Volltext Seite (XML)
WMatt fiii KilsSrE MarandL, Kossen, Sieöenleßn und die Amgegenden. Amtsblatt Donnerstag, -en IS. Mai 1SS4 Oslitische Rundschan. Wilsdruff, 18. Mai 1904. Deutsches Reich. Ultramontane Umtriebe am Sterbebett. Der „Neuen Bayer. Landeszeituug" wird aus München geschrieben: Die Zeitungsnachricht, daß der „Hofkaplan" Jud sich dem sterbenden Maler Lenbach aufgedrängt und daß der Kranke geistlichen Zuspruch abgelehnt habe, ist falsch. Jud ist nicht Hofkaplan, sondern er ist Pater bei den Benediktinern, die die Pfarrei St. Bonifaz, zu der Lenbach gehört, versehen. Der Stiftspropst Dr. von Türk überbrachte dem kranken Maler den Gruß des Prinz-Re genten und weilte längere Zeit am Bette Lenbachs. Dabei bekundete der Kranke auf eine Anfrage Türks seine Ge neigtheit, geistlichen Zuspruch anzunehmen. Türk benachrichtigte davon das erzbischöfliche Ordinariat. Der Die Tagesordnung hängt im Rathause aus. Wilsdruff, den 17. Mai 1904. Der Bürgermeister «ahlenbrrger. Druck und Verlag von Martin Berger k Friedrich in Wilsdmff. — Verantwortlich für Oertliches und dm Inseratenteil: Martin Berger, für Politik und die übrigen Rubriken: Hugo Friedrich. -to. SS. Donnerstag, de« IS. Mai KW4. 63. Jahr- Bekanntmachung. Donnerstag, den 19. Mai d. I., nachmittags 6 Uhr, öffentl. Stadtgemeinderatssitzung Rom-Bewegung. Bereits in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts sei eine solche Bewegung entstanden, durch die Lauheit der Protestanten aber im Saude verlaufen. Umso gewaltiger, erfolgversprechender sei die heutige Be wegung. In Oesterreich befinde sich ein Siebentel alles ger manischen Volkstums. Sollten wir dieses Siebentel im Stiche lasten? Unser Nationalbewußtsein gebiete uns, unsern evangelischen Stammesbrüdern in dem Kampfe bei- zustehen. „Los von Rom" bedeute „Hin zum Evangelium!" Der Reichsdeutsche könne sich gar keine Vorstellung machen von dem Wesen des jesuitischen Katholizismus, der in Oesterreich in der Form des grassesten Marienkultus oder des schlimmsten Aberglaubens austrete. Für den Unfug, der in den Kirchen getrieben werde, sei nicht das arme, in der Finsternis irrende Volk verantwortlich, sondern die römische Kirche. Lange hätten die Deutschen in Oester reich nicht die Finsternis empfunden, in der sie gewandelt Jetzt sei in ihnen «in mächtiger Drang nach dem Licht' das ihnen das evangelische Glaubensbekenntnis bringt' entstanden. Der Heißhunger nach Gottes Wort habe etwa 50000 Deutsche in die Arme der evangelischen Kirche ge führt. Der Gustav-Adolf-Verein habe in letzter Zeit etwa 70 Kirchen gebaut und der evangelische Bund habe eine Unsumme segensreicher Tätigkeit hinter sich. Freilich der Kampf sei schwer und vieles, vieles gebe es noch zu tun. 300 Jahre habe die römische Kirche ununterbrochen iu Oesterreich geherrscht und den Altprotestanten habe man jede Gelegenheit zur Pflege des kirchlichen Lebens genommen. Der Herr Redner führt zum Beweise einige Beispiele un glaublicher Unduldsamkeit auf katholischer Seite auf. Weiter berichtet er von den Freuden und Leiden der jungen protestantischen Gemeinden Oesterreichs, namentlich seiner früheren Gemeinde Klostergrab, zu deren Unter- drückung und Drangsalierung kein Mittel jesuitischer Nieder tracht unversucht blieb. Herr Pfarrer Ungnad schilderte dabei den bekannten Zinnwalder Ueberfall, bei welchem die Gemeinde des Redners, welche einen Ausflug nach Ztnnwald unternommen hatte, während ihrer Andacht von den sie überfallenoen Tschechen mit Stöcken, Fäusten und Messern bearbeitet wurde. Die Aufrührer gingen meist straffrei aus, Pfarrer Ungnad aber wurde seines Amtes enthoben und ausgewiesen! Auch in den letzten Wochen sind vier evangelische Geistliche ausgewiesen worven. Der Herr Redner flocht in seinen Vortrag noch manches Stücklein bezeichnender katholischer Unduldsamkeit, das der auf dem Papiere stehenden Parität der beiden Konfessionen Hohn spricht, ein; die Wiedergabe verbietet sich aber in dem Rahmen eines kurzgedrängten Berichts. Mit ein dringlichen Worten bat er die Anwesenden, an ihrem Teile den Brüdern jenseits der Grenzpfähle tatkräftig beizustehen — um unsertwillen und um des Evangeliums willen. Dann führte Pfarrer Ungnad seine Zuhörer zurück nach Deutschland, wo Ultramontanismus uno Jesuitismus in nicht minder gefahrdrohender Weise den Kampf gegen den Protestantismus ausgenommen habe. „Hin zu Rom!" Ut die Parole der Reichsregierung, die durch die Schuld oes ^angelischen Volkes auf das Zentrum angewiesen sei. Herr Redner erhob die Forderung nach der Gründung ^isch-evangelischen Partei, in der sich Männer aller >parrestchattierungen verbinden sollten und der an Stelle Emns die entscheidende Stimme im Reichstage zusallen müsse, ^ese Forderung ist nicht neu, in der letzten Zelt erschallt der Ruf nach einer solchen Partei lauter und lauter — der Widerstreit der wirtschaftlichen Interessen wird sich der Realisierung dieses Gedankens aber immer als unüberwindliches Hindernis entgegenstellen. Das protestantische Kaisertum zu stürzen, sei der End zweck des Jesuitismus, dem jetzt das deutsche Reich Tür Vie Sriinauiig einer Lweigvereinr vom evang. Vinnie fjir WikürM una Umgegenü. Einen erfreulichen Beweis für das frischpulfierende Leben in den evangelischen Gemeinden des Wilsdruffer Bezirks lieferte die gestern Abend im Saale des Hotels zum Adler abgehaltene öffentliche Versammlung zum Zwecke der Gründung eines Zweigvereins vom evangelischen Bunde für Wilsdruff und Umgegend. Evangelische Männer und Frauen aus Wilsdruff und der engeren und weiteren Umgebung hatten sich hier in großer Zahl um einen er probten Vorkämpfer der Los von Rom-Bewegung geschart, der sie htneinführte in oie Tiefen grasten Aberglaubens, in das Reich unglaublicher Gewifsensknechtung und schlimmster Unduldsamkeit gegenüber unserer Kirche. Durch glänzende Dialektik, durch herzgewinnendes, von Heller Begeisterung für die gute Sache angefachtes Feuer und durch die Wucht der gegen die Feinde des Deutschtums und des Protestantismus geführten Schläge riß Pfarrer Ungnad-Ntederwürschnitz seine aufmerksam lauschende Zuhörerschaft hin zu lauter Begeisterung für die Zwecke und Ziele des Evangelischen Bundes. Es war, als ob ein frischer Zug echt deutschen, echt evangelisch-protestantischen Bewußtseins durch den Saal ging, der den Bazillus der Lauheit hinausfegte, der uns das Gewissen schärfte und uns die Freude an den herr lichen Gütern unserer evangelischen Kirche erhöhte. So war es denn kein Wunder, daß der Zweigverein Wilsdruff und Umgegend bereits gestern mit einer Zahl von 163 Mitgliedern in das Leben trat. Gewiß ein voller Erfolg, der für die Tätigkeit der jungen Ortsgruppe das beste Prognostikon eröffnet. Herr Pfarrer Wolke-Wilsdruff eröffnete die Ver- sammlung und gab bas Wort Herrn Pfarrer vr Wahl- Grumbach, der zunächst hinwies auf die tiefgehende Er- regung, die sich des evangelischen Deutschtums aus Anlaß der vom Reichstage beschlossenen Aufhebung des 8 2 des Jrsuitengesetzes bemächtigt habe. Die Reichsregierung segle im Fahrwasser des Zentrums, auf dessen Unterstützung sie bei der Führung des Steuers angewiesen sei. Wo das evangelische Volk nicht auf die Unterstützung der Re- ^"»»8 könne, da sei Selbsthilfe geboten. So sei entstanden als ein Hüter und Interessen. Zweck Bundes zusammenzuscharen dem Banner des Herr Pfarrer Ungnad- Niederwürschnitz Ker üierm.s das Wort nahm, führte die Versammlung im Geiste sÄ hinüber nach Oesterreich, dem Ausgangspunkte der gewal- tigen Los von Rom-Bewegung, die in erster Linie eine religiöse und in zweiter Lime eine nationale sei. Wann wird es Frühling werden? Das sei der Ruf, der seit 6 Jahren in Oesterreich uns entgegenschallc. Der Frühling stehe nabe bevor. Ueberall begegne man dem Erwachen deutsch-protestantischen Lebens. Das Deutschtum M in Oesterreich einem mächtigen, ihm auch numerisch Feind, dem Slaventum, gegenüber. Die ka- Kirche stehe jeder völkischen Bewegung feindlich starke? ^ Rom könne in seiner Kllchenpolltlk kein ' Ke« A gefestigtes Volk gebrauchen. Die Macht- nnk überall m» An Reiches sei ihr ein Dorn im Auge, uuramon^ angefeindet werde, habe der lankmit oenÄm-n Ei.ue Hände im Spiele. In Deutsch, ein? führe Rom Mib»? Österreich mit den Slaven ver- gegen den protestantischen" Gedankem ^Eelten Kampf Oesterreich habe nicht zum ersten Male eine Los von und Tor öffne. An der Hand verschiedener Maßnahmen führte der Redner den Nachweis, daß sich die Organe unserer Reichsregierung immer nur von der Rücksicht auf das Zentrum leiten ließen. Hierin müsse Wandel ge schaffen werden. Die 35 Millionen evangelischer Unter tanen hätten ein Recht, zu verlangen, daß die Regierung auf ihre Gefühle Rücksicht nehme, nicht aber, wie bisher unter Graf Bülow, kaltlächelnd über die berechtigten Forderungen der Protestanten zur Tagesordnung über- gehe. Einmütig müßten wir unsere Rethen schließen im Evangelischen Bunde, dem allezeit wachsamen Hüter und Wächter deutschen Volkstums unv evangelischen Bekennt nisses! Dann müßte es Frühling werden auch in den deutschen Landen, dann könnten wir mit wohlgemutem Blick in die Zukunft mit Luther singen: „Nehmen sie uns den Leib, Gut, Ehr, Kind und Weib, laß fahren dahin, sie Habens kein Gewinn, das Reich muß uns doch bleiben " Der Vortrag entfachte langanhaltenden, herzlichen Beifall und der Vorschlag des Herrn Pfarrer Or.Wahl, nunmehr an die Gründung eines Zweigvereins vom Evan- gelischen Bunde hcranzutreten, fand begeisterte Zustimmung. Nachdem der Herr Vorsitzende das Grundgesetz eines Zweig vereins bekannt gegeben, verschritt man sofort zur Kon stituierung. Es meldeten sich 163 Damen und Herren als Mitglieder an. Man verschritt alsdann zur Wahl des Vorstandes. Es wurden gewählt: als Vorsitzender Herr Pfarrer Or. Wahl-Grumbach, als stellvertr. Vorsitzender Herr Schul direktor Thomas-Wilsdruff, als Schriftführer Redakteur Friedrich-Wilsdruff. Das Amt eines Kassierers blieb, da mehrere Herren ablehnten, noch unbesetzt. Aus den einzelnen beteiligten Gemeinden wurden noch folgende Herren als Vertreter zum Gesamtvorstande gewählt: für Burkhardswalde Gem.-Vorst. Döring, für Blankenstein Gem.-Vorft. Birkner, für Grumbach Kantor Kranz, für Röhrsdorf Gutsbes. Karl Pietzsch, für Unkersdorf Kirchschullehrer Frühauf, für Taubenheim Richter aus Seeligstadt, für Danneberg Gem.-Vorst. Poppe, fürHer- zogswalde Pastor Keil, für Kesselsdorf Gem.-Vorst. Hencker und Gutsbesitzer Pfützner, für Birkenhain Gem.- Vorst. Wetzel. Die Gewählten nahmen, soweit sie anwesend waren, mit Dank an. Die Herren Pfarrer Ungnad und Or. Wahl forderten die Anwesenden noch zur Werbung weiterer Mitglieder für den evangelischen Bund auf, dann klang zum Schluß das gewaltige Lutherlied: „Ein feste Burg ist unser Gott!" hinaus in den lauen Maienabend Möge der Wilsdruffer Zweigverein, der unter so viel- versprechenden Umständen ins Leben trat, dauernd ein lebensfrisches, achtunggebietendes Glied des Evangelischen Bundes bleiben! jür dis Agl- Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttannebera Birkenbatn Blankenstein Braunsdorf Burkmrdtswalde. Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf SauAch, W Limbach, Lotzen Mchorn Millitz-Skitzschen, Munzia, Neukirchem AtannebeE "°"^PoL Roitzsch Ro^ bet K-fselSdorf, Steinbach bei R-h-rn. Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wtldberg. Lrsckeint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. - Bezugspreis vierteljährlich 1M. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk,54 Pf., ** Inserat-"werden Montags, Mitwochs und Freitags bis spätestens mittag- 12 Uhr angenommen. — JnsertionspreiS 15 Pfg. pro viergespaltene Korpuszeile.