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birtigm Mann, der, in einen schlechten Sackpaletot eingeknöpft,! und einen ebenso schäbigen Hut aufgestülpt, eine Cigarre qualmend ihr entgegen kam. Als er dicht bei ihr war, stutzte er vor! ihrem Anblick, sah ihren Begleiter an, blieb stehen und schrie auf: Jst's war, oder ist es nicht wahr? Ich denke, es ist war, mein sehr würdiger Major, ant wortete der Herr, fein lächelnd. Sie wissen wohl, man kann Sie nicht anführen, dafür sind andere Leut da. Bei Gott! daran erkenne ich den Herrn Legationsrath, lachte der Major. Aber ich will's zugeben, wir sind alle an geführt worden, und ich zu allermeist. Wirklich? Sollten wir Alle ein solches Geständniß be stätigen müssen. Der Major drehte seinen Filz um und grinste satanisch. Es mag Jeder bei sich untersuchen! schrie er. Die Frau Gräfin wird's am besten wissen. Wird eine Extrafreude in Mariahall sein, wenn Sie hinaus kommen! Das ist die Absicht der gnädigen Frau wohl nicht, fuhr der Baron fort. Wir denken noch heut unsere Reise nach Italien fortzusetzen, wo wir längere Zeit verweilen werden. Wie geht es in Mariahall? fragte Lydia, ihn unterbrechend. Wie befindet sich der Graf? Ich denke, nicht schlechter als gewöhnlich, erwiderte Herr Murhard; aber ich bin lange nicht draußen gewesen, denn ich hab's satt gekriegt. Wo die Vernunft aufhört, will ich nichts weiter zu schaffen haben. Ein gewiß zu beherzigender Grundsatz, dem man beistimmen muß, erwiderte der Legationsrath. Wo ist Babette? fragte Lydia. Die hat es nicht gemacht wie andere Leut! schrie der Major mit seiner gewöhnlichen Grobheit, hat sich nicht trösten lassen, und darin liegt mein Aergerniß. Am dritten Tage darauf, wie die Geschichte geschehen war, und alle guten Leute die Köpfe schüttelten und klagten die saubere Wirthschaft an, ging ich hinaus, nahm's Bäbli bei Seit' und hielt nicht zurück mit meinen Absichten. Das ist ein verloren Haus, wer da rinnen bleibt, muß dulden, daß man mit den Fingern auf ihn weist, also komm mit mir und mach' mit der Wirthschaft ein Ende. Schlecht haben sie Beide an Dir gehandelt; so hör mich an.. Nimm mich dafür mit allem, was ich habe, ich will's Dir vergelten, so viel ich vermag. Und dies Glück hat sie ausgeschlagen! Wie eine Gans, die ins Feuer läuft. Wenn ein Haus wankt, worin man in guter Zeit gewohnt, sprach sie, und wenn die Leute darin klagen und verzagen, muß man sie nicht ver lassen. Also danke ich Euch, wie gut Ihr es auch meint, denn ich kann's nicht annehmen. Geht es dem Grafen nicht gut? fragte die Gräfin. Es ist vorbei mit allem alten Glanz, und wenn das Bäbli nicht wäre, könnte das äußere Ansehen längst nicht mehr gehalten werden. Bet der Auseinandersetzung mit seinem Sohne hat der alte Herr eine unvernünftige Großmuth bewiesen, hat ihm den Tobelhof abgetreten mit allem Land und aller Ein richtung, statt den Buben hinauszujagen und das ganze vor- theilhaft zu verkaufen, wie es recht und billig gewesen wäre. Sind sie nicht versöhnt? Bewahr'» Gott! darin hält er fest, nicht vor die Augen darf er ihm kommen. All' sein Flehen, und was das Bäbli im Geheimen versucht, hat nicht gefruchtet. Niemand darf den Namen vor ihm aussprechen. Eine strenge, aber wohlverdiente Gerechtigkeit, sagte der Baron. Alles hat seine Zeit, sagte Herr Murhard. An der Sache selbst ist nichts mehr zu ändern. Vorher hätt' er Ein sehen haben, hält' das Bäbli bedenken sollen. Jetzt wär's besser, wenn er Nachsicht üben wollt, damit der Sohn sich dankbar bewiese; aber ich glaube, er ging lieber in'S Weite. Verschiedentlich schon hat er seine Bilder nnd Kunstsachen ausgeboten, doch viel zu hoch, ein wahrer HeidenpreiS. Es kauft Keiner, eS müßt' sich denn ein solcher Narr finden, wie er selbst ist. Wie hoch? fragte die Gräfin. Da hab' ich's Blatt, da steht's darin. Es ist ein Lachen darüber im ganzen Zürch. Und er, fuhr Lydia fort — er. Wie geht es ihm. Dem Bauer im Tobelhof? schrie der Major. Nun, die Wahrheit zu sagen, ich bekomme die Zinsen für mein Gelb, das ich darauf stehen habe, mit aller Pünktlichkeit, auf Tag und Stunde. So habe ich nicht zu klagen und Andere auch nicht. Die Bäuerin hält Ordnung, und ein schmuckes Frauens- bild ist es. Es gafft mancher nach, wenn's in die Stadt kommt. Das Geschäft treibt's eifrig, so kommt cs vorwärts. Doch jetzt geht's nicht mit ihr, setzte er behaglich grinsend hinzu, sie kann nicht fort. Ist sie krank? fragte der Baron. Der Major lachte auf. Es ist eine Krankheit, die mit der Kindtauf' ihr Ende nimmt. Ein Bub' ist angekommen auf dem Tobelhof, doch der Großvater will auch von ihm nicht« wissen. Sie haben cs nicht einmal wagen dürfen, ihn anzumelden. Doch schauen Sie hin, da kommt der Vater daher; den hat die Gemeinde zum Großrath gewählt, und das ist ein würdiges Zeichen der Achtung, in die er sich ge hoben hat. Der Zug der Cantonalräthe kam die Stufen vom Münster herunter, und unter den ersten Paaren erblickte Lydia ihren Verwandten. Stattlich schritt er daher, den Kopf frei, das milde Gesicht so freundlich und feierlich, wie sic es kannte, aber gebräunter und männlicher, die Schultern breiter, die Gestalt kräftiger. Einen langen forschenden Blick warf Lydia auf ihn, dann verhüllte sie eigenes Gesicht mit dem Kanten schleier ihres Hutes. Wollen Sie mir eine Bitte erfüllen, sagte sie zu dem Major. Ihnen zu gefallen, will ich erfüllen, was Sie befehlen, versetzte er galant. So erwarte ich Sie in einer Stunde in unserem Hotel und ich bin Ihnen dankbar dafür. Mit diesen Worten gab sie dem Legationsrath ihren Arm und entfernte sich, ehe der Zug den Platz erreichte. So geschah es denn, daß am Nachmittag der Major in den Garten von Mariahall eintrat und plötzlich vor dem alten Herrn und vor Fräulein Babette stand. Der Graf saß in seinem Sessel, seine Füße waren mit Decken eingehüllt, Fräulein Babette saß ihm gegenüber am Tische und las ihm aus einem Buche vor, wobei sie fleißig strickte. Der alte Herr war in dem einen Jahre viel älter geworden, viel fal tiger und vertrockneter. Fräulein Babette dagegen sah noch größer und muskelkräftiger aus. Der Bart auf ihrer Ober lippe schien dem Major noch schöner gewachsen, und die dunklen Augen noch energischer zu blicken. Wie sie ihn ansah, em pfand er einen Respect, der ihn hinderte, sich so anzumelden, wie er Lust hatte, nämlich in einer Weise, mit einer gutge meinten Grobheit, die auf das Haus- und Familienverhältniß Bezug hatte. Babrtte's Anschauen schien ihm dies zu ver bieten. So nahm er denn seinen Hut ab und machte eine höfliche Einleitung, daß ein Freund einmal vorspreche, der es sich lange vorgenommen habe. Sie sind wirklich seit einiger Zeit nicht bei uns gewesen, mein lieber Major, erwiderte der alte Herr, mit seiner ge wöhnlichen Würdigkeit lächelnd, und er fügte einige andere allgemeine Fragen hinzu, welche das Wohlergehen des Majors betrafen. Es klang jedoch Alles so, als hätte der Gast vielleicht in einer Woche sich nicht blicken lassen, und wäre nicht son derlich vermißt worden. Nicht die geringste Andeutung, daß etwas vorgefallcn sein könnte, wodurch er behindert worden sei, kein Fremdthun, keine Klage und kein scherzendes Wort. Der Major setzte sich auf den Stuhl, wo er sonst immer ge sessen, der alte Christian kam mit einer Flasche Seewein, wie sonst. Babette schenkte ihm ein und reichte ihm ein brennendes Zündhölzchen, um seine Cigarre anzustecken. Nach und nach wurde es dem Major unheimlich. Bei Allem, was er erzählte, kam er immer bald auf einen Punkt, wo er abbrechen mußte, weil ihn Babette so ansah, daß er es verstand. Er sprach von der Fischerei auf dem See, die in diesem Jahre besonders einträglich sei, da fiel ihm ein, daß die Gerechtigkeit, zu fischen, jetzt zum Tobelhof gehöre. Das Holz sei heidnisch theuer, und die schönen Buchen auf der Höhe das Dreifache werth. Das Bäbli schüttelte den Kopf. In Zürich sei heut der neugewählte Großrath eingezogen, und zu seiner Freude seien viel tüchtigte Männer darin, die des Volkes Wohl bewahren würden. Da legte das Bäbli den Finger auf den Mund und that eine Querfrage: ob er die Zeitungen gelesen hätte? Ich habe sie gelesen! schrie er ärgerlich, und weil ich sie gelesen habe, komme ich her. Sie wollen Ihre Bilderver sammlung verkaufen, Herr Graf, ich bin der Kaufer. Der alte Herr hob seinen Kopf auf und lächelte ungläub- lich. Ich habe allerdings die Absicht, wenn ich weiß, daß meine Sammlung in gute Hände kommt, allein Sie, mein lieber Freund — Es ist einerlei! fiel Herr Murhard ein, ich zahle das Geld, hier liegt's in meiner Brieftasche in guten Wechseln, die ich selbst nehmen will. Aber verschweigen will ich's nicht, mein Geld ist es nicht, denn solch ein Narr bin ich nicht. Wer also ist der Narr oder der Käufer fragte der Graf. Das bleibt vor der Hand ein Geheimniß, erwiderte der Major, bis wir den Kauf abgeschlossen haben. Der alte Herr blickte ihn mißtrauisch an. Herr Murhard, sagte er, ich hoffe nicht von Ihnen, daß Sie einen Auftrag übernommen haben, der etwa mit Menschen und Verhältnissen zusammenhängt, von denen ich nie wieder hören will. Was meinen Sie? lachte der Major. Meinen Sie etwa, auf dem Tobelhof wüchsen Frankenthaler, oder das Vrenelt könnte sie aus Butter pressen? Das bleiche eingefallene Gesicht des Grafen röthete sich. Er winkte dem Major Schweigen zu, aber dieser ließ sich so leicht nicht abweisen. Da oben giebt's jetzt andere Bilder, so recht aus dem Menschenleben heraus, mit Händen und Beinen und Hellem Geschrei, fuhr er fort. Babette unterbrach ihn jetzt. Der Herr Graf will zu nächst wissen, wer die Sammlung kaufen will, um sich darüber zu bestimmen. Alles Andere gehört nicht hierher. Ich sollte meinen, der Herr Graf schlüg' sie gern los, Wenn einer kommt, der nicht handeln und bieten will, ver setzte der Major. Geld ist eine schöne Sache unter allen Umständen; es giebt aber Umstände, wo man es nimmt, und käm's auch von Türken und Heiden. Was sollen die alten Stücke dahängen? Auch die Leute im Tobelhof können sie nicht brauchen. Es wird mir zu kühl hier, sagte der alte Herr. Brechen wir davon ab, Herr Murhard. Ein andermal, wenn es Ihnen gefällig ist. (Schluß folgt.) * Der Streit um die Seele. In der kleinen, im Westen Utah's gelegenen Station Wyler der „Pacific-Eisenbahn" be stiegen vor einiger Zeit zwei elegant gekleidete Herren den Zug und nahmen in de« letzten, mit Reisenden vollbesetzten Wagen ihre Plätze. Nachdem der „Conductor" die Fahrkarten der Neuangekommenen einer Prüfung unterzogen und den Waggon wieder verlassen halte, spielt- sich — wie der „Chi cago Tribune", angeblich von einem Augenzeugen erzählt wird — folgende hübsche Episode ab, für deren Wahrheit dem ge nannten Blatte die Verantwortung überlassen bleiben mag. Zwischen den beiden zuletzt gekommenen Gentlemen entspann sich ein lebhafter Wortwechsel, der nach wenigen Minuten in einen lauten Wortwechsel ausartete. Plötzlich erhob sich einer der Streitenden, trat in die Mitte des Wagens und rief: kaäies anä Oentlemen! Ich ersuche Sie, zwischen uns das Richteramt zu übernehmen. Mein Freund hier behauptet, unter fünf Menschen glaubten keine drei daran, daß sie eine Seele besäßen. Ich habe indeß mehr Vertrauen zu der Mensch heit. Wollen alle von Ihnen, die an eine Seels glauben, gefälligst den rechten Arm in die Höhe heben?!" Jeder i« Wagen befindliche rechte Arm schoß sofort in die Höhe, das war im frommen Amerika gar nicht anders zu erwarten. „Ich danke Ihnen", sagte der Bittsteller lächelnd. „Halten Sie die Arme gefälligst einen Augenblick oben. Wollen nun Alle, die an ein Fortleben der Seele nach dem Tode glauben, gütigst auch den linken Arm in die Höhe strecken?!" Alle linken Arme fuhren empor und die Gesellschaft gewann das Aussehen einer Riege von Kürturnern. „Ich danke Ihnen nochmals", satge der in der Mitte stehende und fuhr dann, während er blitzschnell zwei häßlich blinkende Revolver aus seinen Hosentaschen zog, mit gänzlich veränderter Stimme fort — „wer sich rührt oder die Arme zu senken versucht, läuft in die Gefahr, von mir erschossen zu werden. Mein skep tischer Freund hier wird durch den Wagen gehen und alle Werthsachen, welche Sie bei sich haben einkassiren. Ich werde ihn mit meinen beiden Schießeisen decken und aus der Stelle Jeden und Jede niederschießen, der oder die Widerstand zu leisten wagt. Vorwärts jetzt, Ji«, rühr'Dich — wir müssen fertig sein, ehe der Beamte zurückkehrt!" In zwei Minuten hatten die beiden Desperados an Geld, Banknoten und Schmucksachen an 2000 Dollars eingeheimst nnd zogen sich mit ihrem Raub vorsichtig auf die Hintere Plattform der Wagens zurück, von wo aus sie zu Boden sprangen. Als die überrumpelten Reisenden sich erholt hatten und den Zug zum Halten brachten, waren die beiden philosophischen Räuber längst in der Wildniß verschwunden. * Ertrunkene Familie. Aus Znaim wird über einen schrecklichen UnglückSsall berichtet, der sich in dem durch Hoch wasser angeschwollenen Flusse Thaya zugetragen hat. Eine Mutter mit drei Kindern ertrank. Di« Gutsbesitzersgattin Theresia Albrecht fuhr in einem mit drei Pferden bespannten Leiterwagen, den ein Knecht linkt,, zu dem Kirchweihfest nach Zuckcrhantel. Sie hatte ihre vier Kinder mit sich, von welchen drei bei ihr im Fonds des Wagens saßen, während das jüngste beim Kutscher in der Flechte untergebracht war. Um eine Mauthgebühr von zwanzig Kreuzern zu ersparen, versuchte der Wagen eine Furth der Thaya unterhalb des Steges zwischen Edelspitz und Klosterbruck zu übersetzen. Der Wagen gerieth mitten in dem reißenden Fluss« in «ine Untiefe, welche erst durch das Hochwasser entstanden sein dürfte, und kippte um. Der Kutscher, ter nur mit Widerwillen den Anftrag, durch die Furth zu fahren, befolgt hatte, ritt auf einem der Vor spannpferde und konnte da« Ufer erreichen. Frau Albrecht mit ihren drei Kindern wurde in den Strom geschleudert und über das unterhalb der Furth befindliche Wehr geschwemmt. Sie tauchten hilfeschreiend noch einige Male auf und ver schwanden dann in den Wellen. Das jüngste Kind, das in der Wagenflechte lag, konnte gerettet werden. MW MW Loliäs kreise. MM X. 2 VON ksoßnungön l?acturen Llittdsilungvn Krielßupiere u. Lauderts Ad kirmsmiruek unä Lmprang88vli6ill6 GeschäktslWtm kreis - Oourants Wein- u. Aßersentmten IVIenu» Visiionksrtsn VorlokuuSs- unä VerwudlunAsuuseiKSu labsilsn krocdureu in Bvlavsrr- unä berget Verlag äes ^mt8- und >Vo6liMl)Iatt68 tiir 29 ^sllnorötr. AkIInsrZtr. 29 ewxüeklt sied rur Herstellung Mr Tork- unü Druckürboite» in <Ier dk8ten ^ugsüdrung. L. it A E k VON sämmlliofivn Llsvnbukn- kraektbrlvtell Rechnungslormulnren uuä Wved8«l- kormulal-vn o « 8 1 rill Aivtdeontrnetvn. KG EX krampte keäieuun^.