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Sächsische Staatszeitung : 20.03.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192903203
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19290320
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19290320
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-03
- Tag 1929-03-20
-
Monat
1929-03
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 20.03.1929
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müßten da- vor sich selbst moralisch verautworten, und die Kindertrompetenkonzerte seien keine politischen Mittel. Wir sind muh der Meinung, daß KUrder- trompetenkonzerte keine politischen Mittel sind, aber eine Obstruktion der Sbaeordueten mit allen Mitteln ist unter Umstünden da- Aufrütteln der Arbeitermassen draußen, die sich hinter diesen Abgeordneten stellen werden; und Herrn Abg. Edel stand es besonder- schlecht, diese Moralinsoße hier zu kochen. Seine Entrüstung gegen die Demokraten fällt vollständig auf ihn zurück als den Vertreter der Partei, durch ddren Präsidenten im Reichstage die Verschärfung der ReichStagSgeschästs- ordnung in allererster Linie gefordert und eingelcitet wird. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Und zweitens hat der Reich-tagSpräsident die brutalsten UnterdrücknngS- Maßnahmen gegen kommunistische Abgeordnete ergriffen, so brutal, wie man sie kaum irgendwo ander- einleitete. Da- Hinauswerfen von kommunistischen Abgeordneten durch die Polizei, ja sogar die Anwendung von Gummi- knütteln gegen kommunistische Abgeordnete im Reichstage wurde doch typischerweise durch den sozialistischen Reichs« tagspräsidenten eingeführt. Außerdem stimmen seine Ausführungen auch absolut nicht überein mit einem Artikel, den der Herr Prä> dent des Landtages, Abg. Schwarz, in der „Volkszeitung" vom 19. Februar 1929 veröffentlicht hat. In diesem Artikel er klärt Herr Abg. Schtvarz im Gegensatz zu Herrn Abg. Edel, daß eine Änderung der Geschäftsordnung sehr notwendig sei; denn in dieser Geschäftsordnung, so saat er, kenne sich nur noch der Fachmann au-, und er sagt: Daß der Präsident de- Landtages die Geschäfte des Hauses un- partensch zu führen hat, ist eine Selbstverständlichkeit, und daß ein jeder Abgeordneter im Normalzustände nicht vergessen sollte, daß da- Parlament eben kein Kabarett ist, sollte eigentlich auch nicht besonders er« wähnt werden müssen. Der Normalzustand der Ab geordneten ist eben sehr relativ (Heiterkeit b. d. Komm.), er wird immer nur von der jeweiligen Einstellung des Abgeordneten ans zu betrachten fein; unddie Abgeordneten der Lonununistischen Partei werden die schärfste Obstrul- tion gegen reaktionäre Maßnahmen dieses Hauses immer für sehr normal und angebracht im Interesse der Mafien des Proletariats halten, während die Abgeordneten der Deutschnationalen Fraktion oder irgendeiner der Bürger- blockpartcien eine solche Obstruktion für abjolut anormal hält; und es ist dann immer sehr fraglich und fragwürdig, ob das Parlament mehr als Kabarett oder als Kasperletheater wirkt. Persönlich bin ich ohne Zweifel der Meinung, daß das ganze Kasperletheater und Kabarett des Parlaments sich jedesmal enthüllt, wenn bei der Abstimmung erst der Präsident mit hoch- geschwungenem Hammer solange sitzt, bis auch der letzte Mann zu der notwendigen Stimmenmehrheit sich wieder hier eingefunden hat und wenn die Abstimmung von der Schnelligkeit der Beine der Abgeordneten ab hängig gemacht wird. Das kennzeichnet wohl überhaupt ein klein wenig mit den Wert de- ParlanwntariSmus. Herr Abg. Schwarz braucht dann aber in seinem Artikel gegen die Anträge der Kommunistischen Partei dieselben Argumentationen, die heute Herr Abg. vr. Dehne benutzt hat, dennerer klärte: diese AnträgederKommunistensindra doch nichts weiter als Agitationsanträge. Ich glaube, daß der Artikel des Herrn Schtoarz ein bißchen für daS, was kommt, geschrieben ist (Sehr wahr! b. d. Komm.), näm lich für die Tatsache der besseren Zusammenarbeit mit den Bürgerblockparteien, einer Einheitsfront der Sozial demokraten mit einem großen Teil dieses Vürgerblocks mindesten- (Sehr wahr! b. d. Komm), daß auch der Herr Abg. Sctwarz damit gerechnet hat, daß man eine solche Geschäftsordnung auch nach der Landtagsnach wahl eventuell noch haben und durchführen müßte, und daß er darauf seinen Artikel eingestellt hat, während die Rede des Herrn Abg. Edel nur noch darauf ein gestellt war, den Arbeitern vor-utäujchen, daß die Sozialdemokraten ernsthaft gegen die Verschlechterung der Geschäftsordnung kämpfen. In Wirklichkeit tun sie das nicht. Ein weiterer Antrag der Soziale mokratcn ist der» in dem sie für sich ein besondere- Recht auf ver längerte Redezeit fordern. Also sobald die Frage so gestellt werden kann, daß Sie als stärkste Fraktion Sonderrechte bekommen, sind Sie sehr bereit, Sonder rechte für stärkere Gruppen anzunehmen und damit die Minderheiten zu vergewaltigen. (Lachen b. d. Soz) Im Grunde geht dieser Ihr Antrag in derselben Linie, in der sich die gesamten anderen Anträge des Bürger« blocks bewegen (Sehr wahr! b. d. Komm.), und wir lehnen selbstverständlich auch eine solche Sonder« bcrechtigung einer zufällig noch stärksten Fraktion des Landtags ab. (Lachen b. d. Soz.) Die Berhältniffe werden ja nicht so bleiben, soudernsich ändern, und ich glaube, daß auch die Stärke der Sozialdemokratischen Fraktion schon nicht mehr der Auffassung der Wähler draußen entspricht, denen man Sozialfürsorge und, was weiß ich alles, versprochen hatte, denen man die Ab lehnung des Panzerkreuzcrbaue» versprochen hatte und denen man dafür den Panzerkreuzer und den Abstrich von 200 Millionen auS dem Sozialetat durch den sozial demokratischen Minister Hilferding im Reiche beschert hat. Zu den Einzelheiten möchte ich nur ganz kurz einige Ausführungen machen. Der Herr Abg. Edel erklärte, daß auch er den Antrag ablehne, der von uns über die Offenhaltung der Tribünen gestellt ist und in dem wir fordern, daß daS Recht der vollständigen Räumung der Tribüne und der Schließung deS Zuhörerraums keines« weg- zugestanden werden darf. Wir würden es gar nicht so erschrecklich finden, wenn von den Tribünen zuhörern Beifalls-, Zustimmung-- oder Mißbilligungs- kundgebungen erfolgen würden. (Sehr wahr! b. d. Komm.) Herr Edel sagt aber etwas Unrichtiges, wenn er behauptet, daß dort, wo die Kommunisten dirigieren, die Öffentlichkeit ebenfalls ausgeschlossen würde. Er weiß ganz genau, daß daS, soweit kommunistische Bürger meister oder Stadtverordnetenvorsteher vorhanden waren, nicht der Fall gewesen ist (Sehr richtig! b. d. Komm ), sondern daß man da immer besorgt ist, die breiteste Öffent lichkeit zuzulassen. Er weiß aber auch ganz genau, daß in Sowjetrußland zu den Sitzungen der Sowjet- die breiteste Öffentlichkeit -«gelassen ist. (Sehr richtig! b. d. Komm.) Der Herr Abg. Edel erklärt aber auch, daß er di« Dringlichkeit-anträge ablehne. Wa- iß mit den Dringlich- muß al- ein Vorbild dafür, wie - gemacht wirb,» wenn man machtpolitisch an die Lösung solcher Krage« herantritt. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Wir haben darauf aufmerksam gemacht, daß ja schließlich diese Periode in adjehbarer Zeit doll) zu Ende gehen muß, daß andere politische Verhältnisse sich ergeben werden und daß sie al» die Väter der Verschlechterung dieser Geschäftsordnung damit rechnen müssen, daß sie schließ lich mit ihren eigenen Waffen geschlagen werden. Ich stehe nicht aus dem Standpunkte, daß wir die verschärften Bestimmungen etwa auS Loyalität dann ändern, wenn wir die Macht dazu haben, sondern daß wir uns nach dem Vorbild« richten werden müssen, das in diesem Falle die Regierungsparteien gegeben haben. (Sehr wahr b. d. Soz.) ES ist meiner Ansicht nach recht bezeichnend ge wesen, daß der als Berichterstatter bestimmte Herr vr. Wagner von den Deutschnationalen freudig den Kollegen vr. Dehne von der Demokratischen Fraktion zum Berichterstatter vorschlug. (Sehr richtig b. d. Soz.) Das war symptomatisch. Der Vertreter der Demokratie tritt als Berichterstatter ein für die Knebelung der Minderheit, tritt ein gegen die Demokratie. DaS beweist, um welchen Vorfall es sich handelt, und so kann man insgesamt sagen, diese gegenwärtige Mehrheit hat sich gewiß in den wichtigsten Fragen, auf die die Bevölkerung wartet, unfruchtbar erwiesen. Vergeblich warten wir auf eine wirkliche BerwaUungsresorm. (Sehr richtig b.d. Soz.) Vergeblich warten wir auf Maßnahmen im Interesse der Minderbemittelten. In diesen Problemen war die Mehr heit des Parlaments unfruchtbar, aber sie war sofort fruchtbar, als es sich um Bestimmungen gegen die De mokratie handelte, als es sich darum handelte, die eigenen Rechte der Demokratie und der Parlamentarismus ab- zubauen. Deshalb bleibt uns nur übrig, gegen eine solche einseitige Machtpolitik zu protestieren und darauf hin- zuweisen, was aus einer solchen einseitigen Machtpolitik sich schließlich für Konsequenzen entwickeln müssen. (Brao b. d. Soz. — Hu-Rufe rechts.) Abg. Renucr (Komm.): Ich möchte gleich zu Anfang auf einige Ausführungen des Herrn Berichterstatters, AbH. vr. Dehne, eingehen, der glaubte, besonders unter streichen zu müssen, daß einige Anträge der Kommu nistischen Partei der Minderheit Schaden zufügen, und er hat das so mit der Miene der Gelehrsamkeit vcr« kündet. Zch glaube aber, daß er wußte, daß er dabei eine Unrichtigkeit sagt. (Abg. vr. Dehne: Ich sage nie bewußt Unrichtiges!) Es gibt in unserem Anträge zwei solche Forderungen nach Beseitigung der Bestimmungs« rechte von 10 Abgeordneten, und zwar zum 8 24 wie auch zum 8 29 der jetzigen Geschäftsordnung. In beiden Fällen bedeutet die Aufhebung dieser Bestimmung keines wegs eine Beschränkung der Minderheit, soudern eine Beschränkung der Mehrheit resp. der Willkür einer kleinen Gruppe von 10 Abgeordneten, die sich in der Praxis oft genug gezeigt hat, besonders dann, wenn eö sich um die Rechte der Arbeiter und der Vertreter der Kommunistischen Partei handelte. In § 24 Abs. 4 ist nämlich folgendes gesagt: Auf Beschluß des Landtages kann die Reihenfolge verlassen, die Beratung und Abstimmung über mehrere oder alle selbständigen Teile verbunden oder über solche Teile getrennt werden. Der Beschluß über Verbindung und Trennung kann im Laufe der Be ratung jederzeit abgeändert werden, wenn nicht 10 Abgeordnete widersprechen. Also selbst wenn eine Mehrheit des Landtages auf dem Standpunkte stand, daß eine Abänderung durch den Landtag aus Polltischen Gründen erfolgen soll, so weit daS zweckmäßig und geboten war, konnten 10 Ab- geordnete das durch ihren Widerspruch verhindern. DaS ist schon mehrfach, insbesondere von der Deutschnatio« nalen Partei oder von 10 Abgeordneten des Bürger- blocks durchgeführt worden, und damit fetzt die Ver gewaltigung sogar der Mehrheit des Landtages ein. Deshalb unsere Forderung, diese Bestimmung zu streichen. In 8 29 wird gejagt, daß der Antragsteller das Recht hat, den Antrag in einer Vollsitzung zu begründen oder durch einen anderen Abgeordneten begründen zu lassen. Die Beratung darf nur dann eröffnet werden, wenn 10 Abgeordnete den Antrag auf Beratung unter stützen. Nun, die Streichung bedeutet, daß die Bera tung auch eröffnet werden muß, wenn einer das allein fordert. Die Forderungen, die von den kommunistischen Abgeordneten vertreten worden sind, sind absolute Forderungen zum Schutz der Minderheit resp. des ei»»- zclnen Abgeordneten, sie wollen, wie ich bereits bei der ersten Beratung betont habe, die rigorose Handhabung der Geschäftsordnung, wie sie jetzt besteyt, beschneiden, während die Anträge, die von den Bürgerblockparteien gestellt worden sind, eine weitere Drosselung der Rechte der Abgeordneten durchführen wollen, al- es bisher schon der Fall ist; deshalb haben wir uns gegen diese Anträge gewendet, und wir werden sie auch ablehnen. Ich muß nochmals unterstreichen, daß selbstverständ lich diese Anträge nur zu werten sind im Zusammen hang mit den politischen Erscheinungen überhaupt, und eL war sehr einseitig und engstirnig, wenn Herr Abg. Edel hier anführte, daß man doch die im jetzigen Landtag bestehenden Bestimmungen nicht einmal ge braucht habe. Darauf kommt e- gar nicht an, ob man die Bestimmungen, die bestehen, angewendet hat, sondern diese Anträge sieben im Zusammenhang mit dem verschärften Vorstoß der Reaktion auf politischem und wirtschaftlichem Gebiete; der Herr Abg. Edel hat da- entweder übersehen oder absichtlich übersehen; ich werde noch darauf kommen, warum er es wahrscheinlich absichtlich übersehen hat. Die Tendenz des deutschen Bürgertums geht darauf hinaus, eine weitere Knebe lung der Arbeiterklasse durchzuführen, jede Regung des Proletariats nach außen hin zu unterdrücken und zu einem legalen Faschismus in Deutschland zu schreiten. Auch die Einschränkung der Rechte der Abgeordneten im Parlament läuft praktisch darauf hinaus, eine Knebelung der Kritik an der bürgerlichen Gesellschafts ordnung und eine Knebelung der Aufrufe an das Proletariat durch da- Parlament herbeizuführen. Der Herr Abg. Edel hat dabei eine andere Seite angezogen, nämlich die Frage der Moral und der An ständigkeit im Parlament. Er hat gesagt, die Ab- geordneten, die gegen die Bestimmungen verstoßen, tu dem Zeitpunkte waren da- die Vertreter der > Sozialdemokratie, al- die Sozialdemokratie in diesem ! Hause die Mehrheit hatte, daß der Sinn einer Geschäfts ordnung sein muß, nicht die Rechte der Mehrheit, sondern die der Minderheit zu schützen. Und die moralische Stärke der Mehrheit de- Parlaments erweist sich gerade darin, daß sie auch al- Mehrheit den Mut findet, Bestimmungen anzuerkennen zum Schutze der Minderheit. E» beweist aber das schlechte Gewissen einer Parlament-mehrheit, wenn sie Be stimmungen zur Knebelung der Minderheit schafft. So- wenig e» von unserem Standpunkte aus gerechtfertigt werden kann, daß ein Terror von der kleinen Gruppe eine- Parlaments elusetzt, so notwendig ist eS doch, daß auch die Opposition die Möglichkeit ihrer Entfaltung hat. Und da müssen wir auch der Öffentlichkeit gegenüber auf da- schärfste dagegen protestieren, wenn immer fort die Behauptung aufgestellt wird, daß durch das Verschulden der Opposition im sächsischen Parlament ein gewifier Leerlauf stattfindet. Da^u ist festzustellen, daß dieser Leerlauf de- Parlamentarismus in Sachsen gewiß vorhanden ist, daß er aber ganz und aar durch die Regierungsparteien verschuldet ist. (Lebhafte- Sehr richtig! links. — Widerspruch rechts.) Dadurch, daß die Regierungsparteien nicht in der Lage sind, ihre aus einanderstrebenden Interessen rechtzeitig zu vereinigen, kommt e- immer wieder zur Vertagung der wichtigsten Angelegenheiten. (Widerspruch recht-.) Man hat ja beispielsweise schon den RechtSausschuß den Bertagungs- au-fchnß genannt. (Abg. Grellmann: Woher kommt denn der Leerlauf im Reiche?) Der Leerlauf im Reiche kommt von den reaktionären Gepflogenheiten und reaktionären Anschlägen Ihrer Freunde (Lachen b. d. Dnat), die leider nicht ohne weiteres nieder- gekämpft werden können, weil wir uns leider im Par lament nur in einer Minderheit befinden. (Zurufe recht?.) Aber Sie haben die Mehrheit und die mora lische Verantwortung für das zu tragen, was gegen wärtig politisch in Sachsen geschieht. Da muß daran erinnert werden, daß beispielsweise wieder in einer wichtigen Frage erst in der jüngsten Zeit ein Leer lauf stattfindet, daß z. V. bei der Festsetzung der Pflicht- stundenzahl der Lehrer eine Einigung nicht gefunden werden kann. Und so erlebe»» wir immer wieder bei jeder wichtigen Frage einen Leerlauf deS sächsischen Parlaments, der durch das Durcheinander in den Reihen der Regierungsparteien verursacht wird. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Ganz in derselben Richtung wie hier die GeschäftsordnunaSbestimmungen, die vor geschlagen werden, bewegt sich ja auch die Absicht, wie wir sie beim sächsischen Etat kenncngelernt haben, zweijährige Etatperioden einzuführen, bewegt sich die Absicht, ein Ermächtigungsgesetz in Sachsen durch- zuführen. Die innere Ohnmacht, daS Durcheinander in den Regierungsparteien läßt ein geordnetes par- lamentarisches System nicht zu. Man wünscht, hinter de»l Kulissen das zu vereinbaren, was das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen hat. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Wir können jedenfalls sagen, daß die früheren sozia listischen Regierungen und die damals sozialistische Mehrheit bis zum Jahre 1923 nicht auf den Gedanken gekommen ist, die Geschäftsordnung zu ändern, die im wesentlichen auf den Schutz der Rechte der Minderheit zugeschnitten gewesen ist, obwohl damals eine knappe Parlamentsmehrheit vorhanden war und obwohl da mals die bürgerliche Opposition in der stärksten Weise die Bestimmungen der Geschäftsordnung im Sinne der Opposition ausnutzte. ES ist diesem Parlament Vor behalten geblieben, durch Verkürzung der Redezeit und andere Polizeimaßnahmen den Parlamentarismus in Wahrheit zu diskreditieren. Ich mache aber diese Aus führungen, weil immerfort der tatsächliche Leerlauf im sächsischen Parlament auf daS Konto der Opposition, besonders auch der Opposition unserer Partei ge schrieben wird. Jede Opposition muß das Recht haben — daS ist da- Wesentliche des Parlamentarismus —, ihre Meinung zu bekunden, und die Meinung muß be kundet werden in aller Öffentlichkeit, und cs ist auch ganz selbstverständlich, daß eine Partei von der Stärke der Sozialdemokratie nicht in kurzen Worten sagen kann, was etwa eine kleine Interessengruppe, eine kleine Interessenvertretung in kurzer Zeit darzulegen in der Lage ist. Wenn eine Partei, etwa wie die Auf- Wertungspartei, nur eine»» so engen JnteressenkreiS umfaßt, wenn ihr Interesse sich erschöpft in der Be- Handlung weniger Probleme, dann kann eine solche Partei mit einer so verkürzten Redezeit auskommen. Aber die Sozialdemokratische Fraktion, in der nicht nur weltanschauliche, sondern auch wirtschaftliche und politische Probleme verschiedenster Art eine wichtige Rolle spielen, muß es al- eine Einschnürung brutaler Art empfinden, wenn sie bei der Behandlung wichtiger Anträge auf eine halbe Stunde Redezeit gesetzt wird. Es ist auch nicht zu rechtfertigen, wenn sie die Verhältnisse im Reichstage heranziehet». Sie werden immer finden, daß dort auf daS Bedürfnis einer so großen Partei doch etwas Rücksicht genommen wird. Ich möchte auch bitten, daß da- wenigstens in der Praxi- einigermaßen in Er- scheinung tritt, was vielleicht zu seiner Entschuldigung Herr Kollege vr. Dehne vorhin al- Berichterstatter auS- geführt hat. Wir sind der Meinung, daß die Tendenz der Änderung der Geschäftsordnung sich besonder- zeigt in den Para graphen, die die alljährliche Wiederwahl betreffen. Man hat da- im RechtSausschuß auch ganz klar wiedergegeben: einen Mißtrauensantrag gegen den Präsidenten wollte man als unbequem nicht brmgen, aber man wollte zu gleicher Zeit rückgängig machen, was vielleicht die mangelnde Intelligenz der Wirtschaft-Partei verschuldet hatte, nämlich daß gegenwärtig im Präsidium des Land- tageS eine Linksmehrheit vorhanden ist. Sie hatte da mals bei den Stimmzetteln nicht gut aufgepaßt, und daraus ergab sich tatsächlich eine Mehrheit der Linken. Das soll nun nach Änderung der Geschäftsordnung wieder gutgemacht werden. Da- beleuchtet aber nur, wa- ich bereits feystellte, daß eS sich bei der Änderung der Ge- schüftsordnung um ei»» klassische- Dokument einseitiger Machtausnutzung handelt, und da haben wir bereit- im Rechtsau-schuß darauf hingewiesen, daß die Sozial demokratische Partei sich einen solchen Vorfall gut merken muß (Sehr wahr l b. d. So-.), gut merken
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