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getrauert in den Tagen des Leides nach herben Verlusten fürs ganze Volk: Was Gott thnt, das ist wohlgethan! Sie haben mit ihr gebeichtet nach Zeiten der Verwirrung und Verirrung: Aus tiefer Not schrei' ich zu dir! Sie haben unsere Kleinen hin zum holden Freund der Kinder geführt und die Alten jung erhalten. Sie haben die Pforten geöffnet zu manchem Kirchen jahr, zu manchem Weihnachten, Ostern und Pfingsten, jauchzend, bittend, mahnend, tröstend, im Grunde nur aus dem einen Tone gehend: Allein Gott in der Höh' sei Ehr'! Da ziehen sie heute wieder durch diese Räume hindurch, die Gemeinden, die in 100 Jahren je hier gesessen und im Liede ihre heiligsten, seligsten Erfahrungen ausgeströmt, mit ihrem Glauben und Hoffen den Prediger auf der Kanzel stärkend und tragend. Da grüßen sie wieder zu uns hernieder, all die jugendlichen Chöre, die je hier die Gemeinde geführt, mit den allzeit frischen Stimmen, Augen und Herzen unsere lieben Sänger vom Gym nasium zum heiligen Kreuz. Da stehen sie wieder, all die Meister, die in 100 Jahren dort oben auf dem Chore mit ihrem Scepter gewaltet und die Orgel geschlagen, neben den Predigern auf der Kanzel auch Prediger, ohne Chorrock und doch im priesterlichen Schmuck, ohne Ordination und doch mit der gött lichen Vokation des Genies in Herz und Geist und mit der Ordination von Gott selbst, der in die Menschenbrust den Quell der Lieder gelegt und die Töne geschaffen und im Reich der Harmonieen so gerne seinen Thron aufschlägt. Da stehen sie, beseelt vom Geist des großen Homilius, der drei Jahrzehnte der Trübsal an diesen Stätten mit durchlebt und doch den ersehnten Wcibetag der Kirche nicht mit erlebt, wie ein Mose nur einen Blick werfend in ein schönes Land. Da stehen sie, mnvergessen mit ihren Namen, die Reihe der Kantoren er öffnend zwei Träger Eines Namens, Onkel und Neffe, Christian Ehregott Weinlig und Christian Theodor Weinlig, fleißig und talentvoll, der eine Richard Wagners verdienter Lehrer, ein Uber, der am Karfreitag die Angen schließt, am selben Tag, an dem hier sein Oratorium „Die letzten Worte des Erlösers" durch die Räume rauscht, ein Agthe, der von den lichten Höhen der Harmonieen so bald herabstcigen muß in die Nacht eines zerrütteten Geistes, in die Nacht eines frühen