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478 Stahl und Eisen. Wirtschaftliche Rundschau. 30. Jahrg. Nr. 11. mitgeteilt: Nach in den letzten Tagen an der Brüsseler Börse aus St. Petersburg vorliegenden Meldungen hegt man in der russischen Eisenindustrie über die Fort dauer des russischen Eisensyndikates „Prodameta“ Besorgnisse, weil die russischen Eisenwerksgesell schaften Russo - Beige, Dnieprovienne, Briansk und Novoroszsisk größere Betriebserweiterungen, wie man glaubt, zur Erlangung höherer Beteiligungsziffern, be schlossen hätten. Da das Syndikat sich gegen jeden Antrag dieser Art strikt ablehnend verhalte, so könne es vielleicht zu dem Ausscheiden dieser Gesellschaften aus dem Syndikate kommen, wodurch die Fortdauer desselben in Frage gestellt werden könnte. Amtliche Angaben über die Gesamterzeugung der Werke für das verflossene Jahr sind noch nicht ver öffentlicht ; man kann jedoch auf Grund der bereits bekannten Angaben mit annähernder Sicherheit auf folgende Zahlen schließen: Erzeugung* Roheisen Eisen- und Stahl- Halb fabrikate Fertig erzeugnisse aus Eisen und Stahl Bezirk t t t Südrußland .... 1 973 577 1 607 550 1 407 337 Uralgebiet .... 580 834 678 738 542 375 Moskauer Gebiet . 71 499 125 946 115 053 Wolgagebiet . . . — 121 638 98 968 Polen 205 209 342 014 275 594 Norden u. Baltische Gebiete 2 113 154 955 109 910 Insgesamt 2 833 231 3 030 841 2 549 237 Im allgemeinen ist ein Wachstum der Roheisen erzeugung, besonders wegen der Vergrößerung der Erzeugungsfähigkeit des Südens, zu erwarten. In Halb fabrikaten hat, mit Ausnahme von Polen und des Wolgaer Gebietes, überall die Erzeugung zugenom men; im Ural ist das Anwachsen auf die Vergröße rung der Blechfabrikation zurückzuführen. Die Zahl der dem Syndikate erteilten Aufträge übersteigt die jenige des Jahres 1908; sie bleibt jedoch hinter der des Jahres 1907 zurück. Ilervorzuheben ist die Be lebung der Nachfrage in Trägern; dagegen fanden Eisenbahnschwellen, -achsen und Bandagen geringeren Absatz als in den früheren Jahren. Bei der Ent wicklung des Außenhandels beginnt die Ausfuhr an Schienen immer mehr festen Boden zu gewinnen, wie aus der folgenden Zusammenstellung zu ersehen ist: Einfuhr Ausfuhr 1909 t 1908 t 1907 t 1909 t 1908 t 1907 t Eisenerze . — 428877 514610 782751 Roheisen . 3538 5192 4226 770 8786 51056 Schmiede- eisen . . . 24717 25520 25422 13104 21949 67748 Stahl. . . . 9206 10025 10811 144554 79607 80328 Schienen. . 164 180 344 143653 79803 79967 Stück Lokomo- tiven . . . — — 13 - — Eisenbahn- wagen . . 54 116 257 94 337 — Die Ausfuhr von Schienen im Jahre 1908 nach England war für die Aufnahme von drei Werken: „Providence“, „Russo-Beige“ und „Jushno-Dnieprowsk“ in das Internationale Schienen-Syndikat maßgebend; * Vgl. hierzu „Stahl und Eisen“ 1909, 16. Juni, S. 911. neuerdings trat noch die „Droujkowka“-Hütte hinzu. Im verflossenen Jahre wurden Schienen besonders nach China, Rumänien, Dänemark und Südamerika ausgeführt. Trotz aller Fortschritte in der Entwick lung der Eisenindustrie ist ihre Lage noch immer sehr mißlich; es sei noch bemerkt, daß die Eisenbahn tarife für Erze bereits erhöht wurden und diejenigen für Kohlen in Kraft getreten sind, während eine Er höhung der Sätze auf Roheisen, Eisen und Stahl noch bevorsteht — alles Maßnahmen, die zur Verbesserung der Lage der Werke wohl kaum beitragen können. Ch. China als Absatzgebiet für die Eisenindustrie. — Auf keinem Absatzgebiete zeigt sich die Not wendigkeit, den überseeischen Handel durch eine finanzkräftige Unterstützung bezugsfähiger Industrien zu stärken, mehr als in China. Jm allgemeinen sind dort alle Mächte in Wettbewerb getreten. Soweit die Er richtung von Bahnanlagen in Frage kommt, haben die eingeborenen Industriellen Chinas nur selten die nötige Ausdauer gezeigt, um selbst Eisenbahnstrecken zu bauen und durch finanzielle Beteiligung des chine sischen Kapitals in Betrieb zu nehmen. Die Eisen bahnfrage in China läßt erkennen, daß der Chinese, abgesehen von einigen tüchtigen Ingenieuren, die im Auslände erworbene technische Bildung besitzen, weder dazu taugt, sein ungeheures Reich zu erschließen, noch, einmal von fremden Mächten gebaute Eisen bahnen in eigener Regie zu erhalten und in die Höhe zu bringen. Die ganzen Pläne der chinesischen maß gebenden Persönlichkeiten erweisen sich als undurch führbar, weil die finanzielle Sicherheit und die logische Kalkulation des Betriebes notwendig an den Durch stechereien und der technischen Unfähigkeit der chinesischen Betriebebeamten von der untersten bis zu der obersten Stufe scheitern muß. Von chinesi schen Fachleuten wurden die Bahnen von Peking nach Kalgan und von Shanghai nach Hang-chou ge baut und auch die Mittel dazu von ihnen selbst auf gebracht. Die Nordchinesieche Eisenbahn wurde an fänglich ausgezeichnet verwaltet, und auch die Strecke Shanghai-Hang-chou mußte als Verbindung der zwei größten chinesischen Handelsplätze größere Ueber- schüsse ergeben, zumal da sie schon seit etwa einem Jahrzehnt notwendig war. Bei allen übrigen Eisen bahnen, bei denen China fremdes Kapital und fremde Fachleute auszuschalten suchte, gab es Mißerfolge. Die vom Auslände gebauten Eisenbahnen, die China in Betrieb nahm, entwickelten sich in einer Weise, die zu den größten Bedenken Anlaß gibt. Die Korrup tion und Gleichgültigkeit hinsichtlich der Indienst- haltung und Betriebssicherheit wurde immer größer. Das chinesische Verkehrsministerium beschloß daher vor einigen Wochen, einen ausführlichen Bericht über die chinesischen Eisenbahnen dem Regenten zu unter breiten. Der Bericht des Vize-Präsidenten gibt ohne wei teres zu, daß die chinesischen Privatgesellschaften zum Bau und Betriebe von Eisenbahnen nicht ver läßlich sind, da sie keine Gewähr bieten, daß sie die Mittel zum Bau aufbringen. Er empfahl, falls die Regierung diesen Gesellschaften keine Reichsmittel zur Verfügung stellen wolle, alle erteilten und nicht in Angriff genommenen Konzessionen zu widerrufen, damit die Zentralregierung die Eisenbahnen selbst zu bauen in der Lage sei, da eie aus wirtschaft lichen und strategischen Gründen diese Strecken brauche. Von den 1904 vollendeten 5528 Eisenbahnkilo metern entfielen die maßgebenden Strecken auf sechs Großmächte, darunter Belgien, Großbritannien, Frankreich, die Vereinigten Staaten und Deutschland. Von Deutschland wurden 1909 an Eisenbahnmaterial nach China ausgeführt: 2169,31 Eisenbahnachsen, Räder und Radsätze, 6808,3 t eiserne Laschen, 37 254,6 t Eisenbahnschienen. 673,9 t Tenderlokomotiven und Lokomotiven ohne Tender und 647,1 t Personenwagen.