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Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden sür die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Aweiundvierzigste«! Jahrgang» Erscheint »ichentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) AbennementSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzeln« Nummer kafiet^o Pf. Jnseratenannahni» Montags «. Donnerstags »i» Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freit«, AbonnementSprei» vierteljährlich 1 M«rk Eine einzelne Nummer kostet 1V Pf Jnseratenannahme Montags u. Donnerst*,« bis Mittag 12 Uhr. Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nr. 83. Dienstag, den 17. Oktober 1882. Aekanntmachung. Der diesjährige hi-fig- Herbst j a h -markt wird Donnerstag, den 19. Freitag, den 2tt. Oktober abgehalten. Wilsdruff, am 2. Oktober 1882. Der Stadtrath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Berlin, 14. Oktober. Die „Nationalzeitung" schreibt: Da immer wieder Nachrichten austauchen, denen zufolge im Bundesrath die Einführung von Arbeitsbüchern auch für großjährige Arbeiter be antragt werden soll, so wird liberalerseits beabsichtigt, im Reichstag hierüber eine Interpellation zu stellen. Das Reichsjustizamt in Berlin ist gegenwärtig mit der durch den letzten Reichstag angeregten Frage der Herabsetzung der Gerichts gebühren und der Entwerfung einer wahrscheinlich schon der nächsten Session zugchenden Vorlage beschäftigt. Auch ist jetzt eine Prüfung und Umarbeitung der auf die Aktien-Gesellschaften bezüglichen Gesetz gebung im Werke. Die Wahlagitation steht jetzt in Berlin auf ihrem Höhepunkt, jeden Tag finden sowohl von fortschrittlich-liberaler als von antifort- schrittlicher Seite mehrere größere Urwählerversammlungen statt. Die Wortführer in den liberalen Versammlungen sind die alten bekannten fortschrittlichen Abgeordneten; namentlich die Abgeordneten Löwe, Klotz, Hermes, Virchow, Knörcke, Straßmann und Langerhans greifen ener gisch in die Wahlagitation ein. Der Abg. Richter hat mit seiner großen Rede in dem Alhambratheater die Wahlagitation eingeleitet, dann aber mehr seine Kraft auf die Provinzen konzentrirt. Die kon servative Agitation trägt hauptsächlich der Oberhofprediger Stöcker, er bringt das Kunststück, in zwei Versammlungen an einem Abende zu sprechen, fertig. In der letzten Zeit ist Herr Cremer, der für die Konservativen in Pommern und Ostpreußen Propaganda machte, Herrn Stöcker wieder zur Seite gesprungen. Die antisemitischen Wortführer haben sich grollend vom Kampfplatz zurückgezogen, Liebermann, von Sonnenberg und Dr. Förster, die zur Zeit der Reichstagswahlen all täglich auf dem Plan erschienen, haben sich nur selten hören lassen. Auf der Versammlung der Irrenärzte in Eisenach brachte Dr. Schwaab, Oberarzt der Irrenanstalt Werneck in Bayern, eine Ange legenheit zur Sprache, die nicht geringes Aufsehen erregte. Er wies nämlich nach, daß eine große Anzahl von Soldaten aus 1870/71 in folge der erlittenen Strapazen im Feldzüge von Seelenstörungen und Irrsinn befallen und infolgedessen Invaliden geworden seien, ohne daß sie Antheil an den Segnungen des Jnvalidenfonds erhalten hätten. Nur in einzelnen Fällen sei nachträglich die militärische Versorgung noch gewährt worden. Der Grund davon ist darin zu suchen, daß der Fall des Irrsinns im Reichsmilitärpensionsgesetz nicht vorgesehen ist. Hier ist also eine alte Schuld einzulösen. Aufgabe der Krieger vereine wird es sein, für diese bedauernswerthen Kameraden einzutreten, indem sie durch Nachforschungen jeden einzelnen Fall so klar stellen, daß der Anspruch auf Pensionirung zweifellos erhoben werden kann. Der Reichsinvalidenfond besitzt ein so enormes Vermögen, daß jedes finanzielle Bedenken von vornherein ausgeschlossen ist. Sein Vermö gensbestand beläuft sich auf mehr den 540 Millionen M., was allein an Zinsen zu 4 Prozent jährlich 20 Millionen M. abwirft. In Braunschweig haben die Trichinen-Erkrankungen jetzt einen solchen Umfang angenommen, daß die Zahl der Patienten auf 150 bis 200 geschätzt wird. Unter den Erkrankten befinden sich auch meh rere Offiziere und etwa 40 Mann vom 67. Infanterieregiment. Eine amtliche Bekanntmachung ist noch nicht erfolgt, dürfte sich aber zur Steuerung der Aufregung empfehlen. Prag, 13. Oktober. Sämmtliche deutsche Stadtverordnete Prags haben ihre Mandate niedergelegt. Nachrichten aus Prag zufolge er folgte der Austritt der deutschen Stadtverordneten, weil der neue Bürgermeister Czerny in seiner Antrittsrede Prag als eine slavische Stadt pries. Wie die „Post" meldet, ist die Aufregung in Prag wegen dieser Rede im Wachsen. Als gestern Abend im Prager deut schen Theater „Faust" aufgeführt wurde, sei das überfüllte Haus bei der Stelle: „Nein, er gefällt mir nicht, der neue Bürgermeister" in einen mehrere Minuten dauernden Beifall ausgebrochen. Es giebt immer noch viele Leute, die in den Ernst der Revanche gelüste der Franzosen Zweifel setzen und man möchte in der That in ihrem eigenen Interesse wünschen, daß es so wäre — in unserem natürlich auch. Nachgerade aber scheint es, daß die Gelüste eher im Zu» als im Abnehmen begriffen sind. Dazu werden sie systematisch gepflegt. Der jetzige französische Unterrichtsminister hielt da neulich eine Rede, in welcher er befürtwortete, daß die Politik auch in der Volksschule zu pflegen sei. Der Lehrer müsse die früheren religiösen Verfolgungen hervorheben, damit die Kinder beurtheilten, was unter der guten alten Zeit zu verstehen sei, und beim geographischen Unter richt solle der Lehrer den Schülern von der Anhänglichkeit aller Fran zosen an Elsaß-Lothringen sprechen. „Indem das Kind über einer geographischen Karte der schwarz angezeichneten verlorenen Provinzen studirt, hat es das Recht zu fragen, unter welchem Regiment diese Provinzen ausgeliefert worden sind. Lassen wir den Lehrer diese Lek tionen geben und die Kinder mögen eines Tages ihre Schuld an Frankreich und die Republik entrichten." Man wird sich mit dem Gedanken vertraut machen müssen, daß wir mit den Franzosen ein zweites Siebenzig durchzumachen haben. Die Nachrichten aus den überschwemmten Gebieten in Ober- Italien lauten trostloser denn je; der Po steigt wieder, in der Pro vinz Rovigo beginnen bereits Sumpffieber und epidemisch die Ruhr aufzutreten. Alle Einwohner hatten sich auf den Dämmen, der ein zigen Zufluchtstätte, auf. Das Elend und die Verwirrung benützend, organisirten sich Banden von Marodeurs. — Es ist entsetzlich! In Ermangelung anderweitigen Stoffes beschäftigen sich die eng lischen Blätter eingehend mit dem Schicksal Arabis. „Daily News" meint, wenn etwas passire, so sei der Khedive nicht ausschließlich ver antwortlich dafür. England hätte Arabi den egyptischen Behörden nicht auslicfern dürfen; er sei englischer Kriegsgefangener gewesen und hätte es bleiben sollen. Thue man nicht schleunigst Schritte, so werde der englischen Regierung und der Nation eine große Schmach nicht erspart werden. „Pall Mall Gazetta" drückt in offizieller Weise die nämliche Ansicht aus und meint, die englische Regierung dürfe sich ihrer Verantwortlichkeit nicht entschlagen. Bekanntlich ist in formaler Beziehung dafür gesorgt, daß ohne Zustimmung Englands über Arabi nicht endgiltig entschieden werden kann; wie aber, wenn irgend einer der Zufälle passirt, die in den Palästen und Gefängnissen des Orients so heimisch sind? Das Wort des Khedive: „Ich und Arabi können nicht gleichzeitig leben", und die Tasse Kaffee, die ein hoher Beamter dem gefangenen Rebellenführer gerne geben möchte", sind bezeichnend genug. Einige Engländer haben nun für Arabi einen direkten Schritt bei der englischen Regierung unternommen. Sie haben nämlich eine Adresse an Gladstone gerichtet, in welcher es heißt: „Der Herzog von Wellington soll, wie von glaubwürdiger Seite berichtet wird, die Be fehle widerrufen haben, die einem festländischen Kommandeur ertheilt worden waren, Napoleon zu erschießen, wenn er auf der Flucht von Waterloo gefangen genommen werden sollte. Die österreichische Re gierung ließ 1849 sechszehn ungarische Generäle aufhängen, welche sie nicht ohne die Hilfe Rußlands auf dem Schlachtfeld besiegt hatte. Laut und scharf waren die Verwünschungen, welche viele Jahre lang auf die Häupter der österreichischen Minister herab gerufen wurden. Sicherlich ist es nicht möglich, daß unser englischer Minister, daß Sie, mein Herr, das Beispiel Wellingtons beiseite weisend, der Stimme der Geschichte erlauben sollten, den Namen Gladstones in demselben Athem- zuge wie den von Paskiewitsch oder Windischgrätz auszusprechen." Gladstone hat sich indeß damit begnügt, einfach den Empfang der Adresse anzuzeigen. In den englischen Kreisen der egyptischen Hauptstadt herrscht, wie aus Kairo berichtet wird, große Aufregung über die Rückkehr zahl reicher französischer Beamten. Dieselben sollen von dem französischen Generalkonsul zurückgerufen worden sein und erheben nun Anspruch darauf, wieder in ihre Aemter eingesetzt zu werden. Dadurch würden die ministeriellen Bureaux wieder mit Franzosen überfüllt, da früher in den Ministerien bedeutend mehr französische als englische Beamte angestellt waren. — Baker Pascha ernannte Stuart Wortley von den 60er Schützen zu seinem Adjutanten. — Der „Standard" eifert heftig gegen jede internationale oder zweistaatliche Kontrole in Egypten und verlangt die Entlassung der dort angestellten Franzosen. Die „K. Z." schreibt: In dem Khedive und den höheren egyp tischen Beamtenkreisen regen sich jetzt schon starke Unabhängigkeitsge lüste. Man will die Türkei abschütteln und dem Khedive einen höher klingenden Titel als den bisherigen, welcher blos Statthalter bedeutet, geben. Der Khedive selbst deutet diese Neigung dadurch an, daß er nächstens einen neuen Gedenkorden stiftet, der auf der einen Seite das Bild des Khedives und auf der andern die Pyramiden zeigt. Bild nisse sind zwar gegen das Gebot des Korans, aber seitdem in Kairo und Alexandrien Mehemet Ali Bildsäulen errichtet, ist das Verbot längst gebrochen. Natürlich wird durch diese Maßregeln die englische Schutzherrschaft in keiner Weise angegriffen. Malet soll dem Khedive schon angedeutet haben, daß die Kontrole abgeschafft und ihre Oblie«