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Musik „Nach zwei dunklen Vorspieltakten der Celli setzt die Oboe zu einer rokokohaft beschwingten Melodie an, mozartische 16tel, die sich zart steigern zu straussisch-sehnsüchtigen, fast unendlichen Melodien. In magisch raschem Wechsel ändern sich dabei die Tonarten. Das zweite Thema ist innig beschwörende und große Strauss-Eingebung. Manchmal melancholisch, manchmal schwärmerisch mit den anderen Instrumenten dialogisierend, gelangt die Oboe - ohne Pause - in den ruhigen Mittelsatz. Das Andante, das hymnische Thema des Kopfsatzes wieder aufnehmend, endet mit einer Solo-Kadenz. Und die mündet ins agile, bewegungssüchtige Finale, wo es freilich auch nicht fehlt an Beschwörungen bereits erklungener, getragener Momente.“ (Joachim Kaiser) Aufführungsdouer des Oboenkonzerts: ca. 25 Minuten 8 man bedenke im Alter von reichlich 80 Jahren sich mit „Handge lenksübungen", wie er einige spä tere Arbeiten lächelnd nannte, zu beschäftigen. Die „Metamorpho sen" für 23 Solostreicher (1945) gehören dazu, die ergreifende Aussage eines alten Herren über den Schmerz beim Abschied von den Schönheiten der Welt. Eine solche „Handgelenksübung" wur de auch das Oboenkonzert, doch in Diktion und Aussage so völlig anders. Vom Geiste Mozarts inspi riert, schuf Strauss ein sich bewußt bescheiden gebendes, unaufwen dig wirkendes Werk mit einer kleinen, fast kammermusikalischen Orchesterbesetzung (einfaches Holz, jedoch ohne Oboe, dafür mit Englischhorn, einem Horn und Streichern). Es ist mehrteilig ange legt, doch die Einzelteile gehen, durch Kadenzen verknüpft, inein ander über. „Obwohl das Konzert hohe Anforderungen an den Soli sten stellt, steht weniger technische Perfektion und Virtuosität, sondern vielmehr die Durchdringung des musikalischen Materials im Vorder grund. Inhaltlich rückt das Werk mit seinen vielfach geteilten Strei chern im einleitenden Allegro mo derato in die Nähe der ... (Meta morphosen', mit der frei aus schwingenden, sehr lyrisch-beseel ten Oboenmelodie des Andante in die Nähe der Oper ,Capriccio' und den ,Vier letzten Liedern' so wie mit seiner geschmeidig-kaprizi ösen Brillanz des Soloparts im Finale aber gleichermaßen in die Nähe von Strauss' unbekümmerten Jugendwerken." (Andreas Kluge) Der Klangsinn von Richard Strauss ist beinahe sprichwörtlich, seine In strumentationskunst unbestritten und die hohe Kunst, seinen Wer ken blühende Farben zu verleihen, mit ihr zu spielen, daraus wahre Klangwunder zu gestalten, ist bei nahe beispiellos. Strauss schulte solchen Klangsinn an Richard Wagners Partituren ebenso wie an der Berliozschen Instrumentations kunst. Er selbst aber behauptete von sich, er sei niemals als Instru mentator wirklich fertig geworden, habe immer neu hinzulernen müs sen. Die gelegentlich ins Giganti sche gesteigerte Orchesterpalette diente Strauss zur farblichen Diffe renzierung, nicht aber unbedingt