Das Werk eines Vierzehn ¬ jährigen, dem auch der erwachsene Mendelssohn noch zugetan war 20. Februar 1827 in Stettin einem Publikum be kannt gemacht, dieses Mal nicht in geschwister licher Eintracht, sondern zusammen mit Carl Loewe (1796 - 1869), dem bekannten Balladen komponisten. Wir werden unschwer erkennen, daß Mendelssohn noch auf der Suche nach einem eigenen Stil war. Das ist nicht verwunderlich bei einem hochbegabt Lernenden im Alter von vier zehn Jahren. Wen mag es heute stören, daß wir sowohl Einflüsse Mozarts heraushören und spe ziell dessen Doppelkonzert Es-Dur KV 365 zu be gegnen glauben? Oder stört es etwa, wenn Anlehnungen an die Meister seiner Zeit erkenn bar sind (z. B. Spohr, Weber und Hummel) und - wie gesagt - auch von Beethoven etwas hin durchschimmert? Interessant, ja erstaunlich ist, wie selbstverständlich bereits hier - noch deutli cher im As-Dur-Konzert - Mendelssohn die Form nicht nur beherrscht, sondern damit frei umzu gehen weiß: in der Erfindung eigenwilliger melo discher Wendungen, durch überraschende har monische Einfälle, im Zugriff auf kontrapunktische Satzweisen (dies wird in seinem Komponieren zunehmend wichtiger), nicht zu letzt in einer äußerst farbigen Instrumentierung. Das E-Dur-Konzert weist eine gefällige, fast lieb lich zu nennende Themengestaltung auf. Im Originalmanuskript begegnet man zahlreichen Streichungen und Anmerkungen Zelters. Die sorgsame Hand des Lehrers hat also etwas nach geholfen. Aber auch das soll uns nicht stören, denn es ist und bleibt doch ein Werk des jungen Mannes. Mendelssohn mochte sein Konzert ganz offenkundig, denn noch 1829 hat er es zusam men mit seinem älteren Freund Ignaz Moscheies (1794 - 1870) in London vorgetragen.