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882 Stahl und Eisen. Aus Fachvereiuen. 29. Jahrg. Nr. 23. Eine Kommission des Verbandes hat sich im ab gelaufenen Jahre auch wieder mit der Prüfung schadhaft gewordener Kesselmaterialien befaßt und hat in der Versammlung des Verbandes über die Ergebnisse der Untersuchung von fünf Fällen berichtet. Wegen der Einzelheiten der Fälle muß auf die Quelle verwiesen werden. Hier kann mit Genug tuung festgestellt werden, daß die Kommission in jedem der fünf Fälle nachgewiesen hat, daß das Material der gelieferten Bleche völlig einwandfrei gewesen ist und daß sämtliche fünf Fälle auf unrichtige Her stellung der Kessel bezw. auf mangelhafte Behandlung derselben im Betrieb zurückgeführt werden mußten. Es ist dieses Ergebnis für die Eisenhüttenleute um so interessanter, als dieselben immer den Standpunkt vertreten haben, daß das Auftreten von Rissen in Kesselblechen weniger durch eine Verschärfung der Abnahmebedingungen der Bleche im Walzwerk, als vielmehr durch eine verschärfte Aufsicht bei der Her stellung und dem Betrieb der Kessel verhindert wer den könne.* Es ist das um so mehr von Interesse, als in den neuen polizeilichen Vorschriften für den Bau und Betrieb der Dampfkessel dieser Forderung der Eisenhüttenleute in nicht genügendem Maße Rech nung getragen worden ist.** Der Bericht über Versuche mit gewölbten Flammrohrböden, welcher von Baudirektor von Bach erstattet wurde, führte zu dem Beschluß, eine Formel in die Ham burger Normen aufzunehmen, derzufolge es nunmehr möglich ist, eine Berechnung der Blechdicke der artiger Böden vorzunehmen. So dankenswert die Ver suche*** des Hrn. v. Bach, deren Einzelheiten aus der Quelle, nämlich aus Heft 51 und 52 der „Mitteilungen über Forschungsarbeiten auf dem Gebiete des In- genieurwesens", herausgegeben vom Verein Deutscher Ingenieure, zu ersehen sind, sein mögen, so muß doch wohl erwähnt werden, daß dieselben insofern nicht ganz einwandfrei sein dürften, als die Untersuchungs- bedingungen sich nur unvollkommen der Beanspruchung derartiger Böden in den Kesseln anschließen. Es sind nämlich bei vielen Versuchen die Böden, soviel wie solches praktisch möglich ist, von dem Einfluß der im Betrieb mit ihnen zusammengenieteten Feuerrohre unabhängig gemacht worden; es wurde bei den Böden dadurch eine Deformation ermöglicht, welcher sie in der Praxis wohl niemals ausgesetzt sein werden, da eben dort die Feuerrohre beispielsweise ein Aus weichen der Feuerrohrflanschen mehr oder weniger verhindern und dadurch den ganzen Boden nennens wert verstärken werden. Es ist selbstverständlich, daß es bei solchen Versuchen beinahe ausgeschlossen ist, die Beanspruchung bei solchen Temperaturen vor zunehmen, wie sie im Kosselbetrieb vorkommen. Auch ist es unmöglich, die Böden Beanspruchungen zu unterwerfen, wie sie beim Kesselbetrieb durch die ungleichmäßige Ausdehnung der Feuerrohre sowie durch die beim Durchbiegen von Feuerrohren ent stehenden hebelartigen Beanspruchungen vorkommen. Immerhin ist es erfreulich, daß die Versuche ergeben haben, daß die Böden, wie sie sich im Laufe derZeit aus praktischen Erfahrungen in ihrer Form und Dicke entwickelt haben, den Beanspruchungen dos Kessel- betriebes mit Sicherheit Widerstand zu leisten ge eignet sind. Die vom Verbände ausgeführten Versuche über den Einfluß dos Kesselsteins auf den Wärmedurchgang haben sehr interessante Ergebnisse geliefert. Es hat sich herausgestellt, daß ein Kesselsteinbelag, durch schnittlicher Wärmedurchlässigkeit, von 1,48 mm * „Stahl und Eisen“ 1906 S. 404. ** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1909 S. 489. *** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1908 8. 1390. Dicke einen kaum nennenswerten Einfluß auf die Wärmeausnutzung des Brennmaterials hat, einen Ein fluß, der höchstens auf 1 bis 2 0/o geschätzt werden kann. Selbst Kesselstein gleicher Beschaffenheit von 5,5 mm Stärke hat nur einen geringen Einfluß aus geübt, welcher auf 3 bis 5 °/o, im Durchschnitt 2 bis 3 °/o festgestellt wurde. Es ergab sich bei reinem Kessel eine Wärmeausnutzung von 74,9 °/o und bei 5,5 mm Kesselstein eine solche von 72,5 °/o. Anders verhält es sich jedoch mit der Temperatur, welche in den Blechen auftritt. Dieselbe schwankt je nach der Dicke des Kesselsteins nennenswert; während die selbe bei einer reinen Platte bei starker Erwärmung, beispielsweise bei einer Temperatur des Wassers von 100° bis 135°, stieg, erhöhte sie sich bei Kesselstein von 1,48 mm auf 154° und bei einer Kesselsteindicke von 5,5 mm auf 189 °, näherte sich also im letzteren Falle schon derjenigen Grenze, bei welcher eine nennenswerte Abnahme der Zähigkeit des Materials und eine Steigerung der Festigkeit eintritt. Der ge ringe Unterschied in dem Nutzeffekt wird damit er klärt, daß die Wärmeübertragung in erster Linie von dem Temperaturgefälle abhängt, und daß, wenn die Wärmeausnutzung infolge von Kesselstein, wodurch das Temperaturgefälle natürlich vermindert wird, im ersten Teil des Kessels nicht so stark ist, dieses Temperaturgefälle in den hinteren Teilen des Kessels infolge der geringeren Ausnutzung vorne, steigt und alsdann in diesen Teilen eine stärkere Wärmeüber tragung eintritt. Viel ungünstigere Resultate ergaben die Versuche mit einem Teer- oder Pechbelag auf den Blechen. Bei diesen wurde die Wärmedurchgangszahl von 60 beim reinen Kessel und bei dünnem Kesselstein, und von über 50 bei dickem Kesselstein auf 37,8 für dünnen Teerbelag, und 30,3 für dicken Teerbelag von 0,3 mm Dicke herabgemindert. Daß natürlich ent sprechend diesen Zahlen eine starke Steigerung der Blechtemperatur und eine Verminderung der Wärme ausnutzung eintritt, ist zweifellos. Wenn bei diesen Versuchen keine Zerstörung oder schädliche Beein flussung des Probebleches eingetreten ist, so dürfte das wohl bloß darauf zurückzuführen sein, daß bei denVersuchen keine Temperatur in Anwendung kom men konnte, welche eine solche Zerstörung oder Be einflussung hätte bewirken können. — Interessant für den Hüttenmann ist sodann noch das Ergebnis einer Reihe von Versuchen, welche darüber angestellt worden sind, ob durch eine Er höhung der Temperatur des Kesselspeisewassers mittels einer Wärmequelle, welche aus dem Kessel selbst stammt, eine Erhöhung des Nutzeffektes des Dampfkessels herbeigeführt werden könne. Die ziemlich umfang reichen Versuche haben ergeben, daß dieses nicht der Fall ist, daß vielmehr bei Verwendung kalten Speisewassers ein etwas höherer Nutzeffekt für die Ausnutzung des Brennmaterials eintritt, als wie das bei vorgewärmtem Wasser der Fall ist. Diese Ergeb nisse waren eigentlich zu erwarten, wenn man be denkt, daß die Wärmeausnutzung weitestgehend von dem Temperaturgefälle abhängt und naturgemäß die durchschnittliche Temperatur in einem Kessel nie driger sein muß, wenn derselbe mit kaltem Wasser, als wenn derselbe mit heißem Speisewasser gespeist wird. Die Verhältnisse sollen freilich andere liegen, wenn aus einem solchen Kessel sehr unregelmäßige Mengen von Dampf entnommen werden; der Verband hat beschlossen, zwecks Klarstellung dieser Frage noch weitere Versuche vorzunehmen. Die übrigen bei der Zusammenkunft erörterten Fragen haben zweifellos auch ein mehr oder weniger großes Interesse für den Eisenhüttenmann, da sie Fragen, wie z. B. die Bewährung der Rohrbruch ventile, Nutzen der Apparate zur Beförderung eines