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8MqckilW W AWm AMBW Nr. 233. zu Nr. 64 des Hauptblattes. 1929. Beauftragt mit der Herausgabe Reglerung-rat Brauße in Dresden. Landtagsderhandlungen. (Fortsetzung der 111. Sitzung von Donnerstag, den 14. März 1929.) Die Punkte 3 bis 5 werden zu gemeinsamer Be ratung verbunden. Punkt 3: Zweite Beratung über: s) Kap. 38 — Landesfürsorgeverband und Wohl fahrtspflege — des ordentlichen StaatShaus- Haltplans für das Rechnungsjahr 1928, d) die Anträge: 1. Rr. 1929 — Böchel u. Gen — um Bewilligung von S490000 RM. an die Bezirlsfürsorge- verbände zur Gewährung von Winterbeihilfen an Sozial- usw. Rentner. 2. Str. 1099 — Renner «. Gen. — um Bewilligung einer Winterbeihilfe in Höhe von 19 Mill. RM. für Nnterstütznngsempfänger sowie über die hierzu vorliegenden Eingaben. (Mündlicher Bericht des Hanshaltausschnsses Druck sache Nr. 1149.) Der Antrag Nr. 1140 tautet: (Die Minderheitsanträge sind durch » besonder- bezeichnet.) Der Landtag wolle beschließen: 1. im Kap. 38 des ordentlichen Staatshaushaltplans für 1929: 1. bei Tit. 3: ») » die Staatsbeiträge an die Bczirksfürsorge- verbändevon 1297 500RM. auf 3 000000RM. zu erhöhen; Siegel, Nagel. b) » die Summe um 640 OOORM.aufl 937 500RM. zu erhöhen; Wehle. o) in der Erläuterungsspalte als 3. Absatz an- zufügen: „Bis zu 20000 RM. dauernd für die Zwecke der sozialen Gerichtshisfe"; ck) die Summe für Kinderspeisungen wieder mit 150000 NM. einzustellen und dem entsprechend die Einstellung von 1297500 NM. auf 1445000 RM. zu erhöhen; 2. bei Tit. 3»: ») > die Summe von 800000 RM. zu erhöhen auf 10800000RM.; Scheffler, Nagel. b) » die Summe um 6200000 RM. zu erhöhen auf 7000000 NM.; Wehle. 3. bei Tit. 4: a) » die Summe um 20000NM. auf 60000RM. zu erhöhen; Wehle. b) die Summe von 40000 RM. auf 50000 RM. zu erhöhen; 4. » als neuen Tit. 6a einzusetzen: „Unterstützung besonders hilfsbedürftiger Bezirksfürsorgeverbände zwecks Gewäh rung von Beihilfen zur Schulentlassung, Bettenbeschasfung, an ausgesteuerte Hilfs bedürftige »l. a. m. . . . 1500000 RM." Wehle. 5. « bei Tit. 7: die Summe um 22000RM. auf 30000 NM. zu erhöhen; Wehle. 6. im übrigen die Einstellung bei Kap. 38 des ordentlichen Staatshaushaltplans für 1929 nach der Vorlage zu genehmigen; 7. die Negierung zu ermächtigen, denjenigen Be- zirksfürsorgeverbänden, die den von ihnen nach dem Wohlfahrtspflegegesetz zu Betreuenden eine einmaligeWinterbeihilfe auHeigenen Mitteln nicht gewähren können, aus Kap. 38 Tit. 3» des Haushaltplans 1928 im Wege der Über schreitung bis zu 500000 RM. aus Staatsmitteln bereitzustellen; 8. die Regierung zu ermächtigen, über diese Mittel bereits vor der endgültigen Verabschiedung des Staatshaushaltplans zu verfügen; L. » die Regierung zu ersuchen: 1. die Richtsätze der Bezirksfürsorgeverbände über ganz Sachsen einheitlich zu regeln; 2. die Erhöhung der Richtsätze um 100 Proz. der bisher gezahlten Höchstsätze vorzunehmen; 3. dieJnternationaleArbeiterhilfe alslandeswichtig zu erklären; 4. a) zur Errichtung und Erhaltung von Arbeiter- Sportplätzen und -Hallen 300000 RM. bereit zustellen; d) dem Kommunistischen Juaendverband 50000 RM. zur Verfügung zu stellen; 5. die bezirksfreien Städte und BezirkSfürsorge- verbände anzuwellen, die Zuschläge zur Sozial- reute ohne besonderen Antrag von dem Tage an zu bezahlen, an dem durch die LandeS- versicherungSanstalt die Rente festgesetzt ist; 6. den 8 21 des Wohlfahrtspflegegesetzes Abs. 1 und 2 zu streichen; 7. den § 22 der Fürsorgepflichtverordnung zu streichen; Siegel, Nagel. 8. bei der Bedürftigkeitsprüfung die persönlichen Tharaktereigenschaften außer acht zu lassen und nur die materielle Notlage für die Bewilligung vVn Unterstützung entscheiden zu lassen; Schreiber lOberwürschnitz). III. die Regierung zu ersuchen: 1. bei der Ne:chsregierung wegen Bewilligung von Winterbeihilfen nach dem Vorgang des Rechnungsjahres 1926/27 dringend vorstellig zu werden; 2. dem Haushaltausschuß eine spezialisierte Aufstellung über die in Sachsen erfolgte Er höhung der sozialen Ausgaben seit 1924 vor zulegen. Dabei sind die Aufwendungen, die vom Reich dem Staat auferlegt worden sind, und die Aufwendungen, die aus eigener Entschließung in Sachsen bewilligt wurden, sowie die den Bezirksverbänden überwiesenen Beträge ge trennt aufzuführen.; IV. die Anträge: 1. » a) Drucksache Nr. 1029, d) Drucksache Nr. 1090 anzunehmen; Wehle, Siegel, Nagel. 2. ») Drucksache Nr. 1029, b) Drucksache Nr. 1090 als erledigt abzulehneu; V. die Eingaben a) Nr. 2940 (Prüfungsausschuß) des Laudesaus schusses des Verbandes der Sächsischen Blinden- vereine, Dresden, k) Nr. 2944 (Prüfungsausschuß) des Zentralaus- fchusses der obererzgebirgischen und vogtlän- bischen Frauenvereine, Dresden, c) Nr. 2965 (Prüfungsausschuß) der Schule der Arbeit, e. V., Leipzig, der Regierung zur Berücksichtigung zu über- weisen. Ber.-Erst. Abg. Wehle (Soz.) bespricht die einzelnen Anträge kurz durch und empfiehlt die Annahme des Kapitels und der dazu gestellten Anträge. Punkt 4: Zweite Beratung über Dit. 2 — Wert schaffende Arbettslosenfürforge — des außerordent lichen Staatshanshaltplans für das Rechnungsjahr 1929. (Mündlicher Bericht des Hanshaltausschnsses Drucksache Rr. 1148.) Der Antrag Nr. 1116 lautet: (Die Minderheitsanträge sind durch W besonder» bezeichnet.) Der Landtag wolle beschließen: 1. » die Einstellung bei Tit. 2 des außerordentlichen Staatshaushaltplans für 1929 vonlOOOOOOO NM. auf 20000 000 RM. zu erhöhen; Müller (Mittweida). 2. die Einstellung bei Tit. 2 des außerordentlichen Staatshaushaltplans für 1929 nach der Vorlage zu genehmigen. Ber.-Erst. Abg. Müller (Mittweida) verzichtet auf das Wort. Punkt 5: Zweite Beratung über die Anträge: 1. des Abg. Böchel u. Gen. - Drncksache Nr. 1948 2. der Abgg. Böttcher, Lieberasch, Rötzscher, Schrei- ber (vberwürschnitz) und Siewert - Drncksache Nr. 1953 3. des Abg. Renner u. Gen. - Drncksache Nr. 1973 - wegen Ergreifung von Maßnahmen zur Linde- rung der Erwerbslosigkeit, 4. des Abg. Renner u. Gen. — Drucksache Rr. 1191 —, Forderungen der Rotstandsarbeiter betreffend, 5. des Abg. Renner «. Gen. — Druckfache Rr. 1192 — über die Ergreifung von Maßnahmen zur Linde rung der Rot der Erwerbslosen, sowie über die hierzu vorliegenden Eingaben. (Mündlicher Bericht des HauShaltanSschnsses 8, Druck- sache Rr. 1159.) Der Antrag Nr. 1150 lautet: Der Landtag wolle beschließen: I. den Antrag Drucksache Nr. 1048 anzunehmen: II. den Antrag Drucksache Nr. 1053 ») unter Ziff. I und III abzulehnen; d) unter Ziff. II anzunehmen; IN. 1. den Antrag Drucksache Nr. 1073 abzu- lehnen; 2. die Regierung zu ersuchen, ») sofort Mittel bereitzustellen zur Unter stützung solcher arbeitsloser Ausländer, die in den Grenzgebieten Sachsens wohnen und Beiträge zur Arbeits- . losenversicherung gezahlt haben, in der Sonderregelung Saisonarbeiter und in der Krisenfürsorge aber keine Unter stützung erhalten; b) auf die Reichsregierung einzuwirken, daß baldigst mit den angrenzenden ausländischen Staaten verhandelt wird betreffs Abschließung von Gegenseitig. keitSverträgen zur Unterstützung bei Arbeitslosigkeit; IV. den Antrag Drucksache Nr. 1101 abzulehnen; V. den Antrag Drucksache Nr. 1102 abzulehnen; VI die Regierung zu beauftragen, ausreichende Räume für Arbeitsvermittlung zu beschaffen: 8. die Eingaben: a) Nr. 2919 (Prüfungsausschuß) des Stadtrats zu Zwenkau, b) Nr. 2939 (Prüfungsausschuß) des Gemeinde rats Oberlungwitz, o) Nr. 3001 (Prüfungsausschuß) des Erwerbs losenausschusses zu Wittgensdorf, 6) Nr. 3005 (Prüfungsausschuß) der Erwerbs losenversammlung und des Erwerbslosenrat- zu Aue i. E., v) Nr. 3010 (Prüfungsausschuß) des Stadtrats zu Hohenstein Ernstthal, k) Nr. 3044 (Prüfungsausschuß) des GemeindratS Burkersdorf der Negierung als Material zur Keuntnis- uahme zu überweisen. Ber.-Erst. Abg. Gerlach (Soz.) berichtet kurz über die einzelnen Punkte des Antrages und empfiehlt die Annahme. Darauf wird in die Aussprache eingetrelen. Abg. Scheffler (Komm): Tas Kap. 38 ist das Kapitel, das zweifelsohne einen Teil der werktätigen Bevölkerung stark interessiert, und zwar denjenigen Teil der Bevölkerung, der infolge des Krieges, der Nationali sierung nicht mehr erwerbsfähig ist, und auch diejenigen, denen während der Inflation ihre ersparten Pfennige geraubt worden sind. Weite Schichten der Bevöl kerung — es dürsten ungefähr 280000 Rentenempfänger in Sachsen in Frage kommen — haben natürlich ein starkes Interesse an diesem Kapitel, weil davon immer hin ihr Wohl und Wehe abhängt. Wir haben deshalb beantragt, daß für dieses Kapitel wesentlich mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit die Wohlfahrtsfürsorgc in den Bezirksfürsorgeverbänden besser als bisher durchgesührt werden kann. Wenn die Rentner, die ohne jede Mittel sind, an die Wohlfahrts ämter herantreteu, so haben sie immer als Antwort zu erhalten, daß keine Mittel zur Verfügung stehen. Wenn die Gemeindevertrcter in den Gemeindeparlamenten Weihnachtsbeihilfen oder Osterbeihilfen beantragen oder Sonderbeihilfen für Erwerbslose beantragen, begegnen sie immer der Antwort, daß keine Mittel vorhanden feien. Wenn dasselbe geschieht in dell Bezirksausschüssen der Amtshauptmannschafteu, wenn Anträge gestellt werden, um die Lage der armen Leute zu verbessern, so wird ebenfalls geantwortet, es sei kein Geld da, die Negierung gibt uns nicht die nötigen Mittel, um die Bezüge der Rentner, der armen Leute, befriedigen zu können. Deshalb haben wir beantragt, daß bei Tit. 3 des Kap. 38, wo 1297500 M. vorgejehen waren, die Einstellung auf 3 Mill. M. erhöht werden möge. Wer weiß, wie ungeheuerlich die Not der Sozialrentner ist, kann nicht annehmen, daß mit einen: so geringen Be trage von 3 Mill. M. das Elend beseitigt werden kann. Aber wir sind der Meinung, daß bei der Gewährung von 3 Mill. M. zum mindestens die schlimmsten Aus wüchse beseitigt werden könnten. Dann haben wir weiter beantragt, und zwar bereits früher dnrch den Sonderantrag, das; den Bezirksfür- sorgcverbänden 10 Mill. M. zur Verfügung gestellt werden möchten, um als Winterbeihilfen verwendet zu werden. Wir begründen unseren Antrag damit, daß vor allen Dingen in diesen: Jahre, wo keine WeihnachtS- beihilfe gegeben worden ist in: Gegensatz zu den vorher gehenden Jahren, ein besonders harter Winter gewesen ist, wo die Arbeiter und vor allen Dingen die Renten empfänger, die Sozialrentner usw. ungeheuer gelitten haben und sogar ungeheure Schulden machen mußten. Ich erinnere nur daran, daß während dieses Winter- bedeutend mehr Kohlen verbraucht worden sind als früher, und daß die Leute, um wenigstens eine geheizte Stube zu haben, bedeutend mehr Mittel gebraucht haben. Des halb ist es dringend notwendig, daß die Winterbeihilfen den Bezirksfürsorgeverbänden für die Rentner jetzt noch zur Verfügung gestellt werden. Weiter haben wir beantragt, daß die Richtsätze bei den Bezirksfürsorgeverbänden einheitlich gestaltet werden. Heute ist es so, daß jeder Bezirksfürsorgeverband andere Richtsätze hat; einer hat 35 M., der andere 40, wieder ein anderer 62, ein anderer 60 M. usw. als Grundlage. Wir sehen nicht ein, daß die Lebenslage und die Prelle der verschiedenen Lebensmittel innerhalb Sachsens so ungeheuere Differenzen aufweisen, daß eine solche Differenzierung der Richtsätze geboten erscheint. Wir sehen überall die gleiche Teuerung. Natürlich nicht so, wie eS im Ausschuß vielleicht angenommen worden ist, daß das zu einer Verschlechterung führen könnte, son dern wir haben uns bei der einheitlichen Regelung der Richtsätze davon leiten lassen, daß natürlich der höchste Satz eine- Bezirksverbandes angenommen werden muß, und nicht nur das, sondern daß darüber hinaus noch eine Erhöhung der Richtsätze um 100 Proz. vorgenom men werden muß, weil wir feststellen können und müssen, daß die Preissteigerungen der letzten Jahre so immens gewesen sind, daß die Renten, die seit Jahren festgesetzt und mit Ausnahme einer ganz kleinen Erhöhung im letzten Jahre nicht erhöht worden sind, zweifellos auf Grund der jetzigen ungeheueren Preissteigerung endlich einmal wesentlich erhöht werden müssen. Dann haben wir beantragt, dav die Internationale Arbeiterhilfe als landeswichtig anerkannt wird. ES ist heute so, daß jede x-beliebige Organisation anerkannt ist. Man braucht nur die „StaatSzettung" durckuulesen