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ARCHIV FÜR WISSENSCHAFTLICHE PHOTOGRAPHIE 9 bei der Fixstembeobachtung daher noch dann vorzügliche Resultate, wenn die Luft unruhe so stark wird, dass direkte Messungen unterbleiben müssen. Es lässt sich nach dem eben Auseinandergesetzten nun unmittelbar feststellen, in welchen Fällen der wichtigste Faktor bei der Anwendung der Photographie in der Astronomie in Wegfall kommt und damit ein Vorteil dieser Anwendung fraglich wird, nämlich stets dann, wenn infolge der Eigentümlichkeit der Methode keine Mittelbildung stattfindet, oder wenn durch die mit der Mittelbildung verbundene Verwaschenheit die Sichtbarkeit des zu messenden Objektes beschränkt oder aufgehoben wird. Der erstere Fall liegt vor, wenn man das Fernrohr nicht dem Laufe der Sterne folgen lässt, sondern wenn bei unveränderter Stellung des Instrumentes das infolge der Drehung der Erde über die Platte laufende Bild des Sterns seine linien förmige Spur hinterlässt. Diese Spur ist die Registrierung aller Schwankungen des Bildes nebeneinander, statt aufeinander, wie bei dem mit Uhrwerk getriebenen Fernrohr; sie ist also eine unregelmässige, zackige Linie. Soll auf dieselbe beim Messen eingestellt werden, so bleibt dem Auge wieder die Arbeit des Mittelnehmens überlassen, und die Sachlage ist ähnlich wie bei der direkten Beobachtung, aller dings immer noch günstiger, da die unregelmässige Bahn des Sterns konstant vor handen ist, und nicht, wie beim direkten Bilde gleichsam im Gedächtnis behalten werden muss. Die Erfahrung hat dem entsprechend gelehrt, dass die Verwendung der Photographie bei den astronomischen Durchgangsinstrumenten eine wesentliche Er höhung der Messungsgenauigkeit nicht herbeiführt, ja, dass sie in einzelnen Fällen wegen anderweitiger Nachteile der photographischen Methoden hinter den direkten Beobachtungsresultaten zurücksteht. Man hat in der richtigen Erkenntnis der Gründe daher schon vor längerer Zeit eine Modifikation der Durchgangsmethoden vorgeschlagen, die in recht genialer Weise künstlich bei der Sternspur die automatische Summierung der Einzelbilder bewirkt. Es wird zu diesem Zwecke dem Licht nur in ganz kurzen Intervallen der Zutritt zur Platte gestattet, infolgedessen die Spur sich aus einer grossen Zahl ein zelner Sternpunkte zusammensetzt. Jeder einzelne Punkt kann so genau gemessen werden, wie bei den gewöhnlichen Sternaufnahmen, steht aber wegen der Luftunruhe an einer unrichtigen Stelle. Die Messungen an allen Punkten geben aber im Mittel auch die richtige Mittellage, die Mittelbildung wird also automatisch durch die Rech nung besorgt. Wenn bisher mit dieser Methode praktisch noch keine befriedigenden Resultate erzielt worden sind, so liegt dies nicht an der Methode selbst, sondern an der ungenügenden mechanischen Ausführung der Instrumente. Ich bin auf dieses an und für sich schon sehr lehrreiche Beispiel etwas genauer eingegangen, weil man gerade neuerdings in unbegreiflicher Weise bei Messungen, bei denen es auf höchste Genauigkeit ankommt, zu den kontinuierlichen Sternspuren zurückgegangen ist. Der zweite Fall, bei dem gerade die automatische Mittelbildung schwere Nach teile mit sich bringt, liegt vor bei den Aufnahmen der Oberflächen der grossen Pla neten und des Mondes. Das feinste Detail wird hierbei durch die Übereinanderlegung der einzelnen Bilder vollständig verwischt, bei stärkerer Luftunruhe verschwinden selbst gröbere Einzelheiten. Die direkte Beobachtung ist in diesen Fällen der photo graphischen sehr überlegen, weil es ein Beobachter lernt, aus dem Gewirr der ein-