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liehen Verhältnissen entsprechend bezeichnet; Sattmann nimmt an, daß nur so viel Material nach der Seite wandere, als der natürlichen Breitung entspreche, daß also „eine derartige Profilausbildung nie stattfinden könne“. Die praktischen Versuche, über welche unten be richtet wird, haben zunächst gezeigt, daß die Ansicht Brovots zweifellos zutreffend ist; sie haben außerdem zahlenmäßig festgelegt, wieviel bei einem bestimmten Fall der mittlere Teil die äußeren mitfortreißt, bezw. wieviel der erstere von den letzteren in der Längung zurück gehalten wird. Bevor wir zu diesen Versuchen übergehen, soll noch an zwei Beispielen aus der Praxis ge zeigt werden, welcher Art der von Brovot dar daß derjenige Teil gelegte Einfluß der unglei chen Längung bei Kalibrie rungen sein kann. 1. Ein T-Eisen werde im Fertigkaliber nur im Kopf gedrückt, während der Steg frei (ohne Stauchen) durch die Walze geht. Solche Kali brierungen sind ausgeführt worden, um die Anordnung durchgehender Abstreif meißel für den Steg zu er möglichen. Auf den ersten Blick wird man annehmen, des verdrängten Eisens a b, welcher sich über dem Steg befindet (Abbild. 5), sich durchdrückt, so daß also die Steghöhe H nach dem Passieren des Profils größer würde. Das Gegenteil aber ist der Fall, der Steg wird nie driger. Diese Tatsache, die mir als jungem In genieur eine der beim Kalibrieren nicht seltenen Ueberraschungen bereitet hat, war es, welche mir vor 15 Jahren den Anstoß zu der vorliegenden Arbeit gegeben hat. Die fragliche Erscheinung rührt daher, daß der Kopf durch die Querschnitts verminderung gelängt wird, während dies beim Steg nicht der Fall ist. Da Kopf und Steg Zu sammenhängen, nimmt ersterer den letzteren mit; der Steg verhält sich also wie ein Gummiband, welches gezogen wird, er wird schmaler. 2. Ein quadratischer Block (a b c d) werde im ersten Vorkaliber einer [-Eisen-Kalibrierung „eingeschnitten" (Abbild. 6). Der mittlere, stark gelängte Teil zieht die äußeren mit, auch diese werden wie gezogene Bänder schmaler, d. h. niedriger, infolgedessen wird unter Umständen das gewalzte Eisen eine geringere Höhe h haben als das Walzprofil H, das letzere „füllt nicht“ oder, wie Bartholome sich ausdrückt, der Keil a b e kann nicht ganz in das Eisen eindringen.* Um wieviel es nicht füllt, das zu bestimmen, war bisher ausschließlich Sache * „Stahl und Eisen“ 1907 8. 58. des Gefühls. Um die letztere Frage in den Be reich der Rechnung zu bringen, mußte unter sucht werden, welche Längung ein Stab erfährt, dessen einzelne Querschnittsteile sich, wenn sie frei wären, verschieden längen würden.* Die zu suchende Längung des ganzen Stabes nach dem Stich nenne ich „mittlere Längung“ (L ms ), die Längung vor dem Stich L,. Ich konstruierte zum Zweck der Untersuchung zu nächst einen möglichst einfachen Fall, in welchem der mittlere Teil im Verhältnis von 1 : 2 ge drückt wird, während die äußeren Teile keinen Druck erfahren. Die Längung des ersteren wäre also im freien Zustand = 2, die der äußeren Teile = 1. Der einge steckte Stab war gleich breit wie das Profil, so daß die Breitung außer Rücksicht gelassen wer- Abbildung 6. Abbildung 7. den konnte. Der ganze Querschnitt (Abbild. 7) wurde in fünf gleiche Teile geteilt, von denen einmal 1 gedrückt und 4 nicht gedrückt, dann 2 gedrückt und 3 nicht gedrückt wurden, oder umgekehrt. Die Versuche wurden mit Schweiß- * Bemerkt sei, daß die Längung nichts mit der Voreilung zu tun hat, mit welcher sie vielfach ver wechselt wird. Ein Stab, dessen Querschnitt im Ver hältnis von 3 : 2 heruntergewalzt wird, muß auch mit einer im gleichen Verhältnis größeren Geschwindig keit aus der Walze austreten, als er in dieselbe ein tritt. Es ist aber irrig, deshalb anzunehmen, daß die Voreilung ebenfalls 3:2 sei; dies wäre nur der Fall, wenn die Eintrittsgeschwindigkeit = Umfangsgeschwin digkeit der Walzen wäre, was nicht zutrifft. Die Um fangsgeschwindigkeit liegt vielmehr in der Regel zwischen Eintritts- und Austrittsgeschwindigkeit, und zwar näher bei der letzteren; mit anderen Worten: es entsteht ein Rutsch beim Eintritt des Walzgutes in der Weise, daß es zurückbleibt, und ein kleinerer Rutsch beim Austritt in dem Sinne, daß es voreilt. Ist der Druck also 8/2 = 150 °/o, so muß die Verschie denheit von Eintritts- und Austrittsgeschwindigkeit = 50 0/0 betragen, die sich z. B. wie folgt verteilt: 45°/ Zurückbleiben hinter der Walzengeschwindig keit beim Eintritt, 5°/o Voreilung beim Austritt, oder 40°/ bezw. 100/0. In welcher Weise sich diese Ver teilung vollzieht, ist für den Kalibreur meist von ge ringer Bedeutung; von Wichtigkeit wird die Frage nur für sogenannte periodische Profile, d. h. solche, für welche die Kaliber in die Walzen nicht mehr nur eingedreht, sondern auch eingemeißelt werden müssen, wie bei Stangen mit periodisch auftretenden Verstär kungen (z. B. Nageleisen), oder mit aufgewalzten Mustern (z. B. Ziereisen) usw.