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Sächsische Staatszeitung : 13.02.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-02-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-192902137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19290213
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19290213
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-02
- Tag 1929-02-13
-
Monat
1929-02
-
Jahr
1929
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 13.02.1929
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BevölkerungSkreise wirken, die nicht wissen, wie sie ihre nackte Existenz fristen sollen. (Sehr gut! b.d.Soz.) Wir sind auch nicht der Meinung, dass irgendwelchen reaktionären Bestrebungen Her Studenten auf den Hochschulen Vorschub geleistet werden dürfte, wie das unter Herrn Bünger zu befürchten ist. Wir werden beim Etat besonder- auch unsere Ge danken auf dem Gebiete der Kunstpflege zur Geltung bringen. Wir müssen die Frage prüfen, ob man in einer solchen Zett der Not immer neue Millionen gibt für Kunstinstitute, wie da- Opernhaus, das Schauspielhaus in Dresden, wenn dort dem Volke eine einseitige, ten denziöse Kunst dargereicht wird. In einer Versammlung der Dresdner Volksbühne ist in der heftigsten Weise daran Kritik geübt worden, dass in bewusster Absicht Einfluss genommen wird in reaktionärem Sinne auf den Spielplan dieser Häuser. Wir sind der Meinung, dass, wenn schon keine Spitzenleistungen im Sinne einer wahren Kunst zu verzeichnen sind, dann auch sinnlos ist, dass die sächsische Allgemeinheit diese Millionen opfert. So sehr wir für die Förderung der Kunst als Kultur partei sind, so wenig können wir doch die Verantwortung für reaktionäre Massnahmen auf diesem Gebiete tragen. So sehen wir in allen Fragen, dass ein steter Truck nötig ist, damit das Wesen dieses Staates, wie eS gegen wärtig ist, geändert wird. Wir sehen, dass eS des einheit lichen und des geschlossenen Willens der Arbeiterklasse bedarf, um die Front und die Phalanx derer zurückzu drängen, die sich berufen fühlen, die heutigen Zustände des Kapitalismus zu erhalten. Wir wissen, dass wir von Sachsen aus in diesem grossen Kampfe gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem mit allen seinen Wirkungen nur einen Teilkampf führen können. Aber indem wir diesen Teilkampf um die Macht gegen den Kapitalismus führen, sind wir uns doch stolz bewusst, dass wir in denselben Gedankengängen leben und arbeiten, die die Gedankengänge der Internationale der Arbeiter überhaupt sind. Wir werden niemals gleich gesinnt sein denen, die sich berufen fühlen, die Grund lagen des kapitalistischen Wirtschaftssystems zu erhalten. Wir führen unserm Kampf gemeinfam mit den Gewerk schaften (Sehr gut! b. d. Soz.) wie aus politischem, fo ans gewerkschaftlichem Gebiet, und wir lehnen ab, die Rezepte der Kommunisten auch in der praktischen Arbeit im sächsischen Landtag zu befolgen, das Rezept des Herrn Thälmann, dass dre Unorganisierten bessere Elemente seien als die Organisierten. Wir sind der Meinung, dass endlich haltgemacht werden mass mit > der Atomisierung der Arbeiterbewegung. Es ist not wendig, dass die vielen Grüppchen sich wieder in einer Front Kusammenfügen (Sehr richtig! b. d. Soz.), und eS ist richtig, was keine andere Instanz als der Zentral ausschuß der Kommunistischen Partei selbst über die Kommunistische Partei erklärt hat: Der grosse geschichtliche Fehler der KPD hat darin bestanden, dass sie die Masse»! in ihren Illusionen bestärkte, statt sie davon zu befreien. Aus den Spartakuskämpfen 1918/19, aus dem Kapp- Putjch 1920, aus dem Märzaufstand 1921 hat sic nichts gelernt und alles vergessen. (Hört, hört! b. d. Soz.) Eme Partei, der das vom eigenen Zentralkomitee bescheinigt wird, kann sich nicht als die Vertreterin der Arbeiterinteressen, als die Partei der Ar- beitcrklasse aufjpielen. (Sehr wahr! b. d. Soz.) Wir sind der Meinung, dass endlich die Phrase von der Einheits front der Arbeiterklasse, die die Kommunisten immer in» Munde führen, in die Wirklichkeit nmgeictzt werden muss. Wir haben die Ueberzeugung, dass die Einigkeit des arbeitenden Volkes, dass die Einigkeit des Proletariats nur mit der Sozialdemokratie möglich sein wird (Leb haftes Sehr richtig! b. d. Soz.), niemals gegen die Sozial demokratie, und immer wieder zeigt fick), dass dieses Bollwerk der Arbeiterklasse steht, dass es steht in den schweren Elendskämpsen der Gegenwart. Und indem »vir die unversöhnliche Gegnerschaft zur kapltalistijchen Wirtschaftsepoche ausdrücken (Zuruf d. Abg. Siewert), indeni wir unser Ziel aufstellen, für die Verwirklichung unserer Gedanken einzutreten, und indem wir uns bemühen, Einfluss zu gewinnen auf die reaktionäre»! Gemalten im Staate, diene»! wir dieser Beremheit- lichuug der Arbeiterklasse im Kampfe gegen die Reaktion, und diese unversöhnlick e Gegnerschaft gegen die Zu stände der Gegenwart wird eS auch sein, die die Sozial demokratie in dlesen Kämpfen mit der einheitlichen Arbeiterklasse zum Siege führt. (Lebhafter Beifall b. d. Soz) Abg. vr. Eberle (Dnat.): Ter Herr Fiuanzminister hat unter Hinweis darauf, daß die Einnahmen im Etat geschätzt werden müssen, weil das Reich nicht rechtzeitig lagen kann, was für die Länder von dem gemeinsamen Berliner Tisch übrigbleibt, weil das Reich seine eigenen Gesetze über die Steuerverteilung nicht innehält, und drittens, weil der Reichstag Ausgaben für die Länder beschliesst, ohne ihnen die Einnahmen dazu zu geben, erklärt, dass auS diesen drei Gründen die Einnahmeseite des HaushaltplanS eine schwankende bleiben müsse. Ich sehe in diesen Ausführungen eine ernste Anklage gegen das Reich. Wer die Wahrheit sehen will, muss sehen, dass das innere und äussere Unordnung ist, und wer es ernst nimmt mit unserem Sachsenlande und mit unserem deutschen Baterlande, der muss doch einmal den Dingen inS Gesicht sehe»! und fragen: Wo kommt diese Unordnung her? Ich finde sie in der Halbheit unserer Reichsver fassnng. Sie hat auf der einen Seite den Begriff der Länder geschaffen. Sie wollte wohl auS Schamhaftigkeit nicht „Provinzen" sagen. Auf der anderen Seite hat sie diese Länder „Freistaaten" genannt mit dem Scheine der Selbständig keit, hat ihnen eigene Parlamente und Regierungen nicht nur zugestanden, sondern vorgeschrieben Angeblich ist das Ziel der Reichsverfassung das einer Stärkung der Reichsgewalt. Man glaubt viese Stärkung durch Stärkung der Gewalt des Reichstages und der NeichS- bureaukratie zu erreichen. Dass der Weg. der damit bet der Beratung der Verfassung einHeschlagen worden ist, falsch war, beweisen alle diejenigen, welche Umbau pläne für das Reich haben. Da das Reich keinen ge nialen Umbaumeister schassen konnte, dem der Wurf gelungen wäre, muß man die Frage nach früheren Umbauplänen stellen, und da kommen wir zu dem stnv vre Staat»i«te,essen!) Da» sind die grossen staats- polittschen Interessen, die bei diesem Schacher um die BerwaltungSreform im Vordergrund« stehen. vir denken un» eine Verwaltungsreform nicht in erster Linie al» eine Sparmassnahme, sondern wir wünschen, daß ein demokratischer Neuaufbau de» Staate» von unten au» erfolgt. Wir haben schon in jener denkwürdigen Nachtsitzung nach der Verabschie dung de» Gesetzes zur Verhandlung der sächsischen Gemeindeordnung in dieser Beziehung unsere Er klärung abgegeben, wir haben damals erklärt, dass der Kampf gegen den Raub elementarer Polk-rechte im Augenblick der Verabschiedung dieses Gesetze- beginnt. Und dar können wir schon jetzt ankündigen, daß in den» Augenblick, wo eine Wendung der sächsischen Politik eintreten muß, wir in erster Linie daran gehen werden, die dem sächsischen Volke, den sächsischen Ge meinden genommenen Rechte wieder zu geben. Wir sind auch der Meinung, daß hinsichtlich der Behörden- und Staatsorganiiationen im allgemeinen ein Fortschritt nur m einer fortschrittlicheren Epoche erzielt werden kann, als sie die Zeit dieser gegen wärtigen Regierung ist, die ja nicht einmal die Frage der Kreishauptmannschaften lösen kann! Wir stehen in diesem Punkte auf dem Standpunkte, daß bei der Kleinheit de- Landes Sachsen die Beseitigung der Kreishauptmannschaften ohne weiteres möglich wäre. (Sehr richtig! b. d. Soz.) Wir stehen auf dem Stand punkte, dass die Gemeindebezirke, die Amtshauptmann- schaften, oder welche Selbstverwaltungsköiper man sonst an ihre Stelle stellt, mit den Aufgaben betraut werden können, die über den Kreis einer örtlichen Gemeinde hinausgehen. (Abg vr. Eberle: Das Sprüchle haben Sie von mir gelernt! — Lebhaftes Lachen b. d. Soz.) Das ist ein alter sozialdemokratischer Programmpunkt, den ich hier andeute, daß die Selbstverwaltung auf demokratischer Basis gefördert werden muss. Wir stellen fest, daß ber der BerwaltungSreform immer wieder der reaktionäre Pferdefuß herausblickt. ES ist kein Ver ständnis für das vorhanden, was zum Neuaufbau des ganzen Reiches notwendig ist. Und eine sehr eigentümliche Wendung fand ja auch der Herr Finanzminister Weber in seiner Etatrede, als er davon sprach, daß er kein Verständnis für den Aus- bau der Reichsverwaltungen habe. Hier können wir nicht mttgehen. Wir sind der Meinung, dass die alte mittelalterliche Landeshoheit ruhig angetastet werden kann. Wir sind für einen systematischen Neuaufbau des Reick eS, und der Antrag der Sozialdemokratischen Fraktion auf Neugliederung des Reiches mit dezentralisierter Grundlage hat ja auch auf dem sächsischen Gemeinde lage unter dem Vorsitz des Herrn Kollegen Blüher eine übergrosse Mehrheit gefunden, so daß die grundsätzliche Richtlinie unserer Politik in diesem wichtigen Punkte ganz gegeben ist. Aber die Politik des Herrn Blüher ist der der übergroßen Mehrheit des Gemeindetages entgegengesetzt. Symbolisch dafür ist weniger in finan zieller Beziehung als in politischer Beziehung, dass auch in diesem Jahre da- Rudiment aus dein Mittelalter, die Münchner Gesandtschaft, wiederkehrt. Wir sind gewiß der Meinung, dass unser Land Sachsen allein nicht in der Lage sein wird, die Neu gliederung des Reiches durchzuführen. Wir sind aber ganz bestimmt der Auffassung, daß Sachsen, solange eine Neugliederung des Reiches nicht möglich ist, ein gesetzt werden muß als Bollwerk des Fortschritts. Wollten wir von Sachsen aus, wie das manchmal die Kommunisten vertreten haben, alle politischen Fragen der Reiches lösen, so würden uns einfach die Schranken der NeichSgesctzgebung, die wirtschaftliche Verbundenheit mit dem Reiche uud die politischen Machtmittel deS Reiches hindern. Dennoch bleibt die hohe Mission, die da- Land Sachsen innerhalb des Reichsganzen zu erfüllen hat und um so mehr zu erfüllen hat, als es bisher noch nicht möglich gewesen ist, die bisherigen aus dem Mittel- aller überkommenen Grenzen der einzelnen Länder zu beseitigen. Es ist notwendig, dass der Einfluss Sachsens in einer fortschrittlicheren Epoche auSgenutzt wird, um Einfluß zu gewinnen auf die NeichSgcsetzgebung, um den Ausbau der Reichsgesetzgebung durch die eigene Laude-gesetzgebung zu fördern. Es ist notwendig daß sich unser Land in steigendem Masse zuwendet wirtschafts politischen Aufgaben im Sinne der Gemeinwirtschaft ganz besonders, die gegeben sind. ES ist notwendig, dass da» Land ausgenutzt wird als ein Bollwerk des demokratischen KampfbodenS, des Kampfbodens der Republik, der so ausserordentlich schwer errungen werden musste- Es ist notwendig, sozialpolitische Pionierarbeit kn der Gesetzgebung und in der Verwaltung in unserem Lande zu leisten, und schliesslich sehen w»r auch den kulturpolitischen überbau der Gesellschaft als außer ordentlich dringend an, und wir sind der Meinung, daß Sachsen kulturpolitisch richtunggebend sein muß. Betrachten wir uns diese Fragen, dann müssen wir auf allen Gebieten in der Gegenwart ein erschreckendes Minus feststellen, dann müssen wir sagen, dass in allen entscheidenden Situationen bei der Abstimmung im Reichstage die 7 Reichsratsstimmen Sachsens in den letzten Jahren, beispielsweise in der Zollgesetzgebung und in der Steuergesetzgebung, zugunsten der Reaktion in die Wagschals geworfen worden sind. Wir müssen sagen, daß der Ausbau der Gesetzgebung auch in unserem Lande im Sinne der Reaktion geschah. In Wirtschaft-- politischen Fragen sehen wir die Versuche, die Gemein schaftsanfänge in Sachsen wieder zu beseitigen. Dagegen werden wir auch in diesem Etatjahre den allerschärfsten Kampf führen Wir haben eine Anfrage gestellt, wie es steht mit der Verpachtung HeS Staatsgutes Ober kemnitz. Der Reaktion in diesem Landtage ist eS ja ausserordentlich unangenehm gewesen, dass die Land- wirtschaftsgüter in Sachsen noch nicht verwirtschaftet sind, damit man sie austeilen kann, damit man eine Beispielswirtschaft vernichtet. Nun soll offenbar der Anfang gemacht werden mit der Parzellierung, mit der Beseitigung dieser wichtigen Anfänge im Sinne der GemeinwirUchaft. Ebenso ist eS mit den Staatsbetrieben. ES ist er freulich, dass sich die Betriebe rentieren, aber unerfreu lich ist der hakenkreuzlerische Geist, den wir in den Staatsbetriebe»antreffeu und der auch im Untersuchungs ausschuss, der getagt hat, die entsprechende Kritik ge funden hat. E» sind in Sachsen erfreuliche Anfänge der Gemeinwirtschaft zu verzeichnen. Sie weiter zu entwickeln ist unsere Verpflichtung und in dieser Richtung werden wir vorwärt-drängen. Die Frage de» Schutze» cher Republik ist in unseren» Sinne ungelöst. Zwar verschlingt der Polireiapparat eine Summe von 47 Mill. M. (Zuruf v. d. Komm.: Für den Schutz der Republik?) Diesen Polizeiapparat republi- konisch zu gestalten, wird eine Aufgabe der Zukunft sein. Für dieses Jahr wird e» unsere Verpflichtung sein, die Auswüchse auf diesem Gebiete zu bekämpfen. Der Justizapparat verbraucht ebenfalls eine Summe von 50 Mill. M., und auch von diesem Machtapparat des Staate- können wir sagen, daß er nicht für, sondern im wesentlichen gegen die BolkSmassen arbeitet. Inner halb des Ministeriums selbst wird geklagt, daß bei der Justiz eine bestimmte Bierpolitik (Hort, hört! b. d. Soz.) Weiler Blüten triebe, die schon im vergangenen Jahre seit dem Kurs der gegenwärtigen Regierung anzutreffen gewesen ist. So ist beispielsweise der OberstrafanstaltS- direktor vr. Raschig, der sich durch eine gemeine Be- Handlung seiner Untergebenen bekannt gemacht hat, in ein sicheres Richteramt gebracht worden (Hört, hört! b. d. Soz.), offenbar zu dem Zwecke, ihn vor dem Zu griffe einer späteren Regierung zu sichern. Herr v. Fumetti ist allerdings auch bei seinen Koalition»- , brüdern nicht allzu beliebt, man macht ihm den Borwurf, daß er kein Fachminister wäre. Wir haben weniger an ihm anszusetzen, daß er kein Fachmann ist, als daß er überhaupt zu wenig ein Mann ist, der sich durchsetzt gegenüber den reaktionären Gewalten, die in seinem Ministerium sind. Jedenfalls wäre es notwendig, im Justizministerium einmal etwas gründlicher durchzu greifen. Auch das Justizministerium selbst ist ein auf geblähter Apparat. ES sind dort 97 Beamte. Es wird uns darüber geklagt, daß manche hohe Beamte gerade zwei Stunden am Tage Dienst tun. Die Leute, die für andere den Zehnstundentag für richtig halten, arbeiten selbst nur zwei Stunden. (Sehr gut! b.d.Soz.) Es wäre notwendig, hier einmal nach dem Rechten zu sehen. ES ist ein besonderes Trauerspiel in diesem Landtage, daß der vom Landtag eingesetzle Ausschuß zur Unter suchung des Gefangencnwesens so gut wie über haupt nicht gearbeitet hat. (Abg. Siewert: Sehr richtig!) Vor einigen Monaten hat er wohl eine Sitzung ab- gehalten, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen, im übrigen hat er aber keinerlei Tätigkeit entfaltet Diese Tätigkeit wäre aber dringend notwendig, denn nicht nur die Zustände in den Gefange^nanstalten, sondern auch auf dem Gebiete der Fürsorge ganz allgemein sind absolut unhaltbar. Wir haben bis zu einem gewissen Grade die Richtlinien begrüßt, die das Wohlfahrtsministerium über die Aufgaben der Anstalts erziehung herausgegeben hat. Aber wenn man dann in der Zeitung die erschütternden Berichte über die Flucht der Zöglinge aus der Nenigmühle bei Chemnitz liest und hört und seststellt, daß sich an der bisherigen Anstaltsarbeit nichts im Sinne des Fortschrittes ge ändert hat, dann muß man sagen: auch hier klafft zwischen Theorie und Praxis eine unüberbrückbare Kluft. Das Gebet wird ebenfalls in vielen Fürsorge- Erziehungsanstalten aufrechterhalten; überhaupt ist es für ein so industrielles Land wie Sachsen bemerkens wert, dass von 80 Erziehungsanstalten 41 der Inneren Miision gehören. Unsere Aufgabe muß es sein, eine Reform auf diesem wichtigen Gebiete herbeizuführen. Der Etat schweigt sich auch darüber aus, daß der Land tag einen Antrag angenommen hat aus Einführung des Achtstundentages für das Pflegepersonal. Diese Maßnahme ist unumgänglich notwendig als Voraussetzung dafür, daß die Behandlung der Insassen sachgemäß und gründlich ist. Wir wünschten, dass mehr Personal eingestellt nnrd, aber für diele sozialpolitisch wichtige Aufgabe hat der Staat kein Geld. Dann konime ich auf das Gebiet der Sozialpolitik, ein Gebiet, wo die Sozialdemokratie in Sachsen in vielen Jahren Pionierarbeit leisten konnte. Durch die Arbeit der früheren Arbeitsmintster Schwarz, Jäckel, Graupe konnte vieles aufgebaut werden, was selbst die Reaktion der vergangenen Jahre noch nicht vollständig zerstören konnte, obwohl man immer mit dem Plane« umgeht, auch auf diesem Gebiete abzubauen Wenn von der Reaktion der Standpunkt vertreten wird, dass das ArbeitSministerium abgebaut werden müßte, so hat man dabei keine BerwaltungSreform im Auge, sondern man denkt lediglich an den Abbau der sozialen Ber- pflichtungen deS Staates. (Sehr richtig! b.d.Soz) Deshalb werden wir niemals mit der gegenwärtigen Regierung übereinftimmen, wenn der Plan verwirklicht werden sollte, das Arbeitsministerium abzubauen; im Gegenteil ist ein Aufbau auf diesem Gebiete nötig. (Sehr gut! b. d. Soz) Wir haben zwar ein schönes Wohlfahrtspflegegesetz, aber eS steht nur auf dem Papier. Es wäre notwendig, einheitliche Unterstützungssätze für die Fürsorgeberechtigten für das ganze Land aufzustellen, es wäre nötig, das Wohlfahrtspflegegesetz finanziell auszufüllen. (Sehr richtig! b. d. Soz ) Aber da hapert eS, weil die Millionen des sächsischen Etats gebraucht werden für Kredite an die Landwirtschaft, für den GroßhauSbesitz, für die Jnteressenklünael, die es glänzend verstehen, besser als die Arbeiterklasse, ihre einseitigen Interessen in der Öffentlichkeit anzumelden. Dann komme ich in der Betrachtung des sächsischen Etats zu dem, wa» nach unserer sozialistischen Über zeugung abhängig ist von den wirtschaftspolitischen Problemen der Gegenwart, zu dem geistigen überbau der Gesellschaft. Auch hier haben wir ja ein inter- essanteS Ereignis vorhin zur Kenntnis genommen. Der neue Herr im Volksbildungsministerium wird schon den Zug der Reaktion vollenden, der nicht ganz ohne Erfolg von seinem Vorgänger angebahnt worden ist. Wenn.dieser Erfolg kein vollständiger war, so lag es an dem ständigen Widerstand unserer Partei, es lag an dem Widerstand der BolkSschullehrerschaft, an den Widerständen, die sich durch die Gegensätze im Lager dieser Regierung und der Parteien im Landtage selbst ergaben. Wenn wir un- aber überlegen, daß in einer Zeit der Not eine Vorlage kommt, die Millionen av die Kirche gibt, f« muß da» aufreizend auf diejenigen
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