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! «»genblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. X- 37. 14. Februar 1920. vr. Ackermann (Leipzig): Ich möchte kurz Mitteilen, warum ich mich gegen die Erhöhung von Teuerungszuschlägen gewandt habe. Die Gründe, die mich leiteien, sind lediglich juristisch wirtschaftlicher Art. Es müßte dem Börsenverein Zahlenmaterial gebracht werden, welches erweist, daß der Sortimenter mit den bisherigen Teuerungszuschlägen nicht auskommt. Dies ist auch der einzige Grund, der sich für den Teuerungszuschlag ins Tref fen führen läßt. Ich wüßte nicht, was sich sonst zugunsten einer Erhöhung angeben ließe. Aber eine Fülle von Gründen spricht dagegen, und diese sind bisher m. E. nicht ausreichend in die Erscheinung getreten. So hat man in der Kantate-Versammlung den Standpunkt vertreten, cs bedürfe für eine Erhöhung nur des Nachweises, daß das Sortiment nicht mehr den notwendigen Ertrag hat. Aber auch dieser Nachweis ist eben m. E. »och nicht erbracht. Die Unterlagen der Gilde stimmen im wesentlichen mit den meinigen überein. Wenn ich dabei ein Durchschnittsein kommen von ./k 17 000 in der Großstadt festgestellt habe, so wird jede Preisprüfungsstelle auf dem Standpunkt stehen, mit einem solchen Einkommen lasse sich auch in der Großstadt leben. Herr Nitschmann hat nicht erwähnt, daß für die unzureichende Zahl der Antworten die Sortimenter die Schuld tragen, die den Frage bogen ignoriert haben. (Zuruf: Er wurde uns nicht zugestellt!) Er ist allen denjenigen Firmen zugestellt worden, die den ersten Fragebogen in brauchbarer Form beantwortet haben. Wir ha ben von vornherein gesagt, es handle sich nur um Stichproben. Auf jeden Fall verfügen wir über kein Zahlenmaterial, das eine Erhöhung zurzeit rechtfertigt, denn man wird schwerlich aner kennen, daß die Entwertung des Geldes heute einen entsprechend vergrößerten Nutzen erfordert. Zum mindesten ist dieser Stand punkt unvereinbar mit höchstrichterlichen Entscheidungen, mit denen wir rechnen müssen, die Entscheidungen mögen noch so wirtschaftsfremd sein. Wer heute wegen der Geldentwertung den dreifachen Reingewinn fordern wollte, müßte auch seinen Angestellten das dreifache Gehalt zahlen. Der Börsenverein braucht das Zahlenmaterial, weil er ohne positive Unterlagen die Erhöhung nicht festsetzen kann. Wenn eingewendet wird, der Börsenverein prüfe nur die Einnahme- Verhältnisse des Sortiments, während er den Verlag gewähren lasse, so ist zu berücksichtigen, daß der Börsenverein sich um die Einnahmen des Verlags nicht zu kümmern braucht, weil dieser keine Anträge beim Börsenverein stellt und in der glücklichen Lage ist, wie viele andere Produzenten auch, dem Kleinhändler den Preis vorzuschreiben. Das Sortimnet, welches sich dem Verlag gegenüber benachteiligt fühlt, ist eben nicht in der Lage, ohne Eingreifen des Börsenvereins-VorstandS zu auskömm lichen Rabattbediugungen zu gelangen. Soll der Börsenverein eingreifen, so muß er also die Notwendigkeit nachprüfen. Wenn der Börsenverein Zahlenmaterial bekommt, welches ergibt, daß das Sortiment einen Teuerungszuschlag von 207» braucht, und wenn nicht die Mehrheit des Verlags widerspricht, werden wohl alle Bedenken grundsätzlicher Art hinter der eisernen Not zurück- gestellt werden, obwohl diese Bedenken meiner Überzeugung nach außerordentlich schwerwiegend sind. Gottlieb Braun (Marburg): Meine Herren, ich glaube, bei der Erörterung der Frage sind zwei Momente miteinander verquickt worden. Wir wollen uns darüber unterhalten, ob der Teuerungs zuschlag von 207» notwendig ist. Sollen wir nun die Verhält nisse zugrunde legen, wie sie gegenwärtig liegen, oder sollen wir die zugrunde legen, wie sie sich in der Zukunft gestalten wer den? Daß ein höherer Nutzen nötig ist, wenn das eintritt, was uns bevorsteht, darüber sind wir alle einig. Aber heute müssen wir die Verhältnisse nehmen, wie sie sind. Nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich gerade von unseren Verhältnissen, von Verhältnissen einer initiieren Universitätsstadt spreche. Sie er innern sich von den früheren Verhandlungen in Leipzig, daß ich immer die Verhältnisse der kleinen und mittleren Universi tätsstädte herangezogcn habe. Unsere Klagen wurden immer überhört. Wir haben uns durch Selbsthilfe heraufgearbeitet, indem wir den Kredit abschafften und die Abzahlungsgeschäfte bekämpften, und wenn wir heute sagen: wir sind mit den Ver hältnissen zufrieden, so bedarf das vielleicht einer Rechtferti- i gung. In jedem Orie sind die Verhältnisse verschieden. Wir! 148 müssen unterscheiden zwischen solchen, wo kein regelmäßiger Be darf an Büchern vorhanden ist, wo der Umsatz von Laufkund schaft, Saisoubesuch, aktuellen Massenartikeln usw. abhängig ist, und solchen, wo ein regulärer Verbrauch stattfindet. Und da darf man doch sagen, daß die Verhältnisse, die erst 1918 wieder auf die Höhe des Friedensstandes kamen, jetzt anfangen, sich zu konsolidieren. Wenn die Hochflut des Studiums mit der Zeit auch wieder.adnehmen wird, so werden wir doch auf einen ständigen Bücherabsatz rechnen können. Als die Berechnun gen eingefordert wurden, kam ich zu dem überraschenden Er gebnis, daß der Umsatz sich erhöht und die Spesen prozentual sich verringert hatten. Ich habe mit demselben Personal und denselben Spesen einen höheren Umsatz erzielt, denn die Bücher sind doch erheblich teurer geworden. Also führt die Berechnung nach Prozenten zu einem gewissen Trugschluß. Wir müssen doch berücksichtigen, welchen Gewinn haben wir faktisch, in Zahlen ausgedrückt, und da müssen wir uns vergegenwärtigen, daß die heutige Regierung einmal gefordert hat, daß jeder Reinge winn über 10 000 dem Staate zufließen soll. Bei einem gewerblichen reinen Einkommen von 10 000 wird also nie eine Notlage des detr. Sortimenters oder Standes anerkannt werden. Dann müssen wir folgendes berücksichtigen: Wir haben in Frie- denszeiten stark ankämpfen müssen gegen die wirtschaftlichen Vereinigungen, gegen die Genossenschaften bei den Studenten usw. Wer in der Universitätsstadt lebt, weiß, wie sich alle mög lichen Verbände bilden, und die haben auch wirtschaftliche Selbst hilfe auf ihr Programm gesetzt. Wenn wir also heute sagen: Tie Bücher kosten 20°/° Ausschlag, dann werden sich diese Ver bünde an die Dozenten und an die Verleger wenden und be kommen die Bücher mindestens zum Verlegerpreis geliefert. Das wird in Universitätsstädten unter Umständen ganz systematisch ausgeführt. Damit, daß wir sagen: Wir verbreiten eure lite rarischen Erzeugnisse, können wir heute nicht mehr wie früher arbeiten. Daß ein Verlag in größerem Umfange direkt liefert, darüber glaube ich, dürfen wir ohne Zweifel klar sein. Wenn aber andere Verhältnisse kommen, bin ich der letzte, der einer Erhöhung des Brrutonutzens entgcgenarbeitet. Aber dann müßte die Form unter allen Umständen eine andere sein. Es ist nicht denkbar, daß wir sagen: Das Buch kostet 10.— -l- 20"/° Aufschlag. Das wird einen großen Unwillen Hervorrufen. Die Verleger könnten sich — nebenbei bemerkt — in der Form schadlos halten, daß sie bei den Auslandlieferungen nicht bloß 1007° Zuschlag nehmen, sondern in der Valuta des Auslands lie fern. Dadurch kann sich der Verleger zugunsten des deutschen Sortimenters schadlos halten. Dann möchte ich noch erwähnen, daß unter allen Umständen die Abzahlungsgeschäfte, die unter den jetzigen Verhältnissen mit 107° bei Lieferung wissenschaft licher Literatur nicht arbeiten können, wie Pilze aus der Erde schießen werden, wenn wir heute 20°/° nehmen. Alle diese Um stände machen es mir zurzeit unmöglich, dem Publikum gegen- über zu vertreten: Ich muß 207° Aufschlag erheben. Wer hauptsächlich die Erhöhung des Teuerungszuschlags auf 20°,i> fordert, das sind Geschäfte mit kleineren Umsätzen. Die sollen aber erst einmal das Kreditieren ausgeben. Wo z. B. Semi nare sind, da wird gepumpt bis in die fernsten Zetten. Wenn es sich also augenblicklich um die Erhöhung des Teue- rungszuschlags handelt, könnte ich mit gutem Gewissen nicht da für mit eintreten, wenn aber das kommt, was uns droht, dann steht die Sache anders. Albert Diederich (Pirna): Mein Vorstandskollcgc Niisch- mann hat außerordentlich scharfe Vorwürfe gegen den Bör- senvereinsvorstand erhoben. Er hat aber, glaube ich, in seinem Referat die Begründung dieses Mißtrauens etwas vermissen lassen oder hat sie wenigstens nicht genügend klar herausge arbeitet. Ich möchte das ergänzen. Uns ist, als wir am 4. Juli nach Leipzig gingen, ein Referat des Herrn vr. Ackermann zu gestellt worden, das allerdings vollständig einseitig eingestellt war. Ich will dem Börsenvereinsvorstaud dieses Referat nicht in die Schuhe schieben. Wir haben uns auch beruhigt, als wir hörten, der Börsenvereinsvorstand hatte keine Kenntnis von dem Inhalt. Wir glaubten, daß die Sache auf dem besten Wege war, als sich in Leipzig der Börsendereinsvorstand zum größten