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114 Eine Pariser Zeitung hat jüngst ganz offen ausgesprochen, daß Frankreich Rom nicht an Italien adtreten könne, weil dieses dann zu unabhängig würde und Frankreich eine gewisse Herrschaft über seine südlichen Nachbarn ausüben müsse. — Frank reichs Krieg in Mexiko geht fortwährend schlecht; das gelbe Fieber, das jedes Jahr die Küsten ver heert und selbst Eingeborne nicht verschont, wüthet fürchterlich unter der Armee. Wenn die Briese von dort veröffentlicht werden dürften, würden wir haarsträubende Dinge lesen. Gesteht doch selbst der Moniteur zu, daß bis jetzt selten ein vom gelben Fieber Ergriffener mit dem Leben davon gekommen sei und hofft nur Besserung mit dem Eintritte der kühlern Jahreszeit. Mittlerweile wird ein Regiment nach dem andern hinübergeschickt. — Auch in Nordamerika wülhen Krankheiten in den Heeren; die Unionisten kommen keinen Schritt vorwärts, obwohl ste wieder eine große Schlacht gewonnen haben wollen, die ihnen 8000 Mann und dem Feinde das Doppelte gekostet Hat. Dagegen ist die Bundeshauptstadt Washington in Gefahr, von den Eonföderirten genommen zu werden. Wie leichtsinnig man dort mit dem Menschenleben umgeht, zeigt folgende Geschichte: Der Präsident Lincoln schickt dem früher« Gouverneur Hix ein Patent als Brigadegeneral für Freiwillige. Hix ist ausnahms weise ein braver Mann. Er sendet das Patent zurück mit den Worten: Vom Kriegführen verstehe ich weder Gix noch Gax. Wollte ich das Patent annehmen, so würde ich Sie und das Land be trügen; mein Ungeschick würde das zwecklose Hin schlachten von Tausenden von braven Leuten zur Folge haben, die sich mir im Kriege anverlrauen würden. Vor der Aushebung sind so viele junge Leute geflüchtet, daß sich in dem englischen Canada über 10,000 Mann gesammelt haben, die nicht wissen, wa» sie anfangen sollen. Auch die Südstaaten haben eine Aushebung angeordnct. Der Norden will aus den befreiten Sklaven Negerregimenter errichten; aus diese Nachricht hin erklärten die Süd staaten, daß sie diese Truppen nicht als Soldaten betrachten, sondern gefangene Neger verkaufen und deren weißen Offiziere ohne Weiteres hängen würden. Iw England starb im 27. Jahre Lord Wentworth, ein Enkel des berühmten Dichters Lord Byron. Von seinem Großvater muß er einige Wunderlichkeiten geerbt haben, denn trotz seines kolossalen ReichthumS arbeitete er Tag für Tag als Echiffszimmermann in Deptford und lebte auch nur von dem, was er sich mit seiner Hände Arbeit verdiente. — Rußland feiert dieses Jahr sein tausend jähriges Bestehen; in der alten Hauptstadt Now gorod sollen glänzende Feste gefeiert werden. Bei seiner Gründung hatte das Reich freilich noch nicht die Ausdehnung wie jetzt; die von Polen, Schwe den, der Türkei, Persien und China abgerissenen Stücke haben es erst groß gemacht. — In Polen sollen auf einmal eine Menge hohe und niedere Schulen errichtet werden, weil man richtig erkannt hat, daß das Volk nur dann mit seinen Nachbarn Schritt halten kann, wenn eS ihnen an Bildung nicht nachsteht. Aber auf das Wichtigste scheint man sich zuletzt besonnen zu haben: die Lehrer. Aus dem Auslande sollen keine be rufen werden und im Jnlande hat es schon lange daran gefehlt. — Die Türken haben sich einmal aus ihrem Schlafe ausgerafft und unter dem früheren öster reichischen Lieutenant Omer Pascha die Montenegriner zu Paaren getrieben. Trotz furchtbarer Wege und verzweifelter Gegenwehr gelang eS ihnen doch, die Hauptstadt Cettinje zu erreichen, und diese wäre verbrannt worden, wenn nicht der Fürst die gestell ten Bedingungen angenommen hätte. Wie wenig die Montenegriner, obgleich sie Christen sind, unser Mitleid verdienen, zeigt die Thatsache, daß ste in dem Augenblicke, als über den Frieden unterhandelt wurde, 100 gefangene Türken erst verstümmelten und dann aufhingen. — Im Abgeordnetenhause in Berlin kommt am 11. Sept, der Milttäretat zur Derathung. Was werden soll, wenn weder die Regierung noch die Abgeordneten nachgebcn, läßt sich nicht abschen. Die große Mehrheit des Hauses verlangt Zurück führung auf die frühere Stärke der Armee, zwei jährige Dienstzeit bei der Infanterie, Aufhebung der Militärgerichte für Vergehen außer dem Dienste und Herabsetzung der OfstzierSpensionen, Die Re gierung hält am Gegentheil fest und die Kreuz« zeitung giebt ihr den guten Rath, die Kammern nach Hause zu schicken und allein zu regieren. Sie sagt, bas sei freilich ein Uebel; wenn man aber einen unheilbar kranken Arm habe, so lasse man sich ihn lieber abnehmen, als daß man dabei zu Grunde gehe. Die Volksvertretung wird sich für den Vergleich recht schön bei ihr bedanken. Die Stimmung in hohen Kreisen zeigt recht deut lich eine Anecdote, die in Berlin umherläuft: Bei einem der letzten Manöver sprang einem Dragoner der Sattelgurt. Doch ließ er sich nicht aufhalten, sondern ritt seiner Schwadron nach. Die Osficiere lachten und ließen ihn gewähren. Der König sagte aber: Sein Sie ruhig, meine Herren, wenn das die Abgeordneten erfahren, so streichen sie auch noch die Sättel aus dem Etat. — Die Teplitzer heißen Quellen wurden im Jahre 762 entdeckt und in diesem Jahre feierte die Stadt das 1100jährige Jubiläum. Bekanntlich hat man die Entdeckung einem verwundeten und verfolgten wilden Schweine zu verdanken. Diesem wurde bei dem Feste folgender Toast gebracht: Rufet Alle im Verein: „Vivat hoch! es leb' das Schwein." Schweine giebt's zwar überall; Doch nicht solche, die im Thal, Wenn ste nur den Fuß ausstrecken, Heil- und Segensquell entdecken — Drum bringet Alle im Verein Ein Vivat hoch dem braven Schwein von 762. In Hannover erfreut sich der Schuhmacher und Kräulerdoctor Lampe der höchsten Gunst deS