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39 Das hatte auch Luise beschlossen. Sie hatte die Tante bewogen, in einer der gelesensten deutschen Zeitungen der Provinz eine Anzeige zu erlassen, natürlich vorsichtig und ohne Namensnennung, denn die Peplinskis sollten nichts vorher davon erfahren. Von der Expedition des Blattes ließ sie sich die eingegangenen Briefe zuschicken; es war eine ganze Sammlung und die Auswahl war schwer. Allein Luise prüfte sie nach Form, Inhalt und Handschrist sorgfältig und blieb endlich bei dem Anträge des Herrn Ewald Förster stehen, dessen deutliche, sichere Hand einen kleinen Schluß auf Cha rakterfestigkeit zuließ.Auf meh reren Umwegen erkundigte sie sich vorsichtig nach dem Vor leben des Be werbers und erhielt nur gün stige Mitthei- lungen. Er stammte aus guter Familie, war nicht ganz mittellos und be saß eine tüchtige Ausbildung, theoretisch wie praktisch — mehr konnte man gar nicht verlangen. Nachdem die beiden Frauen einen längeren Kriegsrath ab gehalten, wurde er angenommen und traf eines Tages in Or- chowo ein, eine mächtige, hünen hafte Gestalt mit spärlichem Haupthaar und Hellen Augen-, er machte auf Frau v. Pep linskaden besten Eindruck, und Luise stimmte ihr bei. Herr Förster übernahm sofort das Vorwerk Wluki, und da er natürlich un- verheirathet war, machte die Einrichtung von zwei Zimmern für ihn in dem Wluki'schen, ziemlich geräu migen Wohn hause wenig Schwierigkeiten. Drei Mädchen mußten einen Tag hindurch waschen, säubern Vorher jedoch hatte er mit Luise Sohst, nicht mit der gnädigen Frau v. Peplinska, die sich als letzte Instanz weislich im Hintertreffen hielt, eine längere Unterredung, die Luise sehr befriedigte. Er war eher wortkarg und etwas verschlossen als geschwätzig, sein Antlitz hatte einen festen, entschlossenen Zug, erst im Laufe des Gesprächs thaute er etwas auf; auf den konnte man sich, wenn nicht Alles täuschte, verlassen, und Luise weihte ihn in die Verschwörung gegen die Peplinskis ein und deutete ihm an, was demnächst kommen würde. Eine weitere Folge war, daß der Schmied ein paar Tage darauf in die Klasse der gewöhnlichen Tagelöhner zurückversetzt wurde — er zog dies der Ent lassung vor — und daß ein tüchtiger deutscher Schmied an seine Stelle trat-, zugleich mit dem Letzteren traf auch ein deutscher Bedienter ein, den Frau v. Peplinska ganz besonders gewünscht hatte, Bernhard Schwartz mit Namen, ein verläßlicher, kräftiger junger Mensch, der wie der deutsche Schmied gedient hatte und an Zucht, Ordnung und Gehorsam gewöhnt war. Auf dem Hofe zu Orchowo er hielt die Wirth- fchafterin ihren Abschied; da sie gestohlen hatte und überführt war, mußte sie sofort gehen, ihreStellenahm eine deutsche Köchin ein, und die Zahl der Kostgänger im Gesindczimmer wurde wesent- lich vermindert. Für den kom menden April wurden ein deutscher Gärt ner und ein deutsches Stu benmädchen in Aussicht genom men, und zwei freche polnische Frauenzimmer, welche mit der Wirthschafterin unter einerDecke gesteckt hatten, wurden kurzer Hand entlassen, obwohl Jan sie patronisirte. Diese kleine Revolution voll zog sich Schlag auf Schlag, trotz aller Einreden und Vorstellun gen des Ober verwalters Kor nel, den Frau v. Peplinska, Migräne und Erkältung vor schützend , gar nicht vorließ. Herr Kornel v. Peplinski mußte mit Luise Sohst verhandeln, und diese ließ sich auf lange Er örterungen gar nicht ein. Die Vorgänge (S. 40) riefen mancher ¬ lei Gerede unter den Leuten hervor, und die Brüder Peplinski erkannten jetzt klar, daß auch gegen sie etwas im Werke sei, aber sie hatten keine Macht, an den Thatsachen etwas zu ändern. Luise lernte fleißig Polnisch; mit einer wahren Begeisterung stürzte sie sich in die polnische Grammatik und in die polnischen Uebungs- bücher, die sie sich von der nächsten Buchhandlung hatte zuschicken lassen -, auch betrieb sie das Sprechen praktisch mit ihrer Umgebung. Gorgkhung folgt.; Nach einem Gemälde von A. Reitmayr Der Postillsm und putzen, und dann bezog er sein neues Heim.