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WchMM ßi Wilsönisf Tharandt, Wolfen, Sieömteßn und die Wmgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Aleißen, für das Agl. Amtsgericht und den ^tadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tbarandt. Alttanneberg Birkenhain Blankenstein, Braunsdorf, Burtyardrs alde Grolsch, Grumbach, Grund bet HeldtMorf, HerzogswkÄe mit Landder«, Hühndmf. «aufback KeffelSdorf. KleinschSnberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Losen, Rohsr», Miltitz-Roitzschen, M«zig, Neukirchen, NeutarmeSsr«, Niederwartha, OberhermSdorf, Pohrsdorf Röh'-sdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Penre, SaSsdsrf, Schmiedewaldr, Sora, Steinbach bei KeffelSdorf, Steinbach bei Mohorn " '' Seeligstadt, SpechtShaMen, Taubenheim Unkersdorf. WeMropp, Wildoerg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich l M. 30 Psg., durch die Post be zogen 1 Mk. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. Druck und Verlag von Martin Berger L- Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion verantwortlich: Hugo Friedrich, sür den Inseratenteil: Curt Thomas, beide in Wilsdruff. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Psg. pro viergespaltene Korpuszetle. No. 131. Sonnabend, den 4. November 1WS. 64. Jahrg. Verschlimmerung der Lage in Rußland. In Pultawa haben Kosaken eine Anzahl Leute an- gegriffen, die friedlich vor dem Gefängnis versammelt waren, wohin der Polizeimeister sie hatte zusammenrufen lassen, damit sie der versprochenen Freilassung von politischen Häftlingen beiwohnten. Eine Anzahl Personen wurden schwer, mehrere tödlich verwundet. Einige Menschen wurden getötet. 28 Verwundete wurden nach dem Krankenhaus gebracht, andere in ihre Wohnungen. Große Furcht und tiefe Erbitterung herrscht bei der Bevölkerung. Aus mehreren anderen Städten, namentlich aus Bielostok, Kiew und Pskow wird gemeldet, daß oort Unruhen durch Truppen blutig unterdrückt wurden. An einzelnen Orten geht die Bürgerschaft mit Zu stimmung der obersten Behörden gegen die Polizei vor, um der furchtbaren Anarchie ein Ende zu machen, ein Ver fahren, das stellenweise schon von Erfolg begleitet war. Die Petersburger Telegraphen-Agentur meldet aus Kasan: Plünderung und Blutvergießen herrschte heute in der Moswenskajastraße. Es wurde gegen das Bezirks gericht und den Schachklub geschossen, wobei eine Anzahl Personen verwundet wurden; auch viele Gymnasiasten wurden verletzt. Blutlachen bedecken hauptsächlich vor dem Priesterseminar den Schnee. Wilde Verwüstungen, denen die Läden zum Opfer fielen, fanden spät am Abend statt, als nur noch Polizei und Kosaken auf den Straßen waren. Die telephonischen Hilferufe der Laden inhaber an die Polizeiverwaltung blieben ohne Erfolg. Ein Augenzeuge bestätigt, daß die Soldaten selbst plün derten und daß der Gehilfe des Polizeimeisters auf ihn zu schießen drohte, als er dazwischen trat, um dem Un wesen Einhalt zu tun. Viele Läden, Privathäuser und selbst öffentliche Gebäude sind von Kugeln durchlöchert. Es ist unmöglich, festzustellen, swer die Bewegung geleitet hat, doch besteht Gewißheit, daß man die Polizeimann, schäften und die Kosaken ohne Plan und bestimmte Weisung vorgehen ließ. Sie schossen blindlings ohne jede Herausforderung auf friedliche Fußgänger in den Straßen. Im Semstwohospital liegen 25 Verwundete. Die Entrüstung des Publikums ist allgemein, selbst bei überzeugten Konservativen, die das Vorgehen der Polizei aufs schärfste verurteilen, bei der keinerlei Autorität vor handen sei. Die Mitglieder des Gemeinderats begaben sich zum Gouverneur. Dieser erklärte, daß der Polizei- meister seine Entlassung eingereicht hab: und die gerichtliche Untersuchung gegen ihn eingeleitet sei. Die Truppen und die Kosaken find aus den Kasernen fortge bracht worden, und die Gemeindeverwaltung konnte eine Miliz organisieren. Die Verhafteten wurden wieder in Freiheit gesetzt. Eine große Menschenmenge begab sich nach der Polizeistation, nahm die dort befindlichen Waffen weg und brachte sie nach dem Rathause. Aus Rostow am Don wird gemeldet, daß ein durch die Geistlichkeit gemachter Versuch, die Gemüter durch eine kirchliche Prozession zu beruhigen, erfolglos geblieben ist. Die Ausschreitungen werden immer ernster, die Plünderung dauert fort, und die Stadt befindet sich in den Händen des Pöbels. Fortgesetzt wird ge schossen; die Krankenhäuser füllen sich mit Verwundeten und Toten; das Betreten der Straßen ist gefährlich; einige Häuser stehen in Flammen. — Aus Kasan wird ge meldet, daß sich dort eine aus 400 Studenten und Ar beitern bestehende Miliz gebildet hat, die mit der Polizei sortgenommenen Waffen versehen ist. Während der Nacht durchzogen Milizpatrouillen die Straßen. Die Ruhe wurde inirgends gestört. — Aus Kurgan und Taschkent wird gemeldet, daß das Mlitär friedliche Manifestanten durch Waff.ngewalt zerstreute, wobei viele Personen verwundet wurden. JnOvessa undKiew spotten die Zustande aller Beschreibung. Ein fürchterlicher Kampf aller gegen alle scheint dort ausgebrochen zu sein, und ein Ende dieser unerhörten G euel ist noch gar nicht abzusehen. Aus Odessa wird telegraphiert, dort herrsche voll ständige Anarchie und grauenhaftes Gemetzel. Die Zahl der Getöteten wurde spät auf vier- bis fünf- tausend geschätzt. Die Aufrührer benehmen sich wie wilde Bestien und schießen ohne Unterschied auf alles. Viele Einwohner erwidern das Feuer und übecschüiten den Mob mit mörderischen Salven aus ihren Häusern. In der Finsternis knattern nah und fern Schüsse und krachten Bomben. Schmerzensschreie und Wutgebcüll er- füllten die Luft. Niemand wußte, welche Schrecken die Nacht bringen würde. Ein General an der Spitze einer Loyalisten-Prozesston wurde abend, im Alexander-Prospekt erschossen. Eine halbe Ssotnte Kosaken bildete die Leib- wache um General Kaulbars' Palais. Sie versuchten, vor dem Palais quer über die Straße eine Verteidigungs» barrikade zu errichten, wurden aber durch eine Bombe aus einandergetrieben. Der Kommandeur dec Kosaken floh in Zwil aus der Stadt, um dec Wut des Pöbels zu ent gehen. Die Juden verteidigen sich tapfer in ihrem Viertel Das Kciegsrecht wurde von neuem verhängt, aber die Truppen tun nichts, es zu erzwingen. Aus dem Innern kommen finstere Gerüchte über agrarische Revolten. Die Landleute sollen die neuen Freiheiten dahin auslegen, daß sie den Grundbesitzern das Land wegnehmen dürften. Aus Kiew wird telegraphiert: Vorgestern nacht spielten sich unbeschreibliche Szenen des Schreckens ab. Der Pöbel brach in das Rathaus ein und riß das Gemälde des Zaren herab. Die Truppen feuerten und töteten 40 Personen, dreihundert wurden verhaftet. Soldaten wurden von Pferden gerissen und am Boden liegend ermordet. Ein Advokat riß das Porträt des Zaren aus dem Rahmen, schnitt den Kopf des Bildes heraus, steckte seinen Kopf hindurch und hielt so eine Rede an den Mob vom Balkon des Rathauses. Gestern früh erstürmte eine Bande Ar beiter sein Haus und riß ihn in Stücke. UM Mitternacht begann eine Judenhetze; die Marktgebäude wurden zerstört, und kein jüdischer Luven in der unteren Stadt behielt einen Stein auf dem anderen. Vormittags wurden alle jüdischen Läden in der Hauptstraße zerstört. Tausende von Männern, Frauen und Kindern kämpften wie die Furien um die Waren und Kostbarkeiten. Starke Militärpatrouillen sahen lächelnd und untätig zu. Polizisten steckten Wertsachen ein, Kosaken verbargen geraubte Waren unter ihren Mänteln. Gestern abend 6 begann das Plündern wieder trotz strömenden Regens. Die Juden feuerten von den Baikonen auf die Truppen und Loyalisten prozessionen und diese erwiderten das Feuer. Die Bureaus und Häujer von Baron Günzburg, Brodsky, Zaitzew und Epstein wurden zerstört; die übrigen Juden erwarten heut noch Schlimmeres und drohen mit einem Christenmassaker. politische Rnn-schan. Wilsdruff, 3. November 1905. Deutsches Reich. I Ein schweres Gefecht mit Morenga. Generalleutnant von Trotha hat folgende Meldung des Oberstleutnants van Semmern weitergegeben: „Ich bin mit der Abteilung Koppy am Ocanjefluß östlich Harte. beestmund (20 Kilometer südöstlich Hornsdrift) auf einen sehr starken Gegner, mindestens 400 Mann, unter Morenga, Morris, Johannes Christian in verschanzter Stellung gestoßen. Es kam zu einem äußerst schweren Kampf, der bis zur Dunkelheit währte. Am Morgen räumte der Feind nach kurzem Feuergefecht seine Stellung und zog in westlicher Richtung ab. Eine Verfolgung war wegen der Erschöpfung der Truppen und wegen Proviant- und MunittonSmangels nicht möglich, deshalb waren die Verluste des Feindes nicht festzustellen. Die englische Po- ltzei hat nach Beobachtungen vom Südufer des Oranje- fluffes angegeben, daß der Feind starke Verluste gehabt habe, besonders habe die Artillerie gut gewirkt. Unsere Verluste sind die folgenden: 3 Offiziere und 13 Mann tot, 3 Offiziere und 18 Mann schwer verwundet, 13 Mann leicht verwundet, 5 Mann vermißt. Ich habe am 27. die Verwundeten westlich von Pelladrift nach der Mission über den Oranje gebracht. Ich marschiere mit der Abteilung Koppy über Eendorn nach Warmbad, wo ich am 31. einzutreffen gedenke. Die Truppe hat im Ucberwinden außergewöhnlicher Schwierigkeiten und in unerschütterlicher Tapferkeit im Gefecht Großartiges geleistet." Außerdem wird gemeldet, daß Hendrik Witboi nach vergeblichen Versuchen, durch Angriffe auf die besetzten Wasserstellen Aminuis und Kirris-Ost Wasser zu bekommen, 350 Weiber und Kinder, darunter seine nächsten Angehöri gen, halbverdmstet zurückließ. Sie liefen den deutschen Truppen zu und werden nach Keetmanshoop gebracht. Aus der Gegend von Kirris-Ost ist Hendrik Witboi über Blum- Pütz-Garinais in nordwestlicher Richtung geflüchtet. Major von Estorfs ging am 25. Oktober mit einer Kompagnie, zwei Geschützen und zwei Maschinengewehren von Mukorob mit 80 Reitern und zwei Geschützen von Fahlgras aus ihm entgegen, während Major von Lengerke mit einer Kompagnie und einer Batterie ihm über Gaiaub folgt. Postierungen am Fischfluß und am Auob sollen ein Ent kommen Hendrik Witbois nach Westen oder Osten zu ver hindern suchen. Cornelius wurde von der Abteilung Lettow über die Zwiebelhochebene verfolgt. Er überschritt nördlich Chamis den Koukip und wurde am 24. Oktober bei Gorabis von der 4. Ersatzkompagnie gestellt, die bis dahin die Straße Kuvud-Keetmanshoop gedeckt hatte. Nach einstündigem Gefecht zog Cornelius unter Zurücklassung von zwei Toten westwärts ab und wandte sich dann in nordöstlicher Richtung über Blutpüts-Remanhöhe nach dem Schwarzrand. Hauptmann von Lettow mit drei Kom pagnien ist mit seiner Verfolgung beauftragt, bei der die Stationsbesatzungen des Bezirks Nordbethanien mitwirken werben. Unsere Verluste in Südwestafrika. Unsere Gesamtverluste an Menschen in dem jetzt 22 Monate währenden Aufstande betragen bis jetzt, 27. Oktober, einschließlich der Zivilbevölkerung 1842 Seelen. Die militärischen Verluste von Beginn des Aufstandes bis jetzt, einschließlich der Verluste der im Beginn des Auf standes verwendeten Martnetruppen, sind folgende: tot 1025, verwundet 596, insgesamt beträgt der militärische Verlust 1621 Mann. Wegen Krankheit heimgesandt, hierbei aber nicht berücksichtigt, sind etwa 750 Offiziere und Mannschaften, die genau genommen auch ein Verlust der Truppe sind. Von der Gesamtverlustziffer der Truppen kommen 900 Mann rund auf das Jahr 1904, der Rest (721) auf das laufende Jahr. Der Gefechtsverlust der Truppen, d. h. die im Kampfe Gefallenen und Verwundeten, beläuft sich insgesamt auf 1009 Mann, da von 110 Offiziere, also der zehnte Teil des Ganzen. Vor dem Feinde gefallen sind 443 Mann einschließlich der Offiziere, also 45 Prozent der Toten (1870/71: 15 Prozent), an Krankheiten gestorben 477. Beachtenswert ist die geringe Zahl der an den Wunden gestorbenen (29) im Verhältnis zur Gesamtzahl der Verwundeten (566), in Südwestafrika 4 Prozent, 1870/71 11 Prozent. In Südwestafrika zielt der Feind genau und trifft meistens gleich tödlich oder fehlt beim Zielen und bringt dem Gegner dann nur leichte