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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-02-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-190502120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-19050212
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-19050212
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-02
- Tag 1905-02-12
-
Monat
1905-02
-
Jahr
1905
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 12.02.1905
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Annahmeschlutz für Anzeigen. Abend-AuSgabe: vormittag- 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: nachmittags 4 Uhr. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Extra-Beilagen (uur mit der Morgeu- AuSgabe) nach besonderer Vereinbarung. Tie Expedition ist wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis abends 7 Uhr. Truck und Verlag von E. Pol; in Leipzig (Inh. vr. V., R. 2 W. Klinkhardt). SS. Jahrgang. Var MÄtigrie vsm Lage. * Die Budgetkommission de- preußischen Abgeord netenhauses bewilligte die von 250 000 auf 1 700 000 ^4 erhöhte Ostmarkeuzulage gegen die Stimmen des Zen trums, der Polen und der Freisinnigen. * Im Neuroder Bezirk beschlossen die Bergleute, eine sllnfprozentige Lohnerhöhung abzulehnen und weiter zu streiken. * Der erste Spatenstich zur Mrogoro-Bahn wurde am Donnerstag durch den Prinzen Adalbert von Preuße» getan. * Der NeguS von Abessynien wird als Gast der französischen Republik der Iulirevue beiwohnen. (S. Ausland.) * In SoSuowice sind 40 Waggons mit russischem Militär eingetroffen; beute wurden 3 t Opfer des letzten Krawalle- beerdigt. (S. den Artikel über Rußland.) * In Rostow am Don wurde die Aufführung von Gorki» Schauspiel „Sommergäste" und von Schillers „Dorr Carlos" verboten. (S. den Artikel über Rußland.) * Stössel hat einem Berichterstatter erklärt, er wolle lieber einen weniger berühmten Namen tragen, als 30 000 Menschen auf dem Gewissen haben. (S. russ.-jap. Krieg.) psiiiirche lvochenrchau. Der Streik im Ruhrgebiet verläuft an scheinend schneller, als man zu hoffen gewagt hatte. Die Arbeiter halben diesmal wirklich die größere Klugheit bewiesen, indem sie nachgaben. Tenn mag man immer feststellen, daß die Streikgelder für eine Fortsetzung des Lohnkmnpfes bei der ungeheueren Zahl von fast 200 000 Ausständigen nicht länger reichten, so darf man doch nicht übersehen, daß schon mancher Ausstand von den Arbeitern bis zum Weißbluten durchgeführt worden ist. Und ge rade solche Streiks mit dem Hunger und Elend in ihrem Gefolge und den fast unvermeidlichen Zusammenstößen mit der Staatsgewalt sind für den Bestand der öffent- lichen Ordnung am gefährlichsten: denn hier waltet die blinde Verzweiflung. Die Bergarbeiter im Ruhrgebiet haben bewiesen, daß sie über diesen niedrigsten Zustand deS Proletarierdaseins weit hinaus sind. Sie haben Selbstachtung bewiesen, die ja immer auch die sicherste Bürgschaft für die Achtung der entgegenstehenden Inter essen ist. Man kann aber nicht daran zweifeln, daß es die Organisation gewesen ist, welche die Bergarbeiter auf diese höhere wirtsck-aftliche Stufe gehoben hat: und ebenso ist es offenbar nur dec Organisation zu danken gewesen, daß jetzt der Friede rechtzeitig angokündigt worden, wenn auch noch nicht überall eingetreten ist. Damit werden wohl am besten die Befürchtungen wider- legt, die in jeder Organisation der Arbeiter eine geheime gegen die bestehende Staatsordnung gerichtete Verschwö- rung wittern. In solchen Protesten gegen die gemein same Vertretung der Arbeiterinteressen drückt sich nur zu ost ein recht kleinlicher Egoismus aus, der um so an fechtbarer ist, je enger die Unternehmer sich selbst in Verbänden, Syndikaten und Trusts zusammenschließen. Deshalb darf man als eine günstige Wirkung des Bergarbeiterstreiks eNvarten, daß jetzt nicht bloß die Novelle zum preußischen Berggesetz mit möglichster Beschleunigung eingebracht und durchberaten wird, sondern daß auch die Rechtsfähig- test der Berufsvereine endlich ihre reichSgesetzliche Rege lung findet. Allerdings verlief die Wiederaufnahme der Arbeit nicht in derselben musterhaften Ruhe, die den Streik selbst ausgezeichnet hatte. Und bezeichnender Weise richteten sich die Proteste weniger gegen die Unter- nehmer, die durch ihre ablehnende Haltung im wesent lichen den Streik verschuldet litten, als gegen die Siebenerkommission, auf deren Schultern die schwere Arbeit der Streikleitung gelegen hatte. Diesen Männern, di« zweifellos mit großer Kaltblütigkeit und Besonnen heit die Dache der Arbeiter vertraten, blieb der Borwurf deS Verrats nicht erspart. Aber man darf sich trotzdem nicht darüber Hinwegtäuschen, daß die weitaus größte Masse der Streikenden nach einigem Zögern doch schließ- lich der Friedensparole gefolgt ist. So wird, wenn auch nicht von heut« auf morgen, so doch in absehbarer Zeit, -er Friede im Ruhrrevier wieder einkehren. Daß er nicht leicht wieder gestört wird, dafür wird der Reichstag hoffentlich ebenso sehr sorgen wie die preußische Regie- rung. Di« -er Bergfrieden, so ist auch der Kan al frie den in Preußen gesckstossen worden. ES waren lange und heiße Kämpfe, die um den Mittellandkanal ausge- fochten worden sind. Die ostelbischen Junker, von ihren westelbischen Gesinnungsfreunden sekundiert, sträubten sich mit Händen und Füßen gegen den großen Wassertveg, der au» den beiden Hälften der Monarchie ein großes wasserwirtschaftliches Ganze schaffen sollte. In der Ge schichte des Kanals fehlt es nicht an dramatischen Mo menten aller Art, an Drohworten des Kaisers, an Kalt stellungen von Ministern, an Maßregelungen von Beam ten und an einer zähen konservativen Fronde. Nun hat der Tausendkünstler Graf Bülow auch dieses Hindernis genommen. Er hat freilich zugeben müssen, daß die Kanalvorlage entwertet wurde, indem gerade das wich tigste Stück, die Verbindung zwischen .Hannover und der Elbe, ihr abgeschnitten wurde: er hat ferner sehr bedenk- liclw Zugeständnisse beim Betriebsmonopol und bei den Schiffahrtsabgabcn auf den natürlichen Wasserstraßen machen müssen. Aber diese Konzessionen bekümmern ihn Wohl nicht allzusehr: genug, daß „der Kanal" gebaut wird, auch wenn er ganz anders aussieht, als seine Ur heber ihn ursprünglich geplant hatten. Wurde doch der Kanal schließlich mit 244 gegen 146 Stimmen ange nommen, so daß an der Zweidrittelmehrheit nur wenig fehlt. Das ist vom rein kalkulatorischen Standpunkte immerhin ein blendender Erfolg. Wird es mit den Handelsverträgen, die jetzt im Reichstage zur Debatte stehen, einen anderen Der- lauf nehmen? Wir glauben es kaum. So glatt, wie es die Regierung vielleicht gehofft hatte, wird sich die Sache allerdings kaum abwickeln lassen. Rußland, das sich schon fertig gemacht hat, um den neuen Vertrag mit Deutschland zu ratifizieren, wird wohl noch ein paar Tage über den 15. Februar hinaus warten müssen. Denn auf die Kommissionsberatung der Verträge will die Mehrheit des Reichstages nicht verzichten. Und sie hat sicher ein Recht darauf, die Verträge, die unser handels politisches Wohl und Wehe für die nächsten 12 Jcchre in stärkster Weise beeinflussen werden, wenigstens genau kennen zu lernen, ehe sie ihr Ja und Amen dazu sagt. Das ist um so notwendiger, als nicht bloß die Verträge selbst vom industriellen noch mehr als vom reinen Han- delsstandvunkt die stärksten Bedenken wecken müssen, sovdern vor allein, weil die Begründung der Vertrag« j in der amtlichen Denkschrift von einer unerhörten Ober flächlichkeit ist. Hier wird man doch etwas mehr Gründ- lichkeit von der Regierung fordern müssen. Aber an dem Ausgang der Beratung wird natürlich das alles nichts ändern: ja man darf sogar erwarten, daß der Reichstag verhältnisinäßig rasche Arbeit macht. An eine Neuauf lage der Obstruktion, wie sie bei der Beratung des Zoll tarifs hervortrat, ist jedenfalls nicht zu denken. Und die Mehrheit sammelt sich bereits, um die Verträge durch die von rechts und links drohenden Klippen sicher in den Hafen zu geleiten. Am wenigsten hat Graf Bülow von den Agra riern zu besorgen. Wenn es noch besonderer Ueber- redungskünste bedurfte, um sie in das Negicrungslager hinüberzuziehen, dann ist eS mit der Rede des Kanzlers im Landwirtschaftsrat gelungen. Hier machte Graf Bülow seinem Herzen in einer Weise Luft, daß man sich eigentlich fragen mußte, ob er denn dazu bestellt ist, nur die Interessen der Landwirtschaft wahrzunehmen, oder ob er nicht auch noch den übrigen Berufskreisen ein ge wisses Wohlwollen zu erweisen hat. Auch berührt es nicht eben angenehm, zu hören: „Aus dem gröbsten haben wir die Landwirtschaft wieder herausgehauen", was doch eigentlich den Vorwurf einschließt, daß die Vor gänger des jetzigen Kanzlers die landwirtschaftlichen Ver hältnisse gründlich Verfahren hätten. Indessen hat viel leicht gerade diese Sprache dem Ohre der durch den Landwirtschaftsrat vertretenen Großgrundbesitzer Wohl getan. Jedenfalls kann man aus ihren bisherigen Aeußerungen entnehmen, daß sie mit den Handelsver trägen als mit einem kait »ecompli rechnen und bereit neue große Pläne , Kündigung der Meistbegünstigungs verträge, Entschuldung des Grundbesitzes und ähnliche Maßregeln zur Beseitigung der „Notlage" der Land- wirtschaft in ihrem Kopfe hin und herwälzen. Wenn am Montag der Bund der Landwirte im Zirkus Busch seine Vorstellung gibt, dann wird man vielleicht einige schärfere Worte zu hören bekommen. Aber die .Hahn und Oertel haben in dieser Sache nicksts mehr „tau feggen": Graf Bülow hat sie mft aller Höflichkeit kalt gestellt. So könnte unsere offizielle Welt in Herrlichkeit und Freuden leben, wenn England nicht wäre. Aber dort wollen nun einmal unsere schönen Worte nicht ver fangen. Immer wenn wir denken, daß jetzt Friede und Freundschaft mit dem Inselreiche herrscht, kommt von drüben ein kalter Wasserstrahl, der uns gründlich er nüchtert. Diesmal war es die Rede des englischen Zivil- lords Arthur Lee, die uns mit ihrer brutalen Kriegs drohung aus allen Träumen riß. Herr Lee hat sich nach, träglich entschuldigt, und die deutsche Regierung hat sich erfreulicherweise diesmal nicht damit begnügt, die Droh- rede großmütig zu ignorieren, sondern hat das englische Kabinett um Aufklärung gebeten. Die soll ihm auch in einwandsfreier Form geworden sein, so daß die Sache nach diplomatischen G«pflogenheit«n als beigelegt gelten kann. Aber derartig« Episoden zeigen den wirklichen Stand der Dinge, und man wird deshalb auch der An kunft Sir Thomas Barclays, des englischen Friedens apostels, in Berlin mit aller Reserve entgegensetzen. Kaiser Franz Joseph hat in seinem langen Leben den Wechsel alles irdischen gründlich kennen lernen. Im Revolutionsjahrc wurde er von Kossutb dem Vater für abgesetzt erklärt und er selbst ließ Kossuth iu ekkitfle hängen. Heute bringen es die Verhältnisse mit sich, daß er den Sohn des Empörers, der zugleich dec Führer der Unabhängigen ist, in der Hofburg empfangen muß. Er tut cs, uni größeres Unheil zu verhüten. Wahrlich, auch die Könige lenken die Fluten des Ge schickes nicht, sondern müssen sich von ihnen tragen lassen. Huickam. Vie Isrisis in siuttianck. Vie Situation in jsseterrburg. Nach einem offiziösen Petersburger Telegramm herrscht in der Stadt Ruhe; die Zahl der Ausständigen hat augenscheinlich abgenommen. In den Putilowwerken wird noch nicht gearbeitet. Die Zahl der Truppen in der Residenz ist verstärkt worden. — Der Kor respondent der „Köln. Ztg." meldet vom Freitag: Auf der Petersburger Seite (Vorstadt Petersburgs), wo auf der Fabrik Lessner die Arbeit überhaupt noch nicht aus genommen wurde, ist seit heute früh eine lebhafte Be wegung der Arbeiter bemerkbar, die in Gruppen zu sammenstehen, da seit gestern in den Putilowwerken, sowie aus der franko-ruisischen Werft der Ausstand abermals auS- gebrochen ist. Auch die Arbeiter der Petersburger Waggon fabrik und einiger kleinerer Etablissements sind teils aus- ständisch, oder zeigen eine starke Erregung. Auch auf der Wiborger Seite (Vorstadt) finden Zusammenrottungen statt. Es wird vielfach angenommen, daß die Arbeiter wiederum in vollem Einvernehmen handeln. Auf Befragen erklärte eine Arbeitergruppe, der Kaiser habe ihnen verziehen und zugesagt, berechligte Forderungen sollen ihnen bewilligt werden. Tatsächlich sei bis jetzt nichts von allem aeickehen. Die Arbeiter seien zur Arbeit -urückgckehrt in der Hoffnung, daß ihnen nunmehr die in Aussicht gestellten uöbrren Löo:,^ gezahlt werden würden. Dies sei jedoch nicht erfolgt. Wie verlautet, sind süc Sonntag wieder Unruhen in größerem Maßstabe zu erwarten und haben die Arbeiter und die sonstigen unzufriedenen Elemente sich in Besitz von Schußwaffen gesetzt; auch seien sie entschlossen, bei erneutem Zusammenstoß mit der MjMZrmacht Hand bomben zu werfen. Wenn diese Gerüchte sich bewahr heiten sollten, so dürfte der Erfolg eines derartigen Vor gehens für die revoltierende Masse unter Umständen von noch viel trauriger« Folgen begleitet sein, als am 22. Januar. Allerdings sind die damals von auswärts herangezogcnen Truppen wieder in Garnison zurückgekehrt. Heute abend war das Narwasche Tor von einer halben Sotnie Kosaten, die Putilowfabrik von starken Jnsanlerieabteilungen besetzt. In der Umgegend sind zahlreiche Gendarmerlepatrvuillen und Polizeiniannschaften bemerkbar. Auch in andern Stadtteilen patrouillierten in den späten Abendstunden wiederum verstärkte Kavallerie- Patrouillen. Die Verbissenheit und stille Erbitterung bat seil den Ereignissen vom 22. Januar zweifellos bedeutend zugenommen; sie richtet sich jetzt nicht allein gegen die Macht haber, sondern gegen die gejamle Intelligenz und die be sitzenden Klassen. Lin falscher Gerücht. AuS Petersburg wird dem „B. T." telegraphiert: Nachts verlautete, daß der Direktor der Purilowwerke, Smirnow, von den Arbeitern ermordet worden sei. Bei näherer Prüfung stellte sich das Gerücht als grund los heraus. Die Lrmerdung Ishnsson». AuS Helsingfors wird der „Frkf. Ztg." geschrieben: Es erregt hier überall das peinlichste Austehen, als heute Vormittag bekannt wurde, daß der Prokuror deS sinländijchen Senats, Iohnsson, in seiner Wohnung ermordet worden sei. Der ermordete Prokuror, ein sehr begabter Mann, war noch nicht fünfzig Jahre alt. Er war der Sohn deS Bischofs Iohnsson, halte schon früh die Beamtenlaufbahn gewählt, aber nur langsame Fortschritte gemacht, bis er sich nach dem Staatsstreich entschieden dem General gouverneur Bobrikow anschloß und diesem in jeder Weise behilflich war, die RusslfizierungS- und Unterdrückungs politik durchzusühren. Der Lohn blieb nickt auS: Iohnsson wurde geadelt und auf einen der höchsten Posten deü Groß- jürstentums gestellt. Alle seine Verwandten und Freunde zogen sich indes lofort von ihm zurück. Mit einer Russin verheiratet, verkehrte er seil vier Jahre» ausschließlich m hiesigen russischen Kreisen. In am von ist, wie gemeldet wird, die Aufführung von Maxim Gorkis „Sommergästen" und von Schillers „Don Carlos" von den Behörden verboten worden. — Die Beschlüsse der Stadtverordneten von Taganrog und Rostow um Ein berufung eines Kongreßes stävtijcher Vertreter nachzusuchen, sind durch die Behörde ausgehoben worden. Ver Aufstand in Vatum dauert, wie die stereotype telegraphische Auskunft lautet, an. Es herrscht völliger Mangel an LedenSMiUeln; der Fracht verkehr der Eisenbahn ist eingestellt. Der Maschinist em«S manövrierenden Zuges wurde ermordet. Infolge der Unruhen ist das Gymnasium geschlossen worden. In --»novice trafen, wie dem „B. T." depeschiert wird, gestern wieder 40 Waggons mit Militär ein. Die gestrige Beerdigung de» Realschülers verlief ohne Störung. Heute früh werden die übrigen 31 Opfer beerdigt. Da die Streikenden keine Unterstützung erhalten und ihre Barmittel zu Ende sind, macht sich große» Elend geltend. ver rurrizch-sapanirche wieg. Ueber die Parteien de» japanischen Abgeordnetenhauses ist, wie man aus Tokio vom 3. Januar dem „H. C." schreibt, amtlich folgendes festgestellt worden: Die vom Marquis Ito gegründete Versajsungspartei (Seyukai) zählt 137 Mitglieder, die Fortschrittler des Grasen Okuma sind 91 stark, Imperialisten gibt es 19, eine neue politische Ver einigung von noch nicht ausgesprochener Richtung, der Kos Hin-Klub, bat 34 Zugehörige, während eine ähnliche Gruppe, Doko Kai, 26 Mitglieder nach weist., Von der Seyukai haben sich 19 Liberale abgetrennt. Unabhängige gibt eS 53. Die Seyukai und die Fortschrittler, die beiden stärksten Parteien, sind grund sätzlich mit den Geldforderungen der Regierung einverstanden und haben nurEinwendungen gegen gewisseSteuer- erhö Hungen. Dabei ist erkennbar, daß die Seyukai noch etwas regierungsfreundlicher ist als die Fortschrittspartei. So ist bestimmt anzunehmen, daß die Abgeordneten, solange der Krieg dauert, immer alles bewilligen werden, waS zur Niederwerfung des Feindes erforderlich scheint, selbst wenn die diesmal für den Kriegsfonds angeforderte Summe von 700 Millionen Jen (fast 1»/, Milliarden Mark) noch würde überschritten werden müssen. Marschall Gyaina hat nach Tokio berichtet, daß die Japaner bis zum lO. Februar etwa 2000 russische Leichname iu der Richtung auf Heikoutai beerdigt hätten. Stössel» Apologie. Zu einem Berichterstatter deS „Matin" äußerte sich General Stössel: „Der Zar und meine Peers werden mich richten und sagen, ob ich den heroischen und verbrecherischen Akt hätte begehen müssen, die Festung in die Luft zu sprengen. Ich will lieber einen etwas weniger berühmten Namen in den Annalen der Militärgeschichte tragen, als 30 000 Menschen auf dem Gewissen haben." Besobrassorv z« Grlpenberg ««tsan-t. Aus Petersburg wird über Paris gemeldet: Der Zar entsandte den Admiral und Staatssekretär Besobrasow nach Irkutsk, um von dem dort krank darnieder- liegenden General Gripenberg einen Jmmediat- bericht entgegenzunehmen. Deutsches lleiA. Leipzig, 11. Februar. * Subjektive Neuheit vo» Geschmacksmustern. Das Wort von der akademischen Freiheit, die es eigentlich gar nicht gibt, wird bekanntlich auf den Universitätsrichter Geh. Reg.- Rat Dr. Daude zurückgeführt. Herr Daube ist auch Vor sitzender des Königl. Preuß. Gewerbl. Sachverständigen- Vereins, dessen Guiachten in letzter Zeit mehrfach zu ernsten Bedenken in den beteiligten Kreisen Anlaß gegeben haben, lieber den vom Königl. Preuß. Gewerbl. Sachverständigen- Verein kürzlich geschaffenen absolut unhaltbaren Begriff der „subjektiven Neuheit von Geschmacksmustern" läßt sich eine berufene juristische Autorität in der Zeitschrift „Das Recht", Rundschau für den Deutschen Iuristensland, wie folgt ver nehmen : „Die subjektive Neuheit von Geschmacksmustern. Der königlich preußische gewerbliche Sachverständigen-Verein hat in einem beim Kammergericht anhängigen Prozesse unterm 13. Mai 1901 ein Gutachten von grundsätzlicher Bedeutung erstattet. Er erkennt zu nächst an, daß zur Ableitung eines bestimmten Musters aus einem Vorbilde nach dem derzeitigen Stande der Technik eine erfinderische Tätigkeit nicht erforderlich gewesen sei. Gleichwohl spricht er dem Muster die Neuheit und Eigentümlichkeit im Sinne des Ge schmacksmustergesetzes zu und begründet dies damit, daß es nicht gleichgültig sei, auf welche Weise das Muster entstanden sei. Wenn nachgewiesen werde, daß der Zweitersinder jein Muster unabhängig von dem Vorbilde geschaffen habe, so habe er eine eigene, geistige, produktive Tätigkeit entfaltet und deswegen Anspruch auf den Schutz deS Gesetzes. Tas Gutachten gibt zu ernsten Bedenken Anlaß. Es erscheint von vornherein bedenklich, eine Tätigkeit als produktiv zu bezeichnen, wenn Lurch sie nur etwas schon Bekanntes hervorgebracht worden ist. Auf Len Schuy des Gesetzes hat nicht die Tätigkeit, sondern ihr Ergebnis Anspruch. Dieses Ergebnis aber nur dann, wenn es neu ist. Nur wer den ästhetischen Formenschap wirklich bereichert, soll dafür durch das Gesetz belohnt werden. Dieses setzt keine Prämie auf das unwirtschaftliche Verfahren desjenigen, der auf umständlichem Wege nochmals schon Bekanntes erzeugt. Weiler spricht gegen das Gutachten, daß die subjektive Neuheit keinem Muster angesehen werden kann. Tie objektive Neuheit weiß der Fachmann zu beurteilen. Eie ist ein äußeres Merkmal. Die subjektive Neuheit mußte, wenn sie wirklich Anspruch auf gesetzliche Anerkennung hatte, erst in einem umständlichen Verfahren ermittelt werden. Dazu kommt, daß weder im Patentgefetz, noch im Ge- brauchSmustergesetz eine subjektive Neuheit anerkannt ist. Weder die Sachverständigen noch die Gerichte haben bisher im Patent- und Gebrauchsmusterwesen von einer subjektiven Neuheit etwas wissen wollen. Nur den Dolus deS Nachahmers dielt man für aus geschlossen, wenn nicht widerlegt werden konnte, daß er an d'e Neuheit seiner objektiv rechtsvcrletzenden Erfindung glaubte. Sollt« der Sachverständigen-Verein, dessen überwiegende Mehrheit aus Nicht-Juristen besieht, durch diese Recht-Übung mißleitet worden sein? Im Hinblick aus das eminente Interesse, welches der Begriff ver „Neuheit und Eigentümlichkeit" nach dem be- stehenven Mustergeseye für die gesamte Industrie besitzt, werden vorstehende Ausführungen sicherlich die allgemeine Beachtung sinken. Dem niedlichen Schlußsatz etwa« hinzu- zusügen, dürfte überflüssig sein. M/
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