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1640 PAPIER-ZEITUNG. No. 65. wo 2350 Arbeiter bei den Hadern ausschliesslich beschäftigt sind, war ebenfalls kein einziger Fall von Erkrankung an Cholera zu verzeichnen. Der Vorsitzende machte sodann noch Mittheilungen über die Bildung des »Vereines der Beamten der Oesterr.-Ungar. Papier fabriken«, der am 29. April 1. J. in Wien begründet wurde, und welcher nach seinen Statuten die Wahrung und Förderung der sozialen, geistigen und materiellen Interessen der Beamtenschaft der Papier-Industrie bezweckt. (Papier-Zeitung Nr. 43, Seite 1288.) Der Vorsitzende bemerkte, dass die Zwecke, welche sich der Verein vorgesetzt hat, zu billigen seien. Das Komitee habe daher beschlossen, den jungen Verein als Gründer mit einem Beitrage von 500 Kronen zu unterstützen. Herr kaiserl. Rath Ritter von Kink verlas nun den Bericht der Direktion des k. k. Technologischen Gewerbe - Museums über den Spezial-Lehrkursus für Papier-Industrie, der von 14 Schülern besucht war. Mit den Theilnehmern wurden nachfolgende Fabriken besichtigt: Papierfabrik Schlöglmühl, Maschinenfabrik von Thumb Erben, Papierfabrik Pitten, Maschinenfabrik von Hutter & Schrantz, Papierfabrik von Ellissen, Roeder & Co. Mit Rücksicht darauf, dass der am k. k. Technologischen Ge werbe-Museum gegründete Spezial - Lehrkursus die einzige Lehr anstalt für Papier-Industrie ist, und derselbe seit drei Jahren nur vorzügliche Erfolge aufzuweisen hat, hielt Herr Emanuel Spiro es für eine Pflicht der österreichischen und ungarischen Papier - In dustrie, diese Anstalt auf das wärmste zu fördern und zu unter stützen, und stellte den Antrag, dem k. k. Technischen Gewerbe- Museum zu diesem Zwecke wieder eine Subvention von 1000 Gulden aus Vereinsmitteln zu widmen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Herr Eichmann beantragte, der Verein möge die dankens- werthe Anregung zur Errichtung einer Lehrkanzel für die Tech nologie der Papier-Industrie auf einer technischen Hochschule in Erwägung ziehen und in einer Eingabe an das k. k. Unterrichts ministerium vertreten. Der Vorsitzende nahm diese Anregung auf und theilte mit, dass das Präsidium den Antrag des Herrn Eichmann dem Vereins- Komitee zur Berathung und Beschlussfassung vorlegen werde. Er bemerkte, dass die Industrie in einem ähnlichen Vorgänge bereits ein Muster besitze, nachdem der » Centralverband der Industriellen Oesterreichs« die Errichtung einer Lehrkanzel für Feuerungs technik an den technischen Hochschulen anstrebe. Hierauf wurde mit Rücksicht auf die für den Papierfachkurs bewilligte Subvention und die anderen Bedürfnisse des Vereines nach kurzer Debatte der Mitgliedsbeitrag für das Jahr 1894 fol gendermaassen bestimmt: Für 1 Papiermaschine = 6 Stimmen 30 Gulden; für 1 Strohpapier- oder 1 Pappenmaschine oder 1 De fibreur oder 1 Zellstoff- oder Strohkocher = 1 Stimme 5 Gulden; für je 2 Bütten = 1 Stimme 5 Gulden. Die Bestimmung des Ortes zur Abhaltung der nächstjährigen Generalversammlung wurde, da keine bestimmten Anträge vor lagen, auf Vorschlag des Herrn Ellissen dem Komitee überlassen. Nach Schluss der Generalversammlung fand im Saale der Bud weiser Bierhalle ein Festessen statt, an welchem sich fast sämmt- liche Theilnehmer betheiligten. Des andern Tages führte ein von der Firma Ignaz Spiro & Söhne beigestellter Separatzug die Theilnehmer nach Krumau und der etwa eine Stunde entfernten Pötschmühle. Der Senior der Firma Spiro, Herr Ignaz Spiro, seine Gattin und die Mit glieder seiner Familie, sowie die Direktoren und Oberbeamten der Fabriken begrüssten in herzlicher Weise die Ankommenden und geleiteten dieselben unter ein grosses festlich geschmücktes Hütten zelt, in welchem von einer Anzahl flinker Fabrikmädchen ein Gabelfrühstück servirt wurde. Im Papiermaschinensaale interessirte von den drei dort auf gestellten Maschinen besonders die neue grosse Papiermaschine, die erst seit mehreren Wochen in vollem Betriebe ist. Dieselbe wurde von der Maschinenfabriks - Aktiengesellschaft Gebrüder Hemmer in Neidenfels (Pfalz) und der Maschinenfabrik H. Hemmer in Wels gemeinsam gebaut. Die Einzelheiten der Maschine wurden von den Anwesenden mit Interesse besichtigt und durchweg als zweckmässig und gediegen anerkannt. Die Stoffpartie besteht aus zwei horizontalen Rührbütten, einem drehbaren Sandfang, drei rotirenden Knotenfängen und einer Schraubenpumpe zum Heben des Tischwassers. Siebpartie und Gautschpresse zeigten eine in verschiedener Richtung verbesserte und von den gewöhnlichen Ausführungen abweichende Konstruktion. Von den drei gleichfalls in sehr kräftiger Konstruktion gehaltenen Nasspressen haben die beiden ersten unteren Walzen Gummi-Ueberzüge, die untere Walze der dritten Presse jedoch einen Bronce-Ueberzug. Die Trocken partie besteht aus dreizehn Cylindern, kräftig dimensionirten Feuchtpressen, einem Trocken - Glättwerke, einem Kühleylinder, einem Längsschneider, zwei Feuchtapparaten und einem Rollapparat. Der nach den Anordnungen des Herrn Emanuel Spiro ausgeführte Hauptantrieb von der auf der Gangseite aufgestellten Betriebs dampfmaschine zur Haupttransmission mittels eines einzigen, mit Selbstspannung versehenen Hanfseiles, wurde als sehr gelungen und den gegebenen örtlichen Verhältnissen ganz zweckmässig an gepasst anerkannt. Allgemein bemerkt wurde auch die sinnreiche Konstruktion einer Momentausrückung, wodurch nicht bloss die Papiermaschine augenblicklich stillgestellt, sondern auch das Dampfventil an der Dampfmaschine gleichzeitig geschlossen wird, so dass ein Durchgehen der plötzlich entlasteten Maschine nicht möglich ist. Die neue grosse Papiermaschine ist bei einer Arbeits breite von 2300 mm und einer Maximalgeschwindigkeit von 65 m in der Minute für eine Maximalproduktion von etwa 10000 kg in 24 Stunden gebaut. Zur Zeit der Besichtigung erzeugte dieselbe starkes Zellstoffpapier mit einer Geschwindigkeit von 40 m in der Minute. Die gediegene Ausführung der Maschine, sowie der tadel lose, leichte und ruhige Gang fanden bei sämmtlichen Anwesenden ungetheilte Anerkennung und Beifall. Eine zweite, kleinere Maschine mit einem Trockenapparat mit 8 Cylindern, die vor einigen Jahren von der Maschinenfabrik H. Hemmer in Wels rekon- struirt wurde, besitzt gleichfalls in speziellen Papiersorten die anerkennenswerthe Leistung von etwa 7000 kg in 24 Stunden. Nach längerem Aufenthalte im Papiermaschinensaale besichtigte die Gesellschaft den grossen, hohen und hellen Papiersaal, den Pack raum, das Kesselhaus, die Turbinenanlage und das Wasserwerk. Nachdem die Gesellschaft sich wieder versammelt hatte, wurde gemeinsam die Rückfahrt nach Krumau angetreten, wo im Kasino des Fürstl. Schwarzenberg’schen Schlosses eine Festtafel aufgestellt war. Die Ausschmückung des Saales war in den österreichischen und ungarischen Farben ausgeführt und machte in Verbindung mit wirksamem Blumen- und Pflanzenschmuck einen prächtigen Ein druck. Ueber dem Saaleingang war das Papiermacherwappen an gebracht, und die Stirnseite des Saales schmückte eine 4 m hohe, 3 m breite Allegorie der Papierfabrikation, ausgeführt von einem Neffen des Herrn Spiro. Sie stellt einen Papiermacher in Hand werkstracht vor, der aus einer Bütte Papierbogen schöpft. Ueber ihm schwebt eine weibliche Lichtgestalt, die ihm einen Kranz aufs Haupt drückt, neben ihm steht eine Entwässerungspresse und anderes Handwerkzeug. Zahlreiche Tischreden würzten das Mahl und erzeugten bei den Theilnehmern froh angeregte Stimmung. Die allgemeine Ansicht ging dahin, dass die diesjährige General versammlung des Vereines der österr.-ungar. Papierfabrikanten in Budweis und die Ausflüge nach Krumau und der Pötschmühle zu den gelungensten und interessantesten gehören, die der Verein je unternommen hat. Berichte unserer Korrespondenten. Aus den Ver. Staaten von Amerika. Buena-Vista, Va., im Juni 1893. Meinen letzten Brief aus Brasilien haben Sie s. Zeit zum Abdruck gebracht und zum Schlüsse die Bemerkung angefügt, dass ich Ihnen mittheilen möge, wie ich zu einer entsprechenden Stelle gelangt bin. Ich landete nach 30tägiger Ozeanfahrt von Santos in Brasilien an meinem Bestimmungsort, New York, 2. November 1892. Nach sechstägigem Aufenthalt daselbst, gerade über die interessanten Wahltage hinaus, begab ich mich nach Columbus, St. Ohio, um bei einem Schwager Absteigequartier und dann Jagd auf eine Stellung zu machen. Ich versuchte alsbald durch persönliche Vorstellung im Miami Valley, Dayton, Franklin, Hamilton usw. etwas zu erreichen, aber es gelang nicht. Endlich nach 14 Tagen erhielt ich auf ein an alle wichtigeren Fabriken gesandtes ge drucktes Zirkular von beifolgender Art einen Antrag für eine Stellung als Foreman (Werkführer) einer Feinpapierfabrik, welche ich am 22. November antrat und heute noch bekleide. Aber trotzdem ich felsenfest auf meine selbst mit einer amerikanischen Maschine gemachte praktische Erfahrung baute, so gereichte mir meine mangelhafte Vorkenntniss der englischen Sprache in erster Linie und ferner die Unkenntniss, den amerikanischen Arbeiter zu behandeln, zu sehr grossem Nachtheil. Ich verdanke es nur meiner aufopfernden Thätigkeit und der Gunst meines Direktors, dass ich mich in meiner Stellung so lange behaupten konnte. Man muss, um hier irgend eine höhere Stelle bekleiden zu können,