12 DRESDNER PHILHARMONIE / EINFÜHRUNG gegen nehmen sich die beiden Binnensätze recht leicht aus - ein An dante sostenuto in E-Dur, das die chromatische Bewegung des ersten Satzes in Erinnerung ruft, und das locker fließende Un poco Allegretto e grazioso, das anstelle eines Scherzos steht. Beide Sätze hat Brahms mit einem kontrastierenden Mittelteil ausgestattet, der jeweils aber die heitere Grundstimmung der Sätze kaum verlässt. Das ausladende Finale, der Höhepunkt der Symphonie, wird in seiner Wirkung durch die vorangehenden ruhigeren Sätze auch entsprechend aufgebaut: Das düstere Adagio bäumt sich immer drängender und dramatischer auf, bis ein erlösendes Hornthema den Weg von der Finsternis zum Licht verkündet. Brahms hat dieses sogenannte „Alphornmotiv“ („Also blus das Alphorn heut“) im Jahr 1868 an Clara Schumann als Grußkarte ge schickt, mit den Worten „Hoch auf’m Berg, tief im Tal grüß ich Dich viel tausendmal!“ Zum anschließenden Hauptthema in C-Dur be merkte ein aufgeweckter Zeitgenosse gegenüber Brahms, es erinnere ihn merkwürdigerweise an das Freudenthema aus Beethovens Neunter. Brahms’ entgegnete wenig beeindruckt: „Jawohl, und noch merkwürdiger ist, daß das jeder Esel gleich hört.“ Die Mittel sind völlig andere, Brahms bediente sich seiner höchsteigenen Tonsprache - den noch mag zumindest eine Verbindung zu Beethoven auf diesen seinen Symphonienerstling zutreffen: Den Weg von der Dunkelheit ins Licht („per aspera ad astra“, wörtlich: „Durch das Raue zu den Sternen“) hat Brahms ebenso glücklich zurückzulegen gewusst, wie einst Beethoven vor ihm - ein Berufener, der den Riesen schließlich doch noch bezwungen hat.