Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für ilsdniff, Tharandt, Rossen, Mcbcnlchn imd die UmgcAculX'». Amisölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz dieses Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 1Z. Dienstag, den 23. Aeöruar 18« S. Tagesgeschichte. In Pirna wird, wie wir hören, von der national-liberalen Partei Herr Adv. Krause, von der bundesstaatlich-constimtioncllen, Herr Legationsrath von Lindenau als Candidat zur Ergänzungs- Wahl für den Reichstag aufgestellt. Die „D. A. Z." veröffentlicht eine Ansprache der freisinnig deut schen Partei an die Wähler zum Landtage. Der erste Punkt dersel ben stellt folgende Forderungen auf: Aufrichtiges Bundesvcrhältniß, Uebcrtragung der diplomatischen Vertretung der Ministerien der aus wärtigen Angelegenheiten und des Krieges auf den Bund. Weiter wird gefordert: Reformen der Verfassung und Verwaltung, Verbesse rung des Schulwesens, Abschaffung des Kirchenpatronats, Erleichte rung der Abgaben von Lebensmitteln. Die Ansprache trägt 107 Unterschriften, darunter zahlreiche frühere Kammermitgliedcr der li beralen Partei, namentlich Rcwitzer, Siegel, Biedermann, Pornitz, Stauß, Hecker, Schnorr, Wolter, Lehmann, Israel, Ostwalt, Be ring u. A. Am 16. d. M. Abends zerbarst in Meißen das dem dortigen Schiffseigner Finke gehörige, als größter Elbkahn bekannte Schiff, welches über 5000 Ccntner Fracht atifnehmen konnte und mit Rog genschrot beladen war. Voraussichtlich dürfte nur ein Theil der Fracht zu retten gewesen sein. An der vergangenen Mittwoch ist in Tctschen an einem Pfeiler der dortigen Kettenbrücke ein Kahn angestoßen, infolge dessen umge- schlagcn und sind hierbei leider von den 4 darin befindlich gewesenen Personen 3 Maun ertrunken. — An demselben Tage gerietst bei Bo denbach ein Knecht, welcher mit 2 Pferden einen Elbkahn stromauf wärts zog, vom Ufer herab sammt seinen Pferden in die hvchange- schwvllcncn Fluchen. Der Knecht wurde gerettet, die Pferde indeß ertranken. An beiden Unglücksfällcn soll der an jenem Morgen in dortiger Gegend besonders starck gefallene Nebel die Lchuld tragen. Am 13. Fcbr. Nachmittags ist in Leipzig ein 13jährigcr Schul knabe aufgegriffen worden, der am 4. Februar seinen in Breslau wohnenden Eltern aus Furcht vor Strafe wegen eines von ihm ge fälschten Schulattestes entlaufen war, und die Absicht halte, in Bre men oder Hamburg auf ein Schiff zu gehen. Der Knabe war im Besitze nur geringer Geldmittel gewesen und hat deshalb den weiten Weg von Kohlfurt nach Leipzig zu Fuß zurückgclcgt/ Leipzig, 18. Fcbr. Eine traurige Katastrophe, welche leider mit Verunglückung mehrerer Menschen verbunden ist, hat heute Vormittag '/Ul Uhr in dem Laboratorium des Feuerwerkers Schömberg aus der großen Funkenburg stattgefundcn. In einem eingeheiztcn Locale daselbst waren ein Arbeiter und eine größere Anzahl Arbeiterinnen beschäftigt, und der dieselben beaufsichtigende Schwager Schömbergs hatte, Alles in Ordnung findend, kaum jene Stube verlassen, als dieselbe wahrscheinlich durch Selbstentzündung einer Partie noch nicht fertiger Fcuerwerksröhren, welche zum Trocknen in die Nähe des Ofens gelegt worden waren, plötzlich in Hellen Flammen stand, die . bis in die Nebenstube hinausschlugen. Ein Theil des Arbeitspersv- nals rettete sich zwar durch schleunige Flucht, der Arbeiter aber und vier Mädchen wurden von den Flammen ergriffen und an Gesicht und Haaren zum Theil auf schreckliche Weise verbrannt; in der Auf regung vergaßen dieselben überdem durch die Thür zu entrinnen und suchten sich durch die Fenster zu rette», wobei sie sich fast ausnahms los auch noch in den zertrümmerten Glasscheiben blutig verletzten. Die Brandwunden der sämmtlich im JakobshoSpilale nntergebrachten Unglücklichen sind bei dem Arbeiter Knauth und der Arbeiterin Kirch ner leider als schwere und lebensgefährliche zu bezeichnen. Nach einer Mittheilung der „D. Ä. Z." hat ein edler Leiziger Bürger, der seinen Namen nicht genannt sehen will, der Stadt Leip- ) g ein Capital von 20,000 Thlr. zum Bau von Arbciterwohnungcn geschenkt. dem „Dr. I." aus Weimar geschrieben wird, ist es am G. Februar der Polizei gelungen, das der Post neulich auf so ver- lchmitztc Weise gestohlene Geld zu finden und den Thätcr in dem Uiudbriefer Bauer zu entdecken. Bauer genoß an und für sich keines wten Nuss; während er seine Landtonr machte, hielt man bei ihm Haussuchung, fand in einer Kommode in einer Brieftasche zwei der vermißten 500-Thalcrscheine und schritt zu seiner Verhaftung, noch während er auf seiner Tour begriffen war. Der Verhaftete gab an, das Geld vor dem Bahnhof gefunden zu haben und bezeichnete auch den Versteck des übrigen Geldes. Man fand daselbst nicht nur das jetzt gestohlene Geld vollständig, sondern noch mehr, sodaß die früher hier vorgekommenen Gelddicbstähle bei der Post sämmtlich dem Bauer zur Last gelegt werden. In Berlin ist der BundeSrath wieder zusammengctreten und beschäftigt sich u. a. mit Einführung der deutschen Wechselordnung und des deutschen Handelsgesetzbuches als Bundesgesetzes und mit dem Entwurf einer Gewerbeordnung. Es ist, als ob Preußen mit seiner Beschwerde über die Pariser Zeitungen das Jahrhundert in die Schranken gefordert hätte: so speit just die Zeitung Liovlo (Jahrhundert) in Paris Feuer gegen Preußen aus. Preußen wolle nur noch Schmeichler und Dienstwillige dulden, Deutschland habe nichts von iym zu hoffen, als Herren und Gesetze, es sei die reine Militärmacht re. — und andre undruckbare Dinge. Sivccko ist ein von der französ. Regierung ziemlich unabhän giges Blatt, das gelesenste in Frankreich, bei Bürgern sehr populär und ein in allen Fällen, wo es sich um Anregung und Bearbeitung der Massen handelt, wichtiges Blatt. Es sprudelt jetzt alles über Preußen heraus, was es über Napoleons Regierung nicht sagen darf. Wenn Bismarck aufrichtig sagen konnte, daß alle Großmächte fried lich gesinnt sind, so wird auch dieser Zeitungssturm ohne Verheerun gen vorüberbrauscu. Englische Stimmen freilich fürchten, daß der Friede nur an einem Faden hängt. Offner Brief des in vor. Nr. d. Bl. zum Candidateu für den norddeutschen Reichs tag vorgcschlaqenen Nedacteur der „Constitutionellen Zeitung", Herrn Adv. Siegel in Dresden. Geehrter Herr Nedactcur! Mit freudiger Ueberraschuug empfange ich No. 14 Ihres Blattes, worin meiner Cändidatur bereits wohlwollend gedacht ist. Und in der That! bin ich wenigstens meinen Wilsdruffern kein Fremdling, denn ich vertrat sie schon früher auf dem sächsischen Landtage, weil Wilsdruff mit Meißen, Lommatzsch, Strehla, Oschatz und Dahlen den von mir vertretenen städtischen Wahlbezirk bildete. Wir erneuern also nur eine alte Bekanntschaft. Die LandtagSvcrhandlungcn von 1848 beweisen, daß ich zur freisinnigen Gestaltung des Wahlg^^tziZ von 1848 wesentlich mit wirkte, ja sogar für Einführung des Eiukamm ersystems mich aussprach. Und noch heute bin ich der Meinung, daß für unser engeres Vaterland eine Kammer genügt, wenn die wichtigeren Angelegen heiten des Gcsammtvaterlandes durch eine gemeinsame Regierung und ein gemeinsames Parlament geordnet werden. Die damalige Hoffnung täuschte. In unseliger Verblendung lehnte Preußens König die ihm vom deutschen Parlamente zu Frank furt angetragene Kaiserkrone ab, der Bundestag kehrte nach Frank furt, die Reaction auch nach Sachsen zurück und unsre freisinnige Verfassung von 1848 wurde nmgestürz-. Mit aller Macht kämpfte ich damals dagegen und die älteren Ihrer Leser werden wissen, daß zn Anfang der fünfziger Jahre die „Constitutionelle" die einzige Zeitung Sachsens war, die den Muth nicht verlor und, unbeirrt durch zahllose Prozesse und sonstige Anfein dungen, für freiere Gestaltung in Staat und Kirche das Wort nahm. Nach so vielen Tänschnngen habe ich die Folgen des Jahres 1866 als eine Abschlagszahlung acceptirt. Man hat mir das von mancher Seite zum Vorwurf gemacht. Wie ich glaube mit Unrecht. Denn — die Hand aufs Herz! Wenn Einer 20 Jahre einen Proccß geführt und zahllose Gerichts- und Advocatcnkosten bezahlt hat, wer ist da nicht froh, wenn er schließlich 70 Proccnt von seiner ursprüng lichen Forderung erhält? So ungefähr ging es mir. Nach 20jähn- gen Kämpfen und — ich darf das wohl sagen — nach vielen per-