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2 Gejchichte, Zwvec und Rothwendigfeit der Vetouche. retouche wurde nicht jo laut in die Welt ausposaunt, sie blieb ein Geheimnis, auf dessen Spur zu kommen man lange vergeblic versuchte. Denn alle Bemühungen, eine etwaige Retouche, der man die wunderbar erzielten Wirkungen mancher Bilder zuschreiben zu müssen glaubte, von der Dberfläche der Bilder abzuwischen, mußten miszlingen, eben iveil man es mit Megativretouche zu thun hatte, nd da die Welt bislang nur die auf der Bildichicht aufgetragene Positivretouche kannte, die fiel) leicht wegwischen liesz, fo verfiel man auf alles An- dere, nur nicht auf das Dasein einer Megativretouche; man zerbrach sic faft den Sopf, diesen geheimniszvollen Schleier zu lüften; man verlachte Diejenigen, die auf Grund ihrer Untersuchungen mit Vergröszerungsgläsern fiel) nicht über- reben liefen, ihre Ansicht aufzugeben, daß hier Retouche im Spiele fei, und während man braunen stritt und eiferte, sas der ober bie schlauen Ersinder der Megativretouche hinter dem Tuche ihres Pultes, lachten sic in’s Päustchen und zogen aus der Dummheit ihrer Mitmenschen ihr pecuniäres Glück; ein Geschäft, von dem man ja schon feit undenklichen Zeiten behauptet, das es ein sehr lohnendes fein soll. Wenn man heutigen Tages bie Regativretouche vom Standpunkt ihrer großen künstlerischen Wirkjamkeit und Roth- wendigkeit betrachtet, erscheint es faum glaublich, daß sie noc von fo jugendlichem Alter ist, und doch läszt fiel) mit Be- stimmtheit nachweisen, das sie erst in den Sechzigerjahren unseres Sahrhunderts in’s Dasein trat. Sie Retouche an und für sic ift schon bedeutend älter, fie batirt bereits von der Zeit der Daguerrevtypie her, tonnte aber auf jenem Material durchaus nicht bett Verschönerungsbestrebungen der Bhvto- graphen in beut Masze genügen, wie fie es wünschten. Aber von der Zeit an, wo der Bleistift bie Herrschaft in ber Megativretouche gewann, was ungefähr um das Jahr 1866 ber Fall war, war ber Megativretouche ein unübersehbares Feld ber Wirkfsamkeit eröffnet, und fand dieselbe mehr und mehr unter dem Publikum allseitige, ungetheilt freudige Aufnahme. Wie in solchem Falle jedoch vorauszusehen, blieb leider eine lebertreibung nicht aus, zumal fie für den gewissenlosen