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Werkbeschreibungen Komposition. Zu Webers Mentoren zählte sowohl Michael Haydn als auch der in Musikerkreisen hoch geachtete Abbe Vogler. Die Jahre 1804 bis 1806 sehen Weber als Kapell meister in Breslau. Dort führt der gerade 18-Jährige im dortigen Orchester nicht nur die Sitzordnung ein, die bis heute in der klassischen Musik Gültigkeit hat; er sorgt hier auch für einen neuen Probenablauf - von der Soloprobe mit den Sängern über die Ensem bleproben, die Orchestersitzproben (mit Sängern, aber ohne Bühne) bis zur Haupt- und Generalprobe, wie es in allen Theatern der Welt bis heute beibehal ten worden ist. Verschiedene Stellungen an unterschiedlichen Höfen sowie Konzertreisen bestimmen die Jahre zwischen 1813 und 1816. Da wird Weber zum Operndirektor in Prag ernannt. Doch schon drei Jahre später folgt er dem Ruf des Königs Friedrich August I. nach Dres den, der der bestehenden italienischen Abteilung der Hofoper ein deutsches Pendant entgegenzustel len beabsichtigt. Zu dem sollte ihm Weber verhelfen. Trotz vieler Intrigen des Kapellmeisters der italieni schen Abteilung gelang es Weber, die deutsche Ab teilung der Hofoper am 30. Januar 1817 mit Mehuls Joseph und seine Brüder glanzvoll zu eröffnen. In diese Zeit fiel auch die Komposition seiner Missa sancta Nr. 1 in Es-Dur. Weber komponierte das Werk anlässlich des Namenstags von König Friedrich August I. von Sachsen am 5. März 1818. Die Urauf führung dieser Messe fand allerdings erst ein paar Tage später statt, nämlich am 24. März in der Hof kirche. Weber hoffte mit dieser Komposition der besonderen Gunst des Königs teilhaftig zu werden; und tatsächlich ließ ihm der Monarch ein paar Tage danach ein kostbares Geschenk als Zeichen seines Dankes und seiner Wertschätzung zukommen. 15 In der Dresdner Hofkirche galt damals noch die strenge Anordnung der katholischen Kirche, die die Mitwirkung von Frauenstimmen im Gottesdienst untersagte. Sopran und Alt wurden deshalb im Chor stets von Knaben gesungen; die entsprechenden Solopartien übernahmen Männer. Den Solosopran sang der berühmte Kastrat Filippo Sassaroli. Die Messe gehört heute noch zum Repertoire der Dresdner Hofkirche. Das Außergewöhnliche dieser Messe besteht darin, dass Weber nach dem Credo in den Kanon des Ordi- natoriums, dessen Texte und Ablauf während des gesamten Kirchenjahres unverändert bleiben, die Vertonung eines Offertoriums einfügt, das zum Pro prium, zu den je nach Festeszeiten wechselnden Tei len gehört; es ist das Gebet zur Opferung. Weber wählte nun als Einschub für seine Messe ein Offer torium für das Fest des Johannes des Täufers, der ja der eigentliche Schutzpatron der Musik ist. Durch diese raffinierte Verbindung gelingt es Weber, Fried rich August I. nicht nur zu dessen Namenstag zu huldigen, sondern ihn auch als einen von Gott ge krönten König und erhabenen Regenten zu feiern, dem die Musik am Herzen liegt. Obwohl die Messe parallel zum Freischütz entstan den ist (und es hie und da gewisse Anklänge daran gibt), verzichtet Weber - abgesehen vom Offerto rium - bewusst auf alle opernhaften Effekte. Insge samt vertont er den alten kultischen Text mit gro ßem Respekt. Neben der Streichergruppe kommen je zwei Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotte und Hör ner zum Einsatz. Trompeten und Pauken werden nur sparsam eingesetzt; Posaune und Orgel fehlen ganz. Weber hat alle äußerlichen Mittel reduziert zuguns ten einer Vertiefung und Verinnerlichung der Kom position.