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— Die Königliche Altersrentenbank in Dresden (Altstadt, Landhaus straße 16, im Landhaus) hat sich auch im verflossenen Monat April einer regen Benutzung zu erfreuen gehabt, denn es wurden derselben im ge nannten Zeitraum nahezu ein Drittel mehr Einzahlungen zugeführt, als im gleichen Monat des Vorjahres: 246,233 M. gegen nur 188,188 M. Zu diesem Ergebniß haben, wie stets, die beiden Hauptstädte des Landes in erster Linie beigetragen und zwar Dresden 79,296 M., Leipzig 38,200 M.; dann folgen die Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt, die Stadt Chemnitz und die Amtshauptmannschaft Bautzen mit je über 10,000 M. während die übrigen Verwaltungsbezirke des Landes mit kleineren Zahlen erscheinen. Was die Anzahl der Einlagen anlangt, steht jedoch hinter Dresden sofort die Stadt Chemnitz, wo also der Stückzahl nach mehr Einlagen als in Leipzig gemacht worden sind, welches hinwiederum dem Betrage nach voransteht. — Radeberg. GroßeFreude herrscht gegenwärtig in unserer Stadt, denn der Reichskanzler Fürst Bismarck hat auf Ansuchen des Direktors der hiesigen Exportbrauerei gestattet, daß man eines der hier gebrauten Biere unter dem Namen „Kanzlerbräu" in den Handel bringen darf. — Nach einer Entscheidung des Reichsgerichts sind Gartenbesitzer be fugt, die Katzen, welche in ihrem Garten den Singvögeln oder dem Ge flügel nachstellen, als Raubthiere zu behandeln und zu tödten. Aus dem Leben eines Königs. Nachdruck verboten. König Ludwig I. von Bayern bewegte sich sehr viel in Civilkleidern unter seinem Volke. Da ihn wohl die wenigsten seiner Unterthanen per sönlich genau kannten, so war es unausbleiblich, daß bei der Leutseligkeit des Königs einerseits und bei der Gcmüthlichkeit und Treuherzigkeit der Bayern andrerseits manche heitere Scene an diesen zwanglosen Verkehr sich knüpfte. Eines Mittags ging der König im englischen Garten spazieren. Etwas müde, nahm er schließlich auf einer Bank Platz, auf welcher ein Student mit einem Buche in der Hand saß. Der Fürst ließ sich mit dem jungen Manne in ein Gespräch ein und fühlte Kalo heraus, daß er einen ebenso fleißigen, wie talentvollen Jüngling vor sich habe. „Warum gehen Sie aber nicht zum Essen?" fragt endlich König Ludwig. „In ganz München pflegt man doch meines Wissens um diese Zeit zu essen." „Sie habeu gut reden, mein bester Herr," antwortete lachend der Student. „Aber mein Magen ist besser erzogen, er richtet sich nach meiner Geldbörse und nicht nach der üblichen Eßzeit." „Wenn Sie über so geringe Mittel zu verfügen haben," meinte Lud wig, „warum wenden Sie sich denn da nicht an Ihren König, junger Herr? Ich hörte doch, daß derselbe junge, strebsame Männer oft und gern unterstützt." „So, bester Herr?" fiel der Bruder Studio ihm ins Wort. „Na, wissen Sie, ganz gewiß sind Sie noch nicht lange in München, sonst würden Sie bereits sattsam überzeugt sein, daß Sie ganz falsch berichret sind. Ich sage Ihnen, von dem Knicker ist kein Pfennig zu bekommen." Ein leichtes, kaum merkliches Lachen glitt über das Antlitz des Königs. Doch ruhig erwiderte er: „Was Sie nicht sagen? Ja, ich muß gestehen, da habe ich eine bessere Meinung von König Ludwig." Dann brachte er das Gespräch auf ein anderes Thema, erfuhr auf geschickte Weise den Namen und die Adresse des Studenten und verab schiedete sich endlich auf das leutseligste. Am nächsten Tage wurde der junge Mann in die Universitätskanzlei gerufen. Hier eröffnete ihm der llevtor ing^nillous, daß ein hoher Herr sehr angelegentlich nach ihm sich erkundigt und etwas für ihn zurückgelassen habe. Mit diesen Worten überreichte ihm der Rektor ein großes, versiegeltes Schreiben. Wie crschrack der Student, als er nach Oeffnung des Briefes vier Hundertguldenscheine vorfand und folgende Zeilen: „Vierhundert Gulden sendet Ihnen zur leichteren und angenehmeren Fortsetzung Ihrer Studien mit dem besten Wunsche für günstigen Erfolg Ihr wohlgeneigter König Ludwig „der Knicker." » * An einem heißen Sommernachmittage befand sich der König in einem weniger lebhaften Stadttheile der Residenz; er trug seinen Ueberzieher über dem Arm und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Da trat eine ältliche Frau auf ihn zu und nahm ihm ohne Weiteres den Ueberzieher ab. Ein in unmittelbarer Nähe postirter Gensdarm, welcher jene Frau wahrscheinlich für eine Bettlerin hielt, wollte einschreiten und die Zudring liche verhaften. Aber der König, voll Neugierde, wie die Sache enden würde, winkte dem Diener der hl. Hermandad, er solle zurückbleiben. Die Alte befühlte den Rock sorgfältig und musterte ihn mit Kennerblick. „Das ist ein feiner Stoff," meinte sie endlich, „nun, zehn Gulden werde ich schon dafür bekommen. Bleiben Sie nur hier, mein Herr, in zwanzig Minuten bin ich wieder hier und bringe Ihnen das Geld und den Schein." „Schon gut, schon gut, ich werde warten," antwortete König Ludwig ganz verblüfft. Nach Verlauf von einer kleinen halben Stunde kehrte die Frau zurück und sagte freudestrahlenden Antlitzes: „Fünfzehn Gulden habe ich bekommen, mein Herr. Ihr Ueberzieher muß sehr gut sein, und Sie sind gewiß ein feiner Herr. Bitte, hier ist das Geld, und da haben Sie den Schein, aber verlieren Sie denselben nur nicht. Mit dem Einlösen hat es sechs Monate Zeit. Wenn Sie wieder einmal etwas brauchen, so kommen Sie nur zu mir; ich stehe jeden Nachmittag hier und erfreue mich einer noblen Kundschaft. Darf ich mir für meine Bemühung 12 Kreuzer ausbitten?" Der König lachte und entgegnete schnell: „Das haben Sie gut gemacht, liebes Mütterchen. Hier haben Sie etwas für Ihren Weg und Ihre Besorgung!" Der König drückte ihr schnell die fünfzehn Gulden in die Hand und enfernte sich eiligst, bevor die Alte von ihrem Erstaunen sich erholen konnte. Ein Kunde, welcher ihr als Belohnung die ganze Summe einhändigte, die sie für das Pfandobjekt im Leihhause bekommen hatte, war ihr sicherlich in ihrer Praxis noch nicht vorgekommen. König Ludwig, welchen daS kleine Abenteuer sehr belustigte, kehrte vergnügt ins Schloß zurück und trat mit den Worten in die Gemächer seiner königlichen Gemahlin: „Hast Du schon gehört, mein Herz, daß ein König seinen Rock ver setzte? Aber schau, ich mußte heute meinen Ueberzieher verpfänden. Da ist der Schein, laß mir meinen Paletot wieder auslösen!" (Fortsetzung folgt)*