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Hundertelangem Herkommen nun einmal fest eingewurzelt sind. Bei aller Anerkennung, die Herrn Ebert für seine Person auch von seinen Gegnern zuerkannt wird, glaubt man doch in den rechtsstehenden Parteien, daß es im Hin blick auf die internationale Stellung Deutschlands auf die Dauer günstiger wäre, wenn an seine Stelle ein Mann des sogenannten „großen politischen Formates" treten würde. Die Schwierigkeit, die einem solchen Wunsche ent gegensteht, wird jedoch auch von den rechtsstehenden Poli tikern keineswegs unterschätzt. Sie liegt vor allem darin, daß wir zwar solche Persönlichkeiten besitzen, daß aber nur schwer ein Name gefunden werden kann, auf den sich heute bereits die notwendige große Mehrheit des gan zen deutschen Volkes vereinigen ließe. Andererseits sind auch die Sozialdemokraten nicht absolut sicher in der Über zeugung, daß Präsident Ebert auf alle Fälle wiedergewäht wird. Parlamentarisch gesehen dürste seine Mehrheit kaum größer sein als die der gegenwärtigen Negierung Wirths Denn nicht nur von den meisten bürgerlichen Parteien, sondern ganz besonders auch von den Unabhängigen und Kommunisten wird er abgelehnt, von letzteren sogar scharf bekämpft. Der parlamentarische Maßstab kann aber keinen sicheren Anhaltspunkt geben, da ja nicht der Reichstag, sondern das ganze Volk diese Wahl vornimmt und üb r die Stimmungen in der Bevölkerung selbst keinerlei zuocr lässiges Urteil abgegeben werden kann. Die in dieser Frage bestehende Unsicherheit und der Mangel an geeigneten Kandidaten ist auch einer der Gründe gewesen, die dazu führten, daß das Provisorium der Reichspräsidentenschaft eine so verhältnismäßig langc Zeit hindurch bestehen blieb. Ein anderer Grund dafür war, daß man die Entscheidung über Oberschlesien abwarten wollte, weil erst nach dieser festgesteltt werden konnte, welche Teile des deutschen Volkes an der Wabl teilnehmen können. Dieser Gesichtspunkt ist auch von Ne gierung und Reichstag in den Vordergrund gestellt wor den, als Präsident Ebert selbst im Oktober des vorigen Jahres in einem Briefe an den Reichskanzler ausdrück lich darum ersuchte, die Reichsprästdentenwahl nicht länger aufzuschieben. Damals wurde er gebeten, im Hinblick auf die schwierige Gesamtlage des Reiches seine hohe Stellung noch weiter zu behalten. Jetzt kann und wird seinem Wunsch Rechnung getragen werden. Durch die nunmehr bald bevorstehende Neuwahl wird über die höchste Spitze des deutschen Staatswesens ans eine Zeit von sieben Jahren entschieden. Augenblicklich lieg: die Frage der Wiederwahl oder der Nachfolgerschaft noch völlig im unklaren, und man glaubt in unterrichteten poli tischen Kreisen zurzeit nicht, daß dieser Wahlkampf mit der gleichen Leidenschaftlichkeit ausgefochten werden wird, wie wir es bei anderen Wahlgängen oft zu beobachten hatten. Gerade bet dieser Wahl muß man wünschen, daß keine „Parieikandidaturen" aufgestellt werden, die nur neue Zersplitterung zur Folge haben, sondern daß sie nach Ge sichtspunkten vorbereitet wird, die es dem Volke ermög lichen, wirklich den Mann seines Vertrauens an die Spitze des Reiches zu stellen. — n. — Nicht in Paris! Die Zusammenkunft Lloyd Georges Mit PomcarS. - Nur eineneinzigenTag will sich Lloyd George bei seiner bevorstehenden Reise nach Frankreich von Lon don entfernen und die französische Hauptstadt soll nicht der Ort der Zusammenkunft sein. Man spricht vielmehr von Calais als Lem Treffprmkte. Die Unterredung der beiden Staatsmänner würde, so betont ein amtlicher eng lischer Bericht, nur einige Stunden dauern und streng privaten Charakter tragen. Natürlich war dazu sine Erklärung notwendig, in der der gemeinsame Wunsch Frankreichs und Eng lands hervorg woben wird, daß eine private vertrauliche Unterredung zu dem gegebenen Zeitpunkt stattfinden möge. Die alliierten Sachverständigen würden erst nach der Zu Die Grafen von Freydeck. 7 7j Roman von A. Ostland. Und immer klarer ist es mir zum Bewußtsein ge kommen, daß ich mit Ihnen sprechen muß, daß ich Ihnen die Hand geben will, heute, gerade heute, wo Ihnen gewiß das Herz schwer ist von Sorgen aller Art. Einmal, als ich noch ein kleines Mädchen war, da haben Sie mich getröstet und haben mir über eine bange Stunde hinübergeholfen. Und damals — im Herbst — als wir im Coups des Eisenbahnzuges uns trafen — es war ein Zufall, ich weiß es. Aber es war der schönste Zufall in meinem ganzen Leben!" Erich Günther hatte die schmalen Hände nicht los- gelassen. Er konnte sich noch immer nicht tn die Selt samkeit dieses Besuches finden. Vielleicht las Angela etwas von diesem Erstaunen in seinen offenen Zügen; denn Plötz- lich entzog sie ihm ihre Hände. Ein tiefes Rot huschte über ihr zartes, reines Gesichtchen. „Es wird Sie gewiß wundern, daß ich allein hier herkomme", sagte sie nun in einem ganz anderen, be stimmteren Tone; „aber Sie werden das begreifen, wenn Sie hören, was mich hersührt. Und dann: Sie wissen ja, ich bin eine Deutsch-Amerikanerin, und drüben denkt man in solchen Sachen ganz anders als hier. Da sind die Menschen freier, selbständiger, und deshalb doch nicht schlechter. Außerdem bin ich Künstlerin. Sie haben gewiß von meinen Konzerten gelesen. Ich reise so oft allein mit meiner Gesellschafterin, denn Mama will nicht mehr nach Europa kommen, weil Papa krank ist. Da wird man eben selbständiger, nicht wahr? Mein Beruf schon ver langt es —" Sie war jetzt ganz die Dame der großen Gesell- schäft, welche genau wußte, was sie tat, und was sie wollte. Und doch sah sie aus wie ein ganz junges Mädchen. Sie setzte sich in einen der tiefen Armstühle und strich ein paarmal glättend über ihre langen Handschuhe. Dann sagte sie plötzlich: „Ihr Vater ist ganz gewiß unschuldig, Herr Günther; und Ihr Bruder auch!" Erich sah sie nur dankbar an. Er saß ihr jetzt gegen über. Zwischen ihnen stand ein rundes Tischchen, mit Büchern bedeckt, und die rotoerschleierte Lampe, die er durch einen Druck hatte aufflammen lassen. Nun rann das gedämpfte Licht in weichen Wellen durch das Zimmer, und sein Schein fiel voll auf das schöne Mädchengesicht, aus welchem große, dunkle Augen ernst und träumerisch blickten.^ „Ich habe alles genau gelesen und gehört", fuhr An gela fort. „Was ich nicht wußte, das hat mir Dr. Aufen- bach. den ich gut kentte, erzählt. Ich weiß jetzt. daß ick sammenkunft Ler beiden Premierminister ihre erste SitzMg abhalten. Interessant ist zu beobachten, daß man sowohl in Paris wie in London die Konferenz als einen Erfolg hinzustellen bemüht ist. Es scheint, daß der plötzliche Ent schluß Lloyd Georges, Poincars eine Aussprache vorzu schlagen, darauf zurückzusühren ist, daß sich in gewissen englischen Kreisen eine Stimmung bemerkbar macht, die die Konferenz von Genua überhaupt nicht stattfinden lassen wolle, um^u verhüten, daß sich die Gegensätze zwi schen England und Frankreich noch mehr verschärfen. * Eine vorläufige Einigung? Der „Petit Parisien" glaubt mitteilen zu können, Latz infolge des letzten Meinungsaustausches zwischen London und Paris offiziell über folgende Punkte eine Einigung erzielt ist: 1. Keiner der bestehenden Friedensverträge wird auf der Konferenz in Genua in Frage gestellt. 2. über die Wiedergutmachungsfrage wird nicht verhandelt. 3. Der Völkerbund wird damit beauftragt, die endgültige Ausführung der von der Konferenz ge troffenen Entscheidungen zu überwachen. Englische Erwartungen. Die „Times" schreiben zur bevorstehenden Zusammen kunft Llovv Georges mit Poincars, an erster Stelle unter den , politischen Fragen stehe die Haltung der Alliierten gegenüber den Bolschewisten und gegenüber Deutschland. Eng land und Frankreich müßten zu einem klaren und festen Übereinkommen gelangen, daß die Zulassung der Bol schewisten unter keinen Umständen eine rechtskräftige Aner kennung der Sowjetregierung bedeute. Vorsichts maßregeln auf der Konferenz von Genua gegenüber Deutschland seien nicht weniger notwendig als gegenüber Rußland. Deutschland habe sich verschworen, den Friedens- oertrag von Versailles zu durchlöchern. Die Deutschen und die Russen versuchten, England und Frankreich auseinanderzu- bringen. Das einzige Mittel, um beiden das Handwerk zu egen, sei ein englisch-französisches Übereinkommen. Di« erste Bedingung dafür sei die Aufrechterhaltung deS Versailler Ver- rages, an dem irgendwelche angemessene Änderungen nur vor- -enommcn werden könnten durch die Omane, die der Vertrag clbst geschaffen habe, nämlich durch die Reparationskommifsion and den Völkerbund. Schwierigkeiten in Genf. Die deutsch - polnischen Schlußverhandlungen. Die direkten Besprechungen zwischen den deutschen und den polnischen Delegierten über Oberschlesien, die in Genf unter dem Vorsitz Calonders stattfindcn, gehen ihrem Ende entgegen, jodoch nicht, ohne daß die von Anfang an vorausgesehenen Schwierigkeiten nun leider doch eingetreten wären. Man hofft, daß das gesamte Ver tragswerk gegen Ende der nächsten Woche erledigt sein werde, jedoch können die Unterzeichnungsformalitäten erst später erfolgen, da der Vertrag viele Hunderte von Para- graphen umfaßt und die schwierigsten technischen Probleme behandeln wird. Bei den noch unerledigten Streitfragen haben sich die Meinungsverschiedenheiten noch ver schärft. Im wesentlichen warten noch Probleme des Unterausschusses 5 (Alteisenfragen), 7 (Gewerkschaftsfra- gen), 10 (wichtige Liquddationsfragen), 11 (Minderheiten schutz), 12 (zwischenstaatliche Organisationen) der Lösung. Präsident CalonLer wünscht, daß auch in diesen Fragen eine unmittelbare Einigung zwischen den Betei ligten unter Vermeidung des Schiedsspruches er folgen möge. Es ist aber sehr fraglich, ob eine solche Einigung zu erreichen sein wird. Besonders stark ist der Gegensatz in der Minderheitssrage. Die polnischen Vertreter wollen lodiglich Einfügung des Minderheitsvertrages vom 28. Juni 1919 in das deutsch polnische Abkommen. Nach deutscher Auffassung ist eine solche Übertragung auf Lie oberschlesischen Verhältnisse schon deshalb unmöglich, weil jener Vertrag den unlös baren Zusammenhang zwischen Minderheitsrechten und Wirtschaftsfragen, wie er in Oberschlesien Ersteht, nicht be rücksichtigt. Die deutsche Vertretung im 11. Unterausschuß dringt daher auf strengste Präzisierung aller Anwendungs- Möglichkeiten des Minderheitsschutzes im einzelnen. Man ist sich auf deutscher Seite und Wohl auch auf polnischer darüber klar, daß die gegenwärtigen Verhandlungen nicht nur für den Abschluß des Genfer Abkommens entscheidend sind, sondern auch als Prüfstein für die künftigen deutsch - polnischen Beziehungen überhaupt und die allgemeinen direkten Verhandlungen die später zwischen den beiden Ländern notwendig werden und in Genf natürlich nicht berührt werden konnten, die nen wenden. In einigen Fragen wird man kaum darum herumkommen, dis Entscheidung Les Präsidenten Calonder anzurufen. Es ist freilich auch denkbar, daß der Präsident in privaten Vorbesprechungen den Delegationen zu einer Einigung verhilft. Er hat als äußersten Schluß termin für die Besprechungen den 10. März ange nommen. Dis Auslieferung der Mörder Daios. Einspruch der Gewerkschaften und der Afa. Seit längerer Zeit hatte Lie spanische Negierung die Auslieferung der in deutsck>er Hand befindlichen, des Mor des an dem spanischen Ministerpräsidenten Dato beschul digten Spanier Luis Niculau Fort und Lucia Joaquins Concepcion verlangt. Die beiden sind jetzt auf Grund der spanisch-deutschen Auslieferungsverträge an die spanischen Behörden übergeben worden. Die dentsche Regierung hat dabei gegenüber der spanischen Botschaft in Berlin den Wunsch ausgesprochen, daß ein gegen die Beschuldigten etwa ausgesprochenes Todesurteil nicht vollstreckt werden möge. Das Entscheidungsrecht hatte die preußische Re gierung. Auf die Ermittelung der Mörder hatte die spa nische Regierung eine Belohnung von 1 Million Pesetas ausgesetzt. Eine Protesterklärung. Nicht nur die linksstehende Presse Berlins hat gegen diese Auslieferung scharf Stellung genommen, sondern auch der allgemeine deutsche Gewerkschaftsbund und die Afa veröffentlichen eine Erklärung, worin sie den aller schärfsten Protest erheben. Sie stellen darin fest, daß im eigenen Lande zahllose politische Verbrechen gegen die junge deutsche Republik fortdauernd ungesühnt bleiben, daß im Gegensatz zu der Verhaftung der beiden Spanier zahlreiche deutsche politische Verbrecher, auch politische Mörder im eigenen Lande sich der Verhaftung fortdauernd entziehen oder aus den Gefängnissen und Strafanstalten entweichen tonnten, und daß im Auslande diese deutschen politischen Verbrecher und Mörder überall unbehelligt bleiben können und mitunter sogar behör^ Uck« Unterstützung finden. * Die Gründe brr preußischen Regierung für bie Auslieferung gehen im wesentlichen auf den deutsch spanischen Auslieferungsvertrag von 1878 zurück, der von der Auslieferung bei politischen Vergehen und Verbrechen absieht. Bei der Tat der angeblichen Mörder Datos handelt es sich aber nicht um ein Verbrechen, das etwa im Rahmen eines Hochverratsplanes begangen wäre, um ein Verbrechen zu Poli tischen Zwecken, sondern nur um ein Verbrechen aus dem Mo tiv politischer Rache. Die Noilage der Zeitungen. Protest des Hamburger Redakteur-Landesverbandes. Der Landesverband Groß-Hamburg des „Reichsver bandes der deutschen Presse" (Journalisten-Oraanisaiiorü durch einen Zufall ihn und Hilda Wentheim fäh, wie er sie damals gerade unter meinen Fenstern fand. Ich habe gesehen, wie sich das Mädchen sträubte, mit ihm zu geben, und ich glaube ihm alles, was er sagt. Auch Hilda Wentheim ist unschuldig. O, hätte ich damals eine Ahnung davon gehabt, daß jenes arme Mädchen die Kindheitsgefährtin Ihres Bruders ist, ich hätte sie trotz aller Gegenreden meiner Miß heraufgeholt, und sie hätte bei mir bleiben müssen! Wie anders wäre vielleicht dann alles gekommen!"2 Sie schwieg einen Augenblick, dann fuhr sie schneller fort: „Und nun will ich Ihnen gleich sagen, weshalb ich hier bin. Ich habe nämlich noch einen Grund außer dem, daß ich gern aussprechen wollte, wie innig ich mit Ihnen fühle. Meine Mama — es ist meine Stiefmutter, aber ich hänge sehr an ihr — meine Mama hat mir ge schrieben. Sie ist mit Papa in einem amerikanischen Bade ort. Und von dort aus schrieb sie mir, daß sie in einer Zeitung gelesen habe, Schloß Freydeck solle verkauft werden. Graf Hugo von Freydeck hätte diesen Wunsch niederge schrieben, als er noch nicht wahnsinnig war, gleich nach dem unerklärlichen Tode seiner Braut, und die Baronin habe nnn mit dem Vermögensverwalter beschlossen, diesem Wunsche nachzugeben. Und nun ersucht mich Mama, ich möge mit Herrn Doktor Gerlack sprechen, oder mit Ihnen. Sie sollen mir raten und beistehen. Mama will nämlich den Besitz kaufen!" „Ihre Mama?" Erich hatte die Worte so überrascht dazwischen ge rufen daß Angela Varnini erstaunt aufblickte. „Papa ist reich," sagte sie dann erläuternd, „er gibt Mama das Geld. Uebrigens soll der Besitz sehr billig zu haben sein. Aber das Seltsame an der Sache ist, daß Mama um keinen Preis genannt sein will. Den Kauf soll ich für mich abschließen. Herrn Doktor Gerlach hätte ich das nicht erzählt, und ich bitte auch Sie, nichts davon zu verraten. Ihnen gegenüber fällt mir eine Lüge zu schwer." Erich hatte mit wachsender Verwunderung zugehört. Die seltsame Szene im Eisenbahncoups stand wieder leb haft vor ihm. Und rasch fragte er: „Hieß Ihre Mama vielleicht einst Lucie von Frey deck?" Das junge Mädchen sah ihn verwundert an. „Ich habe keine Ahnung," sagte sie; „Lucie heißt meine Stiefmutter allerdings, aber ihren Familiennamen kenne ich gar nicht. Ich fragt? sie einmal, aber da be gann sie so bitterlich zu weinen, daß ich die Frage nie wiederholte. Ich weiß überhaupt nichts von Mama, außer daß Papa sie auf einerjReise kennenlernte und heiratete. Meine wirkliche Mutter war Geigerin, sie hing so an ihrem Berufe, daß es wr einziger, höchster Wunsch war, aucy ich solle zur Künstlerin ausgebildet werden. Und da ich großes Talent zeigte, kam ich schon als Kind von daheim fort und wurde in der Familie eines bekannten Künstler» erzogen. So weiß ich eigentlich nicht viel von derjenigen, welche meine zweite Mutter ist. Sie ist nur einmal mit mir auf einer Konzerttournee gewesen, da» war damal«, al« wir Doktor Gerlach trafen." „War da nicht auch ein fremder Herr im Coupe neben an?" Erich war jetzt außerordentlich interessiert. „Ein fremder Herr, vor dem Sie sich fürchteten? Ihre Ohn macht schien doch durch einen Schreck hervorgerufen l" „Ja —ich weiß nicht recht, was da war," sagte Angela Varnini ein wenig verlegen; „ich wahr sehr ermüdet, da ich an drei Abenden nacheinander gespielt hatte. Und da schlief ich ein. Als ich erwachte, glaubte ich im Nebencoupä erregte Stimmen zu hören. Meine Mama war nicht bei «mir; da sprang ich hin und riß die Tür auf. Und da — da — „Nun, was sahen Sie da? fragte Erich. Er hatte sich gegen da, Mädchen geneigt und sah sie flehend an. „Ich bitte Sie, sagen Sie es mir! Angela Varnini hob den Blick zu ihm empor. Es lag so viel Vertrauen und Offenheit darinnen, daß es ihn rührte. „Ihnen sage ich es," flüsterte da« Mädchen, „aber Sie dürfen es nie, nie weiterfagen l Nur Sie kann ich nicht anlügen! Also: werden Eie schweigen?" „Ich werde schweigen!" Er sagte es ganz schlicht, aber sie glaubte ihm. „Ich sah meine Mama, welche mit einem schlanken, fremden Manne rang. Er hatte sie bei den Armen ge faßt, und sein Gesicht war ja nahe dem ihren, daß ich nicht» von ihm sah. Aber sie stieß ihn mit aller Gewalt weg, und in dem selben Moment sah ich ein Messer ausblitzen in ihrer Hand, und er fuhr zurück mit einem Wehlaut. Ich wollte Hinzustürzen, aber meine Kräfte versagten. Eine tief« Ohnmacht hielt mich umfangen. Als ich erwachte, war niemand mehr da, und Mama sagte, ich Hütte eine Fiebererscheinung gehabt. Doch ich glaube bis heute nicht daran. Aber, nicht wahr, Sie sprechen mit keinem Menschen darüber?" Erich Günther hatte den Kopf in die Hand gestützt und sann. Mit seltener Deutlichkeit traten die Ereignisse jenes Herbsttages vor seine Augen, da er mit Käthe auf die Ankunft Gerlachs gewartet hatte. Und wieder schien ihm ein Zusammenhang zweifellos. „Sie haben nie den Namen „Wentheim" von Ihrer Stiefmutter gehört?" fragte er endlich. Sie schüttelte den Kopf. „Nie!" „Und wo befindet sich Ihre Mama jetzt)?" forscht« er weiter.