Volltext Seite (XML)
61. Jahrgang Dienstag, denk egge 1902 Bezirks- Anzeiger A nrtsblatt der Königlichen AmtshauptmamrschaftFlöha, des K-niglichen Amtsgerichts und desStadtrats zu Frankenberg kibellartsche» So» Ausscht», »ach LarH. Gür ^Nachweis m» ! Offertea-Bvmch»« » W. «xtr^chr. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Romberg In Frankenberg i. Sa. —'Druck und Verlag von C. G. Roßberg In Frankenberg t. Sa. Prschet.t ttgNch mit Ausnahme der Sonn-und Festtage, abends sür den fol genden Tag. Preis vierteljährlich 1 M. 50 Ps., monatlich 50 Ps., Einzelnummer 5Ps. Bestellungen werden in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Aus- gabestellcn, sowie allen Postanstalten angenommen. .Die kr.gesp Petüzell« oder deren Raum 15, bei Hokal-Inserate« 12 Pf.; im amtliche» Te U pro Zelle 40«.; ^Eingesankt" kn Ne» daktwnttellr 30 Ps. Vom Reichstag. In der 132. Sitzung vom 1. Februar wurde von dem schwach besuchten Hause die Beratung deS Etats des Reichsamts des Innern fortgesetzt. Gegenüber den Wünschen von Müller-Meiningen erklärt Geh. Rat Horn, Deutschland könne dem Madrider Uebereinkommen über falsche Herkunftsbezeichnungen nicht beitreten, da die Be stimmungen nicht vollständig mit unserer nationalen Gesetzgebung harmonieren. Auf Anregung des Fürsten Inn- »nd Knyphausrn erklärt Posadowsky: Deutschland schloß sich einer internationalen Kom mission zur Erforschung der nordischen Meere an, die am 15. Mai in Thätigkeit tritt. Diese werde auf wissenschaftlicher Grundlage Material zusammenbringen, auf Grund besten hoffentlich ein inter nationales Abkommen der nordischen Staaten über die Schonzeit und die Schonreviere sür Hochseefischerei zu stände kommt. Die Frage der Ausbildung der Steuerleutc sei in Beratung. Die kleinen Fischereien würden nach wie vor unterstützt, denn eS liege im Interesse unserer Marine, daß die Fischerei und schifffahrt- trcibende Bevölkerung floriert. Weiterhin teilt Graf Posadowsky mit, daß für die Binnenschifffahrt in diesem Jahre 700 000 Mk. verwendet würden. Redner empfiehlt die vom Reichsamt des Innern herausgegebenen Berichte für Handel und Industrie als wertvolle Informationsquelle für den Ausfuhrhandel. Auf Anregung Dein Hards (natl.) versichert der Direktor deS Reichsgesundhcitsamtes, Köhler, daß die Reblausbekämpfung ener gisch betrieben würde. Zu den Wünschen Herolds (Zentr.) nach einer amtlichen Statistik über die Gestaltung deS Getreidemarktes bemerkt Posa dowsky: Das ReichSamt deS Innern kann nur Thatsachen ver- öffentlichen. Eher könnte einer der großen landwirtschaftlichen Verbände eine Organisation gründen, die dieses statistische Material einwandfrei veröffentlichen könnte. „Ich würde diese unterstützen, auch finanziell. Ich habe schon bei dem Eisenbahnminister die Veröffentlichung der Daten über die Getreidebewcgung auf den Bahnen angeregt, ich werde dies auch bezüglich der Binnenschiff fahrt thun." Cahtttsly (Zentr.) wünscht, daß die Auswandcrungskom- mistare auch Sorge tragen für die aus Amerika zurückkehrenden Auswanderer, und wünscht ferner mehr Fürsorge für die Zwischen deckspassagiere. Posadowsky sagt die Berücksichtigung dieser Wünsche zu. Beim Titel „Reichsschulkommission" bemerkt Eickhoff (frs. Vp.), den Gymnasiasten, Rcalgymnasiasten und Oberrcalschülern müßten bedingungslos die gleichen Rechte zuerkannt werden, nachdem der Kaiser die Gleichwertigkeit der drei Bildungsanstalten ausgesprochen habe; aber in den kaiserlichen Wein sei viel Wasser gegossen ! worden. Posadowsky bemerkt, daß preußische Staatsministerium habe bereits beschlossen, daß die R-algymnasiasten und Lberreal- schülcr zum juristischen Studium zuzylaffen seien. Selbstverständ lich sei aber bei dem Juristen VorauHetzung, daß er die klassischen Sprachen soweit kenne, daß er den Exegetischen Uebungen zu folgen vermag. Es werde also Sache der Abiturienten sein, den Beweis zu führen, daß sie diese Kenntnis Hetzen. Herzfeld (Soz.) meint, das Reich habe an den Volksschulen viel höheres Interesse, wo ja 90 Prozent der Bevölkerung ihre Schulbildung empfangen. Redner wünscht, daß ein Gesetzentwurf vorgelcgt werde, der ge wisse Mindestbedingungen der Vorbil Dienstvertrages der Volksschullehrei Vorschriften durch das Reich vorfieh die mecklenburgischen Schuloerhälty gegnet, diese Dinge gehörten nichl Uebrigens würde die Erfüllung der? Verfassungsänderung erfordern. Mh einen einheitlichen Unterbau der 1 (frs. Vg.) tadelt die mecklenburgisch (kons.) bemerkt, allzuviel Reformen wesens seien vom Uebel. Beume für alle höheren Schulen ohne Zwi Lmzma«« (frs. Vp.) begründ gesetzliche Regelung der Grundsätze A der Aufenthalts der Geisteskranken? Entlastung aus denselben. RednH Stadt Auerbach. Man erklärt« M^ den^Mufdecker der in der Stadtverwaltung vorgekommenen Unterschlagungen für irrsinnig. Posadowsky hebt hervor, daß strengste Strafen sür fälschliche Einsperrung resp. Zurückhaltung Irrer bestehe. Antrick (Soz.) bespricht die Mißstände in verschiedenen Krankenhäusern in Berlin und in der Provinz. Hierauf vertagt sich das Haus auf Montag. Oertliches und Sächsisches. Frankenberg, 3. Februar 1902. -j- Die feierliche Ordination und Einweisung des neu- gewählten Herrn Diakonus Welker wurde durch Herrn Su perintendent Fischer-Chemnitz im gestrigen VormittagSgoltcsdienste in hiesiger Stadtkirche vor zahlreich versammelter Gemeinde vor- genommcn. Nachdem das übliche Eingangslicd, Salutation, In tonation, Gebet und Bekenntnislied vorangegangen waren, hielt Herr Superintendent Fischer an den neuen Amtsbruder und an die Gemeinde eine längere Ansprache, welcher er das biblische Gleichnis vom Säemann zu Grunde legte. Mit markigen Wor ten, mit hinreißender Bcredtsamkeit schilderte der Herr Superinten dent einesteils, wie segensreich sowohl für die ganze Gemeinde, ldung, der Anstellung und des e, sowie Ueberwachung dieser ß. Redner geht schließlich auf Ksse ein. Posadowsky ent- s zu dem vorliegenden Titel. ^Wünsche des Vorredners eine uler-Sagan (frs. Vp.) wünscht höheren Schulen. Pachnicke Ln Schulverhältniffe. Oertel i auf dem Gebiete des Schul- V (natl.) verlangt freie Bahn sschenexamen. tt seinen Antrag auf reichs-' bezüglich der Aufnahme und .in Irr« nanstalten, sowie der r schildert einen Fall in der als auch für das einzelne Glied derselben sich daS Wirken de» Geistlichen gestalten könne, während er andererseits auch auf die Schwierigkeiten und Enttäuschungen, welche ihm nicht erspart blei ben, verwies. Hierauf nahm der Herr Superintendent die Ver eidigung des Herrn Welker vor und weihte ihn zum Priester, worauf dem neuen DiakonuS seine Amtsbrüder mit herzlichen Se genswünschen nahe traten. Nach herzlichem Gebet für den neuen Diako nus durch Herrn Superintendent Fischer stellte derselbe den eben ordi nierten Geistlichen der Gemeinde als ihren nunmehrigen Diakonus vor und empfahl ihn ihrer Fürbitte und ihrer Liebe. Herr ArchidiakonuS Ehmer verlas hierauf den bisherigen LebenSgang deS neuen Dia konus, welchem sodann durch Herrn Amtshauptmann vr. Mor genstern die Vokation überreicht wurde. Herr Superintendent Fischer bestätigte nunmehr Herrn Welker als Diakonus und em pfahl ihn wiederholt der Gemeinde, seinen AmtSbrüdern und dem Kirchcnvorstande. Einem gemeinsamen Gesänge folgte die Spen dung des heiligen Abendmahles an den neuen Geistlichen. Die erste Amtshandlung desselben bestand in der Verlesung de- Sonn- tagsevangcliumS: Apostel LukaS 8, 4—1S. Eine besondere Weihe wurde dem gestrigen VormittagSgotteSdienste durch die präch tige Kirchenmusik verliehen, ein Offertorium für Männerchor von Fr. Schubert, welches unter Leitung unsere- Herrn Kantor Schröpfer vorzüglich vorgetragen wurde. Nachdem daS von der Gemeinde gesungene Hauptlied verklungen war, betrat Herr Dia konus Welker die Kanzel, um seine Antrittspredigt zu halten. Auf Gmnd deS im 2. Briefe deS Apostels Paulu» an die Korinther Kap. 11, V. 21—30 enthaltenen Textes führte Herr Diakonus Welker auS: Paulus, das Vorbild eines rechten Prediger- de- EoangeliumS; er ist zuerst treu in der Sorge für seine Gemein den, zweitens geduldig in seinen Leiden, und dritten- demütig in dem Rühmen seiner selbst. Nachdem sich an die Predigt in her kömmlicher Weise die allsonntägliche Beichthandlung mit Absolution, allgemeines Kirchengebet und Vater-Unser gereiht hatten, wurde mit Gesang, Intonation, Gebet und Segen der bedeutsame Gottes dienst geschloffen. -f Lichtmeß ist der Name des 2. Februar im katholischen Kalender, im evangelischen heißt er Mariä Reinigung. Er ist der 40. Tag nach Weihnachten. An diesem Tage wurde der Gottes sohn im Tempel dargestcllt und der greise Simon zu den Worten begeistert: „Herr, nun lassest Du Deinen Diener in Frieden fahren, wie Du gesagt hast; denn meine Augen haben Deinen Heiland gesehen, welchen Du bereitet hast vor allen Völkern, rin Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preise Deines Volke- Israel." Die katholische Kirche gründete auf diese Weissagung daS Fest der Licht- und Krrzenwcihe oder das Fest Mariä Lichtmeß. Die An fänge dieses kirchlichen Fest-S liegen schon im sechsten Jahrhundert; Kaiser Justinian und Papst PclagiuS scheinen die Anregung dazu gegeben zu haben. Papst Sergius I. befahl im Jahre 960, an Monatskarten für.Abholcnde können in der Lxp«ckltlo» Äs» sowie in den Ausgabestellen der Herren » Iliiiit l (Wtnklerstr), L. I-. M (Lchloßstr.), (Freiv. Str ), ll* iLrLutvr (Querstr.), » (Ehemn. Str ), Ott» 8«ttnvr (Fabrikstr.), Merm.8vIii»«1Svr(Kekdstr.), 8«dtrmer (Reichsstraße), relrlimnmi (äußere Alten- hainer Straße), o »artNvi (Altenhainer Straße) entnommen werden t Mittwoch, den 5. Februar d. F., von Nachmittag 3 Uhr an sollen in d« Berthold'schen Schantwirthschaft hier, Humboldtstraße, 1 großer Brodschrank, 1 Ladentasel, 1 großer Schaufcnsterkasten, I Schaufenstereinrichtung, 1 Schreibpult, 1 Tisch, 1 Kuchen- tefler, 9 GlaSbüchsen, ca. 300 Psd. Weizenmehl, ca. 200 Pfd. Streumehl, ca. 75 Pfd. klarer Zvcker, Schokolade und dergl. mehr gegen sofortige Bezahlung öffentlich versteigert werden. Frankenberg, den 3. Februar 1902. Der Gerichtsvollzieher des König!. Amtsgericht». Um Recht und Michl. Originalroman von vr. Fr. Gödde. <27. goryetzun«.) tNoHdrua verboten > Auf der Straße angelangt, schlug Marie nicht den Weg zu ihrer Wohnung ein; trotz des schlechten Wetters wandte sie sich der Weser zu. Sie betrachtete das Gewirr der Schiffsmastcn und erbebte innerlich. Es war aber auch zu kalt und nebelig. „Sie nimmt", sagte das junge Mädchen, „für TouSkani Par tei, so werde ich auf die Seite Huberts treten, und waS sie als seine Braut hätte thun sollen, ihm helfen, ihm schützen, daß er sich nicht fortrcißcn läßt, der Versuchung widersteht, das werde ich nun thun, auch wenn ich nichts weiter dabei erringe, als daß ich ihn vor einer Blamage schütze. Mag er mir auch ewig fern bleiben. Was giebt mir aber ein Recht dazu? Das Recht der Zuneigung und Liebe, von der er eigentlich gar nichts zu wissen braucht. Ich werde als Freundin sür ihn handeln." Nach diesen Erwägungen wandte sich Marie dem Trendlerschen Hause zu. Ruhe und ohne Erregung zog sie an der Schell.- der Wcrnerschen Privatwohnung und lieh sich mit der Bemerkung melden, daß sie den Herrn Rechtsanwalt in einer ernsten Geschästs- angclegenheit zu sprechen wünsche, jedoch nicht wünsche, mit dem Bürcaupersonal in Berührung zu kommen. Sie wurde angenommen. Man führte Marie in das Gemach, in welchem die Trendlerschen Bilder hingen. Als sie diese Köpfe sah, erschrak sie; sic glaubte Feodor zu sehen, nur kräftiger und derber waren die Züge von Vater und Sohn, aber sonst eine frappierende Uebercinstimmung. Jetzt trat Werner ins Zimmer. „Ich bin überrascht", sagte er, „Sie hätten ja nur zu befehlen brauchen." „Ich ha^ nichts zu befehlen, Herr Werner", sprach Marie sehr "ernst. „Was ich thue, geschieht ohne Kenntnis eines Dritten, weder meine Mutter, noch Herr Berg, noch Elli weih davon, ich glaube, aus alter Freundschaft gegen Sie handeln zu müssen, cs scheint mir Pflicht zu sein. In diesem Sinne bitte ich meine etwas seltsame Anwesenheit hier aufzufaffen." „Sie machen mich wirklich neugierig, mein Fräulein", erwi derte Hubert; ich werde bestrebt sein, Ihre Anteilnahme zu ver dienen. Um was handelt es sich?" „ES ist eine Spur entdeckt, die auf den Erben des Trendlcr- schcn Vermögens deutet", meinte Marie, den Rechtsanwalt scharf beobachtend. „Aha, so!" machte er, mühsam seine Erregung verbergend. „Wollen Sie mir denn nähere Ausschlüsse geben?" „Ja. Es ist ein Brief von einem Friedrich TouSkani vor handen, dessen Handschrift übcreinstimmt mit der des Friedrich Trendler." Hubert atmete schwer. „Und wer fand den Brief?" „Herr Berg, ich selbst brachte ihn zufällig in seine Hände", erwiderte Marie zaghaft. „Herr Berg ist ein Handschriftenkundigcr", meinte Hubert, „und er entdeckte die Achnlichkeit, nicht wahr?" „Jawohl, und ein Irrtum ist hier ganz ausgeschlossen", sagte Marie scharf. „Wieso?" forschte Werner. „Der Brief ist aus Spanien, wo sich damals Friedrich TouS kani aufhielt, jener TouSkani, der der Vater des jungen Künstler ist. Es ist erwiesen, daß jenes Schriftstück von dem Vater deS jungen Mannes ist. Und nun sehen Sie diese Bilder, solch eine Achnlichkeit!" „Mein Fräulein", erwiderte Werner, „steht in dem Briese, daß der TouSkani seinen Namen auS Trendler so umgewandclt hat?» „Nein, der Brief enthält eine Mahnung über eine Geldfor- dcrung." „So, dann beweist dieser Brief nur, daß ein TouSkani eine Handschrift hatte, wie Trendler, und ebenso, daß ein Trendler einem TouSkani ähnelt. Das find Zufälligkeiten." „Na, das glauben Sie wohl selbst nicht", meinte Marie erregt. „Von glauben kann hier gar keine Rede sein, eS gilt nur die Logik des Juristen", bemerkte Hubert fest. „Und darauf beharren Sie?" fragte Marie tief atmend. „Ei gewiß!" „Auch wenn Sie Ihren Ruf dabei aus- Spiel setzen?" „Was?. Wie? Was hat mein Ruf damit zu thun?" „Aber, Herr Werner, Sie wissen schon lange, daß Sie in Feodor TouSkani den rechten Erben vor sich haben; die Pflicht eines edlen Charakters ist es, dem Erben zu seinem Rechte zu verhelfen." „Wo ist der Beweis, daß er der rechte Erbe ist?" „Wie kann ich diese Anschauung mit Ihren sonstigen Prin zipien vereinen?" „Ich habe die Pflicht, dies Vermögen sür mich zu bewahren", sagte Hubert ernst und fest. „Ich werde von dieser Pflicht erst dann zurückstchcn, wenn man mir unantastbare Beweise erbringt, nicht Handschriften und vage Vermutungen." „So wollen Sic es auf einen Prozeß ankommen lassen?" „Menn man mir nicht mehr beweisen kann, allerdings . . ." „Gegen Ihre Ueberzeugung und gegen die Stimme des Ge« wissens?" Werner wurde blaß, seine Augen starrten das Mädchen an. Marie merkte diese Veränderung und sagte: „Ich spreche le diglich in Ihrem Interesse, nur aus Besorgnis für Sie. Man würde Ihnen Ihr Verhalten sehr Übel deuten. DaS Recht jene- Mannes ist unbestreitbar. Denken Sie an Ihre fernere Existenz." Hubert stutzte, dann erwiderte er: „Ich lasse cs darauf ankommen." „So war mein Besuch bei Ihnen zwecklos", sagte Marie mit feuchten Augen; sie führte ihr Taschentuch an die Bugen,