäude war ein außerordentliches Aufgebot an Polizei- bcamten erforderlich. Der Angeklagte sowohl