Volltext Seite (XML)
WenM für Wilsdruff Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. -— Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post bezogen 1 Mk. 25 Pf. — Einzelne Nummern 10 Pf. TharM Mu, Mtckhn und die UMMden. ImtsöluII Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Insertionsvreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. AmtshaupLmannschast Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tharandt. No. 64. Dienstag, den 12. August 1896. G r l «r st, Matzregeln zur Verhütung -er Entwickelung und Weiterverbreitung epidemischer Krankheiten betreffend. Nach de« Eintritte der wärmeren Jahreszeit bietet sich besondere Veranlassung, allem Denjenigen, was der Entwickelung und Weiterverbreitung epidemischer Krankheiten Vor schub zu leisten geeignet ist, vermehrte Aufmerksamkeit zu widmen. Nach dieser Richtung hin werden auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern die Herren Bürgermeister von Wilsdruff und Siebenlehn sowie die Herren Ge meindevorstände und Gutsvorstehcr deS hiesigen Verwaltungsbezirkes zur Zeit insonderheit auf Nachstehendes hingewiesen: 1 ., Der Verkehr mit Nahrungs- und Genußmitteln ist sowohl in Bezug auf die Beschaffenheit der Waaren als der Verkaufsstellen und der zur Verwendung kommenden Ge fäße einer sorgfältigen und strengen Beaufsichtigung zu unterstellen. Namentlich ist dem Feilbieten und dem Verkaufe unreifen Obstes mit Nachdruck entgegenzutreten. 2 ., Straßen und öffentliche Plätze sind von faulenden und fäulnißfähigen Substanzen rein zu halten. Verunreinigte Wasserläufe, Gräben, Kanäle pp. sind zu reinigen. 3 ., Es ist für reines Trink- und Gebrauchswasser Sorge zu tragen. Bmnnen mit gesundheitsgefährlichem oder auch nur solcher Gefährlichkeit verdächtigem Wasser sind zu schließen. Jede Verunreinigung der Orte, an welchen Wasser zum Trinken oder Hausgebrauche entnommen wird, und der Umgebung solcher Stellen durch Abfälle aus Haushaltungen und Ställen ist zu verhindern. 4 ., Es ist für rasche Abführung der Schmutz- und Planschwässer aus den Häusern und aus deren Nachbarschaft zu sorgen. Die Einleitung solcher Wässer in Senkgruben, die an Wohngebäuden anliegen, muß, wo immer die Füglichkeit dazu geboten ist, vermieden und abgestellt werden. Die Entwässerungsanlagen sind öfter, wo möglich durch Ausspülung mit Wasser zu reinigen. 5 ., Abortgruben und Düngerstätten sind öfter und rechtzeitig zu entleeren. Die Abortgruben und Pissoirs in Anlagen, die, wie auf Eisenbahnstationen, öffentlichen Plätzen, in Gasthäusern und Restaurationen dem öffentlichen Verkehre zugän- giz sind, ingleichen in Schulen, Herbergen, Logir- und Kosthäusern, Maffenquartieren, Fabriken und gewerblichen Anlagen und dergleichen müssen öfters gehörig desin- fizirt werden. 6 ., Dungstätten auf den Höfen sind derartig zu halten, daß eine Verunreinigung des Bodens und namentich der etwa in der Nähe befindlichen Brunnen verhütet wird. Hiernach wollen die obengenannten Ortsbehörden allenthalben das zu Durchführung der vorstehenden Maßregeln Erforderliche vorkehren. Meißen, am 5. August 1890. Königliche Amtshanptmannschaft. v. Riechbach. Bekanntmachung. Nachdem die Königliche Altersrentenbank-Verwaltung die durch den Tod des Lotterie-Collccteurs A. Gast in Wilsdruff erloschene Agentur der Königlichen Altersrenten bank dem Lotteric-Collecteur Johann Larl Thesdsr Ritthausen in Wilsdruff übertragen hat, bestehen nunmehr für den Bezirk des Amtsgerichts Wilsdruff folgende Altersrentenbank-Agenturen: in Aessels-srf Lotterie-Collection Heinrich Gustav Rshl, „ Wilsdruff „ „ J-Hann Larl Thesdsr Ritthausen. Die Agenturen sind zur unentgeltlichen Abgabe der in ihren Händen befindlichen Drucksachen und Formulare der Königlichen Altersrentenbank ermächtigt, werden auch über die Einrichtung der Bank sowie Annahme von Anmeldungen und Einlagen zum Zwecke der Erwerbung von Zeit- und Altersrenten stets bereitwillig Auskunft ertheilen. Dresden, am 5. August 1890. Königliche Altersrentenbank-Verwaltung. Vv. Diller. Tagesgeschichte. Der auf den 12. Oktober d. I. nach Halle an der Saale berufene große sozialdemokratische Parteitag erinnert die „Vossische Zeitung" daran, daß die sozialistische Partei zum letzten Male im Jahre 1877 auf deutschem Boden, und zwar in Gotha ihren JahreSkongreß abhielt. Seitdem sind nicht nur über sie, sondern auch über die sozialen und wirthschaftlichen Zustände des Reiches die stärksten Wandlungen tahingegangcn. Die ganze Periode des Ausnahmegesetzes und des Umschwunges in der Steuer- und Zollpolitik fällt in diese dreizehn Jahre. Auf dem Parteikongreß in Gotha war Most noch der Held des Tages. Es wurden die ausschweifendsten Pläne entworfen, da die Reichstag-Wahlen im Januar 1877 die Siegeshoffnungen im sozialdemokratischen Lager sehr ge hoben hatten. Von den damaligen Wortführern sind die be kanntesten, wie Hasenclever, Fr'tfche, Hasselmann, Vahlteich, Grottkau, Motteler, Rackow, Most, Bracke, Reinders rc. seit dem entweder gestorben oder ausgewandert, zum Theil ver schollen. Die damals wlld einherbrausende sozialdemokratische Fluth hat sich zu einem mächtigen, aber viel ruhiger fließenden Strom entwickelt. In der Zwischenzeit sind die sozialdemo kratischen Kongresse des Sozialistengesetzes wegen stets im Auslände abgehalten worden; 1880 auf Schloß Wyden in der Schweiz, 1883 in Kopenhagen, 1887 bei St. Gallen, wozu noch die Vertretung auf dem vorjährigen internationalen Sozialfftenkongreß in Paris kommt, auf dem die deutschen Sozial» emokraten gewissermaßen die Führung hatten. Jetzt soll nach dem Fortfall des Sozialistengesetzes zum ersten Male wieder die Heerschau über die Partei auf heimischem Boden abgehalten werden. Bis dahin hatte die sozialistische NeichSfrak- tion die Leitung der Partei in der Hand, stieß mit derselben aber sehr häufig auf harten Widerstand. In Halle soll dieser Zustand geändert und eine neue Parteibehörde gebildet werden, die fick vermuthlich an die vor dem Sozialistengesetz bestan dene Organisation anlehnen wird. Eine weitere Frage der ParteidiSziplin wird voraussichtlich di« Presse betreffen, für welche die Einen eine straff centralisirte Leitung, die Anderen dagegen freie und unabhängige Bewegung fordern. Ob es zur Wiedereinrichtung eines offiziellen Parteiorgans kommt, wie es früher der Leipziger „Vorwärts" war, ist noch unge wiß, dagegen ist schon jetzt sicher, daß die sozialistische Zei- tungs- und Druckschriftenlitteratur nach Aufhebung des Aus nahmegesetzes einen mächtigen Aufschwung in Deutschland nehmen wird. Der Hallssche Kongreß wird sich vermuthlich nach äußerlich von seinen Vorgängern in Ton und Klangfarbe wesentlich unterscheiden und den starken Unterschied erkennen lassen, der zwischen den Jahren schäumender Entwickelung der Partei und ihren heutigen Aufgaben besteht. Der Wiedergewinn Helgolands ist eine der schönsten Früchte deutscher Kolonialpolitik und bietet einen vollkommenen Ersatz für das, was in Afrika an nationalen Motiven und Wünschen etwa unbefriedigt geblieben ist. Kaiser Wilhelm II. ist dadurch ein Mehrer des Reiches geworden auf dem Wege friedlicher Eroberung. Die Sicherheit unserer Küsten ist er höht, die Leistungsfähigkeit unserer Flotte ohne eine Vermehr ung der Schiffszahl bedeutend verstärkt worden. In deutschen Händen wird Helgoland, wie die Denkschrift sagt, „die Ver- theidigung unserer Nordseeküsten, wie unseres deutschen Meeres erleichtern, eine feindliche Blockade mindestens aber sehr er schweren. Auch erhält der zur Zeit im Bau begriffene Nord ostseekanal erst durch ein deutsches Helgoland seinen vollen Werth für den Kriegsfall". Aber nicht blos im Kriege, auch im Frieden werden wir alle Ursache haben, uns des Besitzes von Helgoland zu freuen. Denn ist erst der kleine Hafen des FelscneilandcS zu einem Zufluchtsort für Handelsschiffe und Fischerflotillen ausgebaut, so wird die Insel nicht nur als Badeort ihre friedliche Bedeutung behalten, sondern für Schifffahrt und Fischerei erhöhten Werth erlangen. Darum begrüßen wir dieses Ereigniß als ein hochbedeutsames in der Geschichte unseres Volkes. Mit großer staatsmännischer Weis heit hat die Regierung Kaiser Wilhelms II. die Erfolge unserer kolonialen Bestrebungen für die Stärkung der nationalen Wehr kraft, für die Sicherung und Hebung der nationalen Arbeit und für die Vermehrung der Friedensbürgschaften in Europa zu verwerthen gewußt. Jn's deutsche Meer hinaus senden wir deshalb dankerfüllten Herzens unserm von triumphreicher Fahrt nach fremden Landen heimkehrenden Kaiser unsern ehr furchtsvollsten Gruß. Möge unter seiner Führung Helgoland vereint mit dem Deutschen Reiche einer glücklichen, schönen und großen Zukunft entgegengehen! Die Entfaltung des deutschen Reichsbanners auf dem Felseneiland im deutschen Meere ist ein sichtbares Zeichen zugleich der Friedensliebe Kaiser Wil helms II. und seines ernsten Willens, das Reich zu schützen und zu schirmen gegen alle Feinde und Gefahren, woher sie auch immer drohen. Berlin. Der Kaiser erließ folgende Kabinetsordre an den Reichskanzler: „Auf Ihren Vortrag bestimme ich, daß bis zur verfassungsmäßigen Regelung der Verhältnisse Helgolands im Wege der Reichsgesetzgebung die Regierung der Insel in meinem Namen auf Grund der dort bestehenden Gesetzgebung und unter Schonung der vorhandenen Verwaltungsorganisation durch den Reichskanzler geführt werden soll. Im Anschluß daran erläßt der Reichskanzler folgende Bekanntmachung: „Auf Grund vorstehenden Allerhöchsten Erlasses ist die Verwaltung der Insel Helgoland und ihrer Zubehörungen unter meiner Oberleitung einem Seeoffizier, welcher in dieser Eigenschaft den Titel Gouverneur von Helgoland führt und einem Civil- beamten, welchem der Titel „Kaiserlicher Kommissar für Helgo land" beigelegt wird, übertragen." Der Geschäftskreis des Gouverneurs und des kaiserlichen Kommissars ist dahin abge grenzt, daß dem Gouverneur die Verwaltung des Hafens, ein schließlich der Hafenpolizei, die Verwaltung des Seezeichens und Leuchtfeuerwesens, sowie aller sonstigen technischen See sachen, dem kaiserlichen Kommissar dagegen die übrige Civil- verwaltung, insbesondere die Verwaltung der Kommunalpolizei, Kirchen-, Schul-, Domäne-, Steuer- und Zollsachen, die Ver waltung der Seebadeanstalt sowie gänzlich die Rechtspflege ob liegt. Die Verwaltung wird ebenso wie die Rechtspflege bis auf Weiteres nach den z. Z. auf Helgoland geltenden Rechts normen im Namen Sr. Majestät des Kaisers geführt. Die bisherige Zuständigkeit der Behörden bleibt im Uebrigen un verändert. Mit Wahrnehmung des Amtes des Gouverneurs ist bis auf Weiteres der Kapitän zur See, Geißler, mit Wahr nehmung des Amtes des kaiserlichen Kommissars der Geh. Rath Wermuth beauftragt. Die Ucbergabe von Helgoland hat sich am Sonn abend programmgemäß vollzogen. Kurz nach 2 Uhr erfolgte die Landung des Staatssekretärs v. Bötticher, welcher von den im Nordhafen liegenden britischen Schiffen mit einem Salut von 17 Kanonenschüssen begrüßt und von dem englischen Gouverneur, dem ersten Beamten und Einwohnern, auf der Landungsbrücke empfangen wurde, worauf er nach dem Ober land zu dem Gouvernementshause geleitet wurde. Hier über-