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1654 PAPIER-ZEITUNG. No. 49. Billet-Papier. S. 1. Dezember 1886. Verzeihen Sie, dass auch ich mir erlaube, meinen Senf zu diesem Gericht zu geben, obwohl mich eigentlich die ganze Sache gar nichts angeht. Nach meiner ganz bescheidenen Meinung nnn dürfte für den gefragten Artikel eine kurze humoristische Bezeichnung, deren man sich mit einem Lächeln bedienen, und die man daher stets gern zur Nennung des Wunsches anwenden würde, am Platze sein. Was nun das Ausland anbelangt — ich bemerke dies im Besonderen auf die Auslassung aus Berlin 18./11. 86 —1, so glaube ich, dass eine treffende Bezeichnung in deutscher Sprache wohl aufgenommen werden könnte. Warum sollten nicht einmal auch die Ausländer unsere Benennungen benutzen, zumal, wenn die in die Sprache Eingeweihten den Sinn des Wortes mit Vergnügen erfassen würden. Gewiss haben oft desshalb die französischen Artikel einen so weiten und bleibenden Eingang gefunden, weil ihnen gleich recht bezeichnende Namen mit gegeben wurden, und das Auffinden eines solchen uns erspart wurde. Dass diese Waaren auch dann noch von Frankreich bezogen, oder wenigstens noch unter französischem Namen verlangt wurden, als bereits deutsche Waare in besserer Beschaffenheit gefertigt war, liegt daran, dass das gewählte Publikum „das Echte“ kaufen wollte! Ich bilde mir nun durchaus nicht ein, den Vogel mit meinen neuen Wörtern abzuschiessen, aber ich hoffe, wenigstens eine besondere Anregung damit zu geben; und so mögen denn endlich meiner Feder die Worte entlaufen: Gedankensparer Tintens parer Kopfschoner. F. K. Auch ich bin sehr dafür, dass alle jene Fremdwörter, für welche eine ebenso klare und zutreffende wie schöne deutsche Bezeichnung angewendet werden kann, ausgemerzt werden. Allein die meisten derselben (ich spreche hier natürlich nur von solchen, die im praktischen Leben Anwendung finden) haben sich nur desshalb so rasch eingebürgert, weil sie in knapper uud schöner Form einen Gedanken zum Aus druck bringen, der sich nur sehr schwer oder garnicht mit solcher Kürze und Schönheit im Deutschen ausdrücken lässt. Die Uebersetzungen sind meist sehr unzutreffend und — plump. Einen solchen Fall haben wir nun hier, wo es sich darum handelt, für „Billet"-Papier eine rein deutsche Uebersetzung zu schaffen. So scharfsinnig die in dtn Nrn. 43 und 46 vor geschlagenen Bezeichnungen auch ausgedacht sind, nicht eine einzige ist zutreffend. Mit dem Worte „Billet-Papier“ benennt man eine Sorte, welche sowohl bezüglich der Stärke als auch der Feinheit als „Auserlesen“ bezeichnet werden kann. Es werden also sehr treffend zwei Eigenschaften des betreffenden Papieres mit einem Worte gesagt. Sehr unrichtig gewählt ist dagegen die Bezeichnung „Zettelpapier.“ Man nennt ja jedes dünne kleine Blatt Papier, auch das, was bei nicht näher zu bezeichnenden Verrichtungen zu dienen hat, Zettel. Ich glaube nicht, dass sich die Kunden dieses Ausdruckes bedienen würden, falls man den Versuch der Ein führung in die Praxis (deutsch: in den Berufskreis) machte, er würde den Käufern nur ein mitleidiges Lächeln entlocken. Auch die Bezeichnung Klein-Post deckt den Begriff Billet-Papier nicht und ist daher zu verwerfen. So gerne ich nun den verehrten Damen den Triumph gönnte, diese feine Sorte Papier ihnen zu Ehren benannt zu wissen, muss ich doch aus Rechtlichkeit auch gegen die Bezeichnung „Damenpost“ Widerspruch erheben. Es hiesse ja den Teufel durch Beelzebub austreiben, wie ein Sprichwort sagt, wollte man, um ein Fremdwort zu verdrängen, ein anderes anwenden; und dass das Wort „Dame“ ein Fremdwort ist, wird doch wohl Niemand bestreiten. Der Irrthum ist jedoch ein verzeihlicher, da sich dieses Wort schon so sehr eingebürgert hat, dass man nicht daran denkt, an seiner fremden Herkunft Anstoss zu finden, bezw. es als Fremdwort zu betrachten. Die Be zeichnung „Damenpost“ als Ersatz für Billetpapier anzunehmen wäre aus ob genannten Gründen widersinnig. Das Bestreben, unsere wortreiche deutsche Sprache von fremden Anhängseln zu reinigen, ist sehr anerkennenswerth, namentlich da, wo es sich um Be seitigung jener unnützen Fremdwörter handelt, mit deren Anwendung manche Leute ihre (Schein-) Bildung beweisen zu müssen glauben. Doch sollte man stets vernünftig vorgehen und das sonst so schöne Streben nicht in eine Sucht ausarten lassen, welche die Spreu nicht von den Körnern zu unterscheiden ver mag. Es giebt ja noch so viele andere Dinge, deren Anwendung dem deutschen Ehrgefühl zuwiderläuft, und die trotzdem angewendet werden. Da sollte man erst die Hebel ansetzen. Ich meine die so sehr gebräuchlichen Waarenbezeichnungen in fremden Sprachen. Ein Mann der Wissenschaft, dem man Patriotismus und Liebe zur deutschen Sprache gewiss nicht absprechen kann, der Kanzler der Universität Tübingen, Dr. von Rümelin, sagte gelegentlich einer Feier dieser Hochschule über den Gebrauch von Fremdwörtern in der deutschen Sprache: „Weitaus den grössten Theil der Fremdwörter bilden die internationalen Fremdwörter, die Hand in Hand mit der Entwicklung einer einheitlichen euro päischen Kultur sich eingebürgert haben und ein gemeinsames Gut sämmt- licher Kulturvölker Europa’s geworden sind; sie durch deutsche Ausdrücke zu ersetzen wäre unpraktisch und würde eine Reihe von Misständen und Schwer fälligkeiten zur Folge haben, während ihre Beibehaltung den nationalen Charakter der deutschen Sprache in keiner Weise schädigen oder gar schänden kann.“ Nach diesen Ausführungen ist es wohl überflüssig meine Uebereinstimmung mit der Meinung des Herrn Einsenders in No. 47 besonders zu dokumentiren. Wenn es diesen Zeilen gelingt, nur einigen Beifall zu erringen, so ist der Zweck derselben vollständig erreicht. Frankeneck im Dezember 1886. - Hellhutner. Ich erlaube mir die Benennung „Zwergpost“ oder „Zwergpapier“, kleines, mittleres und grosses in Vorschlag zu bringen. T. Patentgesetz. Unsere Leser kennen aus der Tagespresse die Berathungen der Kommission, welche zur Reform des Patentgesetzes berufen war. Wir theilten in No. 46 mit, dass Herr Kommerzienrath Niethammer als Sach verständiger dabei mitwirkte, und nachstehende Zuschrift bestätigt, dass er als Vertreter des Vereins Deutscher Papierfabrikanten dazu berufen wurde. Der Staatssekretär des Innern. Berlin, den 14. November 1886. Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich auf die gefällige Zuschrift vom 10. d. M. zu erwidern, dass bei der Enquete zur Revision des Patentgesetzes der Verein Deutscher Papierfabrikanten durch die an den Kommerzienrath Niethammer in Kriebstein gerichtete Einladung zur Theilnahme berücksichtigt worden ist. An den Vorsitzenden des Vereins Deutscher Der Staatssekretär des Innern. Papierfabrikanten, Herrn Carl Drewsen. In Vertretung- Hochwohlgeboren gez. E c k. in Lachendorf. Verein Deutscher Papier-Fabrikanten. Protokoll der Vorstands-Sitzung, abgehalten Samstag, 9. Oktober 1886, zu Wiesbaden im „Hotel zum Adler“. Auszug. Der Vorstand beschliesst, das Königlich Preussische Staats-Ministerium ehrerbietigst zu ersuchen, nachfolgende Abänderungen der von Hochdem- selben kürzlich erlassenen, in der Zeitschrift der Königlichen Kommission zur Beaufsichtigung der technischen Versuchsanstalten veröffentlichten „Grundsätze für amtliche Papierprüfung“ (Papier-Normalien) höchgeneigtest in Erwägung ziehen, und im Fall des Einverständnisses verfügen zu wollen. Er hegt die Hoffnung, dass seine Vorschläge Berücksichtigung finden werden, umsomehr, als sie von Fachmännern ausgehen, welche mitten in der Praxis stehen und daher wohl erwarten dürfen, dass ihren Anträgen in einer für sie so tief berührenden Frage Rechnung getragen wird. Zugleich spricht der Vorstand die Versicherung aus, dass die Tendenz dieser Abänderungsvorschläge nicht dahin geht, die Vorschriften zur Er zielung guter, solider Papiere abzuschwächen, sondern nur dahin, einige Abänderungen der Vorschriften zu bewirken, welche ebensowohl im Interesse der Behörden, wie der Papierfabrikation liegen dürften und durch Rück sichten auf die Verwendungsart, wie die technische Herstellung der Papiere uns geboten erscheinen. 1. Tabelle I. Festigkeitsklassen. Es wird ergebenst ersucht, die mittlere Reisslänge von 6000 in der Festigkeitsklasse 1 in Wegfall zu bringen, beziehungsweise von derselben, abgesehen von Fällen der allerwichtigsten Verwendungsart, Abstand zu nehmen. Motive. Der Vorstand ist der Ansicht, dass ein Papier von 5000 m Reisslänge allen Anforderungen, welche man an ein sehr gutes, dauerhaftes Schreibpapier stellen kann, genügt, und dass namentlich die Dauerhaftigkeit eines Papiers von 6000 m Reisslänge nicht in dem Maasse eine grössere ist, als es den aufgewandten Mehrkosten und dem dadurch bedingten höheren Preise entspricht. Es sind nämlich die technischen Schwierig keiten zur Herstellung eines Papiers von 6000 m Reisslänge ausserordent lich gross, und die Kosten der Herstellung erheblich höher als bei der Herstellung eines Papiers von 5000 m Reisslänge. Eine Reisslänge von 6000 m würde daher unseres Erachtens höchstens für die allerwichtigsten Dokumentenpapiere etc., bei welchen der Preis keine Rolle spielt, zu for dern sein. 2. Zur Tabelle I. Spalte 1 erhält eine weitere 4. Rubrik: „Arbeitsmodul “. Klasse 1 2 3 4 5 6 d. Arbeitsmodul 0,18 0,as O,os 0,oar 0,1 (Nach der Hartig’schen Formel: die Reisslänge in km, multiplizirt mit der Bruchdehnung, multiplizirt mit 300). Motive: Da die Regierung, entgegen den Anträgen des Vereins Deutscher Papierfabrikanten, an den Bestimmungen über die Bruchdehnung als wesentliches Moment festhält, möchten wir nun bitten, neben der Reiss länge und Bruchdehnung auch das Produkt Beider, oder wissenschaftlich aus- gedrückt, den Arbeitsmodul nach der Hartig’schen Formel als Kriterium