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147 Lebhaft bedauert wurde es, daß durch die Ver legung der Weide in das, wenn auch geräumige, doch für einen solchen Tag lange nicht ausreichende Auditorium der größte Theil des zahlreich versam melten Publicums von der Feier ausgeschlossen wurde. Ein Ucbelstand war cs ferner, daß die meisten Schüler in ihren Classen ohne Aufsicht und ohne Beschäftigung gelassen waren, wahrend die Lehrer der Feier beiwohnten. Mittags vereinigte ein im Gasthof zum weißen Adler veranstaltetes Festessen die Herren Schul- inspectorcn, die Herren Geistlichen, Lehrer und eine Anzahl Bürger, woselbst es an ernsten und heitern Toasten nicht fehlte, unter welchen besonders der vom Herrn Seminardirector Otto aus Dresden, dem Vater unsers verehrten Bürgermeisters, aus- gcbrachte: „die Sckule habe einen neuen Körper bekommen, möge darin ein neuer Geist einziehen, namentlich der Geist der Einheit unter den Lehrern" aus guten Gründen außerordentlichen Anklang fand. Nachmittags 3 Uhr hatten sich die Kinder wie derum im neuen Schulkause versammelt und zogen unter Vorantritt des Stadtmusikchors und in Be gleitung ihrer Lehrer zur nahegelegenen Schießwiese, woselbst sie im Schießhause mit Speise und Trank bewirtbet und durch eine Lotterie, bei welcher es keine Nieten gab, erfreut wurden. Tags darauf bellte sich der Himmel auf und wurde Seiten des Festcomite beschlossen, den Kin dern ein Fest zu veranstalten. Nachmittags 1 Ukr zogen sämmtlicke Kinder mit ihren Lehrern mit Musik und Trommelwirbel vom neuen Schulhause aus abermals zur Schießwiese, woselbst es verschiedene Unterhaltungen gab, z. B. Vogelschießen, Topf schlagen, Sackhüpfen, Stangenklettern, Wettren nen u. s. w., und wer die heitern Gesichter sah, wie Alle so ungezwungen der Freude sich Hingaben, mußte bekennen, daß es hier ein solches Fest noch nicht gegeben hat. Abends '/,7 Uhr zogen die Kinder wiederum zur Stadt und bildeten auf dem Markte einen Kreis, sangen die schöne Arie: „Komm stiller Abend wieder" und nachdem Herr Rector Beck den Kindern ans Herz legte' wie dankbar nächst Gott sie denjenigen sein müßten, welche ihnen das Fest veranstaltet und ein „Lebehoch", in welches die Kin der jubelnd cinstimmten, auf diese ausgebracht hatte, gingen Alle fröhlich nach Hause. Besonders rühmend muß die Thatigkeit des Comites, bestehend aus den Herren: Stadtrath Starke und den Stadtverordneten Gerlach, Uhle mann und Körner hervorgehoben werden Bei der großen Anzahl von Schulkindern (466t war es nichts Leichtes, für Alle eine passende Beschäftigung zu finden, und daß Alles so glücklich verlief, ist haupt sächlich der Unermüdlichkeit des Comitös im Verein mit den Herren Lehrern zu danken. Allgemein wurde der Wunsch laut, jedes Jahr und zwar in der schönern Jahreszeit ein solches Schulfest zu feiern und wir schließen uns diesem Wunsche von Herzen an. Polnische Dörfer. (Schluß'. Fast hätte ich ein Häuschen von starken Bohlen vergessen, das auf keinem polnischen Edclhose fehlen darf, von dem man in Deutschland Nichts, in England etwas Aednlichcs findet. Es ist ein Ställ chen zur Aufbewahrung der Füchse. Der polnische Edelherr ist ein überaus leidenschaftlicher Freund der Fuchshetzer. Das ganze Jabr hindurch fangt er Füchse, kauft dieselben auch wohl auf, um im Herbste seine Hetzen zu halten. Dazu ladet er die ganze adlige Nachbarschaft ein. Zunächst wird ein splendides Makl eingenommen, dann schwingt sich Alles auf die Pferde. Der Grundherr komniandirt — das ist sein Vorrecht — die Hundekoppeln und reitet daher in einer wahren Wolke von Wind hunden. So gehl cs auf den Hctzplatz, gewöhnlich eine ebene, vom Walde rings begrenzte Feld- oder Wiesenflächc. Die Reiter außer dem Grundherrn und einigen Hetzgehilfen besetzen den Wald. Nun werden die Füchse je zwei in großen Körben oder Säcken gebracht, und der erste Akt beginnt, indem man die Hunde ihre Feinde wittern läßt und ihre Begierde reizt. Der erlauchte Festgeber geräth da bei zuweilen in Balgerei mit seinen gierigen Hun den und es mag nicht selten vorkommen, daß er, wie rinst Herr von Kozowski, der Besitzer der Stadt Lowicz, von den Hunden an den Koppelleinen vom Pferde gezogen und mit fortgeschleift wird. Endlich entläßt man zwei Füchse aus ihrem Gefängniß. Einen Augenblick stehen die Tin'cre verdutzt, plötz lich ergreifen sie die Flucht, hinter ihnen toben die wütbenden Hunde. Natürlich eilt der Fuchs dem Walde zu; aber noch ist er demselben nickt nahe, da sprengt ihm ein Reiter in den Weg. Er läuft in eine andere Richtung, allein er findet ein glei ches Hinderniß. So werden die von Angst ge quälten Tyicre eine Zeit lang auf dem Platze um hergetrieben, bis der Grundherr das Ende einer Koppellinie seiner Hand entschlüpfen läßt. Sogleich stürzen 6 — 8 Windhunde den Füchsen nach. Nun erreicht das Schausviel seinen Höhepunkt. Alles ist in gewaltigster Thatigkeit, die Füchse um in den Wald zu entkommen, die Hunde, um die Füchse zu packen, die Reiter, um sie nicht durch ihre Linie kommen zu lassen und der Grundherr, um die Uebcrsicht über die Wendungen des Schauspiels zu behalten und im schlimmsten Falle eine zweite Koppel zu entsenden. Das gewöhnliche Ende ist, daß die Fückse von den Hunden gefaßt und zerrissen werden. Doch geschieht es auch nicht selten, daß einer von dem Geschlecht Meister Reineckes entkommt. In der höchsten Noth sind die furchtsamen Thiere wokl auch einer Art von Heldenmuts, fähig, sie wenden sich dann um und stürzen auf die Hunde, biswei len sogar auf die Pferde. Bei einer Fuchshetze geschah cs, daß ein Fuchs ein Pferd biß. Das Pferd bäumte und überschlug sich mit dem Reiter, Reiter und Pferd wälzten sich am Erdboden, die Windhunde, in der Blindheit ihrer Begierde stürz ten auf beide und zerfleischten sie gräßlich. Das 19*