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Jede Woche erscheint eine Nummer. Lithographirte Beilagen und in den Tert gedruckte Holzschnitte nach Bedürfniß. — Bestellun gen nehmen alle Buch handlungen, Postum- ter und AeitungS-Erpedi- zionen Deutschlands und des Auslandes an. — AboniicmentSprei« im Eisenbahn-Heilung. Organ -er Vereine deutscher Eisenbahn-Verwaltungen und Eisenbahn-Techniker. Buchhandel 7 Gulden rhei nisch oder 4 Thlr. Preuß. Cour, für denJahrgang — ElnrüekungSgebühr für Ankündigungen 2 Sgr. für den Raum einer gespalte nen Petitzeilc. — Adresse r .Redakzion der Eisenbahn- Zeitung" oder: I. B. M etzler'scheBuchh and- lung in Stuttgart. XIX. Jahr. Februar 188R Nro. Z. ^khalt. Deutsche Maß-Einheit. I. Das metrische Maß nach dem hannöverischen Entwurf. II. Zum neuen deutschen Münzsystem. III. Die Frankfurter Kommission für einheitliches Maß und Gewicht. — Eisenbahn-BetricbSmittel. Die Anwendung von Radreifen aus Gußstahl bei Eisenbahn-Fahrzeugen. — Straßen-Eisenbahnen in England. — Postwesen. Der neue Postvereinsvertrag. — Zeitung. Inland. Bayern. Ausland. Dänemark, Vereinigte Staaten von Nordamerika. — Verkehr deutscher Eisenbahnen. — Ankündigungen. Deutsche Maß-Einheit. I. Das metrische System nach dem hannöverischen Entwurf. Es sind nun über zwölf Jahre, daß wir in diesen Blättern als Vorkämpfer des metrischen Systems ausgetreten sind. Wie viel hat sich indeß geändert! Damals standen wir so ziemlich allein und verlassen auf dem Kampfplatz und nun ist — kraft des am kV. d. M. erfolgten Beschlusses der von Bundeswegen versammelten Fachmänner — der Sieg nicht nur gesichert (daran haben wir nie gezweifelt), sondern in unerwartete Nähe gebracht. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge ist also der Zeitpunkt gekommen wegen der Vertheilung der Beute und der Feststellung der Friedensbedingungen mit den Bundesgenossen zu zanken. Wir haben es hiebei zunächst auf die Hannoveraner abgesehen. Ihr be kannter Entwurf hat zwar die von uns entwickelten Thatsachen und Grund sätze *) in größter Vollständigkeit wicdergegeben und kaum ein neues Moment beigefügt, die am Schluß ausgestellten Vorschläge weichen aber nichtsdestoweniger in mehreren Punkten von den unsrigen ab. Nachdem in der Denkschrift mit Nachdruck ausgeführt ist wie der Fuß zu ff»., f-y »nU »» per Praris zu dem Zusatz der Nuthe, des Lachters u. s. w. als Aushülfe geführt habe, wie das Meter berufen sey alle diese Rebenmaße zugleich mit dem Fuße zu ersetzen, ist es wahrhaftig überrataMd wie der Ent- wurf am Schluffe doch wieder eine Nuthe zu 5 Meter und ein Lachter zu 2 Meter aufstellt. Sollten dieselben bloße Namen bleiben, etwa wie man in Frankreich anstatt 500 Gramm oder V- Kilogramm allgemein ein Pfund (lirre) sagt, so wären wir vollkommen einverstanden. Allein die Smctrige Ruthe ist in dem hannöverischen Entwurf durchaus kein bloßer Name, sondern eine Haupt einheit aus welcher eine Stunde — 100V Ruthen und ein Morgen — 100 s^Ruthen abgeleitet wird. Die Ruthe, als Feldmaß, soll dreimal in 100 Theile, also von 5 zu 5 Centimeter eingetheilt werden. Wie wird man diese Theile nennen? Der Ent wurf gibt ihnen keinen besonderen Namen. Und wie wird sie der Geometer einschreiben? Als Centimeter? Aber dann wäre es ja viel einfacher die Ruthe überhaupt in Meter und Centimeter und nicht in Hundertel einzutheilen! Nach unserem ernstlichen Dafürhalten sollte es nicht anders gehalten werden. Mit der Ruthe fällt auch die Stunde -p- 1000 Rüthen. Wir haben selbst eine solche Stunde zum Gebrauch der Fußgänger und Landleute, als ein bequemes Hülfswegmaß (mssure usuelle), als einen populären Namen für die halbe Myrie (Myriameter) anempfohlcn, aber daraus das Hüuptwegemäß machen zu wollen däucht uns ein Mißgriff. Bei dem gewöhnlichen technischen und kommerziellen Wegmass zum Ge brauch auf Eisenbahnen und Landstraßen halten wir es für wesentlich, daß es ein decimales Vielfaches von der Längeneinheit, dem Meter sey , damit man nach Lust und Bedürsniß addiren und multipliziren könne, ohne die bisherige ästige Staffelrechnung. Dieser Bedingung entspricht die Myrie zu 10,000 Meter vortrefflich. Sie weicht von der in Deutschland so verbreiteten geogr. Meile (7400 Meter) nicht mehr ab als die vorgcschlagenc Stunde zu 5000 Meter und bei den modernen Bedürfnissen des Verkehrs ist es gerathcner eine größere als eine kleinere Einheit zu wählen. Seit der Reisende auf der Eisen bahn in einer Stunde 4 bis 5 Myrien durchfährt, wird Niemand sagen können die Myrie sey zu groß: Die alte deutsche Meile (12 auf den Grad) beträgt ja schon 9259 Meter. Anstatt der beantragten Stunde, oder wenn man will neben derselben, dringen wir also auf die Myrie zu 10,000 Meter. Ansprache an die Versammlung deutscher Architekten und Ingenieure. Stuttgart 1855. — Ist das Metermaß als Werkmaß zu groß? Zeitschrift d. hannov. Architekten- u. Ingenieur-Vereins, Band VI. — Die Zukunft des metrischen Systems. Stuttgart 1860. Die von uns vorgeschlagene Stadie oder Stad (Hektometer) zu 100 Meter hat der hannöverische Entwurf weggelaffen. Es ist eben kein großer Schade und spätere Erfahrung könnte ihn immerhin wieder gut machen. Wir wollen aber doch im Vorbeigehen darauf aufmerksam machen wie bei Erdbewegungen, deren bei allen größeren Bauten alltäglich vorkommen, Meter und Myrie für Schätzung der Transportdistanzen unbequem sind und die Stadie eine fühlbare Lücke ausfüllt. ") Auch der Qu ad rat stunde als geographischem Flächenmaß können wir keinen Geschmack abgewinnen. Sie wäre weniger als halbsoklein als die ge wohnte geogr. HjMeile und das Königreich Hannover, ohne dadurch größer zu werden, hätte fortan, anstatt seiner 700 HWeilen, 1541 ^Stunden. Warum nicht lieber in kleinerer Zahl 385 ^Myrien? Frankreich hätte über 20,000 HjStunden und Rußland wer weiß wie viel? Zahlen die Niemand behalten könnte! DaS Meter als Elle soll zu größerer Bequemlichkeit des weiblichen Ge schlechts dyadisch getheilt werden! Hier in Paris ist das Meter der Schneider und Putzmacherinnen gerade wie das Meter der Techniker in 100 Centimeter getheilt. Sollte darin der Grund zu suchen seyn warum die französischen Kleider- künstler so weit zurückgeblieben sind und warum die Pariser Moden bei dem weiblichen Geschlecht in Deutschland so schwer Eingang finden? Das Lachter (2 Meter) im Gegentheil soll dreimal getheilt werden! Wie wird man di« Hundertel neunen?. Wenn 2-Centimeter, so braucht cs der be sonderen Einthcilung nicht; und wo nicht,'so ist es"mit der bloßen Eintheilung nicht abgethan, es muß auch ein besonderer Name gegeben werden, und dann hat man 2 Maßsysteme anstatt eines! Lasse man . also in Gottes Namen das Ellenmeter und das Lachter mit ihrer natürlichen Centimetcreintheilung, die ja von, der französischen Praris so vollkommen sankjionirt ist. Hat man in. Deutschland mit der buntscheckigen Untertheilung des- neucingeführten metrischen Pfundes (Zollpfundee) noch nicht genug und Witt man mit dem Meter denselben Fehler wiederholen? Wir kommen nun auf das Scheit, nach dem Entwurf — '/.oo Kubik- .mcter. Der/Zweck dieses Maßes wäre, wie es der Name anzcigt, für Berech nung des Nutzholzes ein- bequemere Einheit abzugeben als das Kubikmeter. Wir glauben daß dieser Zweck ganz und gar verfehlt würde. In der That 7 wie würde man bei Kubirungen die Faktoren ansctzen? In Meterbrüchen? Allein dann wäre das Produkt in Metern! Oder in Centimeter» ? Dann müßten aber erst 4 Decimalstellen abgeschnitten werden und an Gelegenheit zu Jrr- thüuiern würde es nicht mangeln. Der Entwurf meint zwar eine Kubikeinheit könne füglich ebensowohl durch ein Prisma dargestellt werden als durch einen Würfel. Bei Flüssigkeiten und bei Brennholz, die direkt gemessen werden, ist dieß vollkommen richtig; aber bei Nutzhölzern, die aus den Lineardimensioncn zu berechnen sind, glauben wir ausis Bestimmteste widersprechen zu müssen. Endlich wollen wir uns auch noch gegen die in Vorschlag gebrachte Um- taufung des- Meters aussprechen, obwohl wir uns dabei füglich auf die Macht . der Dinge verlassen könnten. Das Meter (wir lassen ihm sein aus dem Grie chischen hergebrachtes sächliches Geschlecht) hat bereits Weltbürgerrecht er langt und lebt im Munde so vieler Völker und Individuen, daß es feinen Ramen nicht mehr wird fahren lassen. Der vorgeschlagene Name „Stab" bietci übcrdieß de» besonder» Uebelstand, daß er mit „Strich" (Millimeter) die zwei ersten Buchstaben gemein hat, was Zweideutigkeit in die abgekürzte Bc- zeichnnngsweise brächte. Was hat man denn an den wohlklingenden „Meter" auszusetzcn? Warum ohne Noth ändern? Stoßt man sich etwa an der Zwei- sylbigkeit? Nun so setze man „Met" anstatt Meter, ebenso wie der Entwurf „Cent" anstatt Centimeter angenommen hat. Die allgemeine kosmopolitische Verständlichkeit wird so gewahrt und man muß bei Einführung des metrischen Systems doch nicht mit der Abgewöhnung seines Urnamens den Anfang machen. ') In dem Aussatz der hannöverischen Zeitschrift haben wir diese Rücksicht aus Versehen Übergange».