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21. April 1909. Hauptversammlung der Nordwestlichen Gruppe. Stahl und Eisen. 581 die betreffenden Industriezweige sich in gesunder Geschäftslage, in einem Falle sogar in einer „condition florissante“ sich befinden. Auch soll Frankreich, mit dem wir erfreulicherweise durch den Frankfurter Frieden von 1871 im Ver hältnis der Meistbegünstigung stehen, nach dem Vorschläge des Berichtes denjenigen Ländern, welche Ausfuhrprämien und Rückvergütungen gewähren, eine schärfere Stellung gegenüber ein nehmen. Man würde damit dem Vorgänge Kanadas folgen. Dieses Land ist bekanntlich das einzige, mit dem Deutschland zurzeit in einem Zollkonflikt lebt, zum großen Schaden beider Teile. Die Frage der Beilegung dieses Zwistes wird jetzt um so aktueller, als der Abschluß eines Handels vertrages Kanadas mit seinem eigentlichen Mutterlande, Frankreich, bevorsteht und der deutschen Industrie dadurch weitere schwere Schäden drohen. Ferner neigt man in den Ver einigten Staaten von Amerika zu einem Handels abkommen mit dem Nachbar, und drittens läuft am 31. Dezember 1909 das siebenmal verlän gerte Handelsvertrags-Provisorium mit England ab, das England und seinen Kolonien, mit Aus nahme Kanadas, die Meistbegünstigung zuge steht. Soll also ein Handelsabkommen mit Eng land und seinen Kolonien getroffen werden, so muß unter allen Umständen unser Verhältnis zu Kanada geregelt sein. Neueren Zeitungsmel dungen zufolge scheint man auch in Kanada guten Willens zu sein, in bessere Handels beziehungen einzutreten. Allerdings zeugen die neueren Bestimmungen über die Erhebung des Sonderzolles (dumping duty) speziell für Draht und Drahtstäbe nicht sehr für eine fried fertige Stimmung. Endlich ist noch auf die geplante Einführung von Prämien für Eisen- und Stahlerzeug nisse innerhalb des australischen Bundes zu verweisen. Dem Parlament dieses Bundes ist nämlich ein Gesetzentwurf vorgelegt worden, in dem u. a. die Zahlung von Prämien von 12 sh für die Tonne (bis zu einem Höchstbetrage von 150 000 Pfd. Sterl. = 3 Mill. Mark) auf Roh eisen vorgesehen ist, das aus australischem Erze hergestellt wurde. Für Rohschienen aus Eisen und Stahl, die aus australischem Roheisen gefertigt wurden, soll der gleiche Satz in der Zeit vom 1. Januar 1909 bis zum 30. Juni 1914 gezahlt werden. Gleichfalls sollen Prämien für Eisen- und Stahlrohren, Draht usw. in der Höhe von 10 vH. des Wertes geleistet werden, wenn diese Erzeugung aus australischem Roheisen hergestellt worden ist. — Auch Eng lands Erzeugnisse finden hier wieder konsequente Bevorzugung. In bezug auf das Ausland sei noch erwähnt, daß, einer Zeitungsnachricht zufolge, die nor- wegische Regierung dem Storthing demnächst einen Gesetzentwurf über die Erteilung von Konzessionen an Unternehmer vorlegen wird, der die deutliche Tendenz zeigt, zu verhindern, daß ausländisches Kapital in zu großem Maße die Naturkräfte des Landes ausbeutet. Zwar wird ausdrücklich hervorgehoben, daß es nicht die Absicht der Regierung sei, ausländisches Kapital gänzlich zu verdrängen, sondern nur seine Ein wanderung in „gewissen“ Grenzen zu halten. Nach diesem Entwürfe sollen alle Gesell schaften, in- wie ausländische, in Norwegen ihren Sitz haben und die Mehrzahl ihrer Ver waltungsmitglieder soll aus norwegischen Staats bürgern bestehen. Es wird nicht verlangt, daß ein bestimmter Teil des Gesellschaftskapitals norwegisch ist; doch soll norwegischem Gelde stets die Möglichkeit einer Beteiligung geboten werden. Das Recht zum Schürfen soll jedermann zu stehen. Mit Ausnahme des Staates und der Kom munen muß jeder zum Betriebe eines Berg werkes die Konzession einholen, die für Berg werke wie für Wasserfälle auf mindestens 40 und höchstens 80 Jahre erteilt wird. Nach Ablauf der Konzessionszeit fällt das konzessio nierte Eigentum an den Staat. Das Rück fallrecht soll auch auf die Kraftstationen mit ihren Maschinen und ihrem Zubehör ausgedehnt werden, wie dies in einzelnen bisher erteilten Konzessionen bereits bedingt ist. Die Anlage von Wasser- und Bergwerksbetrieben muß inner halb einer bestimmten Frist nach Erteilung der Konzession begonnen werden. Norwegische Ar beiter und norwegische Versicherungsgesell schaften sollen möglichst bevorzugt werden. Das „Truck"system bei der Löhnung der Ar beiter ist verboten und den Arbeitern Grund und Boden für ihre Wohnungen zugestanden. Ohne Zustimmung der zuständigen Regierungs departements darf der Konzessionsinhaber kein Uebereinkommen treffen, das die „künstliche Er höhung des Preises“ für elektrische Energie oder Bergwerksprodukte im Lande bezweckt. Für jede Tonne Erz soll eine Produktions abgabe von 1 bis 3 °/0 des Erzwertes an dem Produktionsplatze erhoben werden. Bei Ueber- tretungen der Konzessionsbedingungen kann eventuell die Anlage an den Staat fallen. Wie die norwegische Regierung den Ge danken des besprochenen Gesetzentwurfes in der Praxis bereits Ausdruck, verliehen hat, zeigt folgende Nachricht von der Erteilung einer Kon zession zur Schürfung von Zinkerzen an eine deutsche Firma. Danach ist die Konzession in einer solchen Weise erteilt worden, daß die norwegischen Interessen stark ge schützt werden. Die Unternehmer müssen beispielsweise in den ersten 30 Jahren des Ge schäftsbetriebes eine Abgabe von 30 Oere (34 Pfg.) f. d. Tonne an die norwegische Staats kasse entrichten; nach Ablauf der ersten 30 Jahre